Die Fürsten lebten im Luxus, die Bauern mussten darben!

Um zum Thema zurück zu kehren:

Kennt jemand einen Staat, der sich mehr als die Markgrafschaft Bayreuth mit der Hofhaltung und dem Bauwesen finanziell verausgabt haben muss? Ich meine allein die Zahl der Großbauprojekte in dem Raum um Bayreuth herrum, die innerhalb von etwas mehr als einem halben Jahrhundert hochgezogen wurden ist doch immens!

- Sankt-Georgen mit Ordensschloss und Ordenskirche und künstlich angelegtem See mit künstlichem Hafen, auf dem Seeschlachten mit eigens angesiedelten holländischen Matrosen auf Segelschiffen ausgefochten wurden, liegen am Rande der Stadt. (Ein Modell eines ähnlichen Schiffes befindet sich im Museum in der Altstadt von Bayreuth)
Angelegt unter Georg Wilhelm (1712-1726 Markgraf)
Der ganze Ortsteil wurde planmäßig im 18.Jh. errichtet, wozu verschiedene Großbauten gehörten. In dem Ort lebte zeitweise auch im sogenannten Prinzessinnenhaus die Tochter des Markgrafen Friedrich III..

- Schlösser Kaiserhammer, Thiergarten, Neustädtlein wurden unter Georg Wilhelm angelegt.

- Die Eremitage wurde unter Georg Wilhelm begonnen und unter der Markgräfin Wilhelmine und Markgraf Friedrich III. (1735-1763 Markgraf) federführend ausgebaut. Allein in der Eremitage gibt es eine ganze Reihe von Schlossbauten - Altes und Neues Schloss. Daneben wären noch das Gebäude Monplaisir und die Eremitage des Markgrafen und der Markgräfin mit Wasserspielen usw. nennenswert. Die teilweise kleineren Parkbauten sind nicht alle erhalten, so zum Beispiel nicht die Eremitage der Markgräfin, die aber im Zuge archäologischer Forschungen räumlich wieder entdeckt wurde.

In Bayreuth selbst haben wir eine Reihe von Großbauten.

- Das Alte Schloss, eine beachtlich große Anlage im Herzen der Stadt, existierte schon zum Beginn der Herrschaft von Friedrich III.. Durch ein Feuer wurde dieses Gebäude, das Wilhelmine für die Zeit ihres Lebens als Prinzessin in Bayreuth, also noch zu Lebzeiten Georg Friedrich Karls (Markgraf 1726-1735), als ziemlich schäbig beschrieb, im Jahre 1753 weitesgehend zerstört.

- Durch das Feuer der ehemaligen Residenz wurde der Bau eines neuen, großen Schlosses angetrieben - Das Neue Schloss genannt. Dieses wurde bis etwa 1758 errichtet.

- Neben den Schlossbauten finden sich noch allerhand Kirchenbauten von bedeutendem architektonischen Wert innerhalb des Stadtzentrums. Nennenswert neben der Schlosskirche beim Alten Schloss wäre die Spitalkirche, die auch 1750 unter Friedrich III. fertiggestellt wurde.

- Von repräsentativen Charakter ist die Innenstadt als solches. Nicht zuletzt die Friedrichstraße und der Marktplatz mit teils älterer, teils neuerer Bebauung, wobei einige Verzierungen und Fassaden auch der Zeit des 18.Jh. auffällig sind. Hier lebten schon traditionell die Adeligen der Markgrafschaft, die bei Hofe Dienst taten und die räumliche Nähe zum Markgrafen brauchten.

- Ein Glanzstück der Stadt Bayreuth ist das Markgräfliche Opernhaus von 1748.

- Etwas abseits von Bayreuth liegt Sanspareil, der Felsengarten mit schönen Parkbauten, der ebenfalls unter der Herrschaft von Friedrich III. sein heutiges Aussehen erlangte.

- In Erlangen wurde unter Friedrich III. die Universität eingerichtet, die aber auf den Vorgänger einer Ritterakademie zurückblicken konnte und in deren Räumlichkeiten 1743 eingerichtet wurde.


"Allein" diese Beispiele, die sicherlich nicht vollständig die Bautätigkeit dieser Markgrafen veranschaulichen können, geben schon einen Einblick in den Aufwand, der von ihnen für solche Projekte betrieben worden sein muss. Zu den meisten Schlössern muss man noch die entsprechenden Parks und dazugehörigen Wirtschaftsgebäude wie Marställe, Orangerie, Wachhäuschen usw. hinzu rechnen...

Eine Anlage habe ich noch vergessen.

Fantaisie wurde in den 1760ern für die Tochter der Markgräfin Wilhelmine errichtet. Die Herzogin Elisabeth Frederike Sophie von Württemberg hatte sich schon früh mit ihrem Gemahl überworfen, durfte aber in Bayreuth wohnen. Fantaisie ist ein Schloss mit Park unweit Bayreuth.
 
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Neue Fakten(?) oder Ansichten

Ich habe eher zufällig noch ein paar Hinweise zu dem Thema Verschwendung für Hofhaltung etc. gefunden.

Bei Moser fand ich etwas über den damaligen Umgang mit den Verfehlungen der Hochadeligen, hier allerdings ausschließlich der regierenden Fürsten in Deutschland.

"Ja, gewiß, wir geben ihnen den Vortheil in die Hand, der ihnen zu einem starken Antrieb tugendhafter und löblicher Handlungen dienen könnte. Wir, Unterthanen, sind nur allzugeneigt, das Beste von ihnen zu glauben, wir bedecken und entschuldigen gerne ihre Fehler, wir achten und schätzen ihre guten Eigenschaften gerne aufs höchste, wie leicht ist es ihnen, für tugendhaft, gerecht, großmüthig und menschenliebend gepriesen zu werden; ein Herr darf nur nicht offenbar, ruchlos, lasterhaft, grausam, geizig und mürrisch seyn, so hat er sein Lob weg; er muß es sehr arg treiben, bis sein Nahme stinkend wird vor seinem Volke. Uebernehmen ihn menschliche Schwachheiten, geht es bis zur Ausschweifung, wozu ihnen die Schranken so leicht geöffnet sind, kaum darf er Spuren der Reue blicken lassen, so ist schon wieder alles gut, vergeben und vergessen; um ein gutes herzliches Wörtgen giebt ihm der Unterthan den Sparpfennig her, welchen er seiner Witwe und Kindern zu hinterlegen vorgenommen hatte, ein freundlicher Blick, ein gnädiges Achselklopfen belebet den alten Vater, der sich in dem Joche der Geschäfte grau gedienet hat.
..."
*

Demnach verziehen die Untertanen viel und gern - zumindest in Deutschland. Auffielen eher die Ausnahmen, die Verschwender und wenig tugendhaften, die ihre Mätressen hatten und weder gut regierten noch das Geld zusammenhielten. Manchmal kann auch nur einer der Aspekte gezogen sein. Jedenfalls fällt auf, dass Beinamen wie "Der wilde Markgraf" (Karl Wilhelm Friedrich von Brandenburg-Ansbach) eher die Zügellosigkeit der damit beehrten hervorhoben und eher Ausnahmeerscheinungen zugedacht wurden. Der zwar auch gern prunkende Friedrich I. bspw. wurde eher liebevoll, wie mir scheint, schlicht "der schiefe Fritz" genannt.
Und in der Tat den Eindruck von Moser habe auch ich.

Auf der anderen Seite war es auch wirklich so, dass wohl nur der kleinere Teil der Höfe in Deutschland jene aufwendige Hofhaltung betrieben, welche hier simplicissimus im Eingangsbeitrag scheinbar tadeln wollte. Dass die Einkünfte der Staaten zu einer opulenten Hofhaltung oder auch nur zu einem halbwegs nennenswerten Hofstaat hinreichten war eher die Ausnahme.** Der große Aufwand war den aufstrebenden Höfen/Staaten vorbehalten, welche wirklich oder zumindest scheinbar Macht und Einfluss an der Wende vom 17. zum 18. Jh. auszubauen vermochten.*** Für Letzteres ist sicherlich der kursächsische Hof an der Jahrhundertwende zu nennen, welcher enorme Ausgaben für den Erwerb der polnischen Krone und die Verherrlichung und Repräsentation dieses "Gewinns" aufzubringen hatte.****

"... Und für die weit überwiegende Zahl der Höfe - die sich allein im Reich insgesamt auf über 300 belief - gilt, daß sie mangels materieller Ressourcen, kultureller Kompetenzen und politischer Aspiration kaum an die höfische Wirklichkeitsmodellierung und Symbolproduktion beteiligt waren. ..."
*****

Prof. Dr. Ute Daniel gelingt es zu widerlegen, dass alle Höfe überhaupt danach strebten dem Hofe des Sonnenkönigs nachzustreben. Die an sich hervorragende Leistung von Norbert Elias auf dem Gebiet wirke sich durch die in Folge eingetretene Reduzierung der Wirkung des Hofes des Sonnenkönigs eher kontraproduktiv aus.
Vielmehr habe der Adel in Deutschland durchaus ein Gespür dafür gehabt, was möglich war. So empfahl der Graf von Aldenburg 1732 seinem Schwiegersohn in spe:
"Ne péter plus haut que le qul!"
******

In seinem "Der Herr und der Diener" führt Moser 3 interessante Punkte aus:
1. Gerade in Deutschland sei die Gelegenheit für einen Fürsten besonders groß aufgrund der Verfassung des Landes gut zu regieren.*******
2. Im Grunde sind die nachgeborenen Prinzen weniger ein Problem als die Prinzen, welche in ihrem Leben bisweilen soviel verzehrten wie eine Mätresse des Landesfürsten in einem Jahr. ********
3. Es sei ein Nachteil, dass die nachgeborenen Prinzen in aller Regel an der Regierung nicht beteiligt würden (er führt aber auch Ausnahmen seiner Zeit auf). Diese Entwicklung beruhe auf der Änderung des Erbrechts(in der Tat gab es die letzten großen Zerstückelungen in Sekundogenituren in der zweiten Hälfte des 17. Jh. in Sachsen-Gotha und Kursachsen (unter den Söhnen Ernst I. bzw. Johann Georg I.)). Dass diese Prinzen wenn sie nicht mit Soldaten spielten, keine Rolle politisch einnahmen, dennoch aber versorgt werden müssten, stelle eine Verschwendung für den Staat dar. Einige, so lässt Moser durchscheinen, verbrächten die Zeit nur mit Zeitvertreib, dürften aber andererseits auch nicht Heiraten um die zu ernährende fürstliche Familie nicht noch mehr zu vemehren... *********

Literatur und Quellen:
* "Der Herr und der Diener geschildert mit Patriotischer Freyheit" - Franckfurt - verlegt von Johann August Raspe - 1759 - Friderich Carl von Moser
S. 21-22

** Marcus Ventzke (Hrsg.): "Hofkultur und aufklärerische Reformen in Thüringen - Die Bedeutung des Hofes im späten 18.Jahrhundert" Böhlau, Wien - Weimar - Köln, 2002
Hier: Prof. Dr. Ute Daniel: "Höfe und Aufklärung in Deutschland"
S. 20-21

*** ebenda S. 21

**** Siehe vor allem: Jutta Bäumel: "Auf dem Weg zum Thron - Die Krönungsreise Augusts des Starken" Hellerau-Verlag, Dresden, 1997

***** Ute Daniel: "Höfe und Aufklärung in Deutschland" (wie oben)
S. 19

****** ebenda zitiert
S. 20

******* F.C. Moser: "Der Herr und der Diener..." (1759)
S. 22-23

******** ebenda
S. 40


********* ebenda
S. 35 ff
 
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