Datierungsprobleme der Tabula Peutingeriana



edit: Um aus meinem Herzen keine Mördergube zu machen: Ich antizipiere, dass du aus dem Fehlen des Provinznamens Arabia Petraea eine Datierung der Karte herleiten möchtest. Meine Gegenfrage wäre, wie viele Provinzen denn überhaupt namentlich erwähnt sind (die Antwort: einige sind es, andere nicht).
Du versuchst zu viel in meine Bemerkungen zu interpretieren, wobei ich tatsächlich für Petra aufgrund des Verlassens und dann im Mittelalter bestehenden "Vergessens" unterstelle, dass die Karte jedenfalls vor diesem "Vergessen" erstellt wurde.
Und da die Karawansereien in Zentralasien zu einem noch späteren Zeitpunkt entstanden - und keine einzige dieser Stationen in der Route eingetragen ist - liegt wohl ein Indiz dafür vor, dass die Karte vorher zuletzt kopiert wurde.
Die Karte war also beim Erwerb durch Peutinger schon ettliche Jahrhunderte alt. Und wenn Wikipedia schreibt:
Im späten 12. Jahrhundert angefertigt, ist die Tabula wohl eine Abschrift einer karolingerzeitlichen Vorlage, die wiederum auf das Original einer römischen Straßenkarte zurückgeht.
dann frage ich mich halt, warum die Kopisten manche wohl längst vergessenen Orte (Petra und Pompeji als Beispiel) belassen haben und andererseits damals neuere Erkenntnisse nicht eingeflossen sind.

Deine Anfrage hat mich allerdings veranlasst, meine unklaren Zweifel und mein "Bauchgefühl" zu reflektieren.

Dazu muss ich etwas ausholen:
Immerhin gab es bereits mit dem ersten Reich der Kök-Türken eine zentralasiatische Großmacht, die den gesamten Raum zwischen Ostrom und China beherrschte und mit dem Ostrom im 6. Jh. ein Bündnis hatte - und Mitte des 7. Jh. gelang es den Chinesen sogar, das westtürkische Reich dem eigenen Herrschaftsgebeit einzugliedern.

Was dagegen enthalten ist, sind Verkehrsverbindungen im Sassanidenreich - und zwar interessanter Weise nicht in Richtung China sondern in Richtung Indien. Und zwar bis Magaris - in dem man möglicherweise das im heutigen Bengalen und Bihar gelegene Reich von Magadha erkennen könnte.
Nur ist dieses Reich schon Jahrhunderte v. Chr. im indischen Großreich der Maurya aufgegangen, das am Gangesunterlauf dann im ersten und zweiten Jahrhundert im Gebiet der Shunga-Dynastie aufgegangen ist. Die Shunga hatten wieder zwei "Regierungsstädte": Pataliputra in Magadha und Vidisha in Malwa.
Im Verlauf von etwa 100 Jahren schrumpfte das Shunga-Reich auf das Kerngebiet Magadha zusammen und an seiner Stelle entstanden mehrere selbständige Fürstentümer und Stammesstaaten. Der neunte König, Bhagavata wird noch auf der Heliodoros-Säule bei Vidisha erwähnt, in welcher auch von einer Gesandtschaft des indo-griechischen Königs Antialkidas die Rede ist. Die Shunga-Dynastie endete, als der zehnte König Devabhuti im Jahr 73 v. Chr. auf Anstiftung seines Ministers Vasudeva von einer Sklavin ermordet wurde. Vasudeva gründete nun seinerseits auf den „Ruinen“ des Shunga-Reiches das Reich der kurzlebigen Kanva-Dynastie (73–28 v. Chr.), die nur vier Könige vorzuweisen hat und unter der Magadha bis zur Guptazeit auf den Peripherie-Status der Shatavahanas zurückfiel.
(Wikipedia)
Die Shatavahana regierten vier Jahrhunderte, von etwa 230 v. Chr. bis um 220 n. Chr., über das zentralindische Hochland des Dekkan
(also im zentralindischen Hochland, Wikipedia)

Und was wir dann am äussersten Ende unten in der "indischen Ecke" der Karte finden, ist eine Angabe "Patinao" (oder so ähnlich - meine Augen). Das wieder erinnert an die tamilischen Pandya, die nach Wikipedia sowohl in der Antike bekannt waren
Eine Dynastie dieses Namens existierte bereits zu Ashokas Zeit, neben den Cholas und Cheras (bzw. Keralas). Sie profitierte wie ihre Nachbarn vom regelmäßigen Handel, der über die Südspitze Indiens bis ins Römische Reich lief. So kam z. B. eine Pandya-Gesandtschaft um das Jahr 13 zu Kaiser Augustus nach Rom. Die frühen Pandya-Könige hielten sich römische Soldaten als Leibwache, die in der tamilischen Literatur als „stumme Fremde mit langen Mänteln, Waffen und grausamen Seelen“ beschrieben werden.
als auch als auch im 6. Jh. und bis zum 10. Jh. als ständige Kriegsgegner anderer Regionalmächte in Süd- und Zentralindien erwähnt werden.
Direkt benachbart ist das Gebiet "Coriara" (oder so ähnlich) - das wohl mit dem tamilische Chola-Reich (manchmal auch Chozha-Reich) gleichgesetzt werden kann. Die Herrschaft des Chola-Reichs - das faktisch den gesamten Osten des indischen Ozeans beherrschte - dauerte von 300 v. Chr. bis zum Ende des 13. Jahrhunderts, Auch hier gab es ein antikes Reich, das nach einer Periode der Fremdherrschaft Ende des 9. Jahrhunderts erneut an Macht und Ausdehnung gewann (Wikipedia).

Wir haben also in Nordostindien eine Bezeichnung für ein Gebiet, das allenfalls bis in das 1. Jh. v. Chr. von Bedeutung war - und in Südindien zwei Bezeichnungen für Gebiete, die sowohl in der Antike wie auch insbesondere im 9./10. Jh. wieder von Bedeutung waren.
Und diese Regionen sind dann auch noch mit Straßen und Straßenstationen sowie Meilenangaben erschlossen.

Je mehr ich mich in die TP vertiefe, desto irritierender ist die für mich …
 
Und jetzt schaut Euch mal an, wie herausragend Antiochia in Syrien eingezeichnet ist - gegenüber Rom und Konstantinopel/Byzanz. Wäre es da vermessen zu unterstellen, dass den Kartenmalern diese Stadt von besonderer Bedeutung war?
Nun zu deren Ende nach Wikipedia:
Der Niedergang der Metropole begann erst im 6. Jahrhundert. 526 wurde die Stadt durch ein Erdbeben schwer verwüstet, dem nach Johannes Malalas bis zu 250.000 Menschen zum Opfer fielen (die Zahl ist vermutlich viel zu hoch gegriffen, lässt aber die Dimension der Katastrophe erahnen). Nur wenige Jahre darauf erfolgte der entscheidende Schlag: 540 griff der persische Sassanidenkönig Chosrau I. das römische Syrien an und eroberte Antiochia im Sturm. Er deportierte einen Großteil der Einwohner nach „Chosrauantiochia“ bei Ktesiphon und zerstörte die Stadt angeblich bis auf wenige Gebäude. Unter Kaiser Justinian (527–565) wurde Antiocha mit dem Beinamen Theoupolis („Stadt Gottes“) zwar wieder aufgebaut, doch bedeckte diese Siedlung nur noch einen Teil des früheren Areals. Die Kunstproduktion, die bis zum Perserangriff geblüht hatte, brach weitgehend zusammen; nach 540 wurden anscheinend auch keine Mosaiken mehr gefertigt. Dennoch blieb Antiochia bedeutend. 613 kam es nahe der Stadt zu einer großen Schlacht zwischen Oströmern und Sassaniden, in der die kaiserlichen Truppen unterlagen. Wohl 638 wurde Antiochia, das 615 an die Perser gefallen und erst 630 wieder römisch geworden war, dann durch die Araber erobert (siehe Islamische Expansion). Damit endete die antike Periode der Stadt.
Die Karte sollte also vor dem 6./7. Jh. erstellt worden sein, denn nur bis dahin hatte Antiochia diese herausragende Stellung.
 
dann frage ich mich halt, warum die Kopisten manche wohl längst vergessenen Orte (Petra und Pompeji als Beispiel) belassen haben und andererseits damals neuere Erkenntnisse nicht eingeflossen sind.
Die letzte (also die heute erhaltene) Kopie wurde nach paläographischen Erkenntnissen um 1200 angefertigt, vermutlich in einem süddeutschen Kloster. Die ungewöhnliche Bezeichnung des Schwarzwalds als "silva Marciana" taucht im Mittelalter nur bei Hermann von Reichenau auf, weshalb es denkbar wäre, dass diese Kopie auf der Reichenau angefertigt wurde:
https://download.burgenverein-untervaz.ch/downloads/dorfgeschichte/1508-Zur Herkunft der Tabula Peutingeriana.pdf

Apropos Reichenau: Auf der Ebstorfer Weltkarte ist die Insel Reichenau überproportional groß dargestellt:
upload_2020-7-31_0-51-31.png


Ob hier ein gewisser "Lokalpatriotismus" seinen Ausdruck gefunden hat?


Der letzte Kopist der TP (ob auf der Reichenau oder sonstwo) hatte jedenfalls nicht den Ehrgeiz, die Karte bezüglich Straßen auf den aktuellen Stand zu bringen. Und wir wissen natürlich nicht, welche und wie viele seiner Vorgänger den Ehrgeiz und vor allem auch die nötigen Informationen hatten, die Karte auf Vordermann zu bringen. Und es ist auch bei einer Aktualisierung möglich, dass dem Zeichner selbst veraltete Informationen vorlagen. Manche vermeintliche Verbesserung ist ein Rückschritt.

Andererseits könnte mancher Schreiber auch bewusst darauf verzichtet habe, veraltete Informationen zu löschen. Rathmann macht auf die Beschriftungen "Gesogiaco quod nunc Bononia" (Gesogiacum, jetzt Bononia) und "antea dicta Herusalem, modo helya capitolina" (Früher hieß es Jerusalem, jetzt Aelia Capitolina) aufmerksam. Möglicherweise wollte der Schreiber "den einen oder anderen Ortsnamen aus antiquarischem Interesse beibehalten", warum nicht auch im Fall von Pompeji?

Die Shunga hatten wieder zwei "Regierungsstädte": Pataliputra in Magadha und Vidisha in Malwa.
Und was wir dann am äussersten Ende unten in der "indischen Ecke" der Karte finden, ist eine Angabe "Patinao" (oder so ähnlich - meine Augen). Das wieder erinnert an die tamilischen Pandya, die nach Wikipedia sowohl in der Antike bekannt waren
Mich erinnert Patinae eher an Pataliputra...

Die Datierung der TP ausgerechnet an Ortsnamen aufzuhängen, die überhaupt nicht zuverlässig zuzuordnen sind, ist vielleicht keine besonders zielführende Methode.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du versuchst zu viel in meine Bemerkungen zu interpretieren, wobei ich tatsächlich für Petra aufgrund des Verlassens und dann im Mittelalter bestehenden "Vergessens" unterstelle, dass die Karte jedenfalls vor diesem "Vergessen" erstellt wurde.
Das Petra im MA vergessen war (tatsächlich gibt es Kreuzfahrerburgen im unmittelbaren Umfeld von petra, eine sogar mitten drin), war für die mittelalterlichen Kopisten im 9. und 13. Jhdt. irrelevant. Für die galt - vereinfacht gesagt - eine Aussage, die 1000 Jahre vorher getätigt wurde, ziemlich unkritisch als wahr.

Und da die Karawansereien in Zentralasien zu einem noch späteren Zeitpunkt entstanden - und keine einzige dieser Stationen in der Route eingetragen ist - liegt wohl ein Indiz dafür vor, dass die Karte vorher zuletzt kopiert wurde.
Abgesehen von den biblischen Einschüben (Adam, Moses, Berg Sinai) sind die Informationen in der Karte natürlich antik, nicht mittelalterlich.

Die Tabula Peutingeriana ist eine Karte des römisches Reiches, welche römische Itinerare verbildlicht und mutmaßlich zwischen 250 und 350 entstanden ist. Sie liegt vor in einer Kopie aus dem 13. Jhdt., die wahrscheinlich auf eine Kopie aus dem 9. Jhdt. zurückgeht, die wiederum auf das Original zurückgeht.

Die Karte war also beim Erwerb durch Peutinger schon ettliche Jahrhunderte alt.
Das hatte ich eigentlich die ganze Diskussion als bekannt und akzeptiert vorausgesetzt. Deshalb überrascht mich gerade, dass du das extra erwähnst.

Und wenn Wikipedia schreibt: dann frage ich mich halt, warum die Kopisten manche wohl längst vergessenen Orte (Petra und Pompeji als Beispiel) belassen haben und andererseits damals neuere Erkenntnisse nicht eingeflossen sind.
Es sind keine neuen Erkenntnisse eingeflossen. Welche sollten das denn sein?

nd was wir dann am äussersten Ende unten in der "indischen Ecke" der Karte finden, ist eine Angabe "Patinao" (oder so ähnlich - meine Augen).
Patinae

Direkt benachbart ist das Gebiet "Coriara" (oder so ähnlich)
Cotiara. Beim Anonymus von Ravenna (Cosmographia) Coziara.

Und zwar bis Magaris - in dem man möglicherweise das im heutigen Bengalen und Bihar gelegene Reich von Magadha erkennen könnte.
[...]
- das wohl mit dem tamilische Chola-Reich (manchmal auch Chozha-Reich) gleichgesetzt werden kann.
Deine Idee hat einen Schönheitsfehler. Cotiara und Magaris sind konkrete Orte. Die von dir genannten Reiche sind aber nicht - analog zu Rom oder Byzanz - nach Orten benannt. Beim Chola-Reich wäre das analog dazu, du würdest bzgl. des Karolinger-Reiches einen Ort namens Karoling suchen (und in North and South Carolina fündig).

Und jetzt schaut Euch mal an, wie herausragend Antiochia in Syrien eingezeichnet ist - gegenüber Rom und Konstantinopel/Byzanz. Wäre es da vermessen zu unterstellen, dass den Kartenmalern diese Stadt von besonderer Bedeutung war?
Nun zu deren Ende nach Wikipedia:
Die Karte sollte also vor dem 6./7. Jh. erstellt worden sein, denn nur bis dahin hatte Antiochia diese herausragende Stellung.
Lange vor dem 6./7. Jhdt. Wir reden über einen Zeitraum von etwa 250 bis etwa 350 n. Chr. als Entstehungszeitraum.
 
...

Lange vor dem 6./7. Jhdt. Wir reden über einen Zeitraum von etwa 250 bis etwa 350 n. Chr. als Entstehungszeitraum.
wie Ihr wisst, interessiert mich insbesondere die Übergangszeit zwischen der römischen und der fränkischen Herrschaft im Alpenvorland. Letztere ist ja durch die Karolinger, die Agilolfinger und - den Lech entlang - durch die Huosi geprägt.

Gestern habe ich mir das "Ramsachkircherl" oder "das Ähnl" bei Murnau über dem Nordende des Murnauer Moores angeschaut. Die Kirche ist im 14. Jh. über einem Vorgängerbau (der Ortstradition nach aus dem 8./9. Jh.) errichtet worden.
Nur wenige hundert Meter daneben, in Hechendorf (mit römischer Straßenstation), ist ja die Trasse der "Via Raetia" vorbei gelaufen, die an der Ostseite des Moores von Eschenlohe über den Moosberg (mit römischen Funden) und Weichs (Vicus?) nach Murnau, Weilheim und dann Augsburg geführt hat. Für die Insel Wörth im Staffelsee ist im 6./7. Jh. eine römische Rückzugssiedlung belegt, die im 7. Jh. den Landsitz eines bajuwarischen Adeligen mit einer Eigenkirche (Steinbau an einem frühen Reihengräberfeld) aufgenommen hat. Diese Kirche ist im 8. Jh. der späteren Klosterkirche (Bischofskirche Bistum Staffelsee) gewichen.
Die Vorläuferkirche des "Ähnl" mit einem gemischten Patrozinium - Johannes d. Täufer (als Taufkirche?) bzw. St. Georg (als Begleitkirche einer Altstraße?) - soll relativ zeitgleich, maximal etwa 100 Jahre später, entstanden sein. In der Kirche wurde eine frühmittelalterliche Glocke gefunden, die aus dem Inselkloster von Iona/NO England stammen und über die seinerzeitigen Wandermönche nach Murnau gelangt sein könnte. Die Ortslegende verweist auf eine Verbindung zum "Allgäuapostel'", dem Hl. Magnus aus Füssen (8. Jh.).
Wir befinden uns also zeitlich in der frühen Übergangsphase nach dem formalen Ende der römischen Herrschaft. Und örtlich ist diese Übergangsphase mit dem altbayrischen Hochadelsgeschlecht der "Huosi" verbunden, auf deren Gebiet sich das Bistum Staffelsee bildete.

Ich habe mir nun den Teil der TP, den Sepiola hier markiert hat,
….

Wir haben hier ein Teilstück der auf der TP verzeichneten Straße von Augsburg über Epfach zum Brenner:

Anhang anzeigen 19330

....
nochmal angeschaut. Die bisherige Interpretation der zweiten Station nach Augsburg geht von "Avodiaco" = Epfach als Straßenstation aus.
Nun bin ich immer am Hinterfragen, ob solche Interpretationen auch stimmen.
Und hier stellt sich mir die Frage, ob man diese Bezeichnung nicht als Huodiaco lesen könnte.

 
Ich habe mir nun den Teil der TP, den Sepiola hier markiert hat,
nochmal angeschaut. Die bisherige Interpretation der zweiten Station nach Augsburg geht von "Avodiaco" = Epfach als Straßenstation aus.
Nun bin ich immer am Hinterfragen, ob solche Interpretationen auch stimmen.
Und hier stellt sich mir die Frage, ob man diese Bezeichnung nicht als Huodiaco lesen könnte.
Ich arbeite zwar wegen der besseren Kontraste lieber mit dem Faksimile von Miller als mit dem "Original", aber Miller hat genau an dieser Stelle eine Strichellinie, vielleicht als Faltmarkierung, eingezogen. Diese Strichellinie schließt das a. Wenn du es dir im "Original", also die überlieferte Fassung anschaust, siehst du deutlich, dass da keine Zweifel am a bestehen.

Original 12 jhdt.jpg
Faks 12 jhdt.jpg


Abgesehen davon solltest du ein -H- SPÄTESTENS seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert in lateinischen Texten als stumm vorstellen (Catull, Gedicht 84), also wenn du ein germanisches Huosi hast, wirst du daraus kein lateinisches Huodi rekonstruieren können (mal abgesehen davon, dass d nicht zu s wird).
 
Und hier stellt sich mir die Frage, ob man diese Bezeichnung nicht als Huodiaco lesen könnte.
Ausgeschlossen.
Ich sehe mir gerade das Faksimile bei Rathmann an, das ist dasselbe A wie bei Augusta vindelicum. Das H bei Herclanum sieht deutlich anders aus.

Für die Insel Wörth im Staffelsee ist im 6./7. Jh. eine römische Rückzugssiedlung belegt
6./7. Jahrhundert? Sicher? Welcher Quelle entnimmst Du das?

Hier steht 4./5. Jahrhundert: Geschichte - Gemeinde Seehausen
 
Die Vorläuferkirche des "Ähnl" mit einem gemischten Patrozinium - Johannes d. Täufer (als Taufkirche?) bzw. St. Georg (als Begleitkirche einer Altstraße?) - soll relativ zeitgleich, maximal etwa 100 Jahre später, entstanden sein. In der Kirche wurde eine frühmittelalterliche Glocke gefunden, die aus dem Inselkloster von Iona/NO England stammen und über die seinerzeitigen Wandermönche nach Murnau gelangt sein könnte. Die Ortslegende verweist auf eine Verbindung zum "Allgäuapostel'", dem Hl. Magnus aus Füssen (8. Jh.).

Die Legenden sind laut Wiki "nicht glaubhaft, die Glocke wird vielmehr mit Kirche und Kloster St. Michael auf der Insel Wörth im Staffelsee in Verbindung gebracht."
Der behauptete Vorgängerbau ist demnach "archäologisch jedoch nicht nachweisbar und gilt aufgrund der Siedlungsgeschichte in der Region als unwahrscheinlich."

Wir befinden uns also zeitlich...
... im 14. Jahrhundert. Lediglich die kleine, leicht transportable Glocke ist älter.
 
Gnade dir Gott, wenn das ein Schotte liest. (abgesehen davon liegt Iona in der Irischen See vor Mull, also wenn schon dann NW ;))
huups :oops: - dann muss ich meinen schottischen Titel ablegen und darf nicht mehr einreisen :eek:
Ausgeschlossen.
….
6./7. Jahrhundert? Sicher? Welcher Quelle entnimmst Du das?
...
der Veröffentlichung von Dr. Kratzsch (LAfD München) und Dr. Winghart (LAfD München, später Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege "Das Ramsachkircherl am Murnauer Moos", S. 3
- allerdings muss ich mich korrigieren.
Die Zeitangabe 7. Jh. bezieht sich wohl auf den "Hof eines bajuwarischen Adeligen" und nicht auf die Rückzugssiedlung im Satz davor. :(
Das 4./5. Jahrhundert ist dort mit dem Moosberg bei Ohlstadt/Weichs "zwischen etwa 260 und 430" genannt.
 
der Veröffentlichung von Dr. Kratzsch (LAfD München) und Dr. Winghart (LAfD München, später Präsident des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege "Das Ramsachkircherl am Murnauer Moos", S. 3
- allerdings muss ich mich korrigieren.
Die Zeitangabe 7. Jh. bezieht sich wohl auf den "Hof eines bajuwarischen Adeligen" und nicht auf die Rückzugssiedlung im Satz davor. :(
Das 4./5. Jahrhundert ist dort mit dem Moosberg bei Ohlstadt/Weichs "zwischen etwa 260 und 430" genannt.
Wie ist dann die Rückzugssiedlung auf Wörth datiert?
 
der Handel zwischen dem Mittelmeergebiet und China (Seidenkleider sind sogar im barbarischen Voralpengebiet nachgewiesen) verlief schon zu Zeiten der Skythen und Hunnen nicht über feste Straßen und Straßenstationen sondern über unbefestigte Karawanenwege in der Steppe und in der Wüste von Oase zu Oase - wobei auch die Flüsse wichtige Stationen waren - und dazu nahezu ausschließlich über Zwischenhändler (vgl. dazu auch Wikipedia).
Die ersten Karawansereien (in ihrer Funktion den römischen Straßenstationen oder heutigen Autobahnraststätten entsprechend) entstanden erst im späten 10. Jahrhundert in Zentralasien (Wikipedia).
Feste Straßen und Straßenstationen konnten "mangels Existenz" daher gar nicht eingetragen werden.
Kleine Nebenbemerkung ohne Bezug zur Datierungsfrage:
Gerade in Wüsten ist es lebensnotwendig, die genauen Wege von Oase zu Oase zu kennen. Und auch wenn es im Altertum Karawansereien im heutigen Sinn nicht gegeben haben mag, waren die Oasen für Reisende selbstverständlich immer feste Stationen, an denen gerastet wurde und Vorräte aufgefüllt wurden.
 
Abgesehen von den biblischen Einschüben (Adam, Moses, Berg Sinai) sind die Informationen in der Karte natürlich antik, nicht mittelalterlich.

Da es mindestens eine spätantike Überarbeitung in bereits christlicher Zeit (Konstantinopel) gegeben hat, könnten die christlichen Einschübe sogar noch antik sein.
Ein christlicher (nicht biblischer!) Einschub ist jedenfalls die Peterskirche in Rom. Zwei ähnliche Gebäude bei Konstantinopel und Antiochia interpretiert Ekkehard Weber ebenfalls als Kirchen:

upload_2020-8-2_19-48-49.png

Der Donaulimes in der Spätantike und im Frühmittelalter
 
An einen direkten Zusammenhang mit Agrippas Karte glaube ich auch nicht.
So weit es das Straßennetz betrifft, glaubt auch Ekkehard Weber, der Verfechter der Agrippa-Hypothese, nicht an einen direkten Zusammenhang:

"Natürlich war in dieser Agrippakarte das Straßennetz noch nicht enthalten. Dieses ist vermutlich erst unter den Severern eingefügt worden, als wenigstens die Grundform des Itinerarium Antonini entstanden ist und auch die - in der TP enthaltene - Leugenzählung in Gallien offiziell wieder eingeführt wurde. "​
https://www.google.com/url?sa=t&rct...oad/46/pdf_7&usg=AOvVaw0-zKVXWHVNWjDthnIxWdYR
 
"antea dicta Herusalem, modo helya capitolina" (Früher hieß es Jerusalem, jetzt Aelia Capitolina) aufmerksam.

Ganz ähnlich Ptolemaios, 5,16,8: "Hierosolyma, das jetzt Aelia Capitolina genannt wird".
Zu Ptolemaios' Zeit war die Umbenennung (wohl 135 oder kurz danach) noch ganz frisch.
 
Rathmann bleibt sicher nicht bei dieser Behauptung stehen. Welche Argumente führt er dafür an?

Hier fasst Rathmann seine Argumente in wenigen Punkten zusammen:
https://kups.ub.uni-koeln.de/8341/1/Morphomata05_digi-USB.pdf
An folgenden sechs Punkten lässt sich ablesen, dass wir von einer ›Ur-Tabula‹ auszugehen haben, die in die Zeit des Eratosthenes gehört:
1. Das Kaspische Meer wird als Golf des nördlichen Okeanos dargestellt.
2. Der Taurus zieht sich ohne Unterbrechung von Lykien aus durch ganz Asien.
3. Das Fehlen des Raumes ›oberhalb‹ von Rhein und Donau ist charakteristisch für den Kenntnisstand des Eratosthenes.
4. Das östliche Ende der Oikumene entspricht dem Kenntnisstand des Frühhellenismus.
5. Die frühhellenistischen Reminiszenzen zeigen sich auch in Form der abgebildeten Alexanderaltäre in Zentralasien und am Hyphasis.
6. Die Form Indiens und Afrikas entsprechen derjenigen, die wir auch bei Eratosthenes finden.
Bereits diese Anhaltspunkte mögen für die Feststellung genügen, dass die Tabula als chorographische Karte auf dem Informationsstand des dritten vorchristlichen Jahrhunderts basiert und erst im Rezeptionsprozess mit diversen, vor allem römischen Binneninformationen angereichert wurde.
 
Römischer Routenplaner - eine antike römische Weltkarte nach Tabula Peutingeriana, rekonstruiert mit Internet-Technologie, in der fast 2000 der 2760 dort genannten Orte mit einer Position versehen werden konnten.

Da werden die groben Fehler der Tabula Peutingeriana getreulich abgebildet.

Um von Bregenz nach Kempten zu kommen, muss man den Umweg über Augsburg nehmen!
Hier noch mit dem Schlenker über den Rhein:
Omnes Viae: Römischer Routenplaner - Tabula Peutingeriana und Itinerarium Antonini

Fast noch schöner: Auch wenn man von Epfach nach Epfach will, muss man über Augsburg und Kempten reisen:
Omnes Viae: Römischer Routenplaner - Tabula Peutingeriana und Itinerarium Antonini

Und von Chur nach Chur geht es den Bodensee entlang:
Omnes Viae: Römischer Routenplaner - Tabula Peutingeriana und Itinerarium Antonini
 
Da werden die groben Fehler der Tabula Peutingeriana getreulich abgebildet.
Klar, es gibt da Fehler - vor allem, wenn man die Software mit Anfragen wie "von Epfach nach Epfach" offensichtlich überfordert. Aber für etwas längeren Strecken ist das schon zu gebrauchen, und wenn da Fehler auftreten wie der mit dem Schlenker über den Rhein, muss man die Daten ja nicht übernehmen, schließlich sieht man es auf den ersten Blick, dass das ein Schmarrn ist.

Ich habe die Seite vor allem verlinkt, weil sie die Orte der Peutingeriana in unsere moderne Karte übeträgt. Klar auch das ist nicht vollkommen gelungen, aber wenigstens ein Anfang - oder gibt es irgendwo im Netz bessere Darstellungen?
 
Klar, es gibt da Fehler - vor allem, wenn man die Software mit Anfragen wie "von Epfach nach Epfach" offensichtlich überfordert.
Du hast das Problem anscheinend nicht ganz verstanden, es ist überhaupt kein Problem der Software.
Eine Anfrage "von Bregenz nach Bregenz" überfordert die Software ja auch keineswegs:
Omnes Viae: Römischer Routenplaner - Tabula Peutingeriana und Itinerarium Antonini

Das Problem liegt in der Tabula Peutingeriana. Da geht der Weg tatsächlich über Augsburg und Kempten:
upload_2021-2-21_22-25-46.png



Ich habe die Seite vor allem verlinkt, weil sie die Orte der Peutingeriana in unsere moderne Karte übeträgt.
Und ich finde das gut, weil man sich da gut einige Probleme der Tabula Peutingeriana anzeigen lassen kann.
 
Zurück
Oben