Entstehung und Verbreitung der deutschen Sprache

Wenn ich richtig informiert bin, beschränkte sich die slawische Siedlung im heutigen Schleswig-Holstein auf Ostholstein, so dass es durchaus eine direkte Sprachgrenze zwischen Niederdeutsch/Sächsisch und Dänisch in Nordalbingen gab. Karl, der Große, legte die Eider als Grenze zu Dänemark fest. Gleichzeitig etablierte er den Limes Saxoniae zu den slawischen Abodriten in Ostholstein.


Laut dieser Karte Datei:SiedlungsgebieteSchleswig-HolsteinText.png – Wikipedia (800 - 1200 n. Chr.) scheint es da eine unbewohnte Zone zwischen Sachsen und Dänen gegeben zu haben (aus Nordalbingien – Wikipedia ). Nur im äußersten Westen des heutigen Schleswig-Holstein ist da in einem dünnen Küstenstreifen entlang der Nordseeküste friesisches Siedlungsgebiet eingezeichnet. Das slawische Siedlungsgebiet liegt - wie Du schon geschrieben hast - weiter östlich. Ortsnamen wie Lübeck und auch das Berlin in SH (Seedorf (Kreis Segeberg) – Wikipedia - übrigens nach Erstbeleg 1215 um gute 20 Jahre älter als das Berlin* in Brandenburg)

Seien es nun slawische Siedlungsgebiete oder siedlungsfreie Gebiete, auf jeden Fall gab es eine Trennung zwischen dem dänischen und dem niederdeutschen (sächsischen) Sprachgebiet.


"Jütland hat seinen Namen von den Jüten, einem germanischen Volksstamm, der wohl ursprünglich eine westgermanische Sprache gesprochen hat.[4]

hier steht:

Ähnlich den Angeln sprachen die Jüten vermutlich einen Übergangsdialekt, der sich zwischen dem sich allmählich differenzierenden nord- und westgermanischen Dialektkontinuum entwickelte.​

Jüten – Wikipedia

Allerdings zeigt die Verwendung der Wörtchen vermutlich und wohl, dass es gewisse Unschärfen gibt. Ich weiß allerdings nicht, ob und wie weit die Sprache der Jüten überhaupt belegt ist. Abgesehen von Runeninschriften dürfte wahrscheinlich aus dem Bereich der Spätantike bzw. FrühMA wenig an Belegen vorhanden sein.

Falls die Angaben richtig sind, und nach der Abwanderung der Jüten Richtung Britannien ein weitgehend siedlungsfreies Gebiet auf der jütländischen Halbinsel entstanden ist, und die Dänen eigentlich Einwanderer aus dem Süden Schwedens sind, würde das erklären, warum zwischen Sachsen und Dänen eine harte Sprachgrenze entstand.





* allerdings wurde 1237 nicht Berlin (Brandenburg), sondern Cölln erwähnt. Berlin (Brandenburg) wurde erst 1244 erwähnt
 
Slawische Siedlungen in Dithmarschen wären mir jedenfalls neu. Daher gehe ich davon aus, dass es nördlich von Dithmarschen auch eine Grenze zu Dänemark gab, ohne dass slawische Siedlungen dazwischen lagen.

Anderseits schreibt Wiki auch, dass Karl dem Abroditenherrscher Drasco ganz Nordelbien übertrug.

"Zugleich unterstellte Karl die sächsischen Gaue in Nordalbingien, also Dithmarschen, Holstein und Stormarn, Drascos Herrschaft. Mit der Zuweisung des vordem sächsischen Siedlungsgebietes und einer – wenn auch archäologisch nur in Teilbereichen nachweisbaren – Ansiedlung der Abodriten beabsichtigte Karl einen Schutz der fränkischen Nordgrenze vor den Dänen, vor allem aber wollte er den Sachsen für den Fall einer erneuten Erhebung die Rückzugsmöglichkeit zu den Dänen abschneiden."
 
Seien es nun slawische Siedlungsgebiete oder siedlungsfreie Gebiete, auf jeden Fall gab es eine Trennung zwischen dem dänischen und dem niederdeutschen (sächsischen) Sprachgebiet.
Vielleicht sollte man für diese Region (und eventuell nicht nur dort) generell die Vorstellung von sprachlich geschlossenen Siedlungsgebieten ad acta legen. Man kann sagen, wo die Grenzen eines Herrschaftsbereichs verliefen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Einwohner dieses Bereichs ausschließlich die Herrschaftssprache beherrschten. Siedlungen wie Haithabu legen, jenseits von Zerstörungshorizonten, nahe, dass die Bewohner oft mehrere Sprachen beherrschten.
Vor der Entstehung der Hanse waren Slawen ja auch nicht unerheblich am Ostseehandel beteiligt. Da ist Mehrsprachigkeit ein Vorteil. Für eine abgelegene, landwirtschaftlich geprägte Region wie Dithmarschen könnte ich mir am ehesten noch einen hohen Anteil von Einwohnern vorstellen, die tatsächlich nur eine (sächsisch/niederdeutsche) Sprache beherrschten.

Anderseits schreibt Wiki auch, dass Karl dem Abroditenherrscher Drasco ganz Nordelbien übertrug.
Was wohl nicht lange anhielt. Denn mit der Errichtung der Burg Delbende nördlich der Elbe im Jahr 822 scheint sich die slawische Herrschaft wieder auf Ostholstein beschränkt zu haben. Man kann also nur von 810 bis maximal 822 von einem slawischen Herrscher in ganz Nordalbingen ausgehen.
 
Die Auswanderungswelle im südlichen Jütland hinterließ erst einmal eine gewisse siedlungsleere Zone. Das Kontinuum war spätestens damit unterbrochen.

Der Dänische Wohld bildete bis ins 13. Jahrhundert einen kaum besiedelten Grenzstreifen. Auch zu den Abodriten gab es einen solchen Grenzstreifen, der schon früher besiedelt wurde. Während der Dänische Wohld wohl als Forst Dänisches Königslehen war, das an Holstein kam, wurde das Gebiet zwischen Sachsen und Slawen als Mark organisiert. In dem einen oder anderen Sinn gab es also den Limes Saxoniae. Die Frage ist nur, in welchem Sinn. Dabei gab es auch zeitliche und sachliche Unterschiede, was eine Mark war.

Für diesen Thread ist jedenfalls festzustellen, dass das Kontinuum unterbrochen wurde, wenn es existierte.

(Das schlägt sich übrigens in der Sage wieder, in der dort die Myrginge (etwa im Widsith) verortet werden, die Abkömmlinge des Dunkels, wie in Dunkelwald / Mirkwald / Schwarzwald. In der animistischen Vorstellungswelt, die sich im Gegensatz zum nordischen Mythos in Deutschland in Sagen und Märchen erhalten hat*, waren das Zonen, in denen sich unsere Welt mit dem Jenseits mischte, ja das Jenseits stärker war. Das wird auch durch den Strukturalismus bestätigt, da das eine typische Erscheinung in animistischen Religionen ist. Regelmäßig werden solche Gebiete als Niemandsland zwischen verschiedenen Ethnien verortet. Aber auch das gehört eher in andere Threads.)

* Die nördliche Mythologie entwickelte sich nach der Christianisierung von Franken und Sachsen zwar weiter, aber selbst in den Eddas finden sich noch ältere Vorstellungen, die in vielen Schriftquellen von der Interpretatio Romana überdeckt sind. Es gibt zum Beispiel Hinweise, dass Wodan und Ziu nur unterschiedliche Aspekte eines Gottes waren. Bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts ging die Interpretation immer genau soweit, wie es sich in die jeweilige Ideologie fügte. Heute werden Quellengruppen getrennt betrachtet. Problem ist, dass es keine neutrale Zusammenstellung der Traditionen unseres Raums gibt. Daher sind kaum mehr als einige typisch animistische Erscheinungen, einige Namen und ein Paar Parallelen zur nordischen und zur keltischen Mythologie festzustellen. Um so interessanter, dass hier zwischen Dänen, Friesen, Sachsen und Slawen im Mythos die Myrginge verortet werden.
 
Anderseits schreibt Wiki auch, dass Karl dem Abroditenherrscher Drasco ganz Nordelbien übertrug.

"Zugleich unterstellte Karl die sächsischen Gaue in Nordalbingien, also Dithmarschen, Holstein und Stormarn, Drascos Herrschaft. Mit der Zuweisung des vordem sächsischen Siedlungsgebietes und einer – wenn auch archäologisch nur in Teilbereichen nachweisbaren – Ansiedlung der Abodriten beabsichtigte Karl einen Schutz der fränkischen Nordgrenze vor den Dänen, vor allem aber wollte er den Sachsen für den Fall einer erneuten Erhebung die Rückzugsmöglichkeit zu den Dänen abschneiden."

Das wird so nie gesagt. Und der Abodritenbund bestand aus verschiedenen Ethnien. Herrschaft bedeutet nicht gleich, dass Ethnien und Sprachen ausgetauscht werden. Zudem hielt die Regelung nicht lange und stellte vor allem eine Einbindung des Fürsten ins Frankenreich dar. Das 19. Jh. sah nur den unausweichlichen Existenzkampf zwischen Nationen. Die Wahrheit hinsichtlich des Abodritenbundes ist aber, dass der als Staat heute Mecklenburg heißt, er sich schlicht ins Reich integrierte. Die Probleme des Frühmittelalters waren Religion, welches Recht benutzt wurde, wer die militärische Gewalt hatte u.s.w..
 
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