Elsaß-Lothringen

Metz gehörte aber vor der besetzung durch frankreich ebenfalls zum Heiligen römischen Reich und war daher nach ultranationalistischem Verständnis eine deutsche Stadt.
Mit Elsass-Lothringen kommt zum letzten Male das Problem des alten lotharingisch-karolingischen Zwischenreiches wieder hoch.
 
Metz gehörte aber vor der besetzung durch frankreich ebenfalls zum Heiligen römischen Reich und war daher nach ultranationalistischem Verständnis eine deutsche Stadt.


Richtig, Metz gehörte zum Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation und wurde erst 1552 durch die Franzosen besetzt, allerdings war Metz auch schon damals französischsprachig. Das HRR war auch kein Nationalstaat im späteren Sinne (auch wenn seine Kernstaaten deutsch waren).


Mit Elsass-Lothringen kommt zum letzten Male das Problem des alten lotharingisch-karolingischen Zwischenreiches wieder hoch.

Ob es zum letzten Male ist, bezweifele ich. Immerhin gibt es ja derzeit in Belgien (wieder mal) Probleme zwischen den Flamen (niederländischsprachig) und Wallonen (französischsprachig).

Dieses alte Zwischenreich (ein langer Streifen zwischen Nordsee und Mittelmeer) war das Königreich des Lothar (Lotharii Regnum). Dieser Name hat sich noch in "Lothringen" verballhornt erhalten.
 
Lothringen wurde 1871 zwischen Frankreich und Deutschland geteilt. Die Franzosen waren darüber überrascht. Sie waren davon ausgegangen, dass die Deutschen das ganze Lothringen annektieren würden. Bei der von den Deutschen festgelegten Grenzziehung haben sicherlich verschiedene Motive eine Rolle gespielt (Militärstrategie, Wirtschaft, Verkehr u. w.).

Für die militärische Motivation ein Verweis auf ein Rundschreiben von Bismarck an die neutralen europäischen Mächte vom September 1870. Darin erklärt Bismarck, Frankreich sei und bleibe aggressiv.

Bismarck schrieb:
Wir können deshalb unsere Forderungen für den Frieden lediglich darauf richten, für Frankreich den nächsten Angriff auf die deutsche und namentlich auf die bisher schutzlose süddeutsche Grenze dadurch zu erschweren, dass wir diese Grenze und damit den Ausgangspunkt französischer Angriffe weiter zurücklegen und die Festungen, mit denen Frankreich uns bedroht, als defensive Bollwerke in die Gewalt Deutschlands zu bringen suchen.

Bei Friedensverhandlungen zwischen Bismarck und dem französischen Außenminister Favre am 19.09.1870 verlangte Bismarck von den Franzosen unter anderem die Abtretung Deutsch-Lothringens. Es dürfte also zu dieser Zeit eine Definition dieses Deutsch-Lothringens gegeben haben.

Literatur: Franz Herre " Anno 70/71", Köln 1970
 
Um die nationale Verwirrung noch zu erhöhen, fehlt noch folgende Information:
Die Stadt Mühlhausen im Elsass gehörte bis 1798 als Exklave zur Schweizer Eidgenossenschaft.
Es handelte sich also nicht nur das Grenzgebiet zischen Frankreich und dem Deutschen Reich!
 
Lothringen wurde 1871 zwischen Frankreich und Deutschland geteilt. Die Franzosen waren darüber überrascht. Sie waren davon ausgegangen, dass die Deutschen das ganze Lothringen annektieren würden. Bei der von den Deutschen festgelegten Grenzziehung haben sicherlich verschiedene Motive eine Rolle gespielt (Militärstrategie, Wirtschaft, Verkehr u. w.).

Für die militärische Motivation ein Verweis auf ein Rundschreiben von Bismarck an die neutralen europäischen Mächte vom September 1870. Darin erklärt Bismarck, Frankreich sei und bleibe aggressiv.



Bei Friedensverhandlungen zwischen Bismarck und dem französischen Außenminister Favre am 19.09.1870 verlangte Bismarck von den Franzosen unter anderem die Abtretung Deutsch-Lothringens. Es dürfte also zu dieser Zeit eine Definition dieses Deutsch-Lothringens gegeben haben.

Literatur: Franz Herre " Anno 70/71", Köln 1970

Ich vermute, daß damit die deutschsprachigen Regionen Lothringens gemeint sind (im Nordosten).

NACHTRAG: lt. Wikipedia ist mit Deutsch-Lothringen zum einen der deutschsprachige Teil Lothringens gemeint, zum anderen aber auch der Teil Lothringens der nach 1871 an das Deutsche Reich angeschlossen worden ist. Das umfaßte nicht nur das deutschsprachige Gebiete Lothringens, sondern auch einige französischsprachige Gemeinden (z. B. Metz).
 
Zuletzt bearbeitet:
Um die nationale Verwirrung noch zu erhöhen, fehlt noch folgende Information:
Die Stadt Mühlhausen im Elsass gehörte bis 1798 als Exklave zur Schweizer Eidgenossenschaft.
Es handelte sich also nicht nur das Grenzgebiet zischen Frankreich und dem Deutschen Reich!


National weniger, zumindest habe ich Probleme einen 1798er Mühlhausener, Freiburger und Basler in unterschiedliche Nationen einzuordnen.

Bis 1798 war das eh nicht soooo scharf abgegrenzt, der Berliner FW "gehörte" auch zur Eidgenossenschaft, Rottweil bis kurz vorher im "Nebenberuf" auch. Das heutige Schweizer Laufenburg dagegen nicht usw.

OT: Freiburg, Basel und Mühlhausen haben übrigens heute einen gemeinsamen Flughafen.
 
Bei der von den Deutschen festgelegten Grenzziehung haben sicherlich verschiedene Motive eine Rolle gespielt (Militärstrategie, Wirtschaft, Verkehr u. w.).
Natürlich. Ich habe eben vergeblich nach einer Darstellung gesucht, wo diese Motive zusammengefasst sind. Weiß jemand mehr?

...verlangte Bismarck von den Franzosen unter anderem die Abtretung Deutsch-Lothringens. Es dürfte also zu dieser Zeit eine Definition dieses Deutsch-Lothringens gegeben haben.
Das ist eine reichlich undurchsichtige Sache. In einer kirchengeschichtlichen Abhandlung aus der Zeit vor dem Krieg [1] heisst es z.B.: "Die ehemalige Grafschaft [Nassau-]Saarwerden sowie die angrenzenden Herrschaften Finstingen, Diemeringen und Aßweiler lagen in dem so genannten Westerich; ... man gibt ihnen gewöhnlich den uneigentlichen Namen Deutsch-Lothringen."

Im "Normalfall" argumentiert man bei Verhandlungen mit der Sprachgrenze. Interessant ist nun, dass es 1870/71 überhaupt keine verlässlichen Daten hierüber gab, insbesondere keine Sprachstatistik. Also nahm man deutscherseits Bezug auf allerlei "parteiische" Hilfskonstruktionen, die Müller [2] im Einzelnen nahgezeichnet hat.


[1] Röhrich, Mittheilungen aus der Geschichte der evangelischen Kirche des Elsasses. Band 2. Straßburg 1855, S. 129 ff.
[2] Imaginierter Westen: Das Konzept des ... - Google Bücher S. 79 ff.
 
Bei Friedensverhandlungen zwischen Bismarck und dem französischen Außenminister Favre am 19.09.1870 verlangte Bismarck von den Franzosen unter anderem die Abtretung Deutsch-Lothringens. Es dürfte also zu dieser Zeit eine Definition dieses Deutsch-Lothringens gegeben haben.

Es gibt aus der Zeit einige Untersuchungen zur Sprachgrenze, u.a. 1887 von This: Die deutsch-französische Sprachgrenze in Elsaß-Lothringen. Darin werden Untersuchungen aus 1846/47 zu diesem Thema erwähnt, u.a. auch Karten, in denen die Sprachgrenzen eingezeichnet sein sollen (der Autor kritisiert hier Ungenauigkeiten), von Bernhardi, Boekh, Kiepert, Kirchner.

Die Untersuchung nach einzelnen Ortschaften wird für Lothringen damit eingeleitet, dass Gebirge und Höhen, größere Waldgebiete, dagegen aber weniger die Wasserläufe für die relativ scharfen Abtrennungen ursächlich seien.

Es scheint hier relativ klare zeitgenössische Vorstellungen (unabhängig mal von ihrer Richtigkeit) über die "Sprachgrenze" gegeben zu haben. Diese wurden dann bei der Grenzziehung wohl im Groben beachtet, möglicherweise als "Deutsch-Lothringen" auf Basis der veralteten Kartenwerke.

(als Hypothese)
 
Im "Normalfall" argumentiert man bei Verhandlungen mit der Sprachgrenze. Interessant ist nun, dass es 1870/71 überhaupt keine verlässlichen Daten hierüber gab, insbesondere keine Sprachstatistik. Also nahm man deutscherseits Bezug auf allerlei "parteiische" Hilfskonstruktionen, die Müller [2] im Einzelnen nahgezeichnet hat.

Ich habe mal gelesen (wo?), dass sich die Sprachgrenze in Lothringen über die Jahrhunderte hinweg kaum (fast gar nicht) verschoben hat.
Woraus ich nun ableiten würde, dass es recht verlässliche Unterlagen dazu gibt und gab.

Hier mal ein Link

Wobei ich natürlich keine Ahnung habe, woher die Lothringer die 1670er Grenze haben.
Du hast eine "kirchengeschichtliche Abhandlung" genannt, die Kirchenbücher, die Sprache der Eintragungen, würde ich da doch als sehr zuverlässige Unterlagen ansehen.

Die Grenzziehung erfolgte mit Militärstrategisch, im Elsass auf dem Vogesenkamm (die östlich davon lebenden Romanischsprachler hatten eine eigene Regionalsprache) in Lothringen Metz mit Vorfeld.

Anmerkung:
Wilhelm I. war wichtig, dass das Schlachtfeld von St. Privat deutsch wurde
 
Interessant finde ich in dem Zusammenhang auch diese Seite unter repos Link Culture et Bilinguisme de Lorraine -Zweisprachig, unsere Zukunft in der Presse


Besonders gut haben mir die Witze gefallen. Einige kamen mir bekannt vor (allerdings mit anderen Volksgruppen). Anscheinend ist das Verhältnis zwischen Lothringern und Elsässern das gleiche wie zwischen Preußen und Bayern oder zwischen Kölnern und Düsseldorfern.:)

Ich habe eine Karte mit den "deutschen" Sprachgrenzen um das Jahr 870 gefunden. Die rote Linie ist übrigens die Grenze des ostfränkischen Reiches.
 
Ich habe mal gelesen (wo?), dass sich die Sprachgrenze in Lothringen über die Jahrhunderte hinweg kaum (fast gar nicht) verschoben hat.
Woraus ich nun ableiten würde, dass es recht verlässliche Unterlagen dazu gibt und gab.

Nicht für Lothringen, aber für das Elsaß hätte ich eine Umfrage von 1824 gefunden, die zu dem Schluß kam, daß in Strasbourg 15% der Kinder in der Lage waren Französisch zu sprechen, und in den ländlichen Gegenden weniger als 1% (die Grenzen dieser Umfrage kann ich leider nicht angeben).

Quelle: Bernard Vogeler "Comment l'Alsace est devenue francaise" Histoire 45 (1982): 11-14
 
Welche Gründe wären das?
Vorab ein paar Stichworte: Dithmarschen, Flandern, Lüttich, Arlon, Metz und das Rheintal zw. Straßburg und Basel mit dem südl. Elsaß.
Die Karte ist Marke Eigenbau des Wikiusers und auch bei der Vorlage tauchen die Ungereimtheiten auf.
Aber ich recherchiere noch. ;)
 
Vorab ein paar Stichworte: Dithmarschen, Flandern, Lüttich, Arlon, Metz und das Rheintal zw. Straßburg und Basel mit dem südl. Elsaß.
Die Karte ist Marke Eigenbau des Wikiusers und auch bei der Vorlage tauchen die Ungereimtheiten auf.
Aber ich recherchiere noch. ;)

Also Lüttich (eigtl. Liège) und Metz liegen zwar an der Sprachgrenze, aber auf der romanischen Seite. Allerdings laut Karte auf der germanischen Seite. Möglicherweise ist dafür die Karte auch wiederum zu grob.

Zur Situation im Elsaß und Lothringen habe ich eine Seite der Universität Straßburg gefunden, die die deutsch-romanisch Sprachgrenze zeigt.
 
Lothringen wurde 1871 zwischen Frankreich und Deutschland geteilt. Die Franzosen waren darüber überrascht. Sie waren davon ausgegangen, dass die Deutschen das ganze Lothringen annektieren würden.
Da sieht man ganz gut die unterschiedliche Sicht von Deutschen und Franzosen auf Staatsidee und Völkerrecht.

Die Franzosen sehen das eher pragmatisch. Der Sieger nimmt, was er kriegen kann - hier also die ganze Provinz.
Sprachgrenzen spielen dabei keine Rolle, der Untertan hat sich dem Staat anzupassen (also Französisch zu lernen), die Staatsgrenzen folgen höheren Kriterien und nicht dem Sprachgebrauch der Einheimischen. So fanden es die Franzosen auch völlig normal, ihre Grenzen in fremdsprachige Gebiete vorzuschieben. Nicht nur in Elsaß/Lothringen oder dem übrigen deutschsprachigen Linksrhein, sondern auch in Katalonien oder dem Baskenland.
Umgekehrt gab es auch nie Bestrebungen, französische Bevölkerung außerhalb der Staatsgrenze "heim ins Reich" zu holen. Belgien zu annektieren war ein machtpolitisches Ziel, gezielt die Wallonie anzuschließen m. W. nie ein Thema. Auch gab es keinen Anschluß der französisch-sprachigen Schweizer Gebiete, obwohl das für Napoleon ja gar kein Problem gewesen wäre.

Wichtig dagegen ist die Idee der "natürlichen Grenzen" entlang von Bergkämmen oder Flüssen (obwohl das siedlungsgeographisch meist völlig unnatürliche Grenzen sind). Da kann sich dann das französische Bedürfnis nach rationaler Planung austoben.

Für die Deutschen umgekehrt war dagegen der nationale Aspekt einer Grenzziehung anhand von sprachlichen Gegebenheiten wichtig.
Und wahrscheinlich auch der legalistische - ich weiß nicht, ob das den Akteuren von 1870 bewußt und wichtig war, vermute es aber: "Französisch-Lothringen" (also der bei Frankreich verbleibende Teil) war ursprünglich "legal einwandfrei" französisch geworden. Das Herzogtum Lothringen um Nancy gehörte zwar zum HRR, war aber im Frieden von Wien 1738 einvernehmlich an Frankreich gefallen.
Das Elsaß dagegen wurde von Frankreich über die "Réunionen" annektiert, die lothringischen Bistümer waren zwar im westfälischen Frieden Frankreich zugesprochen worden - das wurde im Reich aber nie wirklich akzeptiert.
Das ganze 18. Jahrhundert hindurch haben Kaiser und Reich wegen dieser nicht anerkannten Gebietsverluste die internationalen Friedenskonferenzen genervt. Ich kann mich an eine Textstelle erinnern, als irgendwann bei einem völlig anderen Thema (spanischer Erbfolgekrieg?) verhandelt wurde und der englische Gesandte nach Hause schrieb, daß die tumben Deutschen SCHON WIEDER mit den alten Kamellen von Metz/Toul/Verdun anfangen und die Konferenz blockieren würden.
Das ist wohl schon typisch deutsch: Lieber jahrelang vor dem Verwaltungsgericht prozessieren ("es geht ums Prinzip"), als einfach mal akzeptieren, wie die Sachlage ist. Es ist wohl auch ein nationales deutsches Trauma, daß es im Völkerrecht kein Verwaltungsgericht gibt ;-)

Wie gesagt: Ich weiß nicht, ob das 1871 noch eine Rolle spielte. Aber die "Unrechtmäßigkeit" des französischen Besitzes an Elsaß/Lothringen war in Deutschland bis Ende des alten Reichs präsent.
 
Wichtig dagegen ist die Idee der "natürlichen Grenzen" entlang von Bergkämmen oder Flüssen (obwohl das siedlungsgeographisch meist völlig unnatürliche Grenzen sind).
Was durchaus mal zu untersuchen Wert wäre. Repo brachte mich da schon vor Jahren drauf, inwieweit Flüsse und Wasserscheiden Siedlungsgrenzen sind bzw. inwiefern diese bei politischen Grenzen eine Rolle spielen. Aber das ist ein separates Thema.

Für die Deutschen umgekehrt war dagegen der nationale Aspekt einer Grenzziehung anhand von sprachlichen Gegebenheiten wichtig.
Ab wann??? Doch erst, wenn überhaupt, ab Mitte des 19. Jhdts. oder? Selbst noch beim Wiener Kongreß sehe ich davon nichts...

Und wahrscheinlich auch der legalistische - ich weiß nicht, ob das den Akteuren von 1870 bewußt und wichtig war, vermute es aber: "Französisch-Lothringen" (also der bei Frankreich verbleibende Teil) war ursprünglich "legal einwandfrei" französisch geworden.
Ich vermag deiner Vermutung da nicht ganz zu folgen, lieber R.A., da nicht nur Elsaß sondern eben auch lothringische Gebiete ans Reich kamen und auf der anderen Seite wiederum nur eines deiner "drei Bistümer". :)

Wie gesagt: Ich weiß nicht, ob das 1871 noch eine Rolle spielte. Aber die "Unrechtmäßigkeit" des französischen Besitzes an Elsaß/Lothringen war in Deutschland bis Ende des alten Reichs präsent.
Wenn du schon diese Sichtweise einnimmst, gebietet das aber imho eine klare Differenzierung zw. Lothringen und dem Elsaß, da wär ich vorsichtig, es immer im selben Satz zu nennen. Interessant sind hierbei vllt. auch frühere Bestrebungen, das Elsaß an Deutschland zu bringen: Wiener Kongreß, Burschenschaftsträumereinen und Paulskirchenbestrebungen. Und was bewog 71 die lothringische so zu ziehen, wie es dann getan wurde? Das Thema ist doch äußerst komplex!
 
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