War Merseburg einst römische Exklave ?

Nördlich von Merseburg fanden in den Buna-Werken zu DDR- Zeiten ebenfalls Grabungen statt. Unter der Schlagzeile "beinahe jede Woche ein fast 2000 Jahre alter römischer Bronzekessel", ordnete man damals die Urnenbestattungen den Hermunduren zu. Gibt es dazu neue Erkenntnisse?
2014 veröffentlichte das Amt für Bodendenkmalpflege Sachsen-Anhalt einen Bericht zur Neurestaurierung eines der in Schkopau im Suebenhügel gefundenen Bronzekessel (ca. 60 - 45 BC). August 2014
 
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Nördlich von Merseburg fanden in den Buna-Werken zu DDR- Zeiten ebenfalls Grabungen statt. Unter der Schlagzeile "beinahe jede Woche ein fast 2000 Jahre alter römischer Bronzekessel",
etc
Meinetwegen dürfen Erich & Co massenweise römische Thermen im Arbeiter- & Bauernstaat finden und damit die Überlegenheit des DDR-Sozialismus schon in der Römerzeit nachweisen und meinetwegen darf nach der Wiedervereinigung der Tourismus zu den römischen Prachtbauten in den blühenden Landschaften boomen - nur eingetreten ist diese lichte und freudige Fantasie in der öden Wirklichkeit bislang nicht... Und auch wenn Legionen von Beiträgen diesen oder jenen römischen, juthungischen (oder norbischen) Schnipsel beweihräuchernd glorifizieren: nichts von alledem verweist auf eine römische Exklave in Merseburg.
;)
 
etc
Meinetwegen dürfen Erich & Co massenweise römische Thermen im Arbeiter- & Bauernstaat finden und damit die Überlegenheit des DDR-Sozialismus schon in der Römerzeit nachweisen und meinetwegen darf nach der Wiedervereinigung der Tourismus zu den römischen Prachtbauten in den blühenden Landschaften boomen - nur eingetreten ist diese lichte und freudige Fantasie in der öden Wirklichkeit bislang nicht... Und auch wenn Legionen von Beiträgen diesen oder jenen römischen, juthungischen (oder norbischen) Schnipsel beweihräuchernd glorifizieren: nichts von alledem verweist auf eine römische Exklave in Merseburg.
;)
Es verweist aber auf innige Kontakte zwischen Römern und Germanen. Die Frage Handelsgut oder Beute ist nach wie vor unbeantwortet.
 
...jahrhundertelang abwechselnd miteinander handeln, einander plündern und stramm bekriegen mit dem romantischen "innig" zu charakterisieren, wirkt auf mich etwas befremdlich ;) Dass östlich des Limes keine verödete "Zone Null" war, ist keine Neuigkeit; das belegen auch die Funde römischer Artefakte, die - wiederum keine Neuigkeit - in Richtung Norden und Osten immer dünner gestreut auftauchen (bis sie versiegen)
Verblüffend: westlich des Limes findet man gehäuft Thermen, Aquädukte, Römerstraßen & Co, östlich und nördlich des Limes findet man dergleichen nicht. Römische Städtegründungen östlich des Limes? Bestenfalls kurzfristig und ansatzweise Haltern, doch Haltern hat nicht eben lange gehalten...
Übrigens: ob Handelsgut oder Beute, beides belegt keine römischen Exklaven. Handelsgüter pflegen weit herum zu streunen, ohne dass ihr römischer Hersteller deswegen umsiedelt ;)
 
Hat jemand nähere Angaben über die im Geiseltal in Krumpa freigelegte Brandbestattung des 3. Jhs. n. Chr. mit Resten einer Waffenausrüstung ?
Der Hinweis auf dieses Urnengrab stammt von Babette Ludowici und findet sich im Katalog zur Harzhorn Ausstellung 2014, S. 180.
 
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@Fleming

muss ich bei Mildenberger nachschauen. Der hat die Brandgräber Mitteldeutschlands der späten RKZ in seiner Publikation erfasst. Komme frühestens morgen erst ran, da sie momentan in meiner kleinen privaten Bibliothek nicht greifbar ist.
 
...jahrhundertelang abwechselnd miteinander handeln, einander plündern und stramm bekriegen mit dem romantischen "innig" zu charakterisieren, wirkt auf mich etwas befremdlich ;) Dass östlich des Limes keine verödete "Zone Null" war, ist keine Neuigkeit; das belegen auch die Funde römischer Artefakte, die - wiederum keine Neuigkeit - in Richtung Norden und Osten immer dünner gestreut auftauchen (bis sie versiegen)
Verblüffend: westlich des Limes findet man gehäuft Thermen, Aquädukte, Römerstraßen & Co, östlich und nördlich des Limes findet man dergleichen nicht. Römische Städtegründungen östlich des Limes? Bestenfalls kurzfristig und ansatzweise Haltern, doch Haltern hat nicht eben lange gehalten...
Übrigens: ob Handelsgut oder Beute, beides belegt keine römischen Exklaven. Handelsgüter pflegen weit herum zu streunen, ohne dass ihr römischer Hersteller deswegen umsiedelt ;)
Was eher "befremdlich" ist, ist die Tatsache daß in der späten RKZ in Mitteldeutschland germanische Befestigungsanlagen im Stile römischer Kleinkastelle angelegt wurden wie in Oberbeuna, Hadmersleben oder dem Salzatal. Dies ist als erstem R. Schwarz bei Befliegungen der 90er Jahre aufgefallen. Diese wurden sogar in seiner Publikation "Pilotstudien" festgehalten und in die RKZ datiert. Warum findet man nicht so etwas im Rhein-Weser-Gebiet ? Zudem fand ich wie in Oberbeuna mittels Detektoreinsatz die letzten Jahre römisches Militärequipment, Münzen (Sesterzen, Asse und Halbstücke) und auch Keramik römischer Machart. Das ist doch die viel spannendere Frage...
 
Babette Ludowici schreibt in eine einem ihrer Texte von Grabinventaren germanischer Fürsten- und Fürstinnengräber (wobei sie eher von Hierarchien spricht, die aus dem Beigabenbefund mit Vorsicht abzuleiten seien) in denen römische Importware zu finden war, die teilweise mehrere Generationen alt war. So spricht sie von einem metallenen dreifüßigem Beistelltischchen, das etwa 150 Jahre vor der Bestattung hergestellt worden sein muss. Wie lange es sich vor der Grablegung schon in Germanien oder gar im Besitz der Familie des Bestatteten befunden hat, ist völlig unklar: Gerade erst erworben (durch Kauf, Raub...) oder schon seit Generationen im Familienbesitz, nicht feststellbar. Wir wissen wie mobil die Germanen waren, als Söldner, wie auch als Plünderer (die sogar über den Rhein und die Pyrenäen stießen und bis nach Andalusien kamen.
 
r. Wir wissen wie mobil die Germanen waren, als Söldner, wie auch als Plünderer (die sogar über den Rhein und die Pyrenäen stießen und bis nach Andalusien kamen.
fränkischer Raid an der Straße von Gibraltar 256-7.jpg
 
Und weißt da irgendwas auf eine römische Exklave in/bei Merseburg hin?

Zwar nicht aus Merseburg, aber immerhin aus Mainz haben wir eine Grabinschrift für den Chef-Vorkoster des Kaisers Domitian, der damals gerade gegen die Chatten zu Felde zog. Ob der arme Zosimus infolge der Ausübung seines Amtes aus dem Leben geschieden ist, ist nicht überliefert:


sagen eigentlich auch nichts über römische Exklaven.

Das nicht, aber einen habe ich noch:


Gut, ist zwar auch nicht gerade Merseburg, aber es handelt sich immerhin um Hinweise auf Exsklaven...
 
Durften denn eigentlich neben den üblichen Waren auch Waffen dem Gegner verkauft werden?
Also abgesehen davon, dass Germanen oft als Söldner angeworben wurden (was also schon mit einem Waffentransfer verbunden ist), sind Waffenverkaufsverbote - wie überhaupt alle Verbote - ein Zeichen dafür, dass es ein identifiziertes Problem gab. Im Falle eines Waffenverkaufsverbotes aus Sicht des Verbietenden: Unsere Untertanen verkaufen Waffen an (potentielle) Kriegsgegner. Verbote werden i.d.R. dann ausgesprochen, wenn es bereits ein Problem gibt.
Der Nutzen eines Verbotes ist dann am Ende auch noch hinterfragbar. In Dtld. ist z.B. Drogenhandel weitgehend verboten (wir müssen jetzt nicht diskutieren, welche legalen Drogen es in Dtld. gibt) und dennoch werden Drogen ganz unzweifelhaft gehandelt. Auch Waffenbesitz ist in Dtld. an strenge Bedingungen geknüpft, dennoch haben Menschen Waffen, die nirgends als Waffenbesitzer registriert sind und die sie teils illegal bezogen haben.
 
@Opteryx danke für den interessanten Aufsatz!
Hinweise auf römische Exklaven in Germanien finden sich darin keine. Dass heimgekehrte/entlassene Foederatentruppen bzw german. Krieger, die teils als Hilfstruppen, teils in reguläre römische Truppen integriert waren, nach ihrer Entlassung/Heimkehr ein wenig "Romanisierung" mitbrachten, dass Technologietransfer stattgefunden hatte etc: das alles deutet nicht auf römische Exklaven, weder in Merseburg noch an Elbe, Saale, Unstrut usw.
 
Hat jemand nähere Angaben über die im Geiseltal in Krumpa freigelegte Brandbestattung des 3. Jhs. n. Chr. mit Resten einer Waffenausrüstung ?
Der Hinweis auf dieses Urnengrab stammt von Babette Ludowici und findet sich im Katalog zur Harzhorn Ausstellung 2014, S. 180.
Siehe Anhang
 

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Hallo Hermundure,

danke für den Auszug aus dem Katalog von Gerhard Mildenberger ! Könntest Du Merseburg I noch einbeziehen ? Das Gräberfeld von Wechmar bei Gotha könnte ebenfalls relevant sein, wie Rafael von Uslar in seiner Besprechung der thüringischen Brandgräber der spätrömischen Zeit betont. Aladár Radnóti ordnete die thüringischen Urnengräber der späten RKZ den Juthungen zu, während sie Rafael von Uslar den Thüringern selbst zuordnet. Ich für meinen Teil werde die Juthungen im weiteren für die eigentlichen Thüringer halten.

Die thiiringischen Brandgraber der spat


Heidelberger OJS-Journals
https://journals.ub.uni-heidelberg.de › article › view


PDF

von R von Uslar · 1971 — Gerhard Mildenberger, Die thiiringischen Brandgraber der spat- rbmischen Zeit. Mitteldeutsche Forschungen, Bd. 60. Hermann Bbhlaus Nachf. Kdln und. Wien 1970 ...
https://www.google.com/search?q=Gerhard+Mildenberger+Die+Thüringischen+Brandgräber+der+spätrömischen+Zeit+Internet+Archive&sca_esv=2a19a3414e05e997&rlz=1CARGFB_enDE1010&sxsrf=ADLYWIIiCAH2S9h3SPN8tRjS6UE7fUOCHA:1721670557070&ei=nZueZsL2A9ahi-gPnJ6guAw&ved=0ahUKEwiCueXPmruHAxXW0AIHHRwPCMcQ4dUDCA8&uact=5&oq=Gerhard+Mildenberger+Die+Thüringischen+Brandgräber+der+spätrömischen+Zeit+Internet+Archive&gs_lp=Egxnd3Mtd2l6LXNlcnAiXkdlcmhhcmQgTWlsZGVuYmVyZ2VyIERpZSBUaMO8cmluZ2lzY2hlbiBCcmFuZGdyw6RiZXIgZGVyIHNww6R0csO2bWlzY2hlbiBaZWl0IEludGVybmV0IEFyY2hpdmVIAFAAWABwAHgAkAEAmAEAoAEAqgEAuAEDyAEA-AEBmAIAoAIAmAMAkgcAoAcA&sclient=gws-wiz-serp#

Der Bericht von Jörg Kleemann zum Gräberfeld von Wechmar im Landkreis Gotha : https://zs.thulb.uni-jena.de/servlets/MCRFileNodeServlet/jportal_derivate_00197273/AT40_Kleemann.pdf erstmals durch Hans Kaufmann : Das spätkaiserzeitliche Brandgräberfeld von Wechmar, Landkreis Gotha, Thüringen.
 
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@Opteryx danke für den interessanten Aufsatz!
Hinweise auf römische Exklaven in Germanien finden sich darin keine. Dass heimgekehrte/entlassene Foederatentruppen bzw german. Krieger, die teils als Hilfstruppen, teils in reguläre römische Truppen integriert waren, nach ihrer Entlassung/Heimkehr ein wenig "Romanisierung" mitbrachten, dass Technologietransfer stattgefunden hatte etc: das alles deutet nicht auf römische Exklaven, weder in Merseburg noch an Elbe, Saale, Unstrut usw.
Ich glaube auch nicht an solche Exklaven. Sie hätten einen enormen Aufwand zur Sicherung (Standlager mit Steinbauten) erfordert. Es wundert mich auch, dass zwar viele römische Gebrauchsgegenstände, sogar ein langes Militärmesser (Großkühnau) mitbestattet wurden, aber keine römischen Schwerter.
 
Ich glaube auch nicht an solche Exklaven. Sie hätten einen enormen Aufwand zur Sicherung (Standlager mit Steinbauten) erfordert.

Wozu Steinbauten zwingend zur Sicherung erforderlich gewesen wären, erschließt sich mir nicht. Nahezu alle frühen Standlager im germanisch-römischen Grenzgebiet waren Holz-Erde-Konstruktionen. Steinbauten waren natürlich repräsentativer und versprachen eine längere Haltbarkeit.

Die Römer haben zur Sicherung der germanisch-römischen Grenze einen enormen Aufwand getrieben. Schau Dir nur mal den Limes an.
 
Wozu Steinbauten zwingend zur Sicherung erforderlich gewesen wären, erschließt sich mir nicht.
Zumindest militärisch waren in diesen Zeiten Befestigungen mit vorgelagerten Gräben samt Wall und Hauptverteidigungslinie mit Stadt/Festungsmauer hinter dem Hauptgraben widerstandsfähiger. (In einer Fantasie namens römische Exklave Merseburg müsste diese römische Miniinsel schon sehr starke Verteidigungsanlagen und prachtvolle Vorräte haben, um zu überdauern, umringt und angerannt von beutegierigen Juthungen- und sonstigen Barbarentruppen...)
 
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