Tirpitz war kein dummer Mann.
Hat auch niemand behauptet, aber er hat die deutschen Möglichkeiten deutlich überschätzt oder die Britischen unterschätzt.
Es ist ja so, dass Großbritannien ihre Vereinbarungen mit anderen Ländern eingegangen ist, weil man musste, nicht aus gutem Willen. Dies hatte man in Berlin erkannt.
Es ist doch viel mehr so, dass man in Berlin nicht in der Lage war zu erkennen, dass wenn man sich in Großbritannien schon keine "splendid isolation" mehr leisten konnte, man sich eine "Politik der freien Hand", wie man sich das in Berlin vorstellte, auf Grund der wesentlich ungünstigeren geographischen Situation noch viel weniger leisten konnte.
Das Eine geht nicht ohne das Andere.
Natürlich geht das eine ohne das Andere.
Um in einem größeren Paket die Kolonialen Interessengegensätze in Asien Beizulegen und sich auf der Basis der Verteidigung eines einmal hergestellten Status Quo zu dessen Verteidigung mindestens zeitweise zusammen zu tun, bedurfte man in London und St. Petersburg keiner besonderen Feindschaft gegenüber Deutschland.
Da reichte im Zweifel auch die Befürchtung der Überdehnung der eigenen Kräfte an der kolonialen Peripherie und die Überzeugung sich dort im Augenblick keine größeren Konflikte leisten zu können.
Gegen wen war sie denn dann gerichtet?
War sie überhaupt gegenn irgendwen gerichtet?
Zunächst einmal war sie als Block einfach die Reaktion auf den Dreibund und dessen Machtpolitisches Übergewicht in Europa nachdem Russland nach 1905 zunächst einmal weitgehend handlungsunfähig war.
Das die russisch-japanische Auseinandersetzung und ihre Auswirkungen das europäische Mächtegleichgewicht nachhaltig gestört hatte, nachdem sich Frankreich ab 1905 technisch recht isoliert dem Dreibund gegenüber sah, sollte wohl einleuchten?
Und ich denke über das wechselseitige Bedürfnis GBs und Russlands sich über weite Teile Asiens zu verständigen, brauche ich dir nichts zu erzählen. Da dürftest du in Teilen ja weit umfangrechere Detailkenntnisse haben als ich.
Die einzige Europa betreffende Motivation Russlands irgendwelche Probleme mit Deutschland zu haben, war das Berlin die Balkanpolitik der K.u.K.-monarchie deckte.
Russlands Motivation, was Europa betrifft, sich mit Frankreich und Großbritannien zu arrangieren lag in der Rivalität zu Österreich-Ungarn, nicht zu Deutschland begründet.
Und was GB betrifft, wissen wir beide, dass man sich in London durchaus darüber im Klaren war, dass Deutschland das Flottenrüsten auf Grund des durch Russlands Erholung entstandenen verstärkten Rüstungsbedarfs zu Lande, auf Dauer finanziell ohnehin nicht würde durchhalten können.
Womit auch klar war, dass Deutschland, wenn es sich nicht mit Russland verständigte GBs Stellung nicht ernsthaft würde herausfordern können.
In London wollte man Veränderungen des Status Quo zu Gunsten Deutschlands und zu Lasten Frankreichs vermeiden.
Das man diese Gefahr 1905 und folgend einfach sah, nimmt nicht Wunder, denn da war die Gelegenheit vorhanden.
Londons Motivation richtete sich darauf eine Stärkung Deutschlands in Europa zu verhindern, aber nicht gegen den Status Quo an und für sich.
Außerhalb Europas war man (Abkommen über die Teilung der portugiesischen Kolonien, im Fall das Portugal gezwungen wäre diese abzustoßen) ja durchaus bereit Deutschland gewisse Zugeständnisse zu machen, so lange das nicht zu Lasten eigener Positionen ging und das ohne die Entente-Partner zu beteiligen.
Offene Feindschaft sieht anders aus.
Der einzige Entente-Partner, der es grundsätzlich auf Schwächung Deutschlands anlegte und auf territoriale Veränderungenn zu Lasten Deutschlands war Frankreich.
Und das war unter die 3 Entente-Mächten die politisch Schwächste, weil in der eigenen Position am Meisten auf die Partner Angewiesene.
Unter diesen Umständen die Tripple-Entente als eine primär gegen Deutschland gerichtete Veranstaltung zu sehen, halte ich für ziemlich neben den Tatsachen.
Das mag man vielleicht in Deutschland so empfunden und in Frankreich so gewünscht haben, entsprach aber nicht den realen Positionen Londons und St. Petersburgs.