Nein, Griechenland ist nicht Dänemark.Das ist das selbe Prinzip, wie es beispielsweise auch heutzutage in Dänemark usus ist. Die Ernennung und Entlassung durch den König ist eine pro forma Sache. Der deutschfreundliche Konstantin hingegen wollte sich wilhelminische Vollmachten anmaßen und ein persönliches Regiment führen.
Wie gesagt, hatte sich seit 1874 in Griechenland der Grundsatz durchgesetzt, dass die stärkste im Parlament vertretene Partei als erstes mit dem Auftrag der Bildung einer Regierung betraut werden musste.
Daraus versuchst, du zu machen, dass der König Venizelos als de facto Chef und Kandidat der stärksten politischen Partei im Parlament zum Ministerpräsidenten hätte ernennen müssen.
Nein, musste er nicht.
Er musste gemäß dem Kompromiss von 1874 die stärkste politische Partei im Parlament an der Regierung beteiligen. Das heißt aber nicht, dass ihm nicht durchaus ein Veto gegen die Ernennung bestimmter Personen aus den Reihen dieser Partei zum Ministerpräsidenten oder anderen Minister zugstanden hätte.
So weit ich das habe nachvollziehen können, regelte dieser Kompromiss zwar die Beteiligung der stärksten politischen Partei an der Regierung (sofern diese imstande war eine Regierungsmehrheit oder mehrheitsfähige Koaltion zu stellen) und schränkte das Recht des Königs die Regierung zu ernennen, insofern ein, als dass die stärkste parlamentarische Kraft einen gewissen Anspruch hatte daran beteiligt zu werden (ohne dass das einzelnen Persönlichkeiten einen Anspruch zugstanden hätte einer solchen Regierung anzugehören), aber nicht das Recht die Regierung auch wieder zu entlassen.
Zu der Frage, ob Venizelos möglicherweise bereits Verfassungsbruch begangen haben könnte, als er offensichtlich ohne Konstantins Einverständnis versuchte die Mobilisierung der Armee durch's Parlament zu peitschen, hast du dich bezeichnenderweise überhaupt noch nicht geäußert.
Denn sollte der Schritt die Mobilmachung der Streitkräfte im Alleingang zu beschließen über die verfassungsmäßigen Kompetenzen des Parlaments hinausgegangen sein wäre die Absetzung und nicht erneute Ernennung von Venizelos eben keine "Anmaßung wilhelminischer Vollmachten" gewesen sondern lediglich die Absetzung eines ehrgeizigen Politikers, der versuchte die Verfassung auszuhebeln und die Weigerung der Ernennung eines Politikers zum Chef der Regierung, der bewiesen hatte, die Verfassung nicht zu achten und sich dadurch dann natürlich für jedes höhere politische Amt disqualifiziert hätte.
Was meinst du, was heute in Dänemark los wäre, wenn der Chef der Regierung die Mobilmachung der dänischen Armee betreiben würde, mit der Absicht Thrakien, diverse Ägäische Inseln und die Ostküste der Türkei zu erobern?Was meinst du, was heute in Dänemark los wäre, wenn der König mal eben die gewählte Regierung absetzt, obwohl er verfassungsgemäss das Recht dazu hat, weil sie eine Position vertritt, die ihm nicht gefällt?
Oder um es den dänischen Verhältnissen anzugleichen Schonen, Gotland und Norwegen?
Würde man "Vorbereitung eines Angriffskrieges" und "Verschwörung gegen den Frieden" nennen (gab da mal so ein paar Präzedenzfälle in Nürnberg, ich weiß nicht, ob du schonmal davon gehört hast).
Gäbe wegen Bestrebungen zum Bruch jeglicher Form internationalen Rechts jedem das Recht, den Typen kurzerhand abzusetzen, auch dem dänischen König, dem dänischen Volk sowiso.
Davon ab, dachte ich eigentlich, dass wir uns über Griechenland unterhalten, nicht über Dänemark.
Kann ich nur zurückgeben.Beschäftige dich einfach mal eingehender mit den Prinzipien von geschriebener Verfassung und Verfassungsrealität.
Wenn versucht wird Verfassungsbruch zur Verfassungsrealität zu verklären sind offenbar ein paar Dinge nicht verstanden worden.
Zuletzt bearbeitet: