Sepiola
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Ah, ist die Karte nicht gut?
Ortelius hatte keine antiken Quellen zur Verfügung, die wir nicht auch kennen würden. Orte, die sich nicht lokalisieren lassen, hat er einfach frei Schnauze eingetragen. Diese Angaben sind wertlos.
Ich bin fast jedes Jahr dort und kann bestätigen, dass das „mit steilabfallendeb Ufern“ stimmt.
[...]
Rechts geht es steil bergab zum Fluss.
Das ist doch höchstens ein Gebirgsbach, den würde man auf Latein als torrens, eventuell rivus oder allenfalls amnis bezeichnen.
Und wer käme auf die Idee, die steilen Hänge als "Flussufer" zu bezeichnen?
Und von wo nach wo soll hier eine Straße verlaufen sein, auf die der Architekt hätte Rücksicht nehmen müssen?
Es ist noch nicht einmal gesagt, dass das Ceres-Heiligtum überhaupt in der Gegend des Comer Sees zu suchen ist. In der Druckfassung seiner Dissertation "Architectural Restoration and the Concept of Built Heritage in Imperial Rome" lokalisiert Christopher Stephen Siwicki den Ceres-Tempel in der Gegend von Tifernum (heute Città di Castello). Natürlich ist das genauso spekulativ wie irgendwelche Mutmaßungen rund um den Comer See, aber immerhin gab es in dieser Gegend einen flumen. Und immerhin hat Plinius laut eigenen Angaben hier auch einen Tempel gebaut. Seinem Schwiegergroßvater Fabatus schreibt er:
"Erit una sed brevis mora: deflectemus in Tuscos, non ut agros remque familiarem oculis subiciamus (id enim postponi potest), sed ut fungamur necessario officio. Oppidum est praediis nostris vicinum (nomen Tiferni Tiberini), quod me paene adhuc puerum patronum cooptavit, tanto maiore studio quanto minore iudicio. Adventus meos celebrat, profectionibus angitur, honoribus gaudet. In hoc ego, ut referrem gratiam (nam vinci in amore turpissimum est), templum pecunia mea exstruxi, cuius dedicationem, cum sit paratum, differre longius irreligiosum est. Erimus ergo ibi dedicationis die, quem epulo celebrare constitui."
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"Es wird einen – allerdings kurzen – Aufenthalt geben: wir werden nach Etrurien abbiegen, nicht um die Äcker und die Familienangelegenheiten in Augenschein zu nehmen (das lässt sich nämlich aufschieben), sondern um einer unumgänglichen Pflicht nachzukommen: In der Nähe unserer Güter liegt eine Stadt namens Tifernum am Tiber, die mich, als ich noch fast ein Knabe war, zu ihrem Patron erkoren hat, mehr aus (sentimentaler) Neigung, weniger aus (abgewogener) Entscheidung. Meine Ankunft wird stets gefeiert, meine Abreise sorgt stets für Beklemmung; wenn ich geehrt werde, herrscht Freude. Dort habe ich, um mich dankbar zu erweisen (denn in der Liebe besiegt zu werden ist äußerst schändlich), auf meine Kosten einen Tempel erbaut, dessen Weihe, nachdem er nun fertig ist, länger hinauszuzögern, gottlos wäre. Wir werden also dort am Weihetag dort sein, den ich mit einem Festschmaus zu feiern beschlossen habe."
https://www.hs-augsburg.de/~harsch/Chronologia/Lspost02/PliniusMinor/pli_ep04.html=
"Es wird einen – allerdings kurzen – Aufenthalt geben: wir werden nach Etrurien abbiegen, nicht um die Äcker und die Familienangelegenheiten in Augenschein zu nehmen (das lässt sich nämlich aufschieben), sondern um einer unumgänglichen Pflicht nachzukommen: In der Nähe unserer Güter liegt eine Stadt namens Tifernum am Tiber, die mich, als ich noch fast ein Knabe war, zu ihrem Patron erkoren hat, mehr aus (sentimentaler) Neigung, weniger aus (abgewogener) Entscheidung. Meine Ankunft wird stets gefeiert, meine Abreise sorgt stets für Beklemmung; wenn ich geehrt werde, herrscht Freude. Dort habe ich, um mich dankbar zu erweisen (denn in der Liebe besiegt zu werden ist äußerst schändlich), auf meine Kosten einen Tempel erbaut, dessen Weihe, nachdem er nun fertig ist, länger hinauszuzögern, gottlos wäre. Wir werden also dort am Weihetag dort sein, den ich mit einem Festschmaus zu feiern beschlossen habe."