Greys Kampf für den Frieden

Wie muss man deine Frage verstehen, @schaf:
1.) Warum, hatten sie keines?
2.) Warum hatten sie keines?

V1 empfände ich hier als die logischere Anschlussfrage, aber du hast V2 geschrieben. Auch wenn die Worte exakt dieselben sind: Durch das Komma verändert sich der Sinn erheblich.
 
Warum hatte das Deutsche Reich denn kein planerisches Ost-Szenario ?
Ich bitte um Entschuldigung, falls zu dieser Thematik in diesem thread bereits Stellung genommen worden ist. Ich bin erst seit gestern in diesem Forum und habe noch nicht alle posts gelesen.

Nun zum "Ost-Szenario"
Natürlich gab es auch im Schlieffenplan Vorkehrungen für die Front im Osten (Ostpreußen). (Schlieffen ging aber davon aus, dass der Aufmarsch der russischen Armee erst zu einem Zeitpunkt abgeschlossen sei, wenn der Sieg im Westen bereits erfochten worden ist. Mit der frühzeitigen Mobilmachung Russlands war das natürlich Makulatur)

Es war vorgesehen, Ostpreußen nur hinhaltend zu verteidigen und im schlimmsten Fall sogar bis zur Weichsel zurückzuweichen, General Francois wurde sogar "gerüffelt", weil er mit völlig unzureichenden ostpreußischen Truppen zum Angriff überging. Gleiches galt übrigens auch für das Elsass. Auch das sollte notfalls aufgegeben werden, damit der Haupteil der Truppen auf dem "rechten Flügel" konzentriert werden könne.

Als die Russen aber bereits halb Ostpreußen zu überfluten begannen, setzte eine Umdenkungsprozess in der OHL ein. Man löste den Prittwitz, den Befehlshaber in Ostpreußen ab und gab dem "Lüttich-Sieger" Ludendorff (pro forma mit Hindenburg als "Hut") das Kommando für den Osten. Gleichzeitig wurden in einer äußerst entscheidenden Phase für den rechten Flügel im Westen drei Armee-Korps dort abgezweigt und nach Osten befördet. (Sie kamen allerdings für Tannenberg zu spät und fehlten dringend im Westen!! Manche machen diese Aktion für das Scheitern des Angriffsflügels verantwortlich. Kronprinz Rupprecht, der Oberbefehlshaber der bayerischen 6. Armee hatte der OHL nach dem Sieg in Mörchingen (Lothringen) weit mehr nun frei werdende Einheiten angeboten, das wurde aber von der OHL abgelehnt, weil (sinngemäß) Ostpreußen schlechterdings nicht von den Bayern "befreit" werden sollte.

Erst ab diesem Zeitpunkt und weil die Österreich-Ungarn schwerste Niederlagen einstecken musste, wurde auch von deutscher Seite eine Ostfront aufgebaut, die ursprünglich gar nicht vorgesehen war. Es mussten preußische und bayerische Einheiten als "Korsettstangen" in die österreichische Front eingezogen werden. Zur Verhinderung eines alliierten Vordringens über Griechenland/Balkan wurde die Front bis zum türkischen Bündnispartner geschlossen.
Am Ende war das aber alles sinnlos, da der Krieg durch das Feststecken der Westfront bereits verloren war.
Schöne Grüße
Joseph
 
würde.

Die Behauptung, er hätte den Verbündeten Zeit für Rüstung verschaffen wollen, ist wie oben dargelegt, schonmal völliger Quatsch, weil sich am Rüstungsstand kurzfristig nicht viel ändern ließ.

Aha. Völliger Quatsch. Kannst du das belegen?

Wenn ich so überlege, wie häufig Grey’s Werk referiert wurde und wird und dann ist es „völliger Quatsch“.
 
Aha. Völliger Quatsch. Kannst du das belegen?
Was gibt es da groß zu belegen? Du weißt so gut wie ich, dass dezidierte Rüstungsprogramme, wie Heeresvermehrungen, Ausbau des strategischen Bahnnetzes, deutliche Erhöhung der Munitionsbevorratung, Anschaffung schwerer Waffen, anschaffung leistungsfähigerer Waffen etc. Projekte waren, die über einen Zeitraum von Jahren liefen.
Auf dieser Ebene war durch eine Großmachtskonferenz wegen der an und für sich recht simplen serbischen Angelegenheit, da kaum mehr als einige Wochen in Anspruch hätte nehmen können, offensichtlich nicht viel zu bewegen.

Mitten Im Sommer war auch nicht damit zu rechnen einen möglichen Kriegsausbruch durch erwartbare schlechtwetterperioden zusätzlich verzögern zu können, wenn man etwas Zeit durch eine Konferenz herausschlug.


Und dagegen, dass hier nicht Zeitbeschaffung für Rüstung, sondern Mobilmachungsvorbereitung gemeint gewesen wäre spricht wie bereits angeführt, dass es als Grey mit dem ersten Vermittlungsversuch daher kam überhaupt noch keine Mobilmachung auf der Seite der Zentralmächte, im Besonderen keine Mobilmachung Deutschlands gab, die man damit hätte verzögern können.

Das ist offensichtlich eine reine Schutzbehauptung von seiten Greys um sein damaliges Handeln rückwirkend zu rechtfertigen.
 
Grey dürfte kaum die Rüstungen im eigentlichen Sinne des Wortes, sondern vielmehr den Ablauf der Mobilisierung gemeint haben.
 
Nur fing er mit seinen Vermittlungsversuchen ja bereits vor der Abfassung der serbischen Antwortnote an, als es noch keine Mobilmachungen gab, deren Ablauf man hätte verzögern/stören können.

Und da wäre noch etwas:

Du neigst ja zu der Betrachtungsweise, dass der Schlieffenplan den Westmächten bekannt war und Akteure aus diesem Lager wie Poincaré und Grey ihn zur Falle für Deutschland umfunktioniert hätten.

Dann müsstest du mir aber hier eines erklären, weil das mit deiner Argumentation nicht zusammengeht: Wenn du annimmst, das im Lager der Entente der Schlieffenplan als festgelegt und Handlungsleitend für Deutschlands agieren angesehen worden sei (nur dann ergibt das Postulat der "Falle" einen Sinn), hätte dort ja klar sein müssen, dass für Deutschland die Zeit für die Mobilmachung ein kritisches Momentum darstellen musste.

Wenn dem aber so gewesen wäre, konnte man kaum ernsthaft glauben eine Verzögerungstaktik zu fahren, könnte irgendeinen Vorteil bringen, weil man dann davon ausgehen musste, dass diese von Berlin ignoriert würde.

Das sinnvollste Rezept dann wäre gewesen selbst Öl ins Feuer zu gießen um Berlin zu unbesonnenen Äußerungen zu provozieren um den Beginn umfangreicherer eigener Maßnahmen zur Kriegsvorbereitung schon im Vorfeld eines deutschen Zuschlagens im Westen zu rechtfertigen.
 
Nicht Grey, sondern "nur" Poincare. Und Poincare hat doch Öl ins Feuer gegossen; siehe sein Besuch in Petersburg.

Das die deutsche Mobilmachung nun um einiges schneller war als die russische, das war eine Binsenweisheit; "also galt es Zeit für die Russen zu schinden".

Voll umfänglich kann der Schlieffenplan nicht bekannt gewesen sein, sonst hätte die Aufstellung der französischen Armee anders aussehen müssen oder aber, man nahm die eigenen Erkenntnisse nicht wirklich ernst.
 
Nicht Grey, sondern "nur" Poincare. Und Poincare hat doch Öl ins Feuer gegossen; siehe sein Besuch in Petersburg.
Ich meinte mit "Öl ins Feuer gießen" weniger Aktionen Frankreichs um Russland zum Konfrontationskurs zu bringen, als britische Aktionen um die deutsche Außenpolitik zu überreaktionen oder unvorteilhaften Reaktionen zu zwingen und in GB einen Vorwand für die Öffentlichkeit zu haben schneller mit der Mobilmachung anzufangen.

Wenn man in London angenommen hätte, dass Deutschland ohnehin bereits auf dem Sprung war (vor der Abfassung der serbischen Antwortnote, als Greys Vermittlungsbemühungen einsetzten unwahrscheinlich), konnte man kaum darauf rechnen dass Berlin sich auf Bemühungen einlassen würde, die darauf hinausliefen Deutschlands Mobilisierung zu verzögern, ohne etwas sehr konkretes in Aussicht zu stellen.
Was man hätte machen können, wäre versuchen einen Vorwand zu finden die Formationen des aktiven britischen Berufsheeres vorzeitig nach Antwerpen schicken zu können, um Frankreich in der kritischen Phase der Mobilisierung zu helfen.

Das ist nun natürlich wieder ein "was-wäre-wenn" mit begrenztem Wert.

Aber London hätte, wenn es um Verzögerungstaktik gegangen wäre deutlich mehr investieren können um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass Berlin den Köder schluckt.
Man hätte ja durchaus Berlin ein konkretes Angebot zur eigenen Neutralität unter sehr fordernden Bedingungen unterbreiten können, mit der Implikation, dass die Deutsches es am Ende ablhenen, aber wahrscheinlich ein paar Tage lang diskutieren würden.


Nehmen wir mal spaßeshalber an, London hätte auf die russische Teilmobilmachung am 29. Juli ein konkretes Angebot mit folgenden Kernpunkten als Inhalt angeboten:

- Großbritannien erklärt sich bereit seine Neutralität zu garantieren.
- Großbritannien erklärt sich bereit im Sinne Berlins auf Paris einzuwirken um für Beruhigung zu sorgen.

Wenn:

- Deutschland auf eine Mobilmachung oder zumindest eine Mobilmachung im Westen und einen Aufmarsch in den beiden preußischen Westprovinzen Rheinland und Westfalen, verzichtet und jede Aufstockung von Truppen in diesen Provinzen unterlässt um jede Bedrohung seiner westlichen Nachbarn auszuschließen.
- Deutschland sich umgehend dazu erklärt die Neutralität seiner westlichen Nachbarn Luxemburg und Belgien in jedem Fall zu garantieren, sofern diese nicht selbst feindlich gegenüber Deutschland auftreten würden.
- Deutschland akzeptiert im Falle belgischen Einverständnisses die sofortige Entsendung einer britischen Expeditionsstreitkraft nach Belgien, die die Aufgabe hat dafür zu sorgen, dass die Neutralität der beiden Länder gewahrt wird, dass diese keinesfalls überfallen werden und dass die Kräfte der Kriegsparteien Frankreich und Deutschland in diesem geschützten Raum voneinander getrennt blieben.
- Deutschland eine britischen Seesperre des Ärmelkanals und der Seegebiete zwischen zwischen Schottland, Island und Grönland akzeptiert und die Durschsuchung von Schiffen und Beschlagnahmung von Konterbande durch die RN um sicher zu stellen, dass keine Waffen- und Materiallieferungen über die skandinavischen Häfen in dass den Agressor gebende Russland gelangen.
- Deutschland der Demobilmachung seiner in der Nordsee stationierten Marineeinheiten zustimmt, seine in Übersee befindlichen Einheiten anweist sich in britische oder andere neutrale Häfen zu begeben und dort internieren zu lassen, und sich mit seinen maritimen Kampfeinheiten auf keinen Fall näher als, sagen wir 100 Seemeilen der britischen Sperrzone oder der britischen Küste anzunähern. Im Gegenzug würde dann Großbritannien Frankreich mit Krieg drohen, falls es seinerseits versuchen sollte Marineeinheiten in Seegebiete östlich der Sperrzone zu entsenden oder maritim gegen die deutschen Kolonien zu operieren.
- Deutschland die Mobilmachung von Belgiens Armee Zwecks Selbstschutz und Aufrechterhatlung der belgischen Neutralität hinnimmt ohne Gegenschritte zu unternehmen, die über eine Aktivierung der deutschen Verteidigungsstellungen zwischen Aachen und Trier hinausgehen.

- Annahmefrist 14 Tage, Verfall des Angebots bei jeder deutschen Handlung, die eine der genannten Bedingungen verletzt, insbesondere bei Verletzung des Verbots des Westaufmarsches im Rheinland.


Gleichzeitig Note an die belgische Regierung, dass sie auf britischen Schutz der Neutralität Belgiens nur rechnen könnte, wenn sie selbst umgehend eine Erneuerung der Garantie dieser Neutralität durch Berlin forderte, verbunden mit einer offiziellen Erklärung der deutschen Regierung weder Überfall- noch Eroberungsabsichten gegenüber Belgien und Luxemburg zu hegen.
Und wenn sie gleichzeitig umgehend ein förmliches Ansuchen an die britische Regierung richtete für die Dauer von Krise und eventuellem Krieg zwischen Frankreich und Deutschland umgehend Truppen zur Sicherung der belgischen Neutralität nach Antwerpen, und zu den Kanalhäfen zu entsenden und den britischen kräften, zu erlauben, sich überall auf belgischem Territorium aufzuhalten, wo es die britische Generalität der Sicherung der Neutralität wegen für geboten hielte (inklusive des uneingeschränkten Zugangs zur gesammten militärischen Infrastruktur.
Außerdem, dass Belgien selbst die britischen Anstrengungen zur Neutralitätssicherung umgehend mit der Proklamation seiner "bewaffneten Neutralität", der Mobilmachung seiner Armee und der "Garde Civique", der Instandsetzung, Garnisonierung und Armierung der belgischen Festungen unterlegen müsste, wofür Großbritannien dann die auch die Neutralität der belgischen Besitzungen in Afrika garantieren würde.



Was hätte Berlin dann gemacht?

Wenn man es angenommen hätte, hätte man sofortigen Aufmarsch der Briten in Belgien noch vor Beginn des deutschen Aufmarsches im Westen und gleichzeitig de facto eine britische Seekontrollzone akzeptiert, die sich jederzeit in eine Blockade gegen Deutschland hätte umwandeln lassen, wenn London dass gewollt hätte, ein Anlass hätte sich finden lassen.
Wenn es die Abgabe einer Erklärung an Belgien dessen Neutralität zu achten, es in keinem Fall militärisch anzugehen, überfallen oder erobern zu wollen, falls GB sich neutral verhalte und oder die Bedingung nicht an der belgischen Grenze in großer Konzentration aufzumarchieren oder eine andere Bedingung ablehnen würde, hätte man das der britischen Öffentlichkeit als deutsche Kriegstreiberei verkaufen und die Entsendung eingener Kräfte nach Belgien möglicherweise bereits früher veranlassen können, was die britischen Truppen möglicherweise in den Stand gesetzt hätte, die Sabotage von Brücken und Bahnanlagen in Belgien, jedenfalls in Flandern gründlich vorzubereiten, um den deutschen Vormarsch effektiver verlangsamen zu können.


Warum ist man, wenn man von britischer Seite eigentlich nur darauf aus gewesen wäre Frankreich und Russland bei deren Mobilmachung und Kriegsvorbereitung zu unterstützen, nicht in die Vollen gegangen und hat Berlin ein Angebot dieser Art vorgelegt, dass bei jeder Handlung Berlins, egal, wie diese ausfallen würde den Weg zu Schritten aufzustoßen geeignet wäre, die Großbritanniens Truppen schneller nach Belgien zu bringen?

Warum dieser Mangel an Phantasie? Wenn ich mir ein so konzipiertes Angebot, dass weitere Maßnahmen rechtfertigen kann nebenbei abends bei einer Stunde Brainstorming aus den Fingern suchen und abtippen kann, hätten das die schlauen Köpfe im Foreign Office auch gekonnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man hätte ja durchaus Berlin ein konkretes Angebot zur eigenen Neutralität unter sehr fordernden Bedingungen unterbreiten können, mit der Implikation, dass die Deutsches es am Ende ablhenen, aber wahrscheinlich ein paar Tage lang diskutieren würden.

Nehmen wir mal spaßeshalber an, London hätte auf die russische Teilmobilmachung am 29. Juli ein konkretes Angebot mit folgenden Kernpunkten als Inhalt angeboten:

- Großbritannien erklärt sich bereit seine Neutralität zu garantieren.
- Großbritannien erklärt sich bereit im Sinne Berlins auf Paris einzuwirken um für Beruhigung zu sorgen.

Wenn:

- Deutschland auf eine Mobilmachung oder zumindest eine Mobilmachung im Westen und einen Aufmarsch in den beiden preußischen Westprovinzen Rheinland und Westfalen, verzichtet und jede Aufstockung von Truppen in diesen Provinzen unterlässt um jede Bedrohung seiner westlichen Nachbarn auszuschließen.
- Deutschland sich umgehend dazu erklärt die Neutralität seiner westlichen Nachbarn Luxemburg und Belgien in jedem Fall zu garantieren, sofern diese nicht selbst feindlich gegenüber Deutschland auftreten würden.
- Deutschland akzeptiert im Falle belgischen Einverständnisses die sofortige Entsendung einer britischen Expeditionsstreitkraft nach Belgien, die die Aufgabe hat dafür zu sorgen, dass die Neutralität der beiden Länder gewahrt wird, dass diese keinesfalls überfallen werden und dass die Kräfte der Kriegsparteien Frankreich und Deutschland in diesem geschützten Raum voneinander getrennt blieben.
- Deutschland eine britischen Seesperre des Ärmelkanals und der Seegebiete zwischen zwischen Schottland, Island und Grönland akzeptiert und die Durschsuchung von Schiffen und Beschlagnahmung von Konterbande durch die RN um sicher zu stellen, dass keine Waffen- und Materiallieferungen über die skandinavischen Häfen in dass den Agressor gebende Russland gelangen.
- Deutschland der Demobilmachung seiner in der Nordsee stationierten Marineeinheiten zustimmt, seine in Übersee befindlichen Einheiten anweist sich in britische oder andere neutrale Häfen zu begeben und dort internieren zu lassen, und sich mit seinen maritimen Kampfeinheiten auf keinen Fall näher als, sagen wir 100 Seemeilen der britischen Sperrzone oder der britischen Küste anzunähern. Im Gegenzug würde dann Großbritannien Frankreich mit Krieg drohen, falls es seinerseits versuchen sollte Marineeinheiten in Seegebiete östlich der Sperrzone zu entsenden oder maritim gegen die deutschen Kolonien zu operieren.
- Deutschland die Mobilmachung von Belgiens Armee Zwecks Selbstschutz und Aufrechterhatlung der belgischen Neutralität hinnimmt ohne Gegenschritte zu unternehmen, die über eine Aktivierung der deutschen Verteidigungsstellungen zwischen Aachen und Trier hinausgehen.

- Annahmefrist 14 Tage, Verfall des Angebots bei jeder deutschen Handlung, die eine der genannten Bedingungen verletzt, insbesondere bei Verletzung des Verbots des Westaufmarsches im Rheinland.
Also bei dem Forderungskatalog hätte Deutschland vermutlich weniger als 10 Minuten zur Ablehnung gebraucht. Und Großbritannien hätte sich selbst gegenüber der Weltöffentlichkeit als Aggressor gezeigt, in dem es unerfüllbare Forderungen stellt.

Da war der Vorschlag einer Konferenz schon eine bessere Idee. Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland ablehnt, war sehr hoch, aber man konnte es immerhin versuchen. Und im Falle einer Ablehnung konnte man dann sagen: "Ja, wir wollten ja verhandeln, aber Deutschland und Österreich-Ungarn haben das abgelehnt, also sind die Schuld am Krieg".
 
Also bei dem Forderungskatalog hätte Deutschland vermutlich weniger als 10 Minuten zur Ablehnung gebraucht. Und Großbritannien hätte sich selbst gegenüber der Weltöffentlichkeit als Aggressor gezeigt, in dem es unerfüllbare Forderungen stellt.
Inwiefern hätte sich Großbritannien als Agressor gezeigt, wenn es diese Forderungen als Gegenleistung für die Garantie der eigenen Neutralität erhoben hätte?
Die Nichterteilung dieser Garantie wäre ja nicht gleichbedeutend mit Kriegserklärung gewesen, insofern hätte ein solches Ansinnen keine Drohung darsgestellt.

Die Neutralität Belgiens zu achten hatte Preußen ja ohnehin 1839 erklärt, die Forderung der Erneuerung dieser Erklärung hätte also im internationalen Vertragssystem nur die Aufrechterhaltung des Status Quo bedeutet.

Und die Sperrzone auf See hätte GB mit dem eigenen Recht auf Neutralität und damit begründen können, im Interesse der Sicherheit der eigenen Schiffahrt Seegefechte zwischen Franzosen und Deutschen, in den eigenen Biritschen und angrenzenden Seezonen der Sicherheit der zivilen Schiffahrt wegen unterbinden und den Agressor Russland sanktionieren zu wollen.

Eine Aufforderung an Belgien bei der Sicherung der eigenen Neutralität durch Mobilisierung der Armee und der "Garde Civique" tätig mitzuhelfen, wäre ebenfalls nicht unmäßig gewesen.

Nichts davon hätte einen genuin agressiven Akt gegen Deutschland dargestellt.

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Wahrscheinlich hätte man das auf der deutschen Seite nicht annehmbar gefunden, weil ja Deutschland vol auf den Schlieffenplan ausgerichtet war und auch die Mobilmachungsplanung, die Anlage der Depots etc. das berücksichtigte.
Möglicherweise hätte es aber ein paar Tage gebraucht das zu entscheiden.

Als Wilhelm II. und die Regierung von Lichnowsky der das missverstanden hatte, das angebliche britische Angebot zur Neutralität übermittelt bekam, wurde bekanntlich Moltke zu dessen Verzweiflung erstmal zurückgepfiffen und die deutsche Mobilmachung kurzzeitig unterbrochen.
Da ist es durchaus nicht unwahrscheinlich, wenn darauf bestanden worden wäre ein tatsächliches britisches Angebot wenigestens zu diskutieren.

Das wiederrum konnte London allerdings nicht wissen, denn dazu hätte man ja darüber im Bilde sein müssen, dass Deutschland keine anderen planerischen Optionen mehr hatte.

Wahrscheinlich hätte Berlin innerhalb kurzer Frist abgelehnt, wenn sich London nicht auf Änderungswünsche eingelassen hätte.
Genau das hätte dann aber Großbritannien in die Karten gespielt, weil es die Frage der Luxemburgischen und Belgischen Neutralität auf die Agenda gesetzt hätte, bevor die Deutschen handlungsbereit gewesen wären. Damit hätte man sie um ein paar Tage überrumpeln können.

Je nachdem, wie man Ablehnung der deutschen Seite der Öffentlichkeit kommuniziert hätte, (Emser Depesche lässt grüßen) hätte man damit seinen Casus Belli gehabt und mit der Entsendung von Truppen nach Belgien einige Tage eher beginnen können.
Wenn die gesamte britische Presselandschaft, entsprechend regierungsseitig informiert getitelt hätte "Deutschland lehnt Belgisches Recht auf Neutralität ab und bedroht Nachbarland!" oder "Deutschland lehnt angebot britischer Neutralität gerade heraus ab!", hätte man mit einiger Wahrscheinlichkeit die Zustimmung für verstärkte kriegsvorbereitende Maßnahmen sofort gehabt, nicht nach dem Beginn der deutschen Invasion, bzw. erst am 5. August nach Verstreichen des britischen Ultimatums.

Mit etwas Glück hätte man alles bekommen:

1-2 Tage spätere deutsche Mobilmachung (=Vorteil Russland), bei Ablehnen ein paar Tage vorgezogene britische Mobilmachung und Vorbereitung durch eine erzwungene negative Erklärung Berlins zur Einigung mit London und zur Neutralität Belgiens und eine etwas vorgezogene umfassende belgische Mobilmachung.

Da war der Vorschlag einer Konferenz schon eine bessere Idee. Ja, die Wahrscheinlichkeit, dass Deutschland ablehnt, war sehr hoch, aber man konnte es immerhin versuchen. Und im Falle einer Ablehnung konnte man dann sagen: "Ja, wir wollten ja verhandeln, aber Deutschland und Österreich-Ungarn haben das abgelehnt, also sind die Schuld am Krieg".

- Daraus hätte sich aber kein militärischer Vorteil für die Entente ergeben, auf den @Turgot ja abgeziehlt hatte. Wenn London tatsächlich davon ausging, dass Berlin es auf Krieg anlegte, war wahrscheinlich, dass Berlin sich von Angeboten nicht lange beirren ließ und allenfalls zum Schein verhandeln, insgeheim aber den Krieg vorbereiten würde.
- Den schwarzen Peter würde Deutschland bei einer Missachtung der belgischen Neutralität ohnehin haben.
- Folglich wäre in diesem Fall das Sinnvollste gewesen nicht auf feindliche Verzögerung, sondern auf eigene Beschleunigung zu setzen und die Berliner Regierung dazu zu zwingen, diplomatische Schritte zu tun, mit denen sich eine möglichst frühe Intervention von britischer Seite rechtfertigen ließ, um die deutschen Pläne so früh wie möglich stören zu können und gleichzeitig Belgien so früh als möglich zu umfassender Mobilmachung zu zwingen um das Hindenis zu vergrößern.
 
Zuletzt bearbeitet:
Großbritannien erklärt sich bereit seine Neutralität zu garantieren.
- Großbritannien erklärt sich bereit im Sinne Berlins auf Paris einzuwirken um für Beruhigung zu sorgen.

Aber du weißt doch schon, dass das eine vollkommen unrealistische Annahme ist, denn Grey und die Seinen waren entschlossen nicht draußen zu bleiben.
Deutschland auf eine Mobilmachung oder zumindest eine Mobilmachung im Westen und einen Aufmarsch in den beiden preußischen Westprovinzen Rheinland und Westfalen, verzichtet und jede Aufstockung von Truppen in diesen Provinzen unterlässt um jede Bedrohung seiner westlichen Nachbarn auszuschließen.
- Deutschland sich umgehend dazu erklärt die Neutralität seiner westlichen Nachbarn Luxemburg und Belgien in jedem Fall zu garantieren, sofern diese nicht selbst feindlich gegenüber Deutschland auftreten würden.
- Deutschland akzeptiert im Falle belgischen Einverständnisses die sofortige Entsendung einer britischen Expeditionsstreitkraft nach Belgien, die die Aufgabe hat dafür zu sorgen, dass die Neutralität der beiden Länder gewahrt wird, dass diese keinesfalls überfallen werden und dass die Kräfte der Kriegsparteien Frankreich und Deutschland in diesem geschützten Raum voneinander getrennt blieben.
- Deutschland eine britischen Seesperre des Ärmelkanals und der Seegebiete zwischen zwischen Schottland, Island und Grönland akzeptiert und die Durschsuchung von Schiffen und Beschlagnahmung von Konterbande durch die RN um sicher zu stellen, dass keine Waffen- und Materiallieferungen über die skandinavischen Häfen in dass den Agressor gebende Russland gelangen.
- Deutschland der Demobilmachung seiner in der Nordsee stationierten Marineeinheiten zustimmt, seine in Übersee befindlichen Einheiten anweist sich in britische oder andere neutrale Häfen zu begeben und dort internieren zu lassen, und sich mit seinen maritimen Kampfeinheiten auf keinen Fall näher als, sagen wir 100 Seemeilen der britischen Sperrzone oder der britischen Küste anzunähern. Im Gegenzug würde dann Großbritannien Frankreich mit Krieg drohen, falls es seinerseits versuchen sollte Marineeinheiten in Seegebiete östlich der Sperrzone zu entsenden oder maritim gegen die deutschen Kolonien zu operieren.
- Deutschland die Mobilmachung von Belgiens Armee Zwecks Selbstschutz und Aufrechterhatlung der belgischen Neutralität hinnimmt ohne Gegenschritte zu unternehmen, die über eine Aktivierung der deutschen Verteidigungsstellungen zwischen Aachen und Trier hinausgehen.

Interessant Überlegungen, aber auch hier gilt, das diese keine Chance auf Verwirklichung hatten. Wenn Krieg im Westen stattfindet, dann war der "Durchmarsch" durch Belgien für die deutschen Erfolgschancen praktisch unerläßlich. Ein Frontalangriff gegen Frankreich hätte viel zu viel Zeit in Anspruch genommen und das hätte dann den Russen ermöglicht in Ostpreußen einzufallen. Hohe Geschwindigkeit war das A und O des deutschen Plans und das wussten auch die Mächte der Triple Entente.
Was hätte Berlin dann gemacht?

Dumm aus der Wäsche geguckt. Aber du kannst auch einen Schritt zurückgehen. Was wäre gewesen, wenn Serbien und wenn und aber das österreichisch-ungarische Ultimatum akzeptiert hätte?
Dann hätte Wien seinen Kopf nicht durchgesetzt bekommen. Aber die Russen duldeten nicht, das Serbien eine diplomatische Schlappe schlucken sollten; auch nicht im Interesse des Erhalt des Friedens. Lieber Krieg und wohin das führte, welche Folgen das hatte, das wissen wir.

Die Neutralität Belgiens zu achten hatte Preußen ja ohnehin 1839 erklärt, die Forderung der Erneuerung dieser Erklärung hätte also im internationalen Vertragssystem nur die Aufrechterhaltung des Status Quo bedeutet.

Es stimmt schon, was du schreibst. Aber mit dem Einhalten des Völkerrechts war das damals so eine Sache. Die Briten sind selbst in endlosen Beratungen zu dem Resultat gekommen, das sie nicht militärisch eingreifen müssten.
Ich erinnere nur an dem Madrider Vertrag von 1880. Mitunterzeichner war u.a. Großbritannien. Bei Abschluß der Entente Cordiale haben die Briten diesen Vertrag sehenden Auges missachtet und Marokko den Franzosen überlassen, in voller Kenntnis der Tatsache, das es dann mit der Unabhängigkeit von Marokko vorbei ist. Das frechste ist dann, das die Briten aufgrund deutscher Klagen, weshalb sich die Briten denn nun auf Seiten der Franzosen stellen mussten, auf eine entsprechende Klausel der Entente Cordiale beriefen; dem Vertrag, der die grobe Missachtung des Völkerrechts beinhaltet.

Als Wilhelm II. und die Regierung von Lichnowsky der das missverstanden hatte, das angebliche britische Angebot zur Neutralität übermittelt bekam, wurde bekanntlich Moltke zu dessen Verzweiflung erstmal zurückgepfiffen

Ich bezweifle, das Lichnowsky das missverstanden hatte.

e nachdem, wie man Ablehnung der deutschen Seite der Öffentlichkeit kommuniziert hätte, (Emser Depesche lässt grüßen)

Schlechtes Beispiel. Die Emser Depesche ist eine Verkürzung, aber nicht eine Verfälschung. Und dann erinnere ich einmal daran, was die Staaten der Entente für einen "Müll" über Deutschland und seinen "blutrünstigen Kaiser", auch schon vor dem Krieg, alles so kommuniziert haben.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
[...]Und dann erinnere ich einmal daran, was die Staaten der Entente für einen "Müll" über Deutschland und seinen "blutrünstigen Kaiser", auch schon vor dem Krieg, alles so kommuniziert haben.
Des einen "Müll" ist des Anderen Epiphanie.
Und 'Blutruenstigkeit' wurde zu Recht Abdul Hamid II vorgehalten, wohingegen Willie ungezuegelter, preussischer Militarismus vorgehalten wurde.
 
Epiphanie passt nun wirklich nicht in dem gegebenen Kontext.

Erinnern tue ich beispielsweise an dem „Germany esse delendam“ Artikel der Saturday Review vom September 1897. Dort stand u.a. zu lesen, das jeder Engländer reicher wäre, wenn das Deutsche Reich ausgelöscht werden würde. Das war gewiss eine „bemerkenswerte“ Veröffentlichtlung.
 
Epiphanie passt nun wirklich nicht in dem gegebenen Kontext.

Erinnern tue ich beispielsweise an dem „Germany esse delendam“ Artikel der Saturday Review vom September 1897. Dort stand u.a. zu lesen, das jeder Engländer reicher wäre, wenn das Deutsche Reich ausgelöscht werden würde. Das war gewiss eine „bemerkenswerte“ Veröffentlichtlung.
Im englischen hat der Begriff 'epiphany' in der Umgangssprache keine religioese Konnotation. Dachte es sei in DEU auch so. Sorry if I offended,
Auf jeden Fall stellt Dein Satz "[...]Und dann erinnere ich einmal daran, was die Staaten der Entente für einen "Müll" über Deutschland und seinen "blutrünstigen Kaiser", auch schon vor dem Krieg, alles so kommuniziert haben." selber "Müll" dar. Stimmt generell nicht. Du darfst daran erinnert werden an die deutschen Hetzparolen ggn England mit 'Gott strafe England' plus Treitschkes & Co's "Müllerguesse".
 
Ich behaupte auch nicht, das sich die deutsche Presse nun vorbildlich benommen hätte. Auch in der deutschen Presse "wurde tüchtig vom Leder gezogen."
 
Voll umfänglich kann der Schlieffenplan nicht bekannt gewesen sein, sonst hätte die Aufstellung der französischen Armee anders aussehen müssen oder aber, man nahm die eigenen Erkenntnisse nicht wirklich ernst.


In einem Memorandum vom 24.08.1911des britischen Militärattachés Fairholme, informiert dieser über ein Gespräch mit dem Chef des französischen Generalstabes Joffre.

In diesem Gespräch sprach Joffre über das strategische Thema, nämlich ob die Deutschen über Belgien kommen oder eben nicht. Wörtlich sagte Joffre, "Ich wollte, ich wüßte das."

Des Weiteren meinte Joffre, das Deutschland starke Kräfte in Elsass - Lothringen lassen müßte, da es dort zu Erhebungen der dortigen Bevölkerung kommen würde.

Wegen Italien machte sich Joffre keine Sorgen. Die würden sich nicht rühren, da deren Interessen eher auf Seite der Entente lägen.
 
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