Die Kampfkraft der Kreuzritter

derLiterat schrieb:
Wenn du, ursi, mit diese Triebkraft versuchtest, andere Forum-Benutzer für deren Deutungen jedesmal die Quelle ihrer Meinung abzuverlangen, wäre wohl kaum noch jemand bereit, in irgendeine Diskussion einzusteigen.
Ich betrachte das Forum und kann schon erkennen, dass kaum jemand für seine Deutungen Quellenangaben hinterlegt.

Wer Thesen aufstellt, soll das mit Quellen belegen. Das ist nun mal so in diesem Forum und gehört nicht zu meiner Triebkraft. Sondern wir wollen hier eine gewiesse Qulität und du hast was behauptet und dann kamen Fragen nach Quellenstellen die du nicht angeben willst oder kannst. Warum auch immer du dich weigerst diese zu nennen.
 
Wenn du, ursi, mit diese Triebkraft versuchtest, andere Forum-Benutzer für deren Deutungen jedesmal die Quelle ihrer Meinung abzuverlangen, wäre wohl kaum noch jemand bereit, in irgendeine Diskussion einzusteigen.
Ich betrachte das Forum und kann schon erkennen, dass kaum jemand für seine Deutungen Quellenangaben hinterlegt.
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@ Literat: ich muss Ursi hier recht geben. Tatsächlich wird in der Regel hier diskutiert, ohne Quellenangaben nach Art einer Fußnote zu machen (doch du wirst häufig entdecken, dass Links gepostet oder zumindest Autoren grob genannt werden, so wie du es ja auch hier getan hast). Wird allerdings genauer nachgefragt, sollte man schon auch mal die Seitenangabe zur Hand haben - gerade weil die Aussage, die Ritterfrömmigkeit finde sich schon in den Texten des Tacitus (welchen überhaupt? Historien, Annalen, Agricola oder doch wahrscheinlich die Germania?), schon eine unkonventionelle ist.
Beantworte doch einfach die Fragen von El_Quijote, dann brauch man kein großes Aufheben drum zu machen.

Mir scheint jedoch, ich habe mit der Ritterfrömmigkeit ein unbeliebtes Phänomen angesprochen, daher werde ich mich dazu nur noch äußern, wenn es ausdrücklich erwünscht ist.

Das wäre die falsche Reaktion, und schon in mancher Diskussion, gerade betreffend die Kreuzzüge, ist dieses Thema angesprochen worden. Es will Dir doch niemand was böses, wenn du lediglich diese Quellenangaben machen sollst.
 
Zuletzt bearbeitet:
derLiterat schrieb:
Schon im 6. Jh. läßt sich bei den Langobarden der Kult des Erzengels Michael nachweisen
Dem Erzengel verdanken die Langobarden angeblich den Sieg über die Neapolitaner. Seitdem gilt er als Patron der Soldaten.
Weis jemand genauer was in diese Schlacht geschehen ist? Haben sie sich todesmütig in den Kampf geworfen wie die Kreuzfahrer oder haben sie Michael um den Sieg gebeten, ähnlich wie Chlodwig angeblich Gott angerufen hat bei Zülpich.

selbst im Rolandslied, dem ersten schriftlichen Zeugnis der Ritterfrömmigkeit, nimmt er eine bedeutende Stellung ein.
Das Rolandslied entstand erst zwischen 1066 und 1110, ist also keine gute Quelle für den Ursprung der "Ritterfrömmigkeit".

Dass das Gottesstreitertum der Germanen und die sich daraus ableitende Ritterfrömigkeit heidnischen Ursprungs ist, läßt sich auch aus den Berichten des Tacitus nachweisen, der von solchen Glaubensvorstellungen der Germanen sprach.
Was du mit dem Götterstreitertum der Germanen meinst, würde mich auch sehr interessieren. Es gab zwar den Kriegsgott Tyr/Ziu, aber von Massen todesmutiger frommer Krieger ist mir nichts bekannt.

Oder meinst du etwa die Kulte der Berserker bzw. Ulfhednar? Die Berserker waren zwar dem Odin geweiht, allerdings verdanken sie ihr Schlachtenraserei nicht unbedingt ihrer Frömmigkeit, sondern eher Zauberpilzen oder anderen Drogen.
 
Also nochmal konkret:
...wenn ich die Geschichte so deute, dass die Ritterfrömmigkeit während der Kreuzzüge eine eigenständige Sache war, die jedoch nicht dort ihren Ursprung hat, sondern bereits in der Karolingerzeit durch die Verehrung des Erzengels Michael einem germanischen Gottesstreitertum entstammte, was bereits, nicht so konkret aber doch in der Mystik erkennbar, von Tacitus über die Glaubensvorstellungen der Germanen berichtet wurde...

Wenn das nun meine Meinung ist. Wem soll ich nun also wofür höflichst eine Quelle liefern?

(Danke, Ashigaru, für deinen Hinweis!)
 
derLiterat schrieb:
Wenn das nun meine Meinung ist. Wem soll ich nun also wofür höflichst eine Quelle liefern?
Genau - Illiig hat auf ähnliche Art und Weise ein Vermögen verdient! (kann ja auch noch kommen wenns mit der Musik nicht so klappen sollte):cool:
 
Zu dem Sieg der Langobarden über die Neapolitaner habe ich leider keine Info, könnte aber mal in meinen dicken Büchern schmökern.

Es ist richtig, dass das Rolandslied in der konkreten Form erst im 11/12 Jahrhundert geschrieben wurde, trotzdem hat es, wie mit jedem Heldenepos, Vorläufer gegeben, sonst hätte sich gewiß in späterer Zeit kein Autor dafür gefunden. Wenn man hinsichtlich der Ritterfrömmigkeit forscht, kann man sicherlich bessere Quellen finden als das Rolandslied, da gebe ich dir völlig Recht (es war mir nur sofort zur Hand).

Mit dem Gottesstreitertum der Germanen meine ich die bereits christianisierten Völker, die ja nicht ihre gesamte mystische Vorstellung über Bord warfen, sondern vielmehr dieser mystischen Vorstellung eine neue Ausrichtung gaben - hin zum Gotteskämpfer. Die Sachsenkriege Karl des Großen waren ja darum auch Kreuzzüge, nicht nur, aber eben auch...

an Witege (Bitte nagel mich jetzt nicht auch auf jedes Wort fest, was ich sage...)

Grüße
 
Zuletzt bearbeitet:
derLiterat schrieb:
Also nochmal konkret:
...wenn ich die Geschichte so deute, dass die Ritterfrömmigkeit während der Kreuzzüge eine eigenständige Sache war, die jedoch nicht dort ihren Ursprung hat, sondern bereits in der Karolingerzeit durch die Verehrung des Erzengels Michael einem germanischen Gottesstreitertum entstammte, was bereits, nicht so konkret aber doch in der Mystik erkennbar, von Tacitus über die Glaubensvorstellungen der Germanen berichtet wurde...

Wenn das nun meine Meinung ist. Wem soll ich nun also wofür höflichst eine Quelle liefern?

(Danke, Ashigaru, für deinen Hinweis!)

Weil du dich auf Tacitus beziehst

Und dazu hätten wir gerne den oder die Quellenausschnitt(e) oder wenigstens das Werk mit Seitenangaben. Dann kann man es nachlesen und darüber diskutieren und evt. auch nachvollziehen weshalb du auf diese Meinung kommst.
 
Er meint wohl diese Aussage von Tacitus. Zitat von http://www.danewerk.de/wik39.htm

Die Berserker kann es nicht erst seit König Harald Schönhaars Zeiten gegeben haben, denn schon Tacitus erwähnt eine eigenartige Kriegerkaste, die er "Harier" nennt und die fast alle Kennzeichen der Berserker tragen, und das immerhin schon 800 Jahre vor der Schlacht im Bocksfjord: "Abgesehen von ihrer Macht durch welche sie die vorher aufgezählten Völker übertreffen, sind sie trotzige Krieger. Ihrer angeborenen Wildheit helfen sie künstlich und durch Ausnützung der besten Zeit nach. Schwarz sind ihre Schilde, bemalt ihre Körper, dunkle Nächte suchen sie zum Kämpfen aus und jagen schon durch das grauenvolle Dunkel ihres Heeres den Gegnern Schrecken ein. Hält ja doch kein Feind dem ungewohnten und gleichsam höllischen Anblick stand" (Germania 43.Kapitel). Der Name "Harier" bedeutet "Krieger" und Odin hieß bei diesen Kriegern "Herjan", der "Herr der Krieger". Keiner hatte ein Haus oder ein Feld oder irgendeine Sorge dieser Art. Je nachdem sie zu jemand kamen, wurden sie bewirtet, Fremdes verschwendeten sie, um eigene Sache waren sie unbekümmert, bis ein kraftloses Greisenalter sie untauglich machte für das harte Kriegsleben. Da sie es für eine Schande hielten, im Bett an Altersschwäche zu sterben, ließen sie sich beim Nahen des Todes von Ihresgleichen mit einem Speer "zeichnen", also erstechen.

Eine Kontinuität von den Berserkern, nehmen wir mal an es gab sie bei allen Germanen, zu den Rittern ist sehr unwahrscheinlich, auch nur in Bezug auf die Frömmigkeit.
Ritter sind nicht die Nachfahren der Berserker, sondern der Comitates (Gefolgschaft) der Könige und Fürsten, welche auf keinen Fall als Gotteskrieger galten, auch nicht nach ihrer Christianisierung.
 
Zuletzt bearbeitet:
Intermezzo zur Fachliteratur "Geschichte der Kreuzzüge"

Hallo miteinander,

ich habe bereits in verschiedenen Diskussionen hier festgestellt, daß wir uns mitunter vermittels verschiedener Standardwerke zur Kreuzzugsgeschichte geradezu "bombardieren".

Eigentlich wäre es auch ein eigenes Thema, aber da es gerade wieder ziemlich aktuell ist, schreibe ich es hier...

Zunächst gilt Sir Steven Runcimans "Geschichte der Kreuzzüge" als das Standardwerk zur Kreuzzugsgeschichte schlechthin, weil es außerordentlich detailliert ist und damit nach wie vor als das am meisten umfassende Werk, welches aus den Quellen schöpft. Das Buch hat ein sehr hohes Niveau und gilt zu Recht noch imme als eine der besten wissenschaftlichen Abhandlungen zum Thema.
Allerdings sollten wir bei aller Wertschätzung für Sir Steven Runciman nicht außer Acht lassen, daß seine Arbeit aus den 50er Jahren ist und das Buch etwa 1960 zum ersten Mal erschienen ist. So ist bspw. sein Schlußkapitel, welches zeitgemäß dazu neigt, im Ton moralischer Entrüstung zu schließen und den Kreuzfahrern hauptsächlich Einfältigkeit gegenüber ihrem Tun zu unterstellen, mittlerweile von der neueren Kreuzzugsforschung relativiert worden.

Das hier ebenfalls genannte Adolf Waas "Geschichte der Kreuzzüge" bringt - vollkommen berechtigt - die Motivation durch tiefe Frömmigkeit der Kreuzfahrer zur Sprache. Vor diesem Hintergrund ist sein Werk natürlich ebenfalls hoch einzuschätzen.
Aber auch Adolf Waas hat an diesem Buch etwa zur Zeit des Sir Steven Runciman gearbeitet - erschienen ist es erstmals auch etwa um 1960. Insofern sollte bspw. die Festlegung der tiefen Frömmigkeit auf das Rittertum allein auch nicht unreflektiert übernommen werden, zumal die neuere Kreuzzugsforschung inzwischen eindeutig aufgezeigt hat, daß diese tiefe Frömmigkeit quer durch alle Schichten ging und zur sog. Kreuzzugsbegeisterung führten.

Veräußert findet sich dieser neue Forschungsstand in dem von mir aus diesem Grund immer wieder gern angeführten Jonathan Riley-Smith "Illustrierte Geschichte der Kreuzzüge"...

Jonathan Riley-Smith schrieb:
.. während intellektuelle Entwicklungen vielleicht zu einem besseren Verständnis der Kreuzfahrer führen mochten, besagten die meisten Erklärungen, warum so viele Männer und Frauen sich an der Kreuzzugsbewegung beteiligt hatten, doch immer noch, daß es ihnen an Einsicht und Bildung gefehlt habe oder daß sie materiellen Gewinn erstrebt hätten. Gerade letztgenannte Erklärung fand mächtigen Rückhalt in der klugen, aber dennoch unzureichend belegten Hypothese, daß die Kreuzzüge das Resultat von familiären Strategien zur Sicherung des ökonomischen Überlebens gewesen seien...
In der Tat fiel es schwer, ernst zu nehmenden Männern und Frauen eine derartig abstoßende Ideologie wie die der Kreuzzüge zuzusprechen; da war es leichter zu glauben, sie seien zu einfältig gewesen, um ihr Tun zu verstehen, oder ihnen zu unterstellen, der Wunsch nach Land oder Beute habe sie getrieben, was auch immer sie selbst erklärt haben mochten. Freilich hätte sich die letztgenannte Erklärung nur schwer erhärten lassen, da allgemein bekannt war, welche Kosten die mittelalterliche Kriegsführung verursachte, und zudem bereits eine Vielzahl von Quellen gedruckt vorlag - auch wenn diese nicht unbedingt rezipiert worden waren -, die eindrucksvoll verdeutlichten, welche finanziellen Opfer die Männer und ihre Familien bringen mußten, um an einem Kreuzzug teilzunehmen.
Mit anderen Worten: die Historiker waren blind gegenüber den Fakten und dem Beweismaterial, weil sie vor ideologisch motivierter Gewalt einen Abscheu hatten und sich nicht vorstellen konnten, daß sie wirklich einen überzeugenden Anreiz darstellen konnte. Wie alle anderen hatten sie vergessen, wie intellektuell respektabel die christliche Theorie der gerechten Gewalt war...
... Die Historiker, deren Forschungsgebiet die Kreuzzüge waren, entdeckten plötzlich, daß es ernst zu nehmende und fromme Zeitgenossen gab (bezieht sich auf den militanten Flügel der Befreiungstheologie ab den 60er Jahren bzw. die Auseinandersetzung mit diesem - Anm. von mir), die ideologische Positionen vertraten, die jenen der mittelalterlichen Apologeten, die sie untersuchten, sehr nahe kamen. Mit dieser Entdeckung wurde die fundamentale Schwäche der Argumente zu Gunsten der materialistischen Motivation der Kreuzzüge und die Dürftigkeit der Beweise, auf die sich diese Hypothese gestützt hatte, offenkundig. Die abenteuerlustigen jüngeren Söhne mußten schließlich die Bühne verlassen; nur wenige Historiker glauben heute noch, daß sie eine Rolle gespielt haben.



Zur aktuellen Diskussion noch:
Wie bereits geschrieben, entstand das Rolandslied in der 2. Hälfte des 11. Jh. bzw. an der Wende 11./12. Jh., mW zwischen 1075 und 1110. Und wie in vielen hochmittelalterlichen Liedern äußert sich der gerade herrschende Zeitgeist - und das ist für diese zeit eben jene weit verbreitete Frömmigkeit im Zuge des Reformpapsttums.
Das Rolandslied jedoch mit den Kreuzzügen in Verbindung zu bringen, ist nicht so naheliegend, denn viel deutlicher ergibt sich eine Parallele zur ebenfalls zeitgleichen Reconquista.
Ich halte es für sehr wahrscheinlich, daß es frühere Versionen dieses Liedes auch gegeben hat, gebe dabei aber zu bedenken, daß sich Liedtexte von Version zu Version mehr oder weniger stark wandelten. Schließlich ist die deutsche Version von Konrad dem Pfaffen (um 1170) gegenüber dem französischen Epos mW bereits verändert...

In diesem Sinne

Timo
 
DerLiterat schrieb:
Wenn eine Diskussion nicht dahin führt, dass man sich selbst mit der Sache befaßt, war sie auch irgendwo sinnlos...

Ebenso wird eine Diskussion sinnlos, wenn ein Teilnehmer in seinen Beiträgen die Fragen anderer Diskussionsteilnehmer geflissentlich ignoriert. Darum hake ich noch einmal nach:

hyokkose schrieb:
Ich meinte das mit den Ahnenheeren. Steht das so drin?

timotheus schrieb:
Vielleicht hast Du Hyokkose mißverstanden; aber ihm ging es um die Sache mit den Ahnenheeren - was mich übrigens ebenso interessieren würde...

hyokkose schrieb:
Das hat nun mit meiner Frage nach den Ahnenheeren gar nichts zu tun, wirft aber die neue Frage auf, wie Du auf diese These kommst und was Du unter "Erscheinungsbild" verstehst. Die Flügel? Das Flammenschwert? Die Formation als himmlisches Heer?


Da ich mich morgen gern auf der Suche nach den Bänden von Adolf Waas in die Bibliothek begeben möchte, bitte ich um Band- und Seitenangabe zu den Stellen, wo

a) Waas die kämpfenden Ahnenheere erwähnt

b) der "grundsätzlich heidnische Ursprung" des Engel-Erscheinungsbildes im christlichen Glauben erwähnt wird.
 
...ich bemühe mich um die Quellen, hier nun die ersten:

Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.44): "Das Rolandlied kann uns also zeigen, daß seit der Karolingerzeit ein Adel heranwächst, den wir noch nicht als Ritterschaft bezeichnen können, der aber auf dem Wege ist, beides, Ritterkultur und Gottesstreiterglaube, in ihrer vollen Form zu erreichen, als dessen klare Weiterbildung und konsequente Ausgestaltung die Kreuzfahrerfrömmigkeit zu verstehen ist."
-Seine Quelle ist: E. Lavisse, Histoire de la France II, 2, S.391 ff. (1901)-

Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.48): "Und ebenso wissen wir, daß entscheidende Schlachten des Reiches unter Führung des Erzengels Michael geschlagen wurden. Denn das Voraustragen der Reichsfahne mit dem Bild des Erzengels galt als unmittelbare Führung Michaels."
-Seine Quelle ist: Andreas de Fleury, Miracles de St-Benoit IV, 10 S187 ff.-
 
Die Tacitus-Quelle:

Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.50): "Auf eine heidnische Wurzel des Gottesstreiterglaubens weist auch die Tasache hin, daß bei den heidnischen Germanen ähnliche Glaubensvorstellungen dem Bericht des Tacitus nach bestanden haben - daß nämlich Gott den Kämpfenden gegenwärtig beistehe. Bilder und Feldzeichen holten sie aus ihren heiligen Hainen, um sie mit in die Schlacht zu führen-"
Seine Quelle: Tacitus, Germania cap. 7
 
Waas bezieht sich wohl auf folgende Stelle in der "Germania":

Übrigens ist es nur den Priestern erlaubt, jemanden hinzurichten, zu fesseln oder auch nur zu schlagen, und sie handeln nicht, um zu strafen oder auf Befehl des Heerführers, sondern gewissermaßen auf Geheiß der Gottheit, die, wie man glaubt, den Kämpfenden zur Seite steht. Deshalb nehmen die Germanen auch gewisse Bilder und Zeichen, die sie aus den heiligen Hainen holen, mit in die Schlacht.

Problematisch finde ich es dennoch, eine direkte Linie zu den fast genau 1000 Jahre später kämpfenden Kreuzritterheeren zu ziehen. Dass die Götter in der Schlacht mitkämpften, ist nun eine typische antike Vorstellung, die gerade den Griechen (siehe trojanischer Krieg), aber auch den Römern nicht fremd war. Besonders die Schlachtberichte der frühen republikanischen Zeit, noch bis ins 3. Jhdt. v. Chr., sind mit mythischen Einschüben vermengt. Am ehesten lässt sich die Verbindung wohl noch über die "Zeichen" schließen - insbesondere denke ich da an die Legende, dass Konstantin der Große die Schilde seiner Soldaten vor der Schlacht an der Milvischen Brücke mit dem Kreuzzeichen versehen ließ. Richtig ist allerdings auch, dass die Vorstellung, mit der Hilfe Gottes zu kämpfen, auch bei mittelalterlichen Geschichtsschreibern häufiger auftaucht.

Allerdings scheint mir aus dem Germania-Text doch auch hervorzugehen, dass die hauptsächliche Motivation der Krieger einer anderen Ursache entspring (die praktisch im nächsten Satz genannt wird):

Besonders spornt sie zur Tapferkeit an, daß nicht Zufall und willkürliche Zusammenrottung, sondern Sippen und Geschlechter die Reiterhaufen oder die Schlachtkeile bilden. Und ganz in der Nähe haben sie ihre Lieben; von dorther können sie das Schreien der Frauen, von dorther das Wimmern der Kinder vernehmen. Ihr Zeugnis ist jedem das heiligste, ihr Lob das höchste: zur Mutter, zur Gattin kommen sie mit ihren Wunden, und jene zählen oder prüfen ohne Scheu die Stiche; auch bringen sie den Kämpfenden Speise und Zuspruch.

P.S.: allerdings ist auch bei Tacitus nicht von "Ahnenheeren" die Rede.
 
Ritterfrömmigkeit als Kampfkraft -die himmlischen Heerscharen-

Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.17): "In einzelnen Fällen ist aber auch nachweisbar, daß die mit neuer Vehemenz angegriffenen Muslime selbst die den Kreuzfahrern helfenden Heere der weißen Ritter auf weißen Pferden zu sehen glaubten und unter diesem Eindruck sich zur Flucht wandten. Ein Admiral Saladins berichtet davon."
Seine Quelle: Historia des expeditione, S. 82 - Auch die Annales Colonienses, S. 830, melden ähnliches. - ebenso Caesarius von Heisterbach VIII, 66, S. 137
 
derLiterat schrieb:
Ritterfrömmigkeit als Kampfkraft -die himmlischen Heerscharen-
In einzelnen Fällen ist aber auch nachweisbar, daß die mit neuer Vehemenz angegriffenen Muslime selbst die den Kreuzfahrern helfenden Heere der weißen Ritter auf weißen Pferden zu sehen glaubten und unter diesem Eindruck sich zur Flucht wandten. Ein Admiral Saladins berichtet davon."
Caesarius von Heisterbach VIII, 66, S. 137

Ist zugegeben nicht wissenschaftlich,

da ging durch die Reihen ein Schrei des Staunens; vom Hügel, der den Turm von Hohenfridingen trägt, kamen zwei Reiter gesprengt, fremd an Gestalt und Rüstung. Schwerfällig und mächtigen Umfanges saß der eine zu Roß, von veralteter Form war Schild und Harnisch, doch verblichene Vergüldung zeigte den vornehmen Kriegsmann. Ein goldner Reif schlang sich um den Helm, vom roten Busch umwallt. Der Mantel flog im Wind, den Speer eingelegt, ritt er einher, ein Bild aus alten Zeiten, wie der König Saul in Folkards Psalmenbuch, da er ausritt wider David.[SIZE=-1]2)[/SIZE] Sorgsam ihm zur Seite ritt der andere, zu Schirm und Deckung bereit als getreuer Dienstmann.


Der Erzengel Michael! rief's in der christlichen Heerschar, und sie faßten zu neuer Kraft sich zusammen. Die Sonne leuchtete auf des fremden Reitersmannes Gewaffen wie Verheißung des Siegs – itzt waren die zwei im Getümmel, als wollte der Goldgerüstete einen Gegner suchen. Der blieb ihm nicht aus. Wie ihn des Hunnenführers scharfes Auge erschaut, war auch schon sein Roß ihm entgegen gewandt, des fremden Rittersmannes Speer fuhr an ihm vorüber, schon hub Ellak das Schwert zu tödlichem Hieb. Doch der Dienstmann warf sich dazwischen, sein breites Schlachtschwert erreichte nur des Hunnen Roß, da beugte er sein Haupt vor und fing den Schlag, der dem Gebieter galt; in den Hals getroffen ging der treue Schildknappe in den Tod.
In klirrendem Fall rasselte Ellaks Pferd zu Boden, doch eh' der Schall verhallt war, stund der Hunne wieder aufrecht, der unbekannte Kämpe schwang den Streitkolben, ihn zu zerschmettern, Ellak, den linken Fuß auf den erschlagenen Renner gestemmt, preßte ihm mit nerviger Faust den Arm zurück und strebte ihn vom Gaul zu reißen. Mann an Mann hub sich ein Ringen der beiden Gewaltigen, daß die Kämpfer ringsum die Schlachtarbeit einstellend hinüberschauten.
Jetzt hatte Ellak in listiger Wendung das kurze Halbschwert gegriffen, das ihm nach hunnischem Brauch zur Rechten hing, aber wie er zu neuem Stoß ausholte, senkte sich schwer und langsam seines Gegners Streitkolben auf sein Haupt – noch führte die Faust des Getroffenen den Stoß, dann fuhr sie zur Stirn, Blut überströmte sie, auf sein Streitroß taumelte der Hunnenführer nieder und verhauchte unwillig sein Leben.
Hie Schwert des Herrn und Sankt Michael! scholl's brausend itzt von Mönch und Heerbannleuten, zu letztem verzweifeltem Angriff drangen sie vor, noch war der Goldgerüstete der vorderste im Treffen. Des Anführers Fall schuf den Hunnen panischen Schreck, rückwärts wandten sie sich, rückwärts in toller Flucht.
Schon hatte die Waldfrau des Feldstreites Ausgang erspäht, die Rosse standen geschirrt, sie warf einen zornmütigen Blick auf die anrückenden Mönche und ihren heimatlichen Fels, und scharfen Trabes fuhr sie dem Rheine zu, der Troß ihr nach – zum Rhein! war die Losung der fliehenden Reiter; zuletzt und ungern kehrte Hornebog mit den Seinen der Schlacht und dem hohen Twiel den Rücken. Auf Wiedersehen übers Jahr! rief er höhnend zu den Reichenauer Männern. Der Sieg war errungen. Doch der, den sie als Erzengel wähnten, vom Himmel niedergestiegen aufs hegauische Blachfeld, neigte sein schweres Haupt auf des Streitrosses Rücken, Zügel und Kolben entsanken den Händen, war's des Hunnen letzter Stoß, war's Erstickung in Hitze des Kampfes – sie huben ihn als einen Toten vom Roß. Sein Visier war gelüftet, ein freudig Lächeln schwebte um das runzelgefurchte mächtige greise Haupt... von dieser Stunde hatte des Alten aus der Heidenhöhle Kopfweh ein End. Er hatte in ehrlichem Reiterstod die Schuld vergangener Zeiten gesühnt, das schuf ihm ein fröhlich Sterben.

Aus V. v. Scheffels "Ekkehard" Kapitel Die Hunnenschlacht.
Kopiert aus gutenberg.de
Mit Hunnen sind natürlich die Ungarn gemeint.

Demnach kannte Scheffel schon diese "Sagen"

Grüße Repo
 
Frage:

hyokkose schrieb:
... bitte ich um Band- und Seitenangabe zu den Stellen, wo

a) Waas die kämpfenden Ahnenheere erwähnt

b) der "grundsätzlich heidnische Ursprung" des Engel-Erscheinungsbildes im christlichen Glauben erwähnt wird.

Antwort (?):

derLiterat schrieb:
Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.48): "Und ebenso wissen wir, daß entscheidende Schlachten des Reiches unter Führung des Erzengels Michael geschlagen wurden. Denn das Voraustragen der Reichsfahne mit dem Bild des Erzengels galt als unmittelbare Führung Michaels."
-Seine Quelle ist: Andreas de Fleury, Miracles de St-Benoit IV, 10 S187 ff.-

[...]

Adolf Waas(Geschichte der Kreuzzüge-BandI/S.50): "Auf eine heidnische Wurzel des Gottesstreiterglaubens weist auch die Tasache hin, daß bei den heidnischen Germanen ähnliche Glaubensvorstellungen dem Bericht des Tacitus nach bestanden haben - daß nämlich Gott den Kämpfenden gegenwärtig beistehe. Bilder und Feldzeichen holten sie aus ihren heiligen Hainen, um sie mit in die Schlacht zu führen-"
Seine Quelle: Tacitus, Germania cap. 7

Wenn dies die Antwort auf meine Fragen ist, dann kann ich daraus den Schluß ziehen, daß

a) Waas keine kämpfenden Ahnenheere erwähnt (sondern diese wohl eher auf der Phantasie des Literaten beruhen?)

b) auch von keinem grundsätzlich heidnischen Ursprung des Engel-Erscheinungsbildes im christlichen Glauben die Rede ist (Der kämpfende Erzengel Michael ist ja der Bibel entnommen, und die wurde gewiß nicht von den alten Germanen geschrieben, zumal Tacitus auch keine Engel erwähnt.)
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Natürlich ist bei Scheffel von Ahnenheeren die Rede. Der "Erzengel" entpuppt sich nämlich als letzter Karolinger, der in einer Höhle der Marienschlucht (Bodensee-Reisende werden sie kennen) die Zeiten überdauert hat.

Ernsthaft:
Ich dachte es sei oben schon deutlich geworden, dass solche Stories Romanen entspringen, nicht historischer Forschung.

Und dass Saladins "Admiral" als er einmal kräftig Dresche bezog, dies auf "himmlische Heerscharen" zurückführte und nicht auf eigenes Unvermögen hat in militärischen Kreisen Tradition.

Grüße Repo
 
@Ashigaru:
Nach wiederholtem Lesen ist mir noch etwas aufgefallen...

Ashigaru schrieb:
Waas bezieht sich wohl auf folgende Stelle in der "Germania":

Übrigens ist es nur den Priestern erlaubt, jemanden hinzurichten, zu fesseln oder auch nur zu schlagen, und sie handeln nicht, um zu strafen oder auf Befehl des Heerführers, sondern gewissermaßen auf Geheiß der Gottheit, die, wie man glaubt, den Kämpfenden zur Seite steht. Deshalb nehmen die Germanen auch gewisse Bilder und Zeichen, die sie aus den heiligen Hainen holen, mit in die Schlacht.

Problematisch finde ich es dennoch, eine direkte Linie zu den fast genau 1000 Jahre später kämpfenden Kreuzritterheeren zu ziehen...

Hier unterliegt Waas zudem einer Quellenauslegung bzgl. Tacitus, welche in der neueren Forschung mittlerweile überholt ist - Stichwort: Quellenkritik.
Der Forschungsstand besagt mittlerweile recht eindeutig, daß die Germanen - der Einfachheit halber will ich sie so nennen - keinen eigenen Priesterstand bzw. kein eigenständiges Priestertum hatten, sondern daß politisches Amt und Kultamt in einer Hand lagen, d.h., dies wurde durch das Stammesoberhaupt wahrgenommen. Dies ist ergo diametral zum späteren mittelalterlichen Christentum, insbesondere im Hochmittelalter...
Die Diskussion dazu - auch mit (zugegebenermaßen groben) Verweisen auf neuere Fachliteratur - hatten wir vor geraumer Zeit hier im Unterforum "Die Germanen" im Thread "Priesterinnen": http://www.geschichtsforum.de/showthread.php?t=6073
(Da sollte man auch alle 3 Seiten lesen, insbesondere Fingalos Beiträge...)

Dies dürfen wir zwar dem Adolf Waas nicht negativ anlasten, weil er eben zum Zeitpunkt seiner Arbeit (vor 1960 - zur Erinnerung) noch nicht über diese neueren Erkenntnisse der Historiker verfügte, aber es unterstreicht deutlich Deine Aussage, daß eine direkte Linie sehr problematisch ist...

@Repo:
Ich gebe Dir Recht bzgl. Saladins Admiral und möchte dem noch hinzufügen, daß zeitgenössischen Aussagen von Orientalen zudem meist eine sehr blumige Sprache zu Eigen ist und mitunter auch eine deutliche Neigung zu Übertreibungen.
Vornehmer ausgedrückt würde ich persönlich ihnen ein hohes Maß an Eloquenz anerkennend zugestehen...
 
Ashigaru schrieb:
Allerdings scheint mir aus dem Germania-Text doch auch hervorzugehen, dass die hauptsächliche Motivation der Krieger einer anderen Ursache entspring (die praktisch im nächsten Satz genannt wird):


Wobei man hier auch nicht zuviel dieser Stelle beimessen sollte, denn die Motivation durch Anwesenheit der Angehörigen bzw. Kampf für die "Lieben" verarbeitet Tacitus auch bei "Agricola" und dementsprechen bei Britanniern. Die Rede des Calgacus enthält deutliche Elemente, die ebenso die emotionale Bindung an die Familie neben dem Kampf für die Freiheit als Antrieb der Britannier darstellen soll.

Es dürfte daher kein spezifisch "germanisches" Phänomen sein. Es liegt ja für Tacitus auch durchaus nahe, den Familienverbund, die Sorge und Fürsorge als Motivation anzunehmen, gerade wenn man bei "Agricola" sieht, wie die Zusammensetzung der Legionen und Kohorten als Beispiel für die fehlenden Bindung dargestellt wird.
 
Eine lebhafte Diskussion

Ohne mich hier groß wichtig tun zu wollen oder euch die Lust am Debattieren zu nehmen; habt ihr mal in Erwähnung gezogen, dass jede Quellenangabe zu Anzahl und Kampfstärke jener Heere mit äußerster Vorsicht zu genießen ist.
Wenn ich da so etwas lese wie 40.000 gegen 1.200 (plus minus), dann kommen mir doch arge Zweifel. Die Wahrheit wird auch hier irgendwo in der Mitte liegen was vieles relativiert. Ansonsten bleibt mir nichts weiter zu sagen.
 
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