Der einzige namentlich erwähnte dux Raetiarum trug den lateinischen Namen Servatus (was nichts heißen muss, bereits anlässlich der Schlacht von Straßburg 357 werden alemannische "Könige" mit lateinischen oder gar griechischen Namen aufgelistet).
Und dieser spezielle
dux Raetiarum fällt aus der Reihe der ostgotischen Duces, denn es ist das einzige übrig gebliebene spätrömische Dukat "dux Raetiae prima et secundae": Theoderich hatte dieses beibehalten. Die meisten Duces des ostgotischen Reichs hatten teils wechselnde Einsatzgebiete, teils solche, die nicht den Grenzen der spätrömischen Provinzen entsprachen.
Erfreulicherweise, ja erstaunlicherweise, findet die Frage
Wie gotisch waren denn die Goten dort?
in der Fachliteratur eine Antwort:
Die Herkunft der duces und Heerführer ist mit wenigen Ausnahmen der Ostgotenverband. Den Namen nach zu urteilen waren die meisten zudem Goten. Als Ausnahmen sind Bleda zu nennen, der einen hunnischen Namen trug, sowie die beiden Römer Cassiodor und Servatus, wobei diese beiden Sonderfunktionen hatten.
aus
Das Amt ›Dux‹ in Spätantike und frühem Mittelalter
evtl. sollte man bei der Frage nach Raetien bedenken:
a) die kriegerischen Wirren zu Odoakars Zeit hatten diese Provinz im Gegensatz zum gebeutelten Noricum noch nicht sonderlich tangiert, die spätrömische Verwaltung war intakt geblieben
b) aber Raetien war zunehmend militarisierte Grenzregion geworden, und das nicht erst mir dem "Regierungsantritt" Theoderichs, ab da aber ganz besonders. Vor Theoderich war die Verteidigungsstärke gesunken, die Forderten in Raetien konnten den Überfall und die Plünderungen durch Gibulds Alemannen nicht so wirklich abwehren.
c) für uns sind die Provinzen Noricum, Raetien und angrenzende Gegenden (was man so gemeinhin als "Alemannia" bezeichnet) von Interesse, weil sich in diesen Gebieten das spätere Dukat Bayern (mit seinem agilolfingischen dux baiuvarorum) befinden wird
d) der Gotenkrieg hatte schon begonnen, bevor König Witichis offenbar nicht nur Raetien an die Merowinger abtrat, sondern noch einen gehörigen Batzen Gold obendrauf legte. Es war zunächst Theodahat, der mit den Franken verhandelte, um diese davon abzubringen, den Byzantinern zu helfen. Zu einer Einigung kam es dann erst unter Witichis.
e) so lange Theoderich regierte, waren die ostgotische beherrschten Gebiete quasi tabu: man traute sich nicht so recht, gegen diesen vorzugehen - das bescherte den ostgotischen Gebieten einige Zeit Frieden und damit Prosperität: das ostgotische Gebiet wurde attraktiv zur Ansiedlung. Umgekehrt reagierte Theoderich mit Ansiedlung von allerlei Truppen bzw. wehrfähigen Siedlern für die Provinz Raetia (darunter Alemannen, aber auch "Krieger aus dem Norden", und:
Die Einwanderung der späteren Baiuwaren, viele davon aus Böhmen, wurde unter Theoderich forciert (...)
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Das Amt ›Dux‹ in Spätantike und frühem Mittelalter