Ich habe mir dann überlegt, dass er dies in Teilen ja bis 1914 in den deutschen Kolonien hätte haben können (mit allen Konsequenzen für die Bevölkerung dort). Spätestens nach Versailles war diese Möglichkeit aber entfallen.
Ja, aber wenn du dir das mal anschaust, wirst du feststellen, dass es kaum Deutsche gab, die tatsächlich in die deutschen Kolonien auswanderten.
Größere Ansiedlungen gab es nur in Namibia (damals Deutsch-Süd-West-Afrika) und das waren nur einige tausend Personen, die da in 30 Jahre Kolonialgeschichte versucht hatten da ihr Glück mit irgendwas zu machen, das mit landwirtschaft zu tun hatte. Der Hauptstrom der Auswanderung ging nach wie vor in die Amerikas, bevorzugt in die Vereinigten Staaten, aber durchaus auch in einige Gegenden Brasiliens und Argentiniens.
So besonders populär war Auswanderung in die Kolonien zum Zweck dort Landwirtschaft zu betreiben, nicht.
Da musste man sicherlich keine Kompensation für schaffen.
Zumal es durchaus nicht so war, dass man sich als Deutscher per se nicht auch in den Kolonien anderer Mächte hätte niederlassen können.
Erheblich schwerer dürfte für Auswanderungswünsche gewogen haben, dass durch die wirtschaftlichen Verwerfungen in der Zeit zwischen den Weltkriegen vor allem die USA als klassisches Einwanderungsland zunehmend skeptischer wurden, was weitere Einwanderung betraf, allerdings, die Lebensraum-Ideologie der Nazis entstand ja durchaus bereits bevor die Regeelmentierungen in den USA seit der Weltwiirtschaftskrise zunehmend retriktiver wurden.
1. Die Frage ist: wenn das deutsche Reich mit dem 1. Weltkrieg Kolonien verliert, welche Auswirkung hat das dann auf das Wahlverhalten, wenn eine Partei neue Land-Eroberungen (eben die NS-Lebensraum-Ideologie) im Wahlprogramm ankündigt? Könnte sie das z.B. in besonderer Weise interessant machen für ehemalige Afrika-Kolonisten?
Die Frage geht insofern an der Realität vorbei, dass die Gruppe derer, die als Kolonisten in Afrika waren so klein war, dass sie bei Wahlen nicht ins Gewicht viel.
2. Offenbar scheint ja so etwas wie eine Nachfrage nach "Kolonisation" bis 1914 bestanden zu haben. Ist diese Nachfrage nach 1918 z.B. aus wirtschaftlichen Erwägungen (wie Zustand der Landwirtschaft) immer noch vorhanden? Baut sie sich evtl. sogar über die 20er Jahre auf? Wenn jemand erstmal "rein technisch" an der Besitznahme neuer (bzw. geraubter) Ländereien interessiert ist, in wieweit wird dann eine Partei wie die NSDAP interessant? Wieviele dieser Leute gab es in den 1920ern?
Die war allerdings bis 1914 aus völlig anderen Gründen motiviert, die vor allem etwas mit Prestige und Selbstdarstellung als Großmacht zu tun hatten, nur bedingt mit tatsächlichen wirtschaftlichen Fragen.
Und man muss bei den Kolonien auch sehen, dass das aus verschidenen Gründen für Landwirte, die Probleme hatten über die Runden zu kommen, nicht unbedingt wirklich eine Lösung war.
Schon weil ganz anderes Klima, andere Böden, Kulturpflanzen und Abautechniken vorherrschten, mit denen sie keine Erfahrungen hatten.
Auch die Vorstellung, die Bewohner dieser Gebiete als billige Arbeitskräfte oder de facto Sklaven einzuspannen, musste in der Praxis ihre Tücken haben.
Ein einfacher in Deutschland gescheiterter Landwirt hatte nicht die Mittel sich dort ein umfassendes Sklavenregime aufzubauen und das auch tatsächlich aufrecht zu erhalten.
Wohlhabende Kaufleute, die da ein Geschäftsfeld witterten und in der Situation waren sich da eigene bewaffnete Kräfte aufzubauen um solche Projekte abzusichern möglicherweise, aber das überstieg die Möglichkeiten eines an der Pleite kratzenden Bauern deutlich.
Technisch wäre das außerdem wahrscheinlich bereits oft an Kommunikationsproblemen gescheitert. Billige Arbeitskräfte zu haben nutzt nur beedingt etwas, wenn derjenige, der sie hat nicht in der Lage ist, ihnen verständliche Anweisungen zu geben.
Nun sprachen aber die wenigsten keinbauern in Deutschland afrikanische Sprachen und der Großteil der Bewohner der Kolonien kein Deutsch. Zwar gab es Bemühungen in den Kolonien Schulen aufzubauen und Teilen der Bevölkerung die deutsche Sprache näher zu bringen, aber besonders erfolgreich und vor allem flächendeckend war das nicht.
3. Inwieweit spielte diese ganze Thematik bei den Vernichtungsfeldzügen im Osten eine Rolle?
Gar nicht.
Jedenfalls nicht von der Seite der Landwirtschaft her. Möglicherweise im Hinblick auf die Praxis der Anwendung entgrenzter Gewalt, abseits aller kriegsrechtlichen Normen, aber das wäre eine andere Diskussion.
Haben sich z.B. ehemalige Afrika-Kolonisten irgendwo schon in größerem Umfang als NS-Wehrbauern beworben? Wenn die Farm in Afrika weg war, wird es ja sicher nicht einfach gewesen sein, nach 1918 in Deutschland wieder Fuß zu fassen.
Denk das einfach mal durch:
Afrika-Kolonisten gab es ohnehin nicht viele. Und der rste Weltkrig und der Verlust der Kolonien lag 1941 fast 25 Jahre zurück.
Wer 1918 vielleicht Mitte 20 oder 30 Jahre alt und als junger Mann in die Kolonien gegangen war, der war 1941 so 55-60 Jahre alt und steuerte allmählich auf das Ende seiner statistsichen Lebenserwartung zu.
Ein Mittfünfziger oder jemand, der auf die 60 Jahre zuging, der dürfte eher an Ruhestand gedacht haben, als daran irgendwo in völlig unbekanntem Terrain unter Menschen, deren Sprache er nicht versteht, nen Wehrbauern spielen zu wollen.
Er wäre für eine solche Tätigkeit von den NS-Behörden wahrscheinlich auch nicht als geeignet befunden worden.
Ich frage mich einfach, inwieweit Verbindungen bestehen, rein hypothetisch wäre es ja nicht unwahrscheinlich. Die deutschen Afrika-Kolonisten haben sich nach 1914 ja vermutlich nicht in Luft aufgelöst.
Das nicht, aber es waren wenige und die die das im Kaiserreich wirlich aktiv betrieben hatten, waren in der NS-Zeit Senioren, von denen nicht mehr viel an Aktivitäten zu erwarten war oder sie gingen darauf zu.
Es ist ja nicht so, dass die Leute, wenn sie Afrika verlassen mussten, nur nach Deutschland zurückgekonnt hätten und dort dann hätten leben müssen, bis Hitler kam.
Wer unbedingt, irgendwo in Afrika oder sonstwo Farmer spielen wollte, konnte auch versuchen sich bei einer der anderen Großmächte in irgendeiner Form "einbürgern" zu lassen und in deren Kolonin zu gehen.
Oder aber er konnte sich eben etwa in den USA im mittleren Westen oder in Südamerika versuchen. Da gabs zwar keine Aussicht auf Sklavenarbeiter (wobei in Brasilien wegen des stark rassistsich geprägten Gesellschaftssystes die Verhältnisse der Farbigen Einwohner wahrscheinlich oft nicht soooooo weit von Sklaverei weg waren, auch wenn die im 19. Jahrhundert offiziell verboten wurde) o.ä. aber bebaubares Land war da noch relativ preisgünstig zu haben.
Das war eine Alternative, für Leute, die unbedingt bei der Landwirtschaft bleiben wollten, wenn sie bereit waren sich den Sitten und Gebräuchen anzupassen.