Der Nationalismus spielte sicherlich nicht die erste Geige in den Bündel an Ursachen, welches verantwortlich für den Ausbruch bzw. Entstehung des Weltkrieges zeichnet.
Beim Ausruch sicher nicht, aber ich denke über die ferneren Ursachen müsste man sich hier unterhalten, weil ich durchaus der Meinung bin, dass Nationalismus im Rahmen der hochproblematischen Blockbildung, im Besonderen auf der Seite der Zentralmächte eine Rolle spielte.
Anders gesagt, ich bin mal wieder bei meinem Lieblingsthema der Unsinnigkeit des deutsch-österreichisch-ungarischen Bündnisses angekommen.
Du kennst ja meine Position, nach der ich davon ausgehe, dass spätestens ab den späten 1880er-1890er Jahren dieses Bündnis sicherheitspolitisch eigentlich keinen besonderen Wert mehr hatte, da Deutschland innerlich mittlerweile gefestigt war und Frankreich bereits deutlich in Sachen Bevölkerungszahl und Industrieleistung abzuhängen begann, so das letzteres auf sich allein gesstellt im Hinblick auf die Möglichkeit eines Revanchekriegs zunehmend mehr ins Hintertreffen geriet, während es zwischen Deutschland und Russland keine tiefergehenden Probleme gab, als gelegentliche Dispute über Getreidezölle, zumal so lange die russisch-französische Allianz noch nicht existierte.
Militärisch brauchte Deutschland ab dem Ende der Bismarckzeit dieses Bündnis eigentlich nicht mehr aus sicherheitspolitischen Gründen. Die Allianz mit Italien wäre vollkommen hinreichend gewesen um Frankreich in Schach zu halten, Russland hatte keine wirklich konkreten gegen Deutschland gerichteten Interessen und hätte ohne das deutsch-österreichisch-ungarische Bündnis, das Wiens Balkanpolitik gegen russische Interessen absicherte, eigentlich keinen Grund gehabt sich durch eine Allianz mit Frankreich auf eigene Kosten zum Erfüllungsgehilfen französischer Sicherheits- und Revanchepolitik zu machen.
Warum setzte man das Bündnis mit Wien trotzdem fort?
Ich denke neben übertriebenem Sicherheitsbedürfnis liegt ein Grund dafür auch in der Popularität dieses Bündnisses und diese wiederrum dürfte sehr stark mit der Vorstellung korrepsondiert haben, dass Österreich-Ungarn auch irgendwo eine deutsche Macht und das Bündnis daher eine Frage nationaler Solidarität sei.
Ich möchte mich hier mal provokant zu der Behauptung versteigen, dass manch einer in diesem Bündnis möglicherweise die Erfüllung der v. Gagern'schen Konzeption des "engeren und weiteren Bundes" oder etwas ähnliches gesehen haben mag.
Ich würde mal behaupten, dass man sich von diesem Partner nicht verabschiedete, obwohl das sicherheitspolitisch sehr vernünftig gewesen wäre, insbesondere so lange es die franko-russische Allianz noch nicht gab, hat einiges damit zu tun, dass einigen dieses Bündniss aus einer nationalistischen Einstellung heraus heilig war und man es als Wert für sich betrachtete, neben der Popularität, die diese Allianz in der Bevölkerung aus genau diesem Grund genoss.
Insofern würde ich meinen, Nationalismus als Bestandteil des unmittelbaren Anlasses ist zu vernachlässligen, im Hinblich auf die ferneren Ursachen müsste man sich allerdings unterhalten.
Ich muss jetzt leider für heute schluss machen, weil mir sonst ein paar Dinge um die Ohren fliegen, aber ich denke auch dieses Thema lohnt eine Diskussion.