Die Partikel "gell"

Freunde von Flos schlesischer Oma (siehe oben) würden auch das "nall" kennen - Kurzform für "na_gell"
 
Das mit der verneinenden Bejahung (und in anderen Fällen bejahenden Verneinung) steckt ja auch im schriftdeutschen "nicht wahr?" Es wird damit Unsicherheit in der Sache vorgegeben und vom Gegenüber dadurch Bestätigung verlangt. Vermutlich eine Floskel, um den Gesprächspartner dazu zu bringen, Stellung zu beziehen. Im Übrigen haben wir das im Englischen ganz genauso, bloß much more polite: "is it/isn't it?", "have you/haven't you?", "do you/don't you?" etc.
So, jetzt hoffe ich, dass sich den Anglisten nicht die Fußnägel aufrollen :D
 
Ich habe mich gerade selbst bei einer weiteren Verwendung des "gä" ertappt... In der Form "Ach, gä?!" Als Reaktion auf shocking news. Grundbedeutung: "Nein, tatsächlich?!" Je nach Betonung von "Ach, gä?!" variiert die Bedeutung von "Komm, erzähl mir keinen Scheiß" bis zu "Unglaublich das hätte ich ja nie gedacht".
 
Das mit der verneinenden Bejahung (und in anderen Fällen bejahenden Verneinung) steckt ja auch im schriftdeutschen "nicht wahr?" Es wird damit Unsicherheit in der Sache vorgegeben und vom Gegenüber dadurch Bestätigung verlangt. Vermutlich eine Floskel, um den Gesprächspartner dazu zu bringen, Stellung zu beziehen. Im Übrigen haben wir das im Englischen ganz genauso, bloß much more polite: "is it/isn't it?", "have you/haven't you?", "do you/don't you?" etc.
So, jetzt hoffe ich, dass sich den Anglisten nicht die Fußnägel aufrollen :D


Sprache ist keine Mathematik!
Grammatik macht demnach wenig Sinn. Lediglich eine Hilfskonstruktion Sprachen miteinander zu vergleichen, und, vielleicht, leichter zu erlernen.

Schon immer meine Ausrede für "Grammatikschwäche."

OT:
Repo wird so 5 gewesen sein, als er sich bei einem Fahrradsturz die Stirn aufschlitzte. Als er dann zum Fädenziehen war, hat ihn die aus Breslau stammende Ärztin gefragt, ob er jetzt beim Radfahren vorsichtiger wäre.
"Ja" bestätigte Repo "jetzt pass e saumässig auf".
Die anschließende Heiterkeit der Ärztin hat Repo sehr verwundert. Denn er hat ja lediglich bestätigt, dass er von jetzt an sehr aufpassen wird.
 
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Repo wird so 5 gewesen sein, als er sich bei einem Fahrradsturz die Stirn aufschlitzte. Als er dann zum Fädenziehen war, hat ihn die aus Breslau stammende Ärztin gefragt, ob er jetzt beim Radfahren vorsichtiger wäre.
"Ja" bestätigte Repo "jetzt pass e saumässig auf".
Die anschließende Heiterkeit der Ärztin hat Repo sehr verwundert. Denn er hat ja lediglich bestätigt, dass er von jetzt an sehr aufpassen wird.
Grad das Wort "sehr" ist sehr interessant, hat es doch im Laufe der Jahrhunderte seine Bedeutung vollständig gewechselt. Früher mal sehr negativ besetzt, heute ganz alltäglich...


Gruss Pelzer


.
 
Dazu wüsste ich gerne mehr!

Ich hoffe, dieser Smilie :huh: drückt Erstaunen aus.
Ja dann;

Sehr“ hatte ursprünglich eine negative Bedeutung: verwundet, schrecklich, leiden, traurig, qual, usw. Deshalb auch heute noch „unversehrt“ für unverwundet. Die Bedeutung hat sich dann nach und nach gewandelt zu einer positiven Verstärkung: sehr freundlich, sehr gehehrt, usw...


Gruss Pelzer


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Ja dann;

Sehr“ hatte ursprünglich eine negative Bedeutung: verwundet, schrecklich, leiden, traurig, qual, usw. Deshalb auch heute noch „unversehrt“ für unverwundet. Die Bedeutung hat sich dann nach und nach gewandelt zu einer positiven Verstärkung: sehr freundlich, sehr gehehrt, usw...


Gruss Pelzer


.
Man vergleiche auch das englische "sore" für schlimm, schmerzhaft.
 
Man vergleiche auch das englische "sore" für schlimm, schmerzhaft.

Ist wohl der selbe Stamm.

Wobei mein Etymologisches Wörterbuch schreibt, dass die Steigerung durch "sehr" im Oberdeutschen unbekannt wäre.
Deshalb hat Repo ja auch sein "saumässig" angebracht!;)


Was dann wieder die Frage aufwirft, was die Breslauerin so amüsiert hat? Schläsich ist ja schließlich auch Oberdeutsch.
Arroganz der in die Provinz vertriebenen Großstädterin?
Man hat sie aber auch manchen Eimer Dreck fressen lassen, die Flüchtlinge damals.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich nehme an, was ihr als ne oder beschreibt, dieses bestätigung fordernde Wörtchen, ist kein /e/ oder /ö/ sondern ein /ə/ (Schwa), wie in Stühlə, Sternə, Beinə etc. Anders sieht es natürlich beim verneinenden aus, wo man wirklich ein /ö/ hört, wie in Ingeborgs Beispiel "och nö, nə?"


Als nuschelnde Mecklenburger würde es uns schwer fallen ein ä zu sprechen, da wir dann den Mund aufmachen müßten. Anders ist es bei den Plattdialekten und dem ä, die allerdings nur angewandt werden, wenn man glücklich und zufrieden ist oder feucht-fröhliche Grundstimmung hat.
 
Hmm... also das mit den "sehr" find ich ja sehr interessant. Dass das negativ besetzt war... ist schon beeindruckend wie die Sprache sich entwickelt und verändert.

Und zum Thema "gell" und "oder" am Satzende: Bei uns in Vorarlberg benutzen wir beides sehr ausgiebig. Nach jedem zweiten Satz gibts ein "gea" oder "od'r". Ist aber eher Bestätigung heischend gemeint. *g*
 
Ich stelle fest, dass ...
3. beim Saarland noch Klärungsbedarf besteht
Ich wohne zwar erst 32 Jahre im Saarland, aber das "Jo" kann ich so nicht bestätigen; auf keinen Fall ist es prägend für die Region. "Nicht wahr" gibt es auch hier - lautschriftlich als "niwwohr" oder "niwwohr nidd". [1] Soll ich weiter recherchieren?


[1] Braun/Mangold: Saarbrücker Wörterbuch.
 
Ich stelle fest, dass
[...]
2. noch ganz viele Regionen fehlen
[...]
Ergänze Franken:

"gell" am Satzende (bei feststellender oder rhetorischer Frage): "stimmt's" / "oder etwa nicht?"
Wird nach meiner Erfahrung ausschließlich in obigen Fragesätzen gebraucht, nie im echten Aussagesatz und auch nie bei einer echten Frage.

"Das ist eine Tulpe, gell?"
aber nie
"Ist das eine Tulpe, gell?"

Ein Aussagesatz kann durch Nachstellen von 'gell' nachträglich Fragecharakter bekommen. Er ist dann allerdings sehr suggestiv und keineswegs eine echte Frage. Der Redner geht dann sehr davon aus, dass seine Vermutung zutrifft.
Etwa "Du hast Hunger, gell?"
 
Ergänze Franken:

"gell" am Satzende (bei feststellender oder rhetorischer Frage): "stimmt's" / "oder etwa nicht?"
Wird nach meiner Erfahrung ausschließlich in obigen Fragesätzen gebraucht, nie im echten Aussagesatz und auch nie bei einer echten Frage.

"Das ist eine Tulpe, gell?"
aber nie
"Ist das eine Tulpe, gell?"

Das Partikel gell wird bei Aussagesätzen gemacht (nicht in Fragesätzen), anschliessend als Frageteil.

Ein Aussagesatz kann durch Nachstellen von 'gell' nachträglich Fragecharakter bekommen. Er ist dann allerdings sehr suggestiv und keineswegs eine echte Frage. Der Redner geht dann sehr davon aus, dass seine Vermutung zutrifft.
Etwa "Du hast Hunger, gell?"

Suggestiv ist der Vorderteil des Satzes "Du hast Hunger". Das Partikel gell wird gebraucht, um die Zustimmung der anderen Seite einzuholen, das ist als solches nicht unbedingt suggestiv. Es ist vielmehr eine Höflichkeit, die der anderen Seite erlaubt, ggf. zu widersprechen.

Schweizer sagen doch auch oder, oddrr?

Ja. Es wäre noch interessant, zu vergleiche, welches Partikel im Zusammenhang mit einer Nachfrage mehr gebraucht wird, gell oder oder. Ich vermute, dass gell in der Schweiz ein bisschen mehr verbreitet ist. Oder ist eher vom Hochdeutschen beeinflusst.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich bin kein Germanist, sondern Anwender, von daher verzeihe man mir germanistisch holprige Beschreibungsversuche.
Das Partikel gell wird bei Aussagesätzen gemacht (nicht in Fragesätzen), anschliessend als Frageteil.

Suggestiv ist der Vorderteil des Satzes "Du hast Hunger". Das Partikel gell wird gebraucht, um die Zustimmung der anderen Seite einzuholen, das ist als solches nicht unbedingt suggestiv. Es ist vielmehr eine Höflichkeit, die der anderen Seite erlaubt, ggf. zu widersprechen.
Genau das habe ich gemeint. Aber durch das Anhängen von "gell" bekommt dann eben der ganze Satz (inkl. dem gell) nicht mehr reinen Aussagecharakter.
Zwischen "Hast Du Hunger?" und "Du hast Hunger, gell?" besteht intentional im Fränkischen ein deutlicher Unterschied. Die Gell-Version liegt irgendwo zwischen einer echten Frage und einer Feststellung. Wie Du schreibst: eine höfliche Option an den Anderen, noch zu widersprechen, aber als Ganzes deutlich suggestiver als die "echte" Frage.

Eine deutlich bessere Bechreibung als mein Versuch, danke schön.
 
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