Die Galeassen von Lepanto

Was ist denn bitte der Unterschied zwischen einer Galeere und einer Galeasse?
@Dieter , dieser Thread scheint ja völlig für die Katz gewesen zu sein, wenn nach seitenlangen Erkärungen über den Schiffstyp Galeasse und Galeere, mit Zeichnungen und Modellen beider Typen diese Frage steht. Eigentlich ist der Unterschied zwischen Galeere und Galeasse bereits im ersten Beitrag beschrieben worden.Die Galeassen von Lepanto Das macht mich etwas ratlos.:(
 
Ich hatte jetzt mal in dem Thread geblättert, aber mir ist keine rechte Antwort aufgefallen. Du schreibst ja, Galeotto, dass die Riemen der Galeassen mit 14m nochmal deutlich länger als die der Galeeren waren und Du hast ein Beispiel gebracht wie es aussah, wenn diese zerbrachen.
War es dann so, dass man als eine Art Bausatz die Riemen vorrätig mitführte, um sie auszutauschen, wenn welche bei Sturm oder im Gefecht zerstört wurden?
Das muss ja wirklich v.a. bei der Länge vorgekommen sein. Anhand der Länge gehe ich davon aus, dass sie aus mehreren Teilen zusammengesetzt waren, was den Zusammenbau an Deck auf jeden Fall auch erleichtert hätte.
 
War es dann so, dass man als eine Art Bausatz die Riemen vorrätig mitführte, um sie auszutauschen, wenn welche bei Sturm oder im Gefecht zerstört wurden?
Das muss ja wirklich v.a. bei der Länge vorgekommen sein. Anhand der Länge gehe ich davon aus, dass sie aus mehreren Teilen zusammengesetzt waren, was den Zusammenbau an Deck auf jeden Fall auch erleichtert hätte.
Der eigentliche Riemen wurde, samt Ruderblatt aus einem Stück gefertigt. Angebaut wurden die Seitenteile, welche die Verstärkung an der Dolle (Scalmo) bildeten und und als Auflage auf dem Dollbord dienten. Auch die Handgriffe und die Gegengewichte aus Blei wurden angebaut. Jedes geruderte Schiff hatte Ersatzriemen an Bord ,welche meist in dem langen Kasten (corsia), welcher den Gang durch die Bankreihen bildete gelagert wurden. Ein wichtiger Handwerker ,der zur Besatzung gehörte war der Riemenmacher( Remolaro), der auch beschädigte Ruder flicken konnte. Er war dem Zimmermann unterstellt.
 
Vielen Dank für die Aufklärung, Galeotto. Wenn die Riemen aus einem Stück gemacht waren, müssen die enorm wertvoll gewesen sein. Man braucht ja dann erstmal geeignete Stämme der Länge. Wow!
 
Vielen Dank für die Aufklärung, Galeotto. Wenn die Riemen aus einem Stück gemacht waren, müssen die enorm wertvoll gewesen sein. Man braucht ja dann erstmal geeignete Stämme der Länge. Wow!
Der Bedarf an gerade gewachsenen Bäumen war bei den Flotten des Mittelmeerraumes enorm. Galeeren hatten auch Masten aus einem Stück, im Gegenteil zu großen Segelschiffen, bei denen diese aus kleineren Teilen (Kanteln) zusammengestzt und mit Eisenreifen (Wullingen) zusammengehalten waren. Die höheren und dickeren Masten von Galeassen wurden teilweise ebenfalls aus Kanteln gebaut. Auch die langen Lateinerruten bestanden meist aus zwei bis 3 zusammengelaschten, schlanken Baumstämmen.
Man kann aber getrost behaupten, dass im Golf von Lepanto ganze Wälder aufeinandertrafen.
Zum Unterschied von Galeere und Galeasse kann ich Joseph Furttenbach aus seiner "Architectura Navalis" zitieren: " Die Galeazza ist nichts anderes, als ein gar große Galea(Galeere) ,die sonsten nit ins Gemein, sonder allein zu den Meerschlachten gebraucht wird...".
 
Einige Galeassen hatten über den Ruderern ein Grätingdeck (Holzgitter) ,was wohl auch bei einem Teil der 6 bei Lepanto eingesetzten Schiffen der Fall war . Auf diesem Ausschnitt des Schlachten-Kupferstichs von Fernando Bertelli ist eine derart große Anzahl von Söldnern auf der Galeasse in Vordergrund dargestellt, dass diese unmöglich nur auf der Corsia und den seitlichen Gängen gestanden haben können. https://evenice.it/sites/default/files/gal06a.jpg .Im Jahr 1602 schrieb Bartolomeo Crescentio in der "Nautica mediterranea": "Die Rudereinrichtung ,gemessen vom Deck aus, wird etwa 2,5 palmi hoch sein, aber wir müssen bedenken ,dass die Galeazza wie ein Galeoncino (ruderbare Galeone) gemacht ist, damit die Ruderer unter Deck rudern . Das ist sehr praktisch, denn so werden sie nicht von den Schützen und Soldaten behindert. "
Bei der Galeasse auf dem Stich von Bertelli ist auch die Eigenart zu sehen, diese Schiffe neben dem Stevenruder auch noch mit zwei Seitenrudern auszustatten. Galeeren führten stets vierflunkige Draggen als Anker, Handelsgaleeren und Galeassen dagegen Stockanker mit zwei Flunken, wie auf dem Bild zu sehen.
 
Es ist vielleicht auch ganz interessant, dass einer der letzten, der als Passagier auf einer, in Corfu stationierten Galeasse nach Venedig fuhr Giacomo Casanova war. Er schrieb in seinen Memoiren im Kapitel 15 : (Zitat)
"Gegen Ende September fuhren wir unter dem Oberbefehl des Herrn Veniero ab, fünf Galeeren, zwei Galeassen und mehrere kleine Schiffe; wir fuhren die nördliche Küste des Adriatischen Meeres entlang, die reich an Häfen ist, während die gegenüberliegende hafenarm ist. Jeden Abend liefen wir einen Hafen an; infolgedessen sah ich Frau F. allabendlich; denn sie kam mit ihrem Gatten auf unsere Galeasse, um zu speisen. Unsere Reise war sehr glücklich; am 14. Oktober 1745 gingen wir im Hafen von Venedig vor Anker, und nachdem wir auf unserer Galeasse die Quarantänezeit durchgemacht hatten, betraten wir am 25. November das Land. Zwei Monate später wurden die Galeassen aufgehoben. Der Gebrauch dieser Fahrzeuge ging bis in uralte Zeiten zurück; ihre Unterhaltung war sehr kostspielig und ihr Nutzen gleich Null. Eine Galeasse hatte den Rumpf einer Fregatte, aber Bänke wie eine Galeere; fünfhundert Sträflinge ruderten, wenn kein Wind da war.
Bevor es dem gesunden Menschenverstand gelang, die Einziehung dieser unnützen alten Kästen durchzusetzen, gab es große Debatten im Senat; als Hauptgrund führten die Gegner der Maßregel an, man müsse alles Alte achten und bewahren. An dieser Krankheit leiden die Leute, die sich niemals mit den aus Vernunft und Erfahrung hervorgegangenen allmählichen Verbesserungen vertraut machen können; diese guten Leute müßte man nach China oder zum Dalai-Lama schicken; in diese Länder gehören sie weit eher als nach Europa."
Man sieht , dass Venedig im 18. Jh. vollkommen seinen schiffsbauerischen Innovationssinn, der die Stadt über Jahrhunderte zu einer Macht im mediteranen Bereich gemacht hatte verloren hatte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Nachbauten von Galeeren gibt es noch im Galatamuseum in Genua und im Museu naval in Barcelona. Dort ist das Flaggschiff von Don Juan d'Austria, die la Real 1:1 nachgebaut.
Als Ergänzung ein paar Bilder zu der "Real".

https://de.wikipedia.org/wiki/Real_(Galeere)


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Ja, in letzter Zeit bin ich häufiger mal in Barcelona. Und der Nachbau ist sicherlich das Highlite des Museums. Aber bereits das Museum, finde ich, ist architektonisch sehenswert.
 
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