Balkankrieg 1912/13: Internationale Intervention

Und, verzeihung, aber die implizite Behauptung, dass Franz Ferdinand undbedingt Conrad von Hötzendorf protégieren musste, weil Österreich-Ungarn zu wenig fähige Generale gehabt hätte, ist auch Unsinn. Er hätte sich da durchaus auch andere Favoriten suchen können.

Von "Müssen" habe ich nicht gesprochen, sondern von fehlenden Alternativen. Das ist schon ein Unterschied. Conrad wird zu sehr an seinen Willen zum Krieg bewertet; übersehen und vergessen sind seine eigentlichen Fähigkeiten und vor allem, das der Conrad sich im Nachhinein bestätig gefühlt haben dürfte. Auch du bist auf diesen Aspekt nicht eingegangen. Es wird und wurde nur die eine Seite der Medaille betrachtet.

Was glaubst du, wie das in Rom wohl angekommen ist? Hätte es da so fern gelegen dem Thronfolger, der jederzeit Regent werden konnte zu unterstellen, dass er Conrad nicht trotz, sondern wegen dieser Ideen protégierte?
Und wäre es insofern besonders abwegig gewesen in Rom einen Thronwechsel in Wien vom kalkulierbaren alten Franz-Joseph hin auf den weniger klar kalkulierbaren Franz Ferdinand mit großer Sorge zu betrachten?

Der alte Kaiser kann seine personalpolitischen Entscheidungen nach Rom richten. Es wird schon Gründe gegeben haben, das Conrad der Chef des Generalstabes wurde. Aber wo du gerade von "in Rom angekommen ist" sprichst. Was meinst du denn wie der der Ausbau der Festungen gegenüber der Österreichischen Grenze in Wien angekommen ist? Oder wie der aggressive Tripoliskrieg unter Verletzung der Informationspflicht gegen das Osmanische Reich in Wien angekommen ist? Oder die Abmachungen mit Russland, die zwar nicht in Detail bekannt waren, aber das da was war, war klar. Da hatte sich Italien nicht um die österreichischen Befindlichkeiten geschert gehabt.

m Bezug auf Conrad geht es mir ganz einfach um den Umstand, das der Österreichisch-Ungarische Thronfolger, der angesichts eines Monarchen, der die 80 Jahre überschritten hatte jederzeit Kaiser und damit Herr über Krieg und Frieden werden konnte fast ein Jahrzehnt lang einen General massiv protégiert hatte, der immer wieder mit Präventivkriegsideen daher kam, die sich mitunter auf den eigenen italienischen Verbündeten bezogen.

Massiv? Das dürfte nun doch ziemlich übertrieben sein. Die Beziehung zwischen Franz Ferdinand und Conrad war seit 1913 hinüber und Franz Ferdinand war auf der Such nach einen Nachfolger; er wurde bis zu seiner Ermordung aber nicht fündig.

Mir fällt auf, das du zu dem sehr anderen Verhalten Österreich-Ungarns, welches bei den passenden Gelegenheiten nicht über Rom hergefallen ist bzw. nicht irgendeine Art von Erpressung auf die Schiene setzt, im Gegensatz zu Rom 1914/15, noch nichts geäußert hast.

[QUOTE="Nikias, post: 859077, member: 30924" Hat jemand Zugriff auf dieses Buch?[/QUOTE]

Ja, habe ich. Ich schaue nach.
 
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Die Vertagstexte von 1887 und 1891 finden sich im Buch "Der Dreibund" von Holger Afflerbach:

13077190.pdf (rlp.de)

Hat jemand Zugriff auf dieses Buch?


Hilft in Moment nicht weiter, da die Vertragstexte in Französisch abgedruckt sind. Ich versuche die entsprechende Stelle im Buch ausfindig zu machen.

Es ist wirklich ein Ärgernis, das solche wichtigen Dokumente nicht übersetzt werden.
 
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Kálnoky hatte im Zuge der Vertragsverlängerung im Jahre 1887 die Kompensationsklausel, im Jahre 1915 firmierte diese unter dem Artikel VII des Vertrages, ohne Not und Gegenleistung bewilligt. Ein schwerer Fehler. Warum hatte Kálnoky nicht wenigstens eine italienische Gegenleistung verlangt?
Es war ausdrücklich der Wunsch des Kaisers, das eine Annexion Bosniens und der Herzegowina von jeder Gegenleistung ausgeschlossen bleiben. Des Weiteren verlangte der Kaiser, dass das Trentino für Kompensationen nicht in Frage käme. Bismarck meinte, der den Vertrag unbedingt unter Dach und Fach bringen wollte, es kriselte ja gerade gewaltig, der Vertrag sei so in Ordnung und die Österreicher haben unbegreiflicherweise auf diese wesentlichen Hinzufügungen verzichtet. Herbert Bismarck hatte Robilant diese "unbegründeten Sorgen" nicht weitergegeben. Dieser berechtigte Wunsch Wiens wurde von der deutschen Verhandlungsführung nicht weitergegeben. Soweit also Afflerbach. Der Vertragstext wäre jetzt sehr interessant.

Also ist Bismarck an dieser Klausel und an dem Gezerre von 1915 "mitschuldig".
 
Zuletzt bearbeitet:
1887 wurde die Struktur des Vertrages erheblich geändert. Aus einen einfach Vertrag zwischen drei Partnern wurde ein Komplex von vier Verträgen. Der erste behandelte die Verlängerung bis zum 30.05.1892. Der zweite war ein Separatabkommen zwischen Italien und Österreich-Ungarn. Der dritte ein Abkommen zwischen dem Deutschen Reich und Italien. Der vierte war eine Vereinbarung, das die Verträge als Ganzes zu gelten hätten und den gemeinsamen Ziel des Friedens dienen sollten.

Die beiden Separatverträge veränderten des Dreibund nicht unerheblich.

Die Vereinbarungen zwischen Österreich-Ungarn und Italien verpflichtete beide Partner zur Aufrechterhaltung des Status Quo im Orient. Und hier beginnen schon die Definitionsschwierigkeiten.
Weiter ist im Artikel 1 die Informationspflicht über Intention und Disposition der Partner zu informieren. Hatte Aehrenthal gemacht und von Tittoni ist nichts gekommen. Im Falle jedoch, wo im Laufe des Geschehens die Aufrechterhaltung des Status Quo im Gebiete des Balkans oder der Küsten und der türkischen Inseln (Tripoliskrieg läßt grüßen) etc, etc. den Status Quo durch eine zeitweilige oder dauernde Besetzung (Bosnien war schon besetzt) von ihrer Seite aus zu verändern, würde eine solche Besetzung nur nach einer vorausgegangenen Übereinkunft zwischen den beiden obgenannten Mächten stattfinden, welche auf dem Grundsatz der gegenseitigen Kompensation für jeden territorialen oder anderen Vorteil, den jede über den derzeitigen Status Quo hinaus erhalten würde, zu beruhen und den berechtigen Ansprüchen der beiden Partner Genüge zu geben hätte.

Das Problem in dem "Kompensationsartikel" ist , das die entscheidenden Formulierungen relativ unbestimmt sind und vor allem der Begriff der Kompensation gar nicht näher bestimmt wird. Auch wird nicht näher ausgeführt und definiert, was unter territorialen oder anderen Vorteilen eigentlich zu verstehen ist.
 
Apropos Rücksicht auf Anrainerstaaten am Balkan. Warum noch gleich musst aus Sicht Wiens unbedingt ein albanischer Staat her, wenn nicht um Serbien denn Zugang zur Adria zu blockieren?
Sehr rücksichtsvoll.

Ich denke, dir ist bewusst, was ein serbischer Zugang zur Adria bedeutet hätte. Davon einmal abgesehen, wäre dieser Zugang nun ja auch nicht gerade höflich erbeten, sondern mit brutaler militärischer Gewalt erzwungen worden. Wie kurz zuvor die Aneignung von Tripolis durch Italien.
 
Ein paar Zeilen zu den Gründen für die Annexion. Die wurde ja nicht aus einer Laune heraus durchgeführt, denn immerhin war das Territorium ja schon seit 1878 von Österreich besetzt.

Die jungtürkische Revolution und die damit verbundenen Unruhen und Unsicherheiten zeichnet für den Entschluss hierfür verantwortlich.

Der Markgraf Pallavicini, österreichisch-ungarischer Botschafter in Konstantinopel, sah, das die Postion der k.u.k. Monarchie in Bosnien und der Herzegowina bedroht war, stellte aber auch fest, wie bedenklich es wäre, wenn man heute die staatsrechtliche Stellung Bosniens aufwerfen würde und daß die Annexion ein Schritt in der äußerst angespannten Atmosphäre nationaler Gärung die bedenklichsten Folgen haben könnte. (1)

Ende August 1908 erhielt Wien Kenntnis wenig beruhigende Nachrichten aus dem Sanschak. Dort gab die Bevölkerung nach der abermaligen Verkündigung einer Verfassung in der Türkei und unter Einfluss serbischer Agitation offenbar ihrem Unwillen gegenüber der österreichischen Besatzungstruppen Ausdruck. (2)

Am 10.September 1908 auf der Sitzung des gemeinsamen Ministerrates unter Vorsitz von Aehrenthal fiel die endgültige Entscheidung zur Annexion. Auf dieser Sitzung wurde die Lage in Bosnien und der Herzegowina vorgestellt und bewertet. Aehrenthal führt wörtlich aus:
"Sollten zwingende Umstände jedoch Österreich-Ungarn veranlassen, Bosnien und die Herzegowina zu annektieren, so würde die russische Regierung dieser Maßnahme gegenüber eine wohlwollende und freundliche Haltung einnehmen." (3) Und das von Petersburg keine Schwierigkeiten zu erwarten seien. Erwähnt wurde auch, das man der Unterstützung Deutschlands gewiss sei.

Mit Rücksicht auf Meldungen übe serbische Aktivitäten und mögliche Schritte des jungtürkischen Ausschusses wurde ein schnelles Vorgehen empfohlen, denn das türkische Parlament, welches in November zusammentreten sollte, konnte Gesetze verabschieden, die Bosnien betrafen. (4)

Die genannten Gründe führten zu der Entscheidung schnell zu handeln. Was die Großmächte betraf, auf diese kam es an, wurde Russland die größte Bedeutung beigemessen.


(1) ÖUA, Band 1, Nr.34. S.35
(2) ÖUA, Band 1, S.53-56
(3) ÖUA, Band1, Nr.75, S.78-83
(4) Skrivan, Schwierige Partner, S.86
 
Weil ich ganz kurz gerade ein paar Minuten habe:

Die Vereinbarungen zwischen Österreich-Ungarn und Italien verpflichtete beide Partner zur Aufrechterhaltung des Status Quo im Orient. Und hier beginnen schon die Definitionsschwierigkeiten.
Weiter ist im Artikel 1 die Informationspflicht über Intention und Disposition der Partner zu informieren. Hatte Aehrenthal gemacht und von Tittoni ist nichts gekommen.

Nun stellte allerdings die Annexion eine Veränderung des Status Quo dar, so dass der Kompensationsartikel hätte greifen müssen.
Der Informationspflich ist Aerenthal seinerzeit 1908 nachgekommen, das ist richtig. 1914 kommt man dem hingegen von österreichischer Seite nicht vertragsgemäß nach.

Im Falle jedoch, wo im Laufe des Geschehens die Aufrechterhaltung des Status Quo im Gebiete des Balkans oder der Küsten und der türkischen Inseln (Tripoliskrieg läßt grüßen) etc, etc. den Status Quo durch eine zeitweilige oder dauernde Besetzung (Bosnien war schon besetzt) von ihrer Seite aus zu verändern, würde eine solche Besetzung nur nach einer vorausgegangenen Übereinkunft zwischen den beiden obgenannten Mächten stattfinden, welche auf dem Grundsatz der gegenseitigen Kompensation für jeden territorialen oder anderen Vorteil, den jede über den derzeitigen Status Quo hinaus erhalten würde, zu beruhen und den berechtigen Ansprüchen der beiden Partner Genüge zu geben hätte.

Was die Aufrechterhaltung des Status Quo auf dem Balkan anbetrifft ist der Tripoliskrieg genau so eine fragwürdige Aktion gewesen, wie die Annexion Bosniens und der Herzegowina, die Schaffung des albanischen Staates und 1914 der Versuch Serbien als Machtfaktor auszuschalten und wenigestens um die mazedonischen Gebiete zu Gunsten Bulgariens zu verkleinern.

Sicherlich kannst du damit argumentieren, dass Bosnien und die Herzegowina bereits besetzt waren. Wirst aber nicht abstreiten können, dass die Annexion 1908 de Status Quo veränderte.
Und selbst wenn du bei deiner sehr speziellen wahrnehumg bleiben möchtest, dass nur ein de facto zustand in einen de jure Zustand überführt worden wäre, könnte man hier geltend machen, dass es sich möglicherweise um einen "anderen Vorteil" handeln könnte, da durch die Anerkennung der Annexion der K.u.K-Monarchie die vollständigen Rechte über das Territorium und die Bevölkerung eingeräumt wurden, während sie zuvor nur das Recht zu besetzen und zu verwalten innegehabt hatte.

Der Zusatz "oder jeder andere Vorteil über den jetztigen Status Quo hinaus", ist natürlich geeignet italienische Kompensationswünsche dafür zu rechtfertigen, das Wien zu seinem eigenen Vorteil die Schaffung eines albanischen Staates im Gefolge des 1. Balkankriegs durchgesetzt hatte.

Außerdem konnte man sich anno 1914 sicherlich insofern darauf berufen, dass seitens Wien die Ausschaltung/Schwächung und Verkleinerung Serbiens angestrebt wurde, wenn das auch in der Wiener Vorstellung zunächst mal keine großen Territorialgewinne für die Monarchie bedeuten sollte.
Aber einer Verkleinerung Serbiens an und für sich und sei das auch eher zum Vorteil Bulgariens, dass man damit auf die eigene Seite locken konnte, zog man im Wien ja durchaus in Betracht.
Eine solche Schwächung und Verkleinerung lässt sich sicher als Veränderung des Status Quo betrachten und als "anderer Vorteil" auslegen.



Das Problem in dem "Kompensationsartikel" ist , das die entscheidenden Formulierungen relativ unbestimmt sind und vor allem der Begriff der Kompensation gar nicht näher bestimmt wird. Auch wird nicht näher ausgeführt und definiert, was unter territorialen oder anderen Vorteilen eigentlich zu verstehen ist.

Naja, wenn man von Österreichischer Seite her mal in den Vertrag hineingebracht haben wollte, auch wenn das nicht gelang, dass unter "Kompensation" nicht das Trentino fallen könnte, dann legt das nahe, dass man auch auf der österreichischen Seite das durchaus so verstand, dass Kompensation die Abtretung von Territorien meinen konnte.
Ungeachtet der Tatsache, dass es zu spät war, weil sich Italien mittlerweile mit der Entente zu anderen Konditionen geeinigt hatte, erkannte man von österreichischer Seite letztendlich, in dem Moment in dem man es sich anders überlegte und doch lieber das Trentino abtreten, als Krieg gegen Italien führen wollte, dass auch nochmal an.

Von deutscher Seite hatte man das ja mit den Aufforderungen an Österreich Italien die Abtretung zu offerieren und Österreich Kompensation in Form des Sosnowiecer Gebietes in Aussicht zu stellen, prinzipiell ebenfalls anerkannt.
 
Als die Annexion am 06.Oktober 1908 öffentlich bekannt gemacht worden war, gab es natürlich einen Sturm im Wasserglas. Rom heuchelte schmerzliche Überraschung (1), obwohl es informiert gewesen war. Deutlich interessanter ist die Tatsache, dass Tittoni gegenüber den ÖU Botschafter Lützow in den Gesprächen am 07.und auch am 08.Oktober gegenüber Wien keine Kompensationsforderungen stellte. Es war die italienische Presse, zum Teil von der französischen Diplomatien auch noch unnötigerweise orchestriert und angeheizt (2), und dann die öffentliche Meinung Italiens, die sehr empört war.

Kurz zuvor hatte Tittoni den genauen Termin für die Annexion von Aehrenthal erfahren und nun brachte er seinen Protest zum Aussdruck. Es ging aber nicht um Kompensation, sondern um Italien als dritte Balkangroßmacht ins Spiel zu bringen. Nur war das Zarenreich zu jenem Zeitpunkt noch voll inhaltlich einverstanden. Hier gab es also nichts für Italien zu gewinnen. An einer Abtretung von Territorium dachte die italienische Öffentlichkeit.

Es war schnell das Allheimittel Konferenzidee, von England und Russland, auf dem Tisch gelegt worden und Tittoni sicherte Unterstützung zu, diese nach Möglichkeit abzuwehren. (3) Tittoni kam aber innenpolitisch unter großen Druck und es hätte Aehrenthal gut zu Gesicht gestanden, ihm nach Möglichkeit mit einer Geste, beispielsweise Universität in Triest, zu stützen.

Im Prinzip konnte es Italien doch egal sein, ob Bosnien nun okkupiert oder annektiert war. So sahen es auch Giolitti und anfangs auch Tittoni. Nur war es der Presse und in der Folge der Öffentlichkeit nicht egal. Man versprach sich eine Kompensation, die eigentlich nicht realistisch war.

Die italienische Presse hatte ein ziemlich unrealistisches Verhältnis von der italienischen Großmachtstellung. Man fühlte sich geradezu ohnmächtig. (4)


(1) Angelow, Kalkül und Prestige, S.196
(2) ÖUA, Band 1, Nr.195
(3) ÖUA, Band 1, Nr.179, S.153
(4) Afflerbach, Dreibund, S.641
 
Naja, wenn man von Österreichischer Seite her mal in den Vertrag hineingebracht haben wollte, auch wenn das nicht gelang, dass unter "Kompensation" nicht das Trentino fallen könnte, dann legt das nahe, dass man auch auf der österreichischen Seite das durchaus so verstand, dass Kompensation die Abtretung von Territorien meinen konnte.
Ungeachtet der Tatsache, dass es zu spät war, weil sich Italien mittlerweile mit der Entente zu anderen Konditionen geeinigt hatte, erkannte man von österreichischer Seite letztendlich, in dem Moment in dem man es sich anders überlegte und doch lieber das Trentino abtreten, als Krieg gegen Italien führen wollte, dass auch nochmal an.

Ist doch eigentlich verständlich. Das sollte von vornherein jegliches Missverständnis ausschließen. Und ich habe ja nun auch dargelegt, das keine konkreten Forderungen seitens Tittonis gestellt worden waren. Das Thema Kompensation dürfte eigentlich jetzt erledigt sein.
 
Deutlich interessanter ist die Tatsache, dass Tittoni gegenüber den ÖU Botschafter Lützow in den Gesprächen am 07.und auch am 08.Oktober gegenüber Wien keine Kompensationsforderungen stellte.

Finde ich überhaupt nicht, da Artikel VII des Dreibundvertrags ja ohnehin regelte, dass Österreich-Ungarn für einen solchen Schritt Kompensationen welcher Art auch immer zu leisten hatte und mit der Verkündung der österreichischen Absichten ja auch durchaus nicht ausgemacht war, dass alle relevanten Mächte das österreichische Vorgehen billigen würden.

Nachdem Italien einmal Kompensation für diesen Schritt zustand wäre es zunächst mal an Wien gewesen auf Rom zuzugehen und irgendeine Form von Kompensation in Aussicht zu stellen oder Italien darum zu ersuchen ausdrücklich seinen Verzicht auf Kompensation zu erklären.

Druck und es hätte Aehrenthal gut zu Gesicht gestanden, ihm nach Möglichkeit mit einer Geste, beispielsweise Universität in Triest, zu stützen.
Was ja z.B. auch eine Form von Kompensation für Italien hätte sein können, ein verbesserter Rechtsstauts der italienischen Bevölkerung der Donaumonarchie.

Oder auch andere Vorteile für Italien, z.B. solche handelspolitischer Natur etc.
Das sich Wien hier aber nicht bewegte war nicht besonders schlau und vor dem Hintergrund des Dreibunds fragwürdig.

Im Prinzip konnte es Italien doch egal sein, ob Bosnien nun okkupiert oder annektiert war.
Nö, so ganz geal konnte das Italien nicht sein:

1. Hatte es sich mit dem Dreibundvertrag auf den Erhalt des Status Quo am Balkan festgelegt.
2. Verschlechterte die Annexion Bosniens und der Herzegowina natürlich das Verhältnis zwischen Wien und Belgrad, was einen Krieg zwischen beiden wahrscheinlicher machte und der wiederrum konnte möglicherweise Italiens aus dem Dreibund resultierende Bündnispflichten tangieren.

Ich wundere mich darüber, dass du das so gerne unter den Tisch fallen lassen möchtest, immerhin wirst du im Bezug auf den italienisch-osmanischen Krieg nicht müde zu betonen, dass italien sich inkorrekt verhalten habe und der Dreibund keine Erwerbsgemeinschaft gewesen sei.
Nur ließ sich ja auch Österreich seine Erwerbungen auf dem Balkan durch den Dreibund absichern, womit es natürlich Deutschland und Italien in seine Konflikte am Balkan mit hineinzog oder mindestens potentiell mit hineinzog.

Und ich habe ja nun auch dargelegt, das keine konkreten Forderungen seitens Tittonis gestellt worden waren.
Nicht auf die Ankündigung der Annexion Bosniens und der Herzegowina hin. Musste wie gesagt aber auch nicht, da der Dreibundvertrag das ohnehin zusicherte, es wäre an Wien gewesen sich darüber mit Rom ins Benehmen zu setzen, wenn es, wie du so schön zu sagen pflegst, "entgegen dem Geist des Dreibundvertrags", der die Bewahrung des Status Quo auf dem Balkan festschrieb, diesen Status Quo verändern wollte.

Das Thema Kompensation dürfte eigentlich jetzt erledigt sein.
Nicht annähernd.

Denn mit dem Zusatz "oder andere Vorteile" sollte ja doch klar sein, dass die italienischen Kompensationsforderungen bei Österreichs Vorgehen 1914 gegen Serbien durchaus eine Basis hatten und Wien sich selbst zuvor, indem es seiner Informationspflicht nicht nachgekommen war, ins Unrecht gesetzt hatte.

Es ist also keineswegs so, dass, wie du behauptest, Wien hier in jeder Hinsicht das Recht auf seiner Seite gehabt und Rom einfach nur eine anmaßende, radikalnationalistische Erpressungspolitik gegenüber den Wien betrieben hätte.

Die italienischen Forderungen nach Kompensation waren durchaus rechtlich fundiert.
Wien konnte sicherlich damit argumentieren, dass "Kompensation" nicht unbedingt "Territorium" meinen musste.
Allerdings Italien überhaupt nichts zugestehen zu wollen, verletzte den vertrag.
Demgegenüber konnte Rom sicherlich auch damit argumentieren, das von Wien nach Bosnien und Albanien hier bereits zum dritten Mal eine Aktion betrieben wurde, die nach Artikel VII des Dreibundvertrags kompensationspflichtig war und das, nachdem Wien bereits zwei mal territoriale Veränderungen herbeigeführt hatte, mit der Annexion Bosniens und der Herzegowina und der Schaffung des Albanischen Staates und mit der Verkleinerung Serbiens zu Gunsten Bulgariens gerade die Dritte territoriale Veränderung anstrebte, eine territoriale Veränderung zu Gunsten Italiens als Kompensation für drei territoriale Veränderungen zu Gunsten der Donaumonarchie sicher nicht unangemessen sei.
 
Außerdem konnte man sich anno 1914 sicherlich insofern darauf berufen, dass seitens Wien die Ausschaltung/Schwächung und Verkleinerung Serbiens angestrebt wurde, wenn das auch in der Wiener Vorstellung zunächst mal keine großen Territorialgewinne für die Monarchie bedeuten sollte.
Aber einer Verkleinerung Serbiens an und für sich und sei das auch eher zum Vorteil Bulgariens, dass man damit auf die eigene Seite locken konnte, zog man im Wien ja durchaus in Betracht.
Eine solche Schwächung und Verkleinerung lässt sich sicher als Veränderung des Status Quo betrachten und als "anderer Vorteil" auslegen.

Du hast eine lebhafte Fantasie. Deine Ausführungen deckt der Artikel 1 der Dreibundvereinbarung zwischen Rom und Wien nicht ab.
 
inde ich überhaupt nicht, da Artikel VII des Dreibundvertrags ja ohnehin regelte, dass Österreich-Ungarn für einen solchen Schritt Kompensationen welcher Art auch immer zu leisten hatte und mit der Verkündung der österreichischen Absichten ja auch durchaus nicht ausgemacht war, dass alle relevanten Mächte das österreichische Vorgehen billigen würden.

Du bist italienischer als die Italiener 1908.

Du schiebst immer etwas Neues nach. Als ich dir präsentiert, das Tittoni im September 1908 keine entsprechende Forderung stellte, hast du argumentiert, Italien kann ja erst bei vollzogener Annexion fordern. Nun lege ich dir da, das Tittoni auch dies nicht getan hatte. Und nun kommt wieder etwas Neues.
Und du hättest dir vorgestellt, das Wien so ganz einfach Rom beispielsweise das Trentino übergeben hätte? Und das ohne eine entsprechende Forderung geltend gemacht zu haben. Das ist einfach nicht realistisch!

Denn mit dem Zusatz "oder andere Vorteile" sollte ja doch klar sein, dass die italienischen Kompensationsforderungen bei Österreichs Vorgehen 1914 gegen Serbien durchaus eine Basis hatten und Wien sich selbst zuvor, indem es seiner Informationspflicht nachgekommen war, ins Unrecht gesetzt hatte.

Hierfür müssten "oder andere Vorteile" definiert sein, was es nicht war. Habe ich auch schon oben erwähnt.

WO sind wir jetzt eigentlich? 1908 oder 1914?

Nein, sie hatten überhaupt gar keine Basis. 1914 war überhaupt keine Kompensation fällig. Warum? Österreich hatte nichts erobert, kein Gebietszuwachs? Auf einen eventuellen späteren territorialen Zuwachs eine Forderung zu stellen, gibt der Dreibundvertrag nicht her. Als Serbien erobert war, das hätte Rom Ansprüche stellen können, aber da war man schon auf der Seite der Meistbietenden getreten.

Und Italien hatte Mitteilungen und Beobachtungen brav nach Petersburg gemeldet. Das Misstrauen von Wien war hier vollkommen gerechtfertigt. Im Übrigen war es Italien, welche mit der Verletzung der Informationsverpflichtung begonnen hatte. Erinnert sei an den Tripoliskrieg. Österreich hatte allerdings seinen damaligen Verbündeten nicht "verpfiffen" wie Rom es 1914 getan hatte.
 
Was ja z.B. auch eine Form von Kompensation für Italien hätte sein können, ein verbesserter Rechtsstauts der italienischen Bevölkerung der Donaumonarchie.

Oder auch andere Vorteile für Italien, z.B. solche handelspolitischer Natur etc.
Das sich Wien hier aber nicht bewegte war nicht besonders schlau und vor dem Hintergrund des Dreibunds fragwürdig.

Hier sind wir durchaus einer Meinung. Allein schon um den Außenminister Tittoni zu stützen, der dem Dreibund positiv gegenüber stand.
 
Du schiebst immer etwas Neues nach. Als ich dir präsentiert, das Tittoni im September 1908 keine entsprechende Forderung stellte, hast du argumentiert, Italien kann ja erst bei vollzogener Annexion fordern. Nun lege ich dir da, das Tittoni auch dies nicht getan hatte. Und nun kommt wieder etwas Neues.

Ich denke in dieser Hinsicht nehmen wir uns nicht viel, ich darf dich daran erinnern, dass du, seit die thematik des Kompensationsartikels auf dem Tisch ist versuchst die Annexion Bosniens und der Herzegowina zu einer Bagatelle herunterzureden, die den Status Quo ja quasi gar nicht tangiert habe.
Ich muss sagen für eine Aktion, die den Status Quo nicht tangiert, hat das Ereigniss aber erstaunlich hohe Wellen geschlagen. ^^

Und du hättest dir vorgestellt, das Wien so ganz einfach Rom beispielsweise das Trentino übergeben hätte? Und das ohne eine entsprechende Forderung geltend gemacht zu haben. Das ist einfach nicht realistisch!

Eine Forderung musste nicht geltend gemacht werden, da Kompensationsanspruch im Dreibundvertrag ja bereits festgehalten war.
Wer einen Vertrag abschließt, der Eventualklauseln enthält und diese durch sein Handeln aktiviert, hat etwaigen daraus resultierenden Verpflichtungen nachzukommen.
"Pacta sunt servanda", wie es so schön heißt.
Nachdem Wien durch den Schritt der Annexion kompensationspflichtig geworden war, wäre es an Wien gewesen, Italien Kompensation anzubieten oder in diesem Fall förmlich um Verzicht der Kompensationsansprüche nachzusuchen.
Beides passierte nicht.

Vom Trentino hatte ich in diesem Zusammenhang nicht gesprochen. Es wäre aber an Wien gewesen hier einen Ausgleich in irgendeiner Form zu suchen.

Hierfür müssten "oder andere Vorteile" definiert sein, was es nicht war. Habe ich auch schon oben erwähnt.

Ich sehe nicht, was da definiert werden müsste. "Oder andere Vorteile" deckt, da es nicht näher eingeschränkt ist, als Zusatz offensichtlich jegliche Form eines Vorteils abseits territorialer Gewinne ab. Das ist sehr deutlich.

Und das beinhaltet selbstverständlich die Erlangung eines vorteilhafteren Rechtsstatusses über ein Gebiet genau so wie die Schaffung von faktischen Marionettenstaaten oder die Schwächung eines potentiellen Gegners durch territoriale Abtrennungen zwecks Herausbildung einer eigenen hegemonialen Position.

Das lässt sich schwerlich wegdiskutieren.

Der Einzige Spielraum, den der Artikel lässt, ist die Frage, worin Kompensation zu bestehen habe.

Nur wie gesagt, nachdem Österreich bereits zum dritten mal eine Aktion betrieb, die in diesem Sinne kompensationspflichtig war, und dass anpeilte den territorialen Zustand auf dem Balkan zum eigenen Vorteil zu verändern (wenn auch nicht unbedingt im Rahmen eigener Annexionen), ließ sich sicherlich anführen, dass für die territorialen Veränderungen auf dem Balkan zu Gunsten Österreichs auch eine territoriale Veränderung zu Gunsten Italiens angemessen sei, was 1914 betrifft.

WO sind wir jetzt eigentlich? 1908 oder 1914?
Wenn wir über Kompensation reden, selbstverständlich bei beiden Ereignissen.


Wegen des Zusatzes "oder andere Vorteile", denn die versuchte sich Wien mit seinem Krieg gegen Serbien ja gerade zu verschaffen.

Als Serbien erobert war, das hätte Rom Ansprüche stellen können
Nein, bereits zum Zeitpunkt der Kriegserklärung, weil Wien zur Tat geschritten war sich "andere Vorteile" zu verschaffen und zwar auf Kosten des Status Quo zu dessen Bewahrung es eigentlich verpflichtet war.

Und Italien hatte Mitteilungen und Beobachtungen brav nach Petersburg gemeldet.
Was nicht seinen vertraglichen Verpflichtungen widersprach.

Im Übrigen war es Italien, welche mit der Verletzung der Informationsverpflichtung begonnen hatte. Erinnert sei an den Tripoliskrieg. Österreich hatte allerdings seinen damaligen Verbündeten nicht "verpfiffen" wie Rom es 1914 getan hatte.

Ich hatte zum italienisch-osmanischen Krieg mehrfach gesagt, dass ich dir in dieser Sache recht gebe und das in meiner Betrachtung auch mehrfach angesprochen.

Was allerdings nichts daran ändert, dass man sich von italiensicher Seite bis 1915 einmal entgegen den Bestimmungen des Dreibundvertrags verhalten hatte, während Wien sich anschickte sich bereits zum 3. mal über die Bestimmungen hinweg zu setzen.

Insofern kann ich deine Beurteilung Italiens als eine Art Schurkenstaat in Relation zum Verhalten seiner Bündnispartner nicht teilen, jedenfalls nicht bis es sich dann in darin einließ den Londoner Vertrag von 1915 zu schließen und sich damit an die Entente zu verkaufen.
 
Denn mit dem Zusatz "oder andere Vorteile" sollte ja doch klar sein, dass die italienischen Kompensationsforderungen bei Österreichs Vorgehen 1914 gegen Serbien durchaus eine Basis hatten und Wien sich selbst zuvor, indem es seiner Informationspflicht nicht nachgekommen war, ins Unrecht gesetzt hatte.

Es ist also keineswegs so, dass, wie du behauptest, Wien hier in jeder Hinsicht das Recht auf seiner Seite gehabt und Rom einfach nur eine anmaßende, radikalnationalistische Erpressungspolitik gegenüber den Wien betrieben hätte.

Nun ja, also zunächst wurden 1914 ja der KuK-Thronfolger und seine Frau ermordet. Nach dem damaligen Verständnis muss man doch zunächst mal als eine deutliche Verschlechterung des Status Quo für Österreich-Ungarn ansehen. Das Vorgehen gegen Serbien sollte dann doch aus Sicht der Donaumonarchie dafür Kompensation schaffen, soweit möglich und verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Daraus jetzt eine Kompensationspflicht gegenüber Italien abzuleiten, finde ich schon etwas abenteuerlich. Wenn es im Falle eines Sieges der Mittelmächte zu größeren Annexionen seitens Österreich-Ungarns gekommen wäre, hätte der Fall womöglich anders gelegen. Aber soweit war man ja nicht und zu dem Zeitpunkt, an dem Italien in den Krieg eintrat, sah es ja auch nicht unbedingt nach einem sicheren Sieg für die Mittelmächte aus.

Von deutscher Seite hatte man das ja mit den Aufforderungen an Österreich Italien die Abtretung zu offerieren und Österreich Kompensation in Form des Sosnowiecer Gebietes in Aussicht zu stellen, prinzipiell ebenfalls anerkannt.

Daraus kann man ja keineswegs ableiten, dass das Deutsche Reich die Forderungen Italiens als legitim anerkannte. Wahrscheinlicher ist wohl, dass man das durchaus als Erpressung ansah, aber im Moment eben nun wirklich keinen weiteren Kriegsgegner gebrauchen konnte und man deshalb der Meinung war, dass es das Beste wäre, der Erpressung nachzugeben. Es war ja auch nicht das eigene (deutsche) Territorium, dass dabei abgetreten werden sollte.
 
Ich denke in dieser Hinsicht nehmen wir uns nicht viel, ich darf dich daran erinnern, dass du, seit die thematik des Kompensationsartikels auf dem Tisch ist versuchst die Annexion Bosniens und der Herzegowina zu einer Bagatelle herunterzureden, die den Status Quo ja quasi gar nicht tangiert habe.
Ich muss sagen für eine Aktion, die den Status Quo nicht tangiert, hat das Ereigniss aber erstaunlich hohe Wellen geschlagen. ^^



Eine Forderung musste nicht geltend gemacht werden, da Kompensationsanspruch im Dreibundvertrag ja bereits festgehalten war.
Wer einen Vertrag abschließt, der Eventualklauseln enthält und diese durch sein Handeln aktiviert, hat etwaigen daraus resultierenden Verpflichtungen nachzukommen.
"Pacta sunt servanda", wie es so schön heißt.
Nachdem Wien durch den Schritt der Annexion kompensationspflichtig geworden war, wäre es an Wien gewesen, Italien Kompensation anzubieten oder in diesem Fall förmlich um Verzicht der Kompensationsansprüche nachzusuchen.
Beides passierte nicht.

Vom Trentino hatte ich in diesem Zusammenhang nicht gesprochen. Es wäre aber an Wien gewesen hier einen Ausgleich in irgendeiner Form zu suchen.



Ich sehe nicht, was da definiert werden müsste. "Oder andere Vorteile" deckt, da es nicht näher eingeschränkt ist, als Zusatz offensichtlich jegliche Form eines Vorteils abseits territorialer Gewinne ab. Das ist sehr deutlich.

Und das beinhaltet selbstverständlich die Erlangung eines vorteilhafteren Rechtsstatusses über ein Gebiet genau so wie die Schaffung von faktischen Marionettenstaaten oder die Schwächung eines potentiellen Gegners durch territoriale Abtrennungen zwecks Herausbildung einer eigenen hegemonialen Position.

Das lässt sich schwerlich wegdiskutieren.

Der Einzige Spielraum, den der Artikel lässt, ist die Frage, worin Kompensation zu bestehen habe.

Nur wie gesagt, nachdem Österreich bereits zum dritten mal eine Aktion betrieb, die in diesem Sinne kompensationspflichtig war, und dass anpeilte den territorialen Zustand auf dem Balkan zum eigenen Vorteil zu verändern (wenn auch nicht unbedingt im Rahmen eigener Annexionen), ließ sich sicherlich anführen, dass für die territorialen Veränderungen auf dem Balkan zu Gunsten Österreichs auch eine territoriale Veränderung zu Gunsten Italiens angemessen sei, was 1914 betrifft.


Wenn wir über Kompensation reden, selbstverständlich bei beiden Ereignissen.



Wegen des Zusatzes "oder andere Vorteile", denn die versuchte sich Wien mit seinem Krieg gegen Serbien ja gerade zu verschaffen.


Nein, bereits zum Zeitpunkt der Kriegserklärung, weil Wien zur Tat geschritten war sich "andere Vorteile" zu verschaffen und zwar auf Kosten des Status Quo zu dessen Bewahrung es eigentlich verpflichtet war.


Was nicht seinen vertraglichen Verpflichtungen widersprach.



Ich hatte zum italienisch-osmanischen Krieg mehrfach gesagt, dass ich dir in dieser Sache recht gebe und das in meiner Betrachtung auch mehrfach angesprochen.

Was allerdings nichts daran ändert, dass man sich von italiensicher Seite bis 1915 einmal entgegen den Bestimmungen des Dreibundvertrags verhalten hatte, während Wien sich anschickte sich bereits zum 3. mal über die Bestimmungen hinweg zu setzen.

Insofern kann ich deine Beurteilung Italiens als eine Art Schurkenstaat in Relation zum Verhalten seiner Bündnispartner nicht teilen, jedenfalls nicht bis es sich dann in darin einließ den Londoner Vertrag von 1915 zu schließen und sich damit an die Entente zu verkaufen.

Schurkenstaat. Den Begriff hast du jetzt aber verwendet! ;) Bismarck sprach seinerzeit schon vom "Schakal Italien". Ich gebe gerne zu, das ich Italien sehr kritisch sehe, mit deinem gewählten Begriff Schurkenstaat bin ich sehr weit entfernt und nicht das Geringste mit meinen Ausführungen zu tun, insbesondere seit dem Bündnis mit Frankreich im Jahre 1902.

Hast du dich einmal mit den Dreibundverhandlungen inhaltlich beschäftigt?

Ich hatte zum italienisch-osmanischen Krieg mehrfach gesagt, dass ich dir in dieser Sache recht gebe und das in meiner Betrachtung auch mehrfach angesprochen.

Du hast bisher nichts dazu gesagt, das Österreich-Ungarn bei vorhandenen Gelegenheiten sehr anders agiert hatte als Italien 1914/15.

Und eine Forderung, die muss schon geltend gemacht werden. Deine Ausführungen sind Wunschdenken, haben mit der Wirklichkeit im Zeitalter des Imperialismus aber nichts zu tun.
Ich weiß gar nicht weshalb wir darüber noch diskutieren, denn der zuständige Außenminister Italiens hat keine Kompensationsforderung gestellt, wohl weil er selbst nicht die Vertragsklausel als nicht erfüllt ansah.

Wo hat denn Wien dreimal gegen den Dreibundvertrag verstossen? 1908 jedenfalls nicht. Wie schon ausgeführt, Italien selbst hat keine entsprechende Forderung präsentiert.
Julikrise, die Informationspflicht? Sollte sich Wien selbst ans Messer an seinen nicht mehr vertrauenswürdigen Verbündeten? Da hast du eine enorme Erwartungshaltung. Wo kam denn die Information über das geplante Ultimatum her? Das hat Italien Petersburg wissen lassen.

Shingami schrieb:
Nein, bereits zum Zeitpunkt der Kriegserklärung, weil Wien zur Tat geschritten war sich "andere Vorteile" zu verschaffen und zwar auf Kosten des Status Quo zu dessen Bewahrung es eigentlich verpflichtet war.


Eine Kriegserklärung war noch kein territorialer Zuwachs oder eine Veränderung des Status Quo.. Das wäre ja schon abenteuerlich, hier schon ein Vertragsverstoß zu konstruieren. Rom wollte diesmal Kasse machen. Die Veränderung trat 1915 ein, als Serbien erobert und besiegt worden war. Nur da hatte sich Italien schon an die Entente verkauft.

Was nicht seinen vertraglichen Verpflichtungen widersprach.

Stellst du dir so den Umgang unter Verbündeten vor? Ich mir nicht.

Und das beinhaltet selbstverständlich die Erlangung eines vorteilhafteren Rechtsstatusses über ein Gebiet genau so wie die Schaffung von faktischen Marionettenstaaten oder die Schwächung eines potentiellen Gegners durch territoriale Abtrennungen zwecks Herausbildung einer eigenen hegemonialen Position.

Das lässt sich schwerlich wegdiskutieren.

Doch, weil die Situation, die du beschreibst, noch gar nicht gegeben war und insofern auch der Anspruch auf Kompensation nicht geltend gemacht werden konnte. Rom arbeitete mit Unterstellungen, denn man wusste ja nichts genaues.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nun ja, also zunächst wurden 1914 ja der KuK-Thronfolger und seine Frau ermordet. Nach dem damaligen Verständnis muss man doch zunächst mal als eine deutliche Verschlechterung des Status Quo für Österreich-Ungarn ansehen.

Inwiefern das? Die Ermordung des Österreichisch-Ungarischen Thronfolgers selbst hatte auf die machtpolitischen Positionen Wiens auf dem Balkan eher Vorteile, weil es Wien erlaubte Forderungen an Serbien zu stellen gegenüber denen sich Russland in jeder anderen Situation verwahrt hätte.
Und hätte es Wien bei der serbischen Antwort auf das Ultimatum belassen oder sich in eine Konferenz eingelassen um die noch strittigen Fragen zu verhandeln, wäre es aus dieser gannzen Angelegenheit sicherlich im Vergleich zu seiner vorherigen Position gegenüber Serbien gestärkt hervorgegangen.

Und demgegenüber hätte Rom auf Grund der Ereignisse wohl auch sicher keine Forderungen erhoben.

Das Vorgehen gegen Serbien sollte dann doch aus Sicht der Donaumonarchie dafür Kompensation schaffen

Die Kompensation dafür lag in Form der serbischen Antwortnote, die den meisten für Österreich vorteilhaften Forderungen entsprach auf dem Tisch.

Davon ab, argumentierst du entgegen der Intentionen der österreichischen Entscheidungsträger.
Denen ging es ja intern nicht um Rache für die Ermordung des Thronfolgers, dass war denen relativ egal, sondern die zielten auf die Ausschaltung und Verkleinerung Serbiens und eine grundsätzliche Verschiebung der Machtverhältnisse auf dem Balkan.
Das war ein eindeutig positives Ziel, dass nun wirklich weit über jede Form von Kompensationsvorstellungen hinausging.

Wenn es im Falle eines Sieges der Mittelmächte zu größeren Annexionen seitens Österreich-Ungarns gekommen wäre, hätte der Fall womöglich anders gelegen.

Nein.
Der Dreibundvertrag verpflichtete zu Aufrechterhaltung des Status Quo auf dem Balkan und zur Kompensation im Fall der Verschaffung von Vorteilen territorialer oder anderer Art.
Das betrieb Wien bereits mit seiner Kriegserklärung.

Der Fall würde vielleicht anders liegen, hätte sich nachweisen lassen, dass tatsächlich serbische Regierungstellen in den Mord an Franz-Ferdinand involviert gewesen wären, und somit das offizielle Serbien einen Akt gegenüber Österreich-Ungarn betrieben habe, der sich als Angriff verstehen ließe (dann hätte ohnehin auch die italienische Beistandspflicht gegriffen).

Nur konnte solches ja bis heute nicht nachgewiesen werden.

Nachdem, wie die Dinge lagen, war die Ermordung des Österreichischen Thronfolgers eine innerösterreichische Angelegenheit.
Die Attentäter waren Bürger der Donaumonarchie, das Attentat fand auf dem Territorium der Monarchie statt und eine Verwicklung ausländischer Regierungen konnte nicht nachgewiesen werden, einzig, dass es Kontakte der Attentäter zu serbischen Geheimdienstleuten gegen hatte und dass aus Serbien stammende Waffen verwendet wurden.

Gewisse Forderungen an Serbien zu stellen, den Fall zu untersuchen, die anti-österreichische Presse und die großserbische Bewegung zu repressieren etc. dass war die eine Sache.

Aber einen Krieg vom Zaun zu brechen, mit der dezidierten Absicht Serbien zu verkleinern (Mazedonien) und seine eigene Hegemonie gegenüber dem verbleibenden serbischen Staat durchzusetzen, obwohl man eine maßgebliche Verwicklung des offiziellen Serbien nicht beweisen konnte, war nun definitiv ein Schritt von anderer Qualität, der nicht mehr auf die Wiedergutmachung eines einem selbst entstandenen Schadens abzielte, sondern das zielte ganz klar darauf ab, einen Zwischenfall zu nutzen um seine eigene Position, selbst wenn man sie angeschlagen wähnte, nicht nur wiederherzustellen, sondern entscheidend zu verbessern.

Daraus kann man ja keineswegs ableiten, dass das Deutsche Reich die Forderungen Italiens als legitim anerkannte.
Kann man durchaus, da man von deutscher Seite her ja schon begann Österreich dazu zu drängen, als der Krieg sich noch in seiner Frühphase befand und es für einen Moment so aussah, als dass der Schlieffenplan tatsächlich würde aufgehen können.
So lange man das für wahrscheinlich hielt, hätte Italien gar nicht schnell genug mobilisieren können um noch entscheidend in den Krieg einzugreifen. Trotzdem wurde Wien von deutscher Seite empfohlen darauf einzugehen.

Sicherlich war es kein deutsches Territorium, dass da hätte abgetreten werden sollen.
Andereseits, so lange Österreich die Möglichkeit hatte sich anderswo entschädigung zu erbeuten, fällt es mir auch schwer dieses Ansinnen als Überforderung zu betrachten.

Mit dem Ausscheiden der meisten italienischsprachigen Gebiete aus dem Bestand der Monarchie hätte sich die Nationalitätenproblematik insofern entschärft, als dass man mit einer Gruppe weniger intern hätte verhandeln müssen.
Eine Kompensation im Rahmen von Sosnowiec und Umgebung hätte das Gewicht der Polen innerhalb der Monarchie zwar erhöht und für einenn größeren slawischen Bevölkerungsanteil gesorgt, was Wien aber sicherlich hätte verschmerzen können, weil die Polen angesichts der rleativ liberalen Politik der Donaumonarchie in Galizien und der Art und Weise, wie die Russen in ihrem Teil Polens herrschten, neben den Ukrainern/Ruthenen die einzige slawische Gruppe war, der man eine tatsächliche weitgehende Treue zum Wiener Kaiserhaus und eine eher geringe Affinität gegenüber panslawischer Propaganda unterstellen konnte, eben weil die durchaus sahen in welcher Form Russland in Polen seine slawischen Brüder unterdrückte.

Außerdem hatte man mit den Ukrainern in Ostgalizien und die Möglichkeit sich bei deren Streitereien mit den Polen um lokale Machtverhältnisse auf deren Seite zu stellen, durchaus auch ein Mittel zur Disziplinierung der polnischen Bevölkerungsteile in der Hand.

Tatsächlich hätte Wien ein solches wahrscheinlich sehr gut ertragen können.
Zumal es das Verhältnis mit Italien deutlich verbessert hätte und gegenüber dem wirtschaftlich eher abgemeldeten Trentino das Kohlerevier von Sosnowiec wirtschaftlich vermutlich eine Verbesserung dargestellt hätte.

Was Wien nicht hätte ertragenn können, wäre eine Abtretung von Triest gewesen. Aber die wurde zunächst auch nicht gefordert.
 
Nachdem, wie die Dinge lagen, war die Ermordung des Österreichischen Thronfolgers eine innerösterreichische Angelegenheit.
Die Attentäter waren Bürger der Donaumonarchie, das Attentat fand auf dem Territorium der Monarchie statt und eine Verwicklung ausländischer Regierungen konnte nicht nachgewiesen werden, einzig, dass es Kontakte der Attentäter zu serbischen Geheimdienstleuten gegen hatte und dass aus Serbien stammende Waffen verwendet wurden.

Jetzt wird also als Attentat zum Thema.:D

Eine inneröstreichische Angelegenheit? Wo kam denn der Mörder? Wer ließ die Attentäter über die Grenze? An wem hatte sich der Attentäter Princip um Unterstützung gewendet gehabt? Wieso wußte die serbische Regierung Bescheid? Von wem erhielt die Schwarze Hand ihre Direktiven?
Wenn du diese Fragen beantwortest, wirst du erkennen, dass es keine innerösterreichische Angelegenheit gewesen war.

Aber hier würde ich jetzt vorschlagen, einen neuen Faden aufzumachen.:)
 
@Shinigami
Fassen wir also zusammen:

Italien hatte zweimal gegen den Dreibundvertrag verstoßen. Einmal Informationspflicht Tripoliskrieg, das zweite Mal Besetzung der Inseln. Gegen den Geist des Vertrages, ich habe dies schon erläutert ebenfalls. Und 1915 wurde der Vertrag gekündigt, der gar nicht gekündigt werden konnte, da er eine feste Laufzeit hatte.

Österreich-Ungarn 1908 m.E. nach kein Verstoßt. 1914 einen sehr verständlichen und nachvollziehbaren Verstoß, das Italien nicht mehrvertrauenswürdig war und Informationen an den Feind weitergab. Der Krieg gegen Serbien allein reicht nicht aus, um die Kompensationsklausel in Anwendung zu bringen. Italien zog an den Haaren ein Grund herbei. Rom wollte sich schlicht und ergreifend einfach bezahlen lassen und man scheute sich auch nicht in London anzufragen, was denn dort bereit sei zu bieten.

Tittoni hatte 1908 keine Kompensation gemäß Dreibundvertrag geltend gemacht. Insofern müssen wir hier auch nicht noch darüber diskutieren. Aehrenthal wäre gut beraten gewesen, den Italienern auf irgendeinen Gebiet, genannt sei die schon lange geforderte Universität in Triest , entgegengekommen wäre. So hätte er Tittoni innenpolitisch Hilfe gewährt und der konnte den Parlament was bieten.

Das Deutsche Reich erkannte m.W. nach die Forderungen 1914 durchaus nicht als legitim an. Es ging einfach darum, Italien um fast jeden Preis aus dem Weltkrieg herauszuhalten. Nicht umsonst war Berlin bereit auch eigenes Territorium herzugeben.
 
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