Verluste
Deutschland: Tote (militärisch) 2.037.000 Tote (zivile) 700.000
Frankreich: 1.327.000 600.000
Großbritannien 750.000 600.000
Enzyklopädie Erster Weltkrieg, S.665
Die Aussage hast du falsch verstanden. Ich wollte nicht behaupten Frankreich und GB hättem im ersten Weltkrieg mehr Tote zu beklagen gehabt, als Deutschland, sondern im Besonderen Frankreich hatte im 1. Weltkrieg mehr Tote zu beklagen, als im 2. Weltkrieg, GB bin ich mir nicht sicher, könnte aber ebenfalls der Fall sein.
Der Grund, warum der 2. Weltkrieg, abseits der Vernichtungspolitik in der deutschen Erinnerungskultur eine so große Rolle spielt und den 1. weltkrieg überlagert liegt doch an der horrenden Zahl an menschlichen Verlusten, bei den Vertriebenen und ihren Nachkommen am Verlust der alten Heimat und bei einem Großteil der Stadtbewohner an der Erfahrung des Bombenkrieges und deren sichtbarer Zeugnisse.
Für Frankreich und Belgien ist der 2. Weltkrieg, auch wenn dass jetzt vielleicht salopper klingt, als mir das lieb ist, doch ein wesentlich intensiveres Erlebnis als der 1. Weltkrieg, einfach weil 1940 die Niederlage schnell kam und bis auf die Bombardements vor der alliierten Landung und den schweren Kämpfen in der Normandie viellleicht noch der Ardennenoffensive, mindestens die aktiven Kampfhandlungen auf eigenem Gebiet eher von kurzer Dauer waren, während die militärische Auseinandersetzung und Zerstörung im 1. Weltkrieg 4 Jahre non-stop läuft und vergleichen zu den kurzen Kampfphasen im 2. Weltkrieg wesentlich mehr Opfer, jedenfalls unter den Soldaten (die Zivilbevölkerung wäre ein anderes Thema) zur Folge hatten.
Unter den Umständen ist schon erklärbar, warum die französische und die belgische Erinnerungskultur eine vollkommen andere ist als die deutsche und warum dem 1. Weltkrieg da ein ganz anderer Stellenwert zugemessen wird.
Den Vergleich würde ich nicht für einen Indikator für Geschichtsvergessenheit in Deutschland halten wollen.
Es war doch deutlich, das nach der Ausrufung der Republik, es kein Zurück mehr zur Monarchie geben würde.
Nein, dass war, wie ich das sehe frühestens mit den Wahlen zur Nationalversammlung klar, denn wären die im Ergebnis anders ausgefallen und die Anhänger einer parlamentarisierten Monarchie hätten da eine Mehrheit zusammenbringen können, wäre das möglicherweise keine Republik geworden.
Klar war dass es mit KWII, möglicherweise dem ganzen Hohenzollern-Clan nicht mehr weiter ging und dass es nicht mehr nach den Spielregeln der Bismarck-Verfassung gehen würde.
Alles andere hing aber am 9. November noch in der Schwebe.
Ich blende die deutsche Verantwortung ganz gewiss nicht aus; aber auch nicht die der anderen Akteure der Julikrise 1914. Die Schuld oder Verantwortung verteilt sich meiner Meinung nach gleichermaßen auf die Schulten der beteiligten Mächte.
Ich wollte dir (oder sonst wem in diesem Forum) auch nicht vorwerfen etwas ausblenden zu wollen.
Mir geht es vor allem darum dass mir in einigen Darstellungen vor allem der Erinnerungskultur (nicht mal so sehr die Fachliteratur) zu wenig Tiefe drinn ist, weil es auf die diplomatische Konstellation und die Handlungszwänge abstellt, sich aber wenig mit den inneren Problemen beschäftigt, die zu diesen Handlungszwängen führten.
Deswegen wird mir diese Diskussion zu sehr um diplomatische Verantwortung im Juli '14, und zu wenig um strukturelle Probleme geführt, da war man, glaube ich schonmal weiter, auch wenn ich die damalige Schlussfolgerungen (Ablenkungskrieg, wegen innerer Probleme etc.) so nicht unterschreiben würde.
Aber der Ansatz sich die Interna anzusehen war mMn richtig und kommt in vielen Darstellungen viel zu kurz oder werden zu lapidar mit dem häufig als Totschlagargument gehandhabtem Pauschalurteil über den Modernisierungsrückstand und den Obrigkeitsstaat abgebügelt.