Nun ja, also zunächst wurden 1914 ja der KuK-Thronfolger und seine Frau ermordet. Nach dem damaligen Verständnis muss man doch zunächst mal als eine deutliche Verschlechterung des Status Quo für Österreich-Ungarn ansehen.
Inwiefern das? Die Ermordung des Österreichisch-Ungarischen Thronfolgers selbst hatte auf die machtpolitischen Positionen Wiens auf dem Balkan eher Vorteile, weil es Wien erlaubte Forderungen an Serbien zu stellen gegenüber denen sich Russland in jeder anderen Situation verwahrt hätte.
Und hätte es Wien bei der serbischen Antwort auf das Ultimatum belassen oder sich in eine Konferenz eingelassen um die noch strittigen Fragen zu verhandeln, wäre es aus dieser gannzen Angelegenheit sicherlich im Vergleich zu seiner vorherigen Position gegenüber Serbien gestärkt hervorgegangen.
Und demgegenüber hätte Rom auf Grund der Ereignisse wohl auch sicher keine Forderungen erhoben.
Das Vorgehen gegen Serbien sollte dann doch aus Sicht der Donaumonarchie dafür Kompensation schaffen
Die Kompensation dafür lag in Form der serbischen Antwortnote, die den meisten für Österreich vorteilhaften Forderungen entsprach auf dem Tisch.
Davon ab, argumentierst du entgegen der Intentionen der österreichischen Entscheidungsträger.
Denen ging es ja intern nicht um Rache für die Ermordung des Thronfolgers, dass war denen relativ egal, sondern die zielten auf die Ausschaltung und Verkleinerung Serbiens und eine grundsätzliche Verschiebung der Machtverhältnisse auf dem Balkan.
Das war ein eindeutig positives Ziel, dass nun wirklich weit über jede Form von Kompensationsvorstellungen hinausging.
Wenn es im Falle eines Sieges der Mittelmächte zu größeren Annexionen seitens Österreich-Ungarns gekommen wäre, hätte der Fall womöglich anders gelegen.
Nein.
Der Dreibundvertrag verpflichtete zu Aufrechterhaltung des Status Quo auf dem Balkan und zur Kompensation im Fall der Verschaffung von Vorteilen territorialer oder anderer Art.
Das betrieb Wien bereits mit seiner Kriegserklärung.
Der Fall würde vielleicht anders liegen, hätte sich nachweisen lassen, dass tatsächlich serbische Regierungstellen in den Mord an Franz-Ferdinand involviert gewesen wären, und somit das offizielle Serbien einen Akt gegenüber Österreich-Ungarn betrieben habe, der sich als Angriff verstehen ließe (dann hätte ohnehin auch die italienische Beistandspflicht gegriffen).
Nur konnte solches ja bis heute nicht nachgewiesen werden.
Nachdem, wie die Dinge lagen, war die Ermordung des Österreichischen Thronfolgers eine innerösterreichische Angelegenheit.
Die Attentäter waren Bürger der Donaumonarchie, das Attentat fand auf dem Territorium der Monarchie statt und eine Verwicklung ausländischer Regierungen konnte nicht nachgewiesen werden, einzig, dass es Kontakte der Attentäter zu serbischen Geheimdienstleuten gegen hatte und dass aus Serbien stammende Waffen verwendet wurden.
Gewisse Forderungen an Serbien zu stellen, den Fall zu untersuchen, die anti-österreichische Presse und die großserbische Bewegung zu repressieren etc. dass war die eine Sache.
Aber einen Krieg vom Zaun zu brechen, mit der dezidierten Absicht Serbien zu verkleinern (Mazedonien) und seine eigene Hegemonie gegenüber dem verbleibenden serbischen Staat durchzusetzen, obwohl man eine maßgebliche Verwicklung des offiziellen Serbien nicht beweisen konnte, war nun definitiv ein Schritt von anderer Qualität, der nicht mehr auf die Wiedergutmachung eines einem selbst entstandenen Schadens abzielte, sondern das zielte ganz klar darauf ab, einen Zwischenfall zu nutzen um seine eigene Position, selbst wenn man sie angeschlagen wähnte, nicht nur wiederherzustellen, sondern entscheidend zu verbessern.
Daraus kann man ja keineswegs ableiten, dass das Deutsche Reich die Forderungen Italiens als legitim anerkannte.
Kann man durchaus, da man von deutscher Seite her ja schon begann Österreich dazu zu drängen, als der Krieg sich noch in seiner Frühphase befand und es für einen Moment so aussah, als dass der Schlieffenplan tatsächlich würde aufgehen können.
So lange man das für wahrscheinlich hielt, hätte Italien gar nicht schnell genug mobilisieren können um noch entscheidend in den Krieg einzugreifen. Trotzdem wurde Wien von deutscher Seite empfohlen darauf einzugehen.
Sicherlich war es kein deutsches Territorium, dass da hätte abgetreten werden sollen.
Andereseits, so lange Österreich die Möglichkeit hatte sich anderswo entschädigung zu erbeuten, fällt es mir auch schwer dieses Ansinnen als Überforderung zu betrachten.
Mit dem Ausscheiden der meisten italienischsprachigen Gebiete aus dem Bestand der Monarchie hätte sich die Nationalitätenproblematik insofern entschärft, als dass man mit einer Gruppe weniger intern hätte verhandeln müssen.
Eine Kompensation im Rahmen von Sosnowiec und Umgebung hätte das Gewicht der Polen innerhalb der Monarchie zwar erhöht und für einenn größeren slawischen Bevölkerungsanteil gesorgt, was Wien aber sicherlich hätte verschmerzen können, weil die Polen angesichts der rleativ liberalen Politik der Donaumonarchie in Galizien und der Art und Weise, wie die Russen in ihrem Teil Polens herrschten, neben den Ukrainern/Ruthenen die einzige slawische Gruppe war, der man eine tatsächliche weitgehende Treue zum Wiener Kaiserhaus und eine eher geringe Affinität gegenüber panslawischer Propaganda unterstellen konnte, eben weil die durchaus sahen in welcher Form Russland in Polen seine slawischen Brüder unterdrückte.
Außerdem hatte man mit den Ukrainern in Ostgalizien und die Möglichkeit sich bei deren Streitereien mit den Polen um lokale Machtverhältnisse auf deren Seite zu stellen, durchaus auch ein Mittel zur Disziplinierung der polnischen Bevölkerungsteile in der Hand.
Tatsächlich hätte Wien ein solches wahrscheinlich sehr gut ertragen können.
Zumal es das Verhältnis mit Italien deutlich verbessert hätte und gegenüber dem wirtschaftlich eher abgemeldeten Trentino das Kohlerevier von Sosnowiec wirtschaftlich vermutlich eine Verbesserung dargestellt hätte.
Was Wien nicht hätte ertragenn können, wäre eine Abtretung von Triest gewesen. Aber die wurde zunächst auch nicht gefordert.