Out of Africa
irgendwie ist das wie mit Noah´s Arche: zwar hat man sie noch nicht gefunden, aber es muss sie gegeben haben, weil man sie finden könnte (wenn es sie gegeben hätte...) ... :autsch:
Bleiben wir im biblischen Kontext, und schauen mal auf den
Exodus. Ich meine hier nicht Moses, auch wenn der ein schönes Beispiel für die Tücken des Landwegs bietet (40 Jahre in der Wüste).
[
So als Frage eines Flachlandindianers von der Waterkant an die unter den Skeptikern ja scheinbar gut vertretene Hoch- und Mittelgebirgsfraktion: Wie trekkt man eigentlich mit Kind, Kegel, Lederzelt und (steinbestücktem!) Waffenarsenal durch aride Gebirgslandschaften? Schnallt man sich da zur Sicherheit zusätzlich noch einen 20-Liter Wasserschlauch auf den Rücken? (Ist der eigentlich archäologisch belegt?) Alles zusammen wird mit der Zeit doch ganz schön schwer.. Oder hatten Paläoindianer und Konsorten schon Esel, Kamele, Mammuts o.ä. als Lasttiere? Ach ja - und wie findet man den Gebirgspaß? Stell ich mir ähnlich schwierig vor wie das Orten von Inseln. Vielleicht noch schwieriger - Inseln werden ja, wie wir seit Noah wissen, durch Vögel angezeigt.:winke:]
Ich will vom
Exodus des
homo sapiens "out of Africa" reden, ohne den wir alle nicht da säßen, wo wir gerade sitzen. Neuerer Forschung zufolge latschten da nicht vor 75.000 Jahren ein paar Tausend Menschen zusammen los, sondern es gab viele kleinere Exod(o)i. Ab wann? Vielleicht so ab vor 125.000 Jahren, aber genaues weiß man nicht. Es wurden mehrere Wege benutzt, u.a. in die Levante, wo
homo sapiens vor etwa 100.000 Jahren auf Neandertaler traf. Der Hauptweg führte aber offenbar vom Horn von Afrika übers Rote Meer und die arabische Küste entlang zum damals trockenen Persischen Golf, wo sich die Wege (und mit ihnen die mtDNA-Paragruppen) teilten. Vereinfacht gesagt: mtDNA M zog weiter nach Indien, mtDNA N besiedelte West-Eurasien (Anlage).
Neben der Genetik liefert auch die Archäologie zunehmend Belege dafür, daß der Exodus "out of Africa" weitgehend nicht über Sinai und Levante, und auch nicht durch den damals noch von Neandertalern besiedelten Iran erfolgte:
JSTOR: An Error Occurred Setting Your User Cookie
Virtually all that is known of the Late Pleistocene period from the Arabian side of the Gulf comes from the site of the Jebel Faya 1 rockshelter in Sharjah Emirate, as it represents the sole findspot that has yielded radiometric dates (Marks
2009; Uerpmann, Potts, and Uerpmann
2009; Uerpmann et al.
2007) [Ausgrabung/ Analyse: Uni Tübingen]. (..) Marks (
2009:305) points out a conspicuous absence of Levantine features such as elongated blanks, Levallois points, and unidirectional-convergent reduction strategies, showing “tendencies totally unknown in the Levant in Middle Paleolithic contexts.” (..) Marks draws tentative correlations between assemblage C and early MSA assemblages from east/northeast Africa, citing parallel modes of
façonnage reduction to manufacture similar handaxe and foliate tool forms. From this, he speculates that the assemblage C archaeological level of occupation at Jebel Faya may be attributed to human groups expanding out of Africa at the beginning of the Late Pleistocene (if not earlier) (..)
As in Arabia, the chronology of the Middle Paleolithic in Iran is poorly understood; there are no absolute dates to establish the earliest appearance of Zagros Mousterian assemblages, only indications that it was replaced sometime around 36,000 BP by a variant of the Aurignacian techno-complex (Otte et al.
2007). (..) Although it is hazardous to associate any one lithic industry with a specific hominin group, it is possible to say with confidence that the Zagros Mousterian assemblage excavated at Shanidar Cave was manufactured by Neanderthals, indicated by specimens found within the same stratigraphic horizon (Solecki and Solecki
1994; Trinkaus
1983). A hominin radius, also identified as Neanderthal, was recovered from the Zagros Mousterian layer at Bisitun (Trinkaus and Biglari
2006). Thus, the limited demographic information indicates that a Neanderthal population was present in the northern and central Zagros Mountains during the Late Pleistocene, thousands of years after the earliest recorded modern human expansion into the Levant (Mercier et al.
1993; Schwarcz et al.
1988).
Der Exodus "out of Africa" begann also mit vielen kleinen Seefahrten über das Rote Meer. Selbst bei tiefstem glazialen Wasserstand war der Bab al-Mandeb zwischen Djibouti und Jemen immer noch 11 km breit. Zudem trägt er seinen arabischen Namen "Tor der Tränen" bzw. "Tor zum Friedhof" nicht ohne Grund - da strömt es, je nach Jahreszeit, ziemlich heftig in die eine oder andere Richtung, und ein ungeübter Seefahrer (ganz zu schweigen von unbedarft ein Stück Treibholz Erkletternden) landet schnell statt an der jemenitischen Küste irgendwo im Indischen Ozean. Die archäologisch und genetisch belegten vielfachen Überfahrten setzen also schon einiges an seefahrerischem Können und Material so ab etwa 125.000 v. Chr. voraus.
Es mag natürlich sein, daß am Bab al-Mandeb eine gut beschäftigte Fährmannfamilie tätig war, und die Auswanderer ihren Weg danach zu Fuß fortsetzten. Nahe der Straße von Hormuz hätte sich dann ähnliche Erwerbsmöglichkeit geboten - zwar war der Persische Golf weitgehend trockengelegt, aber dort mündeten immer noch Euphrat, Tigris, plus ein paar "aufgesammelte" Flüsse aus dem Zagrosgebirge in die Arabische See. Auf der Weiterreise nach Indien war, wenn ich mir z.B. den "Indus Canyon" auf Seekarten ansehe, wohl auch an der einen oder anderen Stelle Bootsbenutzung angeraten.
Plausibler scheint es allerdings, daß der Exodus gleich bootsgestützt erfolgte. Dies würde auch erklären, warum die Neandertaler im Zagros-Gebirge bis etwa 36.000 BP weitgehend unbehelligt vom
homo sapiens blieben. Hierzu
The Arabian Corridor Migration Model: archaeological evidence for hominin dispersals into Oman during the Middle and Upper Pleistocene | Jeffrey Rose - Academia.edu
In an alternate model, the genetically purported rapid expansion at the onset of OIS 3 may be due to marine transgression into the Arabo-Persian Gulf Basin,which displaced a sizeable seafaring population that had nucleated within the refugium. (..) Surviving the wildly oscillating Upper Pleistocene climate may have been a trial of fire for early humans; episodic desiccation triggered a negative feedback loop that caused them to innovate technologies beyond just greater efficiency in lithic reduction. It has been suggested that the rapid spread of humans around 50,000 years ago was due to innovations in coastal seafaring (Stringer 2000). If this is the case, it implies the development of complex tools, the exploitation of a broad array of resources, and possibly even navigational capabilities.
Zur Fortsetzung der Geschichte in Indonesien/ Ozeanien (die dortige Archäologie sieht klare Bezüge zur seefahrerischen "Vorläufererfahrung" in Rotem Meer/ Arabischer See) komme ich im nächsten Post. Hier möchte ich zunächst festhalten, daß solche Erfahrung, falls gemacht, natürlich nicht nur beim gen Süd-(Ost-)Asien weitergewanderten, sondern auch beim westeuarasischen Zweig des
homo sapiens präsent war (und wohl auch den am Horn von Afrika Verbliebenen).
Zum Thema Kollektivwissen des
homo sapiens, und als weiterer Sargnagel für die Solutrean-Theorie in ihrer Urform, hier aus vorstehendem Link noch eine Diskussion der an der Küste Omans aufgefundenen paläoloithischen Steinbearbeitung:
It should not be assumed that the production of all bifacial foliates in southern Arabia is related to one time period or one lithic techno-complex. Morphologically similar specimens are reported from various industries around the world as early as the Middle Pleistocene, such as Korolevo level 5a in Transcarpathia (Kulakovska 2004) or Galeria Pesada in Portugal (Marks et al. 2002). Foliates appear in the Micoquian (Bosinski 1967; Soressi 2002) and Solutrean Industries (Smith 1966), which occur in the European Middle and Upper Palaeolithic, respectively. Nearly identical bifacial foliates (albeit fluted) are a characteristic of the early Holocene in North America [d.h. Clovis] (Wormington 1964), and are even known from Middle Holocene sites in central Australia (Valoch 1979).
Abschließend, für alle an "out of Africa" interessierten, noch ein weiterer Link mit sehr schönen Fundortkartierungen:
http://www.palaeodeserts.com/wp-content/uploads/2013/04/The-Prehistory-of-the-Arabian-Peninsula.pdf