Bayerische Könige

Franzei schrieb:
Hätte Karl Theodor seinen und Kaiser Josephs II. Plan, Bayern gegen die österreichischen Niederlande (etwa das heutige Belgien) einzutauschen, verwirklichen können, wäre Max Joseph ebenfalls nicht Kurfürst und König von Bayern geworden.

Seltsame Kapriolen der Geschichte!
Wer sich ernsthaft mit Geschichte beschäftigt sollte sich der Spekulation und der Frage des "Was wäre wenn" eher enthalten. Doch in diesem Fall ist es für mich zu verlockend es nicht zu tun.
Wäre der Tauschplan aufgegangen hätte dies ja die politische Situation im HRR grundlegend verändert. Zum einen wäre das neue pfälzisch-niederländische Territorium Karl-Theodors eine ernstzunehmende Mittelmacht geworden.
Zum anderen hätte ein mit Alt-Baiern arrondiertes Habsburgerreich eine ungleich stärkeres Standing im Reich gehabt, möglicherweise hätte Wien sogar den Dualismus überflügeln und die Hegemonie wiederherstellen können. (Dass diese Störung des europäischen Gleichgewichts der Mächte unweigerlich zu einem größeren Krieg geführt hätte steht dabei ausser Frage, der Ausgang desselben ist reine Spekulation - vor allem ob England einen kontinentalen Konflikt an der Seite Preussens unterstützt und wie Russland sich verhalten hätte.......)

Wie auch immer, was ich interessant dabei finde ist die "öffentliche Meinung" in Kurbaiern die ja fast gänzlich ein Zusammengehen mit Österreich ablehnte. Warum eigentlich? Wegen der österreichischen Besetzungen im spanischen und österreichischen Erbfolgekrieg? Wegen der Angst zur Provinz abzusinken? Als Karl Albrecht Ambitionen auf den österreichischen Erzherzogshut und die Krone Böhmens hatte wäre es ja ebenfalls zu einer Vereinigung gekommen und Kurbaiern hätte ein ähnliches Schicksal als Provinz von Wien genommen (wenn auch mit einem Wittelsbacher Monarchen der halt an die Donau gewandert wäre) - dennoch wurde die Politik Karl Albrechts ja unterstützt.
 
Rovere schrieb:
Wie auch immer, was ich interessant dabei finde ist die "öffentliche Meinung" in Kurbaiern die ja fast gänzlich ein Zusammengehen mit Österreich ablehnte. Warum eigentlich? Wegen der österreichischen Besetzungen im spanischen und österreichischen Erbfolgekrieg?

Meiner Meinung nach eindeutig ja!
Die Ereignisse im Spanischen Erfolgekrieg haben sich bis heute in der bayerischen Bevölkerung eingeprägt, wie man an dem kürzlich begangenen 300. Jahrestag der Sendlinger Mordweihnacht recht gut sehen konnte (Stichwort: "Schmied von Kochel" - ja ich weiß, dass das nur eine Sagengestalt ist).

Der vor 300 Jahren verbreitete Spruch "Lieber bayerisch sterben als kaiserlich verderben" war natürlich im Kurbayern des 18. Jahrhunderts nach wie vor aktuell. Die Ablehnung an einen Anschluss an Österreich war daher durchaus verständlich.
 
Tauschplan

Die Spekulation, was im Falle der Verwirklichung des Tauschplans (Bayern gegen die österreichischen Niederlande) geworden wäre, ist besonders dadurch erschwert, daß wohl niemand sagen kann, wie sich die französische Revolution und das Vordringen Napoleons in diesem Falle ausgewirkt hätten.

Zur Abneigung der bayerischen Bevölkerung gegen die österreichische Herrschaft: Österreicher und Bayern sind ja praktisch Brudervölker und Brüder mögen sich oft nicht, besonders dann nicht, wenn der eine über den anderen herrschen könnte.

Auch die Schweizer mögen ihre deutschsprachigen Nachbarn nicht besonders gern und vice versa.

(Ich persönlich mag sowohl die Österreicher als die Schweizer und habe (hat te) in beiden Ländern Freunde und Verwandte). :friends:
 
Zuletzt bearbeitet:
Karl-Theodor

S gibt jo heit noch Kurpälzer, die greine, wann se dro denke, wie da Kurferscht aus Mannem verdiwwe worre is.
Was hätt aus Mannem werre kenne.
:weinen: :gruml: :heul:
 
Mercy schrieb:
S gibt jo heit noch Kurpälzer, die greine, wann se dro denke, wie da Kurferscht aus Mannem verdiwwe worre is.
Was hätt aus Mannem werre kenne.
:weinen: :gruml: :heul:
Kann ich mir gut vorstellen, zu Zeiten Karl Theodors war Mannheim Kulturmetropole europäischen Ranges, deren Ruhm vor allem in musikalischer Hinsicht bis heute anhält. Die Mannheimer Hofkapelle war das beste Orchester überhaupt und in der Stadt gaben sich die wichtigsten Musiker der damalgien Zeit ein Stelldichein.
In den musikalischen Kreisen Wiens ist die Blüte Mannheims noch im Gedächtnis geblieben (und nicht nur die Bäsle-Briefe:scheinheilig:) und meine erste Assoziation zu Mannheim ist die einer Kulturstadt, befürchte aber, dass diese Imagination nach einem Besuch der Stadt wohl nicht zu halten sein wird.....
 
Danke für die guten Kostproben des Mannheimer Dialekts!

Welchen Dialekt wird wohl Max Joseph I. gesprochen haben, wenn er Deutsch redete. Er wurde in Mannheim geboren und war die ersten fünf Lebensjahre (1756 - 1761) dort am Hofe Karl Theodors und seiner Ehefrau Elisabeth, anschließend - mit Unterbrechungen durch erneute Aufenthalte in Mannheim - in Zweibrücken bei seinem Onkel Christian IV., Herzog von Zweibrücken, und dessen Familie (bis ca. 1776). Dann hielt er sich als Oberst und Kommandeur des französischen Fremdenregiments Royal Alsace überwiegend in Straßburg, aber auch immer wieder in Paris auf. In Straßburg und im Regiment wurde vorwiegend Deutsch (Elsässisch) gesprochen.

Ob er als Kurfürst und König von Bayern noch Bayrisch (Münchnerisch) erlernt hat?
 
Über Maximilian I. Joseph, König von Bayern, gibt es verhältnismäßig wenig Literatur. Als brauchbare Biographie ist mir nur die von Adalbert Prinz von Bayern verfasste bekannt (Verlag F. Bruckmann München 1937). Dort wird sehr ausführlich der Gang der Ereignisse, weitgehend anhand von Briefzitaten, geschildert. Eine zusammenfassende eigene Beurteilung der Politik dieses Königs und eine Darstellung seiner Persönlichkeit ist nicht enthalten.

Die Politik hat Max I. weitgehend seinen Ministern, vor allem Maximilian Graf von Montgelas, überlassen, der schon seit 1796, als Max noch Herzog von Zweibrücken war, als sein außenpolitischer Berater fungierte. Ab 1799, als Max Joseph Kurfürst von Pfalz-Bayern und später (ab 1806) König von Bayern war, hat Montgelas die bayerische Politik als Außen- und Innenminister, zeitweise auch Finanzminister, größtenteils bestimmt (vgl. Eberhard Weis, Montgelas, C.H. Becksche Verlagsbuchhandlung, München, 1. Band (2. Auflage) 1988, 2. Band 2005).

Die Charakterisierung des Königs findet man vorwiegend in Sammelwerken zur bayerischen Geschichte.

Fortsetzung folgt.
 
Fortsetzung:

In der genannten Biographie Max I. (Autor: Adalbert Prinz von Bayern) findet sich allerdings eine sehr interessante Beschreibung des jungen Max Joseph, ein Zitat aus den Memoiren der Baroness d`Oberkirch:

"Prinz Max ist sehr extravagant. König Ludwig XVI. hat ihm seine Schulden bezahlt, doch macht er immer wieder neue. Er ist ein Bonvivant, von Jagd und Tafelfreuden sehr begeistert und laut Skandalchronik in regem Umgang mit Damen des Theaters. Seine Manieren sind trotzdem vornehm und elegant, für Hof und Privathaus passend. Er versteht es, auf sehr unterhaltende Art komische Geschichten zu erzählen. An dem Morgen, den wir in seiner Gesellschaft verbrachten, war er in besonders guter Stimmung. Er machte alle berühmten Leute nach, Schauspieler, Literaten u.a. - Voltaire. Er kannte jede unterhaltende Anekdote, die Abenteuer der berühmten Schauspielerinnen und die Stammbäume ihrer Liebhaber. Das erzählte er alles in einer Art, die auch das empfindlichste Ohr nicht beleidigen konnte. Die Uniform seines Regiments ist sehr hübsch: Blauer Rock mit roten Aufschlägen und Kragen, weiße Hose und Weste und ein silberbordierter Hut. Sie steht ihm auch besonders gut. Prinz Max war ein viel besserer Mann, als er zu sein schien und wofür er gehalten werden wollte. Ich habe sehr viel über ihn gehört, was ihm Ehre macht. ....."

Andere Charakterisierungen aus der Zeit als König, die zu Vorstehender jedoch ziemlich passen, sind:

"Er liebt die Bequemlichkeit, doch unterzieht er sich geduldig jedem Zeremoniell und hält fast täglich große Tafel, weil ihm die Gesellschaft bei Tische angenehm ist. So liebt er auch die bonne chère und gute Weine. Bei allen Hoffestlichkeiten spielt er und zieht sich bald zurück, weil er sehr früh zu Bette geht. Er sieht viel auf Äußerliches und Kleinigkeiten, weil sich sein Geist mit nichts Großem beschäftigt. Er spricht lieber französisch als deutsch. Seine Kinder liebt er zärtlich ...." (August von Platen, zitiert bei E. Weis, Montgelas, 2. Band, S. 26 f.).

"Da der König nichts las und keine besondere Liebhaberei für irgendeinen Zweig der Künste und Wissenschaften hegte, so wenig als für Jagd und Reiterei, dabei auch kein Schwelger oder Trinker war, so blieb es eine schwere Aufgabe für die Höflinge, den Tag mit Spazierengehen, Liebeleien, verkappten Hofnarren, Stadthistorien und Kleinigkeitskrämereien aller Art auszufüllen. Aus solcher Geschäftstätigkeit des Königs gingen dann auch viele üble Launen hervor ...." (Die Memoiren des Karl Heinrich Ritter von Lang, zitiert bei E. Weis, Montgelas, 2. Band, S. 27).

E. Weis meint dazu, daß Max Joseph doch oft einen wachen und klaren politischen Verstand zeigte und Tausende von Akten und Zehntausende von Schreiben, die die Unterschrift des Königs, z.T. mit Korrekturen von seiner Hand tragen, beweisen, daß er keinen so einfältigen und untätigen Tagesablauf hatte, wie vorhin von Lang geschildert (Weis, Montgelas, 2. Band, S. 27 f.).

Die jetzt aus Anlaß des 200. Jahrestages des Königreichs Bayern zahlreich erschienenen Rückblicke auf die Zeit von 1806 bis 1918 werden ebenfalls Beschreibungen der Persönlichkeit des ersten bayerischen Königs enthalten, aber vermutlich wenig Neues bringen können.
 
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