Bismarck schuld am 1. Wk?

Heya,

bald werde ich mündl geprüft zu Bismarck und Weimar. Da hab ich mir die Frage gestellt, was auch oft behauptet wird, dass Bismarck Teilschuld am 1. Wk habe und Teilschuld am "Untergang" der Weimarer Republik.

Eine Frage, die ich mir schon die ganze Zeit, während dieser Diskusion gestellt habe.
Kann man einen Menschen für einen Weltkrieg verantwortlich machen?
 
@Silesia
Seine Einschätzungen von politischen oder personellen Gegebenheiten (im Sinne von: "Der ist doch intrigant...") in seiner Gegenwart - und das Eintreffen in der
 
Ich kenne ja die Diskussion darüber, ob der Erste Weltkrieg mit einem Kanzler Bismarck zu verhindern gewesen wäre ... aber eine ernsthafte Diskussion darüber, ob jemand, der über 20 Jahre vorher von der "Brücke" abtrat für den Krieg Verantwortung trägt?

Da könnte ich ja auch Adam und Eva für alles verantwortlich machen.

Sicher mögen bestimmte Strukturen, die Bismarck (mit)geschaffen hat, für den Krieg eine Rolle gespielt haben, aber die sind ganz bestimmt nicht hinreichend. Soll heißen: der Krieg wäre immer noch zu verhindern gewesen, eine Zwangsläufigkeit ergibt sich nicht, da sind ganz andere Personen viel direkter verantwortlich (den Erfinder des Autos für alle Verkehrsunfälle verantwortlich zu machen ist auch etwas absurd).

Gerade, wo Wilhelm II doch sein "persönliches Regiment" führen wollte und in manchen Bereichen mit Bismarcks Politik brach ...
 
Schön gesagt Papa Leo, ich sehe das mittlerweile genauso wie ihr, hfftl mein Lehrer am Dienstag auch.

Danke für eure Bemühungen!
 
Eine Frage, die ich mir schon die ganze Zeit, während dieser Diskusion gestellt habe.
Kann man einen Menschen für einen Weltkrieg verantwortlich machen?

Für den ersten Weltkrieg vielleicht nicht, da sind die Mächte eher hineingestolpert...
Aber für den zweiten doch sicherlich, der war doch schon von Anfang an "Hitlers Krieg"
 
Aber für einen Krieg braucht's, wie bei einer Scheidung, mindestens zwei Parteien.

Und du brauchst Soldaten, die dafür einstehen. Es war vor allem Hitlers Krieg, ja, aber für ihn gekämpft haben andere ...
 
die antwort lautet ganz klar nein. bismarck versuchte dt mit bündnissen zu sichern. ferner war seiner auffassung nach dt. saturiert. bei internationalen konflikten trat er des öfteren als schlichter ein und war hoch geachtet.
die einzige 'schuld', die mir spontan einfällt, wäre die gefälschte (geänderte) emser depesche - aber das war vor dem 1.wk.
 
Mhm, mir kommt eine "Schuld" Bismarcks am 1Wk doch ein wenig weit hergeholt vor.
Erstens ist es ja schon sehr lange her, dass Bismarck aktiv am Geschehen teilnahm und zweitens fällt mir dazu die sehr vereinfachte Formel,
"Bismarck = Gute Aussenpolitik + schlechte Innenpolitik"
"Wilhelm II= Schlechte Aussenpolitik + gute Innenpolitik"
ein.
Auch wenn diese vereinfachte Formel natürlich sehr verallgemeinert, zeigt sie trotzdem die Gegensätze der betreffenden Personen.

Viel interessanter finde ich die Frage, ob Bismarck den Krieg hätte verhindern wollen.

Aber das ist ja ein anderes Thema.

Gruss,

Snork
 
Oh, da fällt mir gerade noch der Haffner in die Hand.
Und doch hat Bismarck bei größtem staatsmännischen Geschick und bester ehrlicher Absicht das, was er erreichen wollte, in seiner Zeit nicht ganz erreicht. Er selbst hat dem Deutschen Reich bei seiner Gründung mit der Großmacht Frankreich einen nicht zu befriedigenden Dauergegner, einen sogenannten >>Erbfeind<< geschaffen und er hat durch seine Politik auf und nach dem Berliner Kongreß zwischen Frankreich und Rußland ein Bündnis angebahnt. Gleichzeitig hat Bismarck sich mit Österreich in eine Intimität eingelassen, die absehbar - obwohl Bismarck das zu verhindern suchte - Konflikte in sich barg.
(S. Haffner - Von Bismarck zu Hitler Seite 79-80)

Da es sich ja hier um eine mündliche Prüfung handelt, denke ich, dass die Multiperspektivität hier vielleicht extra Punkte bringt.

Viel Glück!

Snork
 
Allerdings weiß niemand so genau, was Bismarck eigentlich erreichen wollte. Ich habe auch schon umgekehrt gelesen, Bismarck habe Frankreich ganz bewußt als "Erbfeind" aufbauen wollen, um dadurch den Partikularismus im Inneren auszuschalten.

Bismarck hat insofern "schuld" am 1. WK, als er eine bestimmte Auffassung von Außenpolitik im DR populär gemacht hat. Machiavellistische Außenpolitik, das Ausspielen und Aufhetzen der anderen Großmächte gegeneinander und dann im geeigneten Augenblick losschlagen. Die beiden Marokko-Krisen und ähnliche Manöver waren Versuche nach bismarckschem Rezept Außenpolitik zu betreiben.
 
Bismarck hat insofern "schuld" am 1. WK, als er eine bestimmte Auffassung von Außenpolitik im DR populär gemacht hat. Machiavellistische Außenpolitik, das Ausspielen und Aufhetzen der anderen Großmächte gegeneinander und dann im geeigneten Augenblick losschlagen. Die beiden Marokko-Krisen und ähnliche Manöver waren Versuche nach bismarckschem Rezept Außenpolitik zu betreiben.

Bismarcks Außenpolitik war damals durchaus nicht unüblich und kann nicht mit heutigen Maßstäben gemessen werden. So war Lord Salisbury ebenfalls bemüht, Spannungen zwischen anderen Großmächten wie Russland und dem Deutschen Reich herbeizufürhren. Als Bismarck nicht mehr in Amt und Würden war, ist von Salisbury die Aussage überliefert, "mir fehlt der Scharfsinn des alten Mannes."

Mich würde interessieren, weshalb du meinst, das Kiderlen-Wächter mit seinen Vanbanquekurs mit der Bismarschen Diplomatie auf einer Ebene stellst? Die Marokkorkrise von 1911 läßt sich nicht unbedingt mit der "Krieg in Sicht Krise" vergleichen, da Bismarck die damalige internationale Lage ausloten wollte, während Kiderlen durchaus entschlossen war auch Krieg gegen Frankreich zu führen. Es war aber klar, vor allem nach dem Desaster der ertsten Markokrise von 1905, das Großbritannien nicht tatenlos beiseite stehen würde.
 
@adwi: die einzige 'schuld', die mir spontan einfällt, wäre die gefälschte (geänderte) emser depesche - aber das war vor dem 1.wk.
Genauso gut könnte man Martin Luther für den 30.jährigen Krieg verantwortlich machen, also das ist doch zu kurz gesprungen.

PS: Wir simsen doch hier nicht. Ganz links, 2. von unten - das ist die Taste für die Großschreibung.
 
@Turgot

Die Marokkokrise gleicht nicht der "Krieg ins Sicht"-Krise sondern der Krise um die Emser Depeche. Was Bismarck vorexerziert hat - Frankreich isolieren und dann militärisch zerschlagen - hätte Kiderlen-Wächter gerne nachexerziert. Das hat nur nicht geklappt weil Wilhelm II (Guillaume le timide) zu feige war.
Bismarck hat durchaus va banque gespielt, nur eben nach der Reichsgründung nicht mehr.
 
Allerdings würde ich bei Bismarck von zwei Phasen der Außenpolitik ausgehen und den Wechsel genau bei der Krieg-in-Sicht-Krise sehen. Dass Bismarck vorher seine Ziele mit kriegerischen Mitteln und Provokationen erreichte, ist unbestritten. Ich denke jedoch, dass sich mit der Krieg-in-Sicht-Krise diese AUßenpolitik änderte (gezwungenermaßen vielleicht, aber auch aus der Einsicht heraus, durch Krieg jetzt nicht mehr wirklich etwas gewinnen zu können).

Da Bismarck selbst seine Außenpolitik also änderte und nicht mehr va banque spielte, nicht mehr Macchiavelli Pate stand ... denke ich nicht, dass man ihm hier irgend eine Verantwortung zuschreiben kann.

Genau so könnte ich argumentieren, er hat überhaupt keine Schuld am Krieg, da er ja fast ein Jahrzehnt lang vormachte, wie man als "ehrlicher Makler" mit vorwiegend defensiven Bündnissen und einer ausgesprochen vorsichtigen Kolonialpolitik Krieg vermeidet.
 
@Turgot

Die Marokkokrise gleicht nicht der "Krieg ins Sicht"-Krise sondern der Krise um die Emser Depeche. Was Bismarck vorexerziert hat - Frankreich isolieren und dann militärisch zerschlagen - hätte Kiderlen-Wächter gerne nachexerziert. Das hat nur nicht geklappt weil Wilhelm II (Guillaume le timide) zu feige war.
Bismarck hat durchaus va banque gespielt, nur eben nach der Reichsgründung nicht mehr.


Die Krisen lassen sich auch nicht so ganz miteinander vergleichen. Bismarck hat es geschafft, wenn auch mit fragwürdigen Methoden, eben die Redigierung der Depesche von Wilhelm, das Frankreich Preußen den Krieg erklärte. Allein dieser Umstand zeichnet dafür verantwortlich, das sich Großbritannien aus der Sache heraushielt.

Kiderlen-Wächten hatte nicht ansatzweise das Format eines Bismarcks. Er hätte auch von sich aus losgeschlagen und Wihlem war nicht feige, sondern umsichtig. Er wollte für so eine sekundäre Frage keinen Krieg gegen Frankreich geführt wissen.

Und Kiderlen-Wächter hatte offenkundig nicht die Lehren aus der ersten Marrokokrise gezogen, ansonsten hätte er anders, weniger säbelrasselend und großsprecherisch, agiert.
 
Genauso gut könnte man Martin Luther für den 30.jährigen Krieg verantwortlich machen, also das ist doch zu kurz gesprungen.

PS: Wir simsen doch hier nicht. Ganz links, 2. von unten - das ist die Taste für die Großschreibung.

Hast recht, ab sofort mit Großschreibung! :)
Das mit der Emser Depesche hat nat. nichts mit dem 1. WK zu tun, das war eher sarkastisch gemeint aber da das nicht alle verstehen, werde ich in Zukunft davon ablassen.

@ History4fun: Übrigens hat Turgot im Thread Bismarcks Innen-und Außenpolitik mehrere gute Stichpunkte geliefert, so dass du dir selbst ein gutes Bild machen kannst.
Aber du selbst hast es ja eigentlich schon kurz und knapp beantwortet:
'...ab 1871 hat er eine konsequente Friedenspolitik betrieben'
 
Natürlich war Bismarck ein Puzzle, was nach her das Gesamtbild Erster Weltkrieg abgab!
Nur es spielten noch viele andere mit, und die kamen nicht nur aus dem Kreis des deutschsprachigen Raum.
Meine These lautet;wer die Zusammenhänge über das Herfallen der Völker, mit den Beginn des Ersten Weltkrieges verstehen will,muss tiefer in die Ereignisse vor den Ersten Weltkrieg eintauchen.
Ob Bismarck mitverantwortlich gemacht werden kann am scheitern der Weimarer Republik,würde ich mit "jein" beantworten.Aber auch nur im Kontext mit dem Ersten Weltkrieg,alles andere ist schon ein bisschen weit her geholt.
Die Menschen entwickelten sich ja auch im Deutschen Kaiserreich weiter und stärkten ihre Persönlichkeit.
 
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