Die Affäre Redl

Hallo,

ich hab hier nicht gesehen, ob es schon einen Strang zu dem Thema gibt, wenn ja bitte verschieben. Danke

Was sagt ihr zur Affäre Redl? Es wird ja behauptet, er wäre homosexuell gewesen und hätte wichtige Dokumente an den russischen Geheimdienst herausgegeben.
Andere behaupten, er wäre gar nicht homosexuell gewesen, er wäre nur verschuldet gewesen und hätte deswegen so reagiert.

Es ist ein Buch über die Affäre erschienen, leider nur auf englisch, wo doch vermutlich 90% aller interessierten Leser in Österreich wohnen ;)

 
Hier noch ein Artikel aus dem Standard:

Schlimmer hätte es für die k. u. k. Armee kaum kommen können: Redl verriet in der militärisch zunehmend angespannten Lage am Vorabend des Ersten Weltkriegs so gut wie alles, was für andere Mächte von Bedeutung sein konnte: Mobilisierungsanweisungen für den Kriegsfall, Truppenstärken, Inspektionsberichte. "Das waren unfassbar wichtige Geheimnisse, da ging es um die genauen Abläufe der Mobilisierung, die Aufstellung und Gliederung des k. u. k. Heeres", sagt Moritz.

Der Schock über den beispiellosen Verrat war in der Armeeführung groß, der Wunsch nach einer Vertuschung des unerhörten Skandals ebenso. Ein Prozess hätte nicht nur das schwindelerregende Ausmaß von Redls Spionage ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, sondern auch Versäumnisse des Generalstabs. Dessen Chef Franz Conrad von Hötzendorf fürchtete nicht nur um das Ansehen des Militärs, sondern auch um seine eigene Karriere.


 
Schlimmer hätte es für die k. u. k. Armee kaum kommen können: Redl verriet in der militärisch zunehmend angespannten Lage am Vorabend des Ersten Weltkriegs so gut wie alles, was für andere Mächte von Bedeutung sein konnte: Mobilisierungsanweisungen für den Kriegsfall, Truppenstärken, Inspektionsberichte. "Das waren unfassbar wichtige Geheimnisse, da ging es um die genauen Abläufe der Mobilisierung, die Aufstellung und Gliederung des k. u. k. Heeres", sagt Moritz.
Wäre allerdings zu hinterfragen, welchen praktischen Wert das im August 1914 hatte, weil Conrad bei der Mobilmachung ja herumchaotisirte und teilweise Truppenkontingente zwischen der serbischen und der russischen Front hin und her irrten.

Dadurch, dass die Donaumonarchie zwei Fronten zu bearbeiten hatte, statt einer, waren natürlich Aufmarsch und Eröffnungsationen ohnehin nicht in der Weise ausführbar, als wenn es nur mit Russland Krieg gegeben hätte und man sich auf die Nordfront konzentrieren hätte können.


Ich halte in dem Zusammenhang die Causa Redl für überschätzt, jedenfalls, in der zitierten Einschätzung.

Die Misserfolge der Österreicher in Galizien dürften mehr mit den Mobilmachungsproblemen zu tun haben und damit, dass sich Conrad bei seinen Eröffnungsaktionen darauf verließ, dass sicht Moltke an seine 6 Wochen halten würde und Deutschland dann zur Hilfe käme.
Entsprechend offensiv verhielt sich Conrad und das obwohl ein guter Teil der Österreichischen Kräfte in Serbien gebunden war.
 
Hallo Shinigami,
ich kenne zu dem Thema völlig unterschiedliche Meinungen:
Lothar Höbelt, einer der Experten zur kuK Geschichte sagt: Die Affäre Redl hatte gar keinen Einfluss, weil die Bahnverbindungen allgemein bekannt waren, und irgendwelche Überraschungen gar nicht möglich waren.

Eine andere Frage ist, ob der Spion Wölkerling, der alles über die Aufmarschpläne der Deutschen verraten hatte, nicht einen viel größeren Einfluss hatte. Die deutsche Spionage Abwehr war ja so schlecht, die Russen hatten von allen Festungen und Bahnlinien genauste Informationen.
Siehe
Heinz Höhne, Der Krieg im Dunkeln. Macht und Einfluss des deutschen und russischen Geheimdienstes. Bertelsmann, München 1985,
 
die Russen hatten von allen Festungen und Bahnlinien genauste Informationen.
Das ist für mich Festungsfreak interessant! Auf russischer Seite hatte man aktuelle Pläne der extrem weitläufigen Befestigungslinien der masurischen Seen? Ich bezweifle das nicht, denn das russ. Militär war diesem Befestigungssystem nach meiner Kenntnis ausgewichen, wollte sich nicht damit anlegen.
 
der Spion Wölkerlin
...zwar geschäftstüchtig, aber (aus Gier) dennoch ein kapitaler Esel:
Geschäftstüchtig hatte Wölkerling mit dem französischen Nachrichtendienst Verbindung aufgenommen und die für Russland kopierten Geheimdokumente gleich noch einmal verkauft. Als er zu demselben Zweck Anfang 1912 auch noch mit dem österreichisch-ungarischen Geheimdienst Kontakt aufnahm, bewirkte dies seine Enttarnung. Wölkerling hatte nicht bedacht, dass Österreich-Ungarn und Deutschland Verbündete waren.
:D:D:D
 
Auf dieser Seite finde ich darüber Informationen, dass sowohl Potiorek als auch Redl die Syphilis hatten.
Interessant, aber ob es stimmt.
Potiorek, Oskar (1853-1933), österreichisch-ungarischer General (Feldzeugmeister), war durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen mitverantwortlich an der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers und seiner Gattin am 28.6.1914 in Sarajewo und damit letztendlich am Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Versagte als Oberbefehlshaber der österreichisch-ungarischen Balkanstreitkräfte im Kampf gegen Serbien völlig

Redl, Alfred (1864-1913), homosexueller österreichischer Nachrichtenoffizier (Oberst i.G.), spionierte für Russland, Italien und Frankreich, Suizid nach Enttarnung
Geniale oder berühmte oder kriminelle Syphilitiker
Das nachfolgende Personenregister resultiert aus der Auswertung der wissenschaftlichen Abhandlungen von Brunold Springer ("Die genialen Syphilitiker", Berlin 1926) und von W. Lange-Eichbaum / W. Kurth ("Genie, Irrsinn und Ruhm", München / Basel 1967). Für die Kurzbiographien wurde insbesondere DER NEUE BROCKHAUS (5 Bände / 1959) herangezogen:


@dekumatland:
Ich werde hierzu noch etwas scannen.

Grüße
S
 
Lothar Höbelt, einer der Experten zur kuK Geschichte sagt: Die Affäre Redl hatte gar keinen Einfluss, weil die Bahnverbindungen allgemein bekannt waren, und irgendwelche Überraschungen gar nicht möglich waren.
Jedenfalls waren aus den allgemeinen Kenntnissen über das Bahnsystem Aufmarschkapazitäten errechenbar und darauf wurde durchaus geachtet.

In Großbritannien und Frankreich etwa registrierte man den Ausbau der strategischen Bahnen im deutsch-belgischen Grenzgebiet sehr wohl und zog daraus durchaus richtige Schlüsse zu den deutschen Handlungsoptionen, auch ohne dass man da auf besondere Spionage-Informationen angwiesen gewesen wäre.
Das gleiche gilt von der Größe der Armee und der Ausrüstung im Allgemeinen, über die man durch die politischen Debatten in den jeweiligen Parlamenten und die Berichterstattung durchaus einiges wissen konnte (jedenfalls grob mit welchen Größenordnungen man es zu tun hatte), weil das Teil der Etat-Debatten war.

Wie genau nun der Aufmarsch aussehen würde, konnte man sicherlich nicht so ohne weiteres ableiten, weil das sehr davon abhing, mit wem sich Österreich in welchen Konstellationen im Krieg befand.

Man hatte 1914 in der Donaumonarchie 2 Fronten und musste spontan entscheiden, ob man vesuchen würde Serbien blitzartig niedrzuwerfen, oder ob man im Süden beim Einsatz eher bescheidener Kräfte bleiben und sich lieber zunächst damit beschäfftigen wollte die Russen im Norden in Schach zu halten.
Da Bulgarien und das Osmanische Reich nicht von Anfang an mit von der Parti waren, bestand nicht unbedingt eine Notwendigkeit das Territorium von Belgrad bis Nisch unter Kontrolle zu bringen um eine Bahnverbindung zu den Verbündeten zu haben.

Es war außerdem nicht völlig klar, wie sich Italien und Rumänien verhalten würden und ob Wien/Budapest deren Neutralität trauen oder sich veranlasst sehen würde weitere Kräfte an die entsprechenden Grenzen zu dislozieren um sich abzusichern.
Das alles musste Im Juli-August 1914 spontan entschieden werden und war dem Material Redls sicherlich nicht zu entnehmen.

Redls Material war vielleicht die Messlatte dafür, womit es Russland im worst-case im Süden zu tun bekommen würde, mehr aber kaum.


Und dann noch ein Gedanke, der sich auch auf die causa Deutschland übertragen lässt:

Die Ententemächte hatten neben dem beobachtetem Ausbau der Infrastruktur authentisches Nachrichtendienstliches Material.
Das Problem ist aber, dass sie nicht verifizieren konnten, ob ihre Informationnn vollständig waren, sprich, ob sie den alleingültigen Kriegs- und Dislozierungsplan der anderen Seite vorliegen hatten, oder lediglich eines von mehreren Alternativszenarien.

Damit aber wäre es auch gefährlich gewesen sich allein darauf zu stützen und das bekannte Szenario als vorbestimmt anzunehmen, dass hätte nämlich wenn es sich lediglich als am Ende nicht angewandtes Alternativszenario erwiesen hätte dazu führen können, den ganzen Krieg kompeltt auf dem falschen Fuß anzufangen.


Ich bestreite nicht, dass Redls Informationen einen Wert gehabt haben können, im Besonderen, wenn sie nicht einfach auszuspähende Details an neueren Befestigungsanalgen oder die Lage von Nachschubdepots o.ä. enthilten, die für Vorgehen gegen diese Positionen wichtig waren.
Aber für die ganz goßen militärischen Entscheidungen und den Kriegsverlauf in Galizien en gros, dürften die Informationen nachrangig gewesen sein.
 
Zum Aufmarsch:

Als am 31.Juli die offizielle russische Mobilisierung erfolgte, wurde im österreichisch-ungarischen Generalstab darüber diksutiert, ob die B-Staffel nicht doch lieber nach Galizien zu werfen sei, lehnte dies der Chef des Feldeisenbahnwesens es kategorisch ab, die Verantwortung im Hinblick auf gefährliche Verkehrsstörungen im Aufmarsch das Umleiten der nach Süden rollenden Transporte der 2.Armee nach Galizien ab. Dieser Auffassung ist es zuzuschreiben, dass die 2.Armee bei der Offensive gegen Serbien nicht mit voller Stärke mitwirkte, in Galizien zur Entscheidung zu spät eintraf.

Auch hatte der Chef des Feldeisenbahnwesens es versäumt, gemäß Conrads Anweisung, exakt so ein Fall vorzubereiten.

An dieser Stelle ist Conrad kein Vorwurf zu machen.


Conrad ein Idiot?

Ungarn hatte über Jahre konsequent die Erhöhung des Rekrutenkontingentes für die gemeinsame Armee verweigert. Erst Tisza konnte 1912 mit Griff in die Trickkiste das neue Wehrgesetz durchbringen, aber es konnte sich bis 1914 nicht mehr auswirken. Dies führte u.a. auch zu den verlustreichen Rückschlägen, und es ist nicht zuletzt auch der von Conrad verbesserten Organisation, Bewaffnung, technischen Ausrüstung und Ausbildung zu danken, wenn die gesteigerte Qualität der Truppen die Rüstungsmängel wenigstens einigermaßen ausglich.

Die schweren, verlustreichen Kämpfe gegen Russland litten u.a. auch dadurch, dass eben Moltke seine Zusage, wegen des Misserfolgs an der Marne, rechtzeitig Verstärkungen zu schicken, nicht einhalten konnte.

Die Durchbruchsschlacht bei Gorlice Tarnow ist u.a. auch Conrads Idee gewesen. Der Erfolg der Mittelmächte war durchschlagend. Die Idee Italien 1916 von Südtirol aus anzugreifen war auch gut. Falkenhayn verweigerte Unterstützung, konnte aber auf Nachfragen Conrads keinen anderen Vorschlag machen. Er verschwieg dem Verbündeten sein irrwitziges Vorhaben der Blutpumpe bei Verdun.

Auch der von ihm angeregte Donauübergang bei Sistow-Zimnicea trug nicht unwesentlich zum Gelingen der Operationen gegen gegen Rumänien im Jahre 1917 bei. Und Italien hat gegen die Streitkräfte Österreich-Ungarns eigentlich nichts nennenswertes geleistet. Und Italien hatte nur die ein Front.

Ich finde, man kann nicht einfach pauschal sagen, Conrad war dämlicher, unfähiger Generalstabschef. Er war ja schließlich nicht umsonst Chef des Generalstabes geworden und er war der am meisten und höchstausgezeichneten Soldaten der k.u.k. Monarchie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Auf dieser Seite finde ich darüber Informationen, dass sowohl Potiorek als auch Redl die Syphilis hatten.
Interessant, aber ob es stimmt.
Potiorek, Oskar (1853-1933), österreichisch-ungarischer General (Feldzeugmeister), war durch unzureichende Sicherheitsmaßnahmen mitverantwortlich an der Ermordung des österreichisch-ungarischen Thronfolgers und seiner Gattin am 28.6.1914 in Sarajewo und damit letztendlich am Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Versagte als Oberbefehlshaber der österreichisch-ungarischen Balkanstreitkräfte im Kampf gegen Serbien völlig

Redl, Alfred (1864-1913), homosexueller österreichischer Nachrichtenoffizier (Oberst i.G.), spionierte für Russland, Italien und Frankreich, Suizid nach Enttarnung
Geniale oder berühmte oder kriminelle Syphilitiker
Das nachfolgende Personenregister resultiert aus der Auswertung der wissenschaftlichen Abhandlungen von Brunold Springer ("Die genialen Syphilitiker", Berlin 1926) und von W. Lange-Eichbaum / W. Kurth ("Genie, Irrsinn und Ruhm", München / Basel 1967). Für die Kurzbiographien wurde insbesondere DER NEUE BROCKHAUS (5 Bände / 1959) herangezogen:


@dekumatland:
Ich werde hierzu noch etwas scannen.

Grüße
S
Wer hatte die nicht? Der Schallplattenproduzent Walter Legge regte die Gründung einer "Gesellschaft zur Syphilisierung von Johannes Brahms" an...
 
Zu Conrad:

Lloyd George zählte ihm zu den größten Strategen des Krieges.
Der französische General Gourand hatte ebenfalls eine hohe Meinung von ihm.
 
Auch hatte der Chef des Feldeisenbahnwesens es versäumt, gemäß Conrads Anweisung, exakt so ein Fall vorzubereiten.

An dieser Stelle ist Conrad kein Vorwurf zu machen.
Wessen Kommando unterstand die Mobilmaschungsabteilung und das Feldeisenbahnwesen noch gleich? Nicht zufällig dem des Generalstabs?

Ich würde mal sagen, wenn kein entsprechendes Mob-Szenario vorlag, wird man das Conrad dahingehnd ankreiden können, dass er entweder nicht die Erstellung eines solchen angeordnet oder sie nicht vernünftig beaufsichtigt hat.
Conrad ein Idiot?
Militärisch villeicht nicht unbedingt, aber politisch gesehen?

Ungarn hatte über Jahre konsequent die Erhöhung des Rekrutenkontingentes für die gemeinsame Armee verweigert. Erst Tisza konnte 1912 mit Griff in die Trickkiste das neue Wehrgesetz durchbringen, aber es konnte sich bis 1914 nicht mehr auswirken.
Und doch hielt Conrad das Wissen darum nicht davon ab, in der Julikrise zu denjenigen zu gehören, die auf Krieg pochten.

Sagen wir es mal so: Jemanden der reichlich zündelt und auf einen Krieg drängt, der sich möglicherweise ausweiten kann und auf den die Armee möglicherweise, wenn es zur Konfrontation mit Russland käme nicht vorbereitet sein würde, darf man meiner Meinung nach durchaus für einen I****** halten und zwar für einen von der gefährlicheren Sorte.
Selbe Kiste wie beim jüngeren Moltke.

Verantwortungsvolles Handeln wäre gewsen den zivilen Politikern einzuschärfen, dass die Streitkräfte auf einen großen Krieg nicht vorbereitet waren und das demgemäß unbedingt alles zu unterlassen sei, was einen solchen auslösen könnte.
Stattdessen auf's Gas zu treten und auf eine Zuspitzung des Konflikts hinzuarbeiten, obwohl er von den Mängeln der Armee wusste, obwohl er weder dem italiensichen, noch dem rumänischen Verbündeten traute, dass erforderte meiner Ansicht nach schon einer ordentlichen Portion Unverantwortlichkeit.

Ich finde, man kann nicht einfach pauschal sagen, Conrad war dämlicher, unfähiger Generalstabschef.
Aber man kann jedenfalls sagen, er war ein politisch verantwortungsloser Akteur, der von den Anforderungen, die verantwortliches Handeln an ihn stellten, offensichtlich deutlich überfordert war.
 
Wessen Kommando unterstand die Mobilmaschungsabteilung und das Feldeisenbahnwesen noch gleich? Nicht zufällig dem des Generalstabs?

Ich würde mal sagen, wenn kein entsprechendes Mob-Szenario vorlag, wird man das Conrad dahingehnd ankreiden können, dass er entweder nicht die Erstellung eines solchen angeordnet oder sie nicht vernünftig beaufsichtigt hat.

Warum gleich so spitz? Conrad ist sicher vorzuwerfen, das er nicht sichergestellt hat, das sein Befehl hinsichtlich der B-Staffel nicht umgesetzt worden war.

Militärisch villeicht nicht unbedingt, aber politisch gesehen?

Conrad war Militär! Er wird immer wegen seiner Präventivkriegforderungen heute so inbrünstig kritisiert. Nur: Retrospektiv lag er doch hinsichtlich Serbien und Italien richtig.
Und doch hielt Conrad das Wissen darum nicht davon ab, in der Julikrise zu denjenigen zu gehören, die auf Krieg pochten.

Richtig, wie beispielsweise auch ein gewisser Herr Suchomlinow, russischer Kriegsminister seines Zeichens und allen Ernstes behauptete, für ein Krieg gegen Österreich-Ungarn und Deutschland sei die russische Armee kriegsbereit. Es gab jede Menge Kriegstreiber in der Julikrise.

Sagen wir es mal so: Jemanden der reichlich zündelt und auf einen Krieg drängt, der sich möglicherweise ausweiten kann und auf den die Armee möglicherweise, wenn es zur Konfrontation mit Russland käme nicht vorbereitet sein würde, darf man meiner Meinung nach durchaus für einen I****** halten und zwar für einen von der gefährlicheren Sorte.

Zündelt? Welche Position hatte Conrad bekleidet? In dieser konnte er gar nicht zündeln. Er hat den Außenminister wieder und wieder die militärische nicht ungefährliche Situation der Monarchie dargelegt und meinte zum Mittel des Präventivkrieges gegenüber Serbien/Italien dringend zu empfehlen. Das wurde jedes einzelne Mal abgelehnt. Aehrenthal sorgte sogar für Conrads Entlassung. Dabei hatte Conrad sowohl die Serben als die Italiener realistischer eingeschätzt, als der zuständige Außenminister.
Stattdessen auf's Gas zu treten und auf eine Zuspitzung des Konflikts hinzuarbeiten, obwohl er von den Mängeln der Armee wusste, obwohl er weder dem italiensichen, noch dem rumänischen Verbündeten traute, dass erforderte meiner Ansicht nach schon einer ordentlichen Portion Unverantwortlichkeit.

Das ist dein Urteil aus der Jetztzeit. Conrad, aber auch Moltke, sahen das ganz und gar anders. Sie sahen es als allerletzte Chance, bevor Russland mit seinen unglaublichen Rüstungen fertig ist, eine militärische Auseinandersetzung bestehen zu können.

Und in Petersburg und Paris wurde auch tüchtig auf das Gaspedal gedrückt.

Aber man kann jedenfalls sagen, er war ein politisch verantwortungsloser Akteur, der von den Anforderungen, die verantwortliches Handeln an ihn stellten, offensichtlich deutlich überfordert war.

Er war Chef des Generalstabes und hat Empfehlungen, auch ungebetene, an den zuständigen Stellen immer wieder ausgesprochen. Verantwortungslos? Wo denn bitte genau? Sein militärischen Anforderungen ist er gerecht geworden.
Österreich-Ungarn hat sich die bietenden Gelegenheiten gegen Serbien/Italien militärisch vorzugehen nicht genutzt.
Und was tat denn Italien eigentlich 1915? Das schon rechtfertigte Conrads Forderung im Nachhinein? Aber Conrad wird stärker kritisiert als Italien. Was hat Wien denn nun die ganzen Jahre der Rücksichtnahme auf Rom, auch während des Tripoliskrieg, gebracht. Die Kriegserklärung Roms.
Was tat Serbien in der Julikrise? Es war die Nation, die als erstes die Generalmobilmachung in die Wege leitete. Schon während der Annexionskrise und dann der Balkankriege hatte Serbien Österreich-Ungarn massiv herausgefordert und Wien hatte die Füße stillgehalten.

Was tat Serbien in der Julikrise 1914, die als erstes überhaupt die Generalmobilmachung auf die Schiene setzte.
 
Conrad war Militär!
Und wäre von dem her im Sinne einer verantwortbarenn Amtsführung verpflichtet gewesen die zivilen Politiker, die in der militärischen Materie nicht drinsteckten detailliert auf die Probleme hinzuweisen, im Besonderen wäre er auch verpflichtet gewesen den Kaiser als Inhaber des militärischen Oberbefehls über die mangelnde Kriegsbereitschaft im Falle eines großen Krieges in Kenntnis zu setzen.

Er wird immer wegen seiner Präventivkriegforderungen heute so inbrünstig kritisiert. Nur: Retrospektiv lag er doch hinsichtlich Serbien und Italien richtig.
Lag er ja gerade nicht.
Er war ja weder fähig mit dem einen, noch mit dem anderen Gegner fertig zu werden.

Ich darf darauf hinweisen, dass die von Conrad angepeilten Präventivkriegs-Szenarien natürlich immer die erhöhte Gefahr geborgen hätten weitere Mächte mit hinein zu ziehen, im Besonderen bei einem Angriff auf Serbien, wäre ein Kriegseintritt Russlands auf serbischer Seite hoch wahrscheinlich gewesen.
Das aber bedachte Conrad nicht, sondern forderte mit bemerkeenswerter militärischer Betriebsblindheit kriegerische Aktion ohne Rücksicht auf die Rückwirkungen auf die politische Lage Europas.

Zündelt? Welche Position hatte Conrad bekleidet?
Die des Generalstabschefs. Einer Position mit Immdiatzugang zum Kaiser und dem Recht diesem Vortrag über die Situation zu halten.
Und der Möglichkkeit diesen beim Entschluss der Kriegserklärung, die Sache des Monarchen war zu stärken.
Jedenfalls wäre mir nicht bekannt, dass er zum Kaiser aufs Schloss gelaufen, ihm die militärischen Probleme dargelegt und mit Rücktritt gedroht hätte, falls dieser es zu einem Krieg kommen ließe.
Genau das hätte er aber, wenn er verantwortungsvoll hätte handeln wollen tun müssen.

Er hat den Außenminister wieder und wieder die militärische nicht ungefährliche Situation der Monarchie dargelegt und meinte zum Mittel des Präventivkrieges gegenüber Serbien/Italien dringend zu empfehlen. Das wurde jedes einzelne Mal abgelehnt. Aehrenthal sorgte sogar für Conrads Entlassung. Dabei hatte Conrad sowohl die Serben als die Italiener realistischer eingeschätzt, als der zuständige Außenminister.
Ich würde mal sagen, angesichts der möglichen Auswirkungen und der rüstungstechnischen Probleme schätzte Aerenthal die Siituation realistsischer ein, wenn er daraus die Konsquenz zog einem militärischen Abenteuer, das unalkulierbar war eine Absage zu erteilen und den mit dem Feuer spielenden Conrad an die Luft setzen zu lassen.

Im Übrigen selbst wenn die Armee in der Lage gewesen wäre, ist doch die Idee politische Probleme mit einem Präventivkrieeg lösen zu wollen, völlig absurd.
Mit einem Präventivkrieg ohne umfangreiche Annexionsaussichten (Annexionsabsichten aber hätten sofort die Großmächte auf den Plan gerufen), hätte selbst im Erfolgsfall die Gegner auf ein paar Jahre hinaus schwächen können, mehr aber auch nicht.
Es hätte nicht deren politische Einstellungen und Ziele geändert und Feindseeligkeitenn nur vertieft.
Damit hätte man die Problme ein paar Jahre vertagt, aber nicht gelöst.

Dafür das Risiko eines europäischen Flächenbrandes?

Das ist dein Urteil aus der Jetztzeit. Conrad, aber auch Moltke, sahen das ganz und gar anders. Sie sahen es als allerletzte Chance, bevor Russland mit seinen unglaublichen Rüstungen fertig ist, eine militärische Auseinandersetzung bestehen zu können.
Ist mir bekannnt, dass die das anders sahen.
Dennoch vernachlässigten sie ihre Pflichten sträflich, dadurch, die zivilen Politiker nicht detailliert in ihre Planungen und Probleme einzuweihen und ihnen das völlig falsche Bild vorhandener Krigsbereitschaft zu vermitteln, dass den zivilen Politikern den vermeintlichen Spielraum zum Zocken verschaffte, den diese sonst mit Sicherheit nicht gesehen hätten.
Er war Chef des Generalstabes und hat Empfehlungen, auch ungebetene, an den zuständigen Stellen immer wieder ausgesprochen. Verantwortungslos? Wo denn bitte genau? Sein militärischen Anforderungen ist er gerecht geworden.
Zum beispiel dadurch dass kein vernünftigr Mob-Plan vorhanden war, obwohl Conrad selbst immer wieder auf Krieg gegen Serbien gedrängt hatte und daher die Möglichkeit einer Auseinanderstzung mit Serbieen und Russland auf dem Schirm haben musste?

Wie kam das, dass er Präventivkrieg widerholt forderte, ohne einen praktikablen Aufmarschplan dafür zu haben und dass er sich, als er den Kreg bekam, den er wollte, wunderte, dass das nicht vernünftig vorbreitet war?
Der Mann hat sich in einer Weise in die Außenpolitik gemischt, wie es ihm nicht zukam und wie es gefährlich sein konnte und er hat bei der Vorbereitung geschlampt oder bei seinen Untergebenen Schlamperei einschleifen lassen.

Man kann darüber streiten, wie glücklich er innerhalb dieses Krieges aggiert hat.
Das mit der Südtiroloffensive sehe ich, wi dir bekannt ist anders, deinen sonstigen Ausführungen kann ich im Prinzip zustimmen, dass ändert abr nichts daran, dass Conrad in Friedenszeiten eine vollkommene Fehlbesetzung war, deren Konsequenzen der Donaumonarchie im Krieg auf die Füße fielen.

Österreich-Ungarn hat sich die bietenden Gelegenheiten gegen Serbien/Italien militärisch vorzugehen nicht genutzt.
Und ist dir mal der Gedanke gekommen, dass dem vor allem deswegen nicht entsprochen wurde, weil den zivilen Politikern möglicherweise klar war, was man mit einem solchen Präventivkrieg möglicherweise lostreten würde?
 
Zuletzt bearbeitet:
h darf darauf hinweisen, dass die von Conrad angepeilten Präventivkriegs-Szenarien natürlich immer die erhöhte Gefahr geborgen hätten weitere Mächte mit hinein zu ziehen, im Besonderen bei einem Angriff auf Serbien, wäre ein Kriegseintritt Russlands auf serbischer Seite hoch wahrscheinlich gewesen.
1908/09 wohl eher nicht. Und 1912/13 wissen wir nicht. Was wir wissen, ist, was dann später tatsächlich geschah.

Und ist dir mal der Gedanke gekommen, dass dem vor allem deswegen nicht entsprochen wurde, weil den zivilen Politikern möglicherweise klar war, was man mit einem solchen Präventivkrieg möglicherweise lostreten würde?

Aehrenthal und Berchtold lagen mit ihren Einschätzungen und den daraus resultierenden Handeln hinsichtlich Serbien und Italien vollständig daneben.
Was hätte denn 1908/09 bitte passieren sollen? 1911 genoss Italien ganz allgemein die Verachtung; Sympathie Fehlanzeige. Deswegen hatte Rom es ja auch so eilig den Dreibundvertrag vorzeitig zu verlängern. Und Wien und Berlin waren so dusselig und haben dem nachgegeben.

Ein Aufmarschplan gegen Serbien lag vor. Bezüglich Italien weiß ich es nicht.
Die des Generalstabschefs. Einer Position mit Immdiatzugang zum Kaiser und dem Recht diesem Vortrag über die Situation zu halten.

Was nicht die Möglichkeit beinhaltete über Krieg und Frieden zu befinden.


Dennoch vernachlässigten sie ihre Pflichten sträflich, dadurch, die zivilen Politiker nicht detailliert in ihre Planungen und Probleme einzuweihen und ihnen das völlig falsche Bild vorhandener Krigsbereitschaft zu vermitteln, dass den zivilen Politikern den vermeintlichen Spielraum zum Zocken verschaffte, den diese sonst mit Sicherheit nicht gesehen hätten.

Das Militär war in erster Linien dem Monarchen Rechenschaft schuldig. Das ist hier auch gar nicht das Thema. Franz-Joseph und Berchtold kannten ebenso wie Wilhelm II. und Bethmann-Hollweg die militärischen Planungen.


Ich sehe schon, du hast eine so krass negative Meinung gegen Conrad, das eine sachliche Diskussion schwer ist.

Diese deutliche Kritk würde ich gerne einmal von dir bezüglich Serbiens, die haben noch und noch gezündelt, und Itlaiens, welche ohne Rücksichten seinen Kolonialkrieg, mit überaus fatalen Folgen, gestartet hatte.
Jedenfalls hat sich deine Meinung zu Italien immer noch keinen einzigen Millimeter bewegt. Ansonsten würdest du nämlich anders argumentieren.
Und es stellt mir so langsam die Frage, was dir eigentlich an Fakten noch alles präsentiert werden muss, damit du diese annimmst und nicht einfach weiter ignorierst und bei deiner Argumentation in Rechnung stellst.
dass Conrad in Friedenszeiten eine vollkommene Fehlbesetzung war, deren Konsequenzen der Donaumonarchie im Krieg auf die Füße fielen.

Sehe ich komplett anders. Auf den Füßen fiel der Monarchie ihre Zurückhaltung, Rücksichtnahme gegenüber den "Verbündeten" Italien und bei Serbien waren es Rücksichten auf Russland, welches gerade in Person von Hartwig so gar keine Rücksichten nahm. Das hat sich 1914/15 bitter gerächt.


Im August 1914 hatten Conrad dem General Rohr beauftragt, die Verteidigung an der Südwestgrenze unter dem jetzt gegebenen Verhältnissen zu studieren, vorzubereiten und der jeweiligen Lage entsprechend zu organisieren. Nachzulesen in Österreich-Ungarns letzter Krieg Band 2, S.289.
 
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