Epochengliederung Roms

Vermutlich weil das Imperium nach dem aussterben der Severer das imperium zwischenzeitlich völlig im Chaos versank. Zum Druck der Goten und Sassaniden kamen die Kämpfe der Thronbewerber. In diesen 50 Jahren hatte das Reich 22 verschiedene Caesaren, einige dieser Herren sahen niemals die Hauptstadt Rom. Die Reichseinheit ging verloren. Im Westen spaltete sich ein Gallisch- Britannisches Sonderreich ab, dem zeitweilig auch Spanien angehörte. Im Osten führte Odaenathus von Palmyra einen Präventivkrieg gegen Shapur. Seine Gattin Zenobia beherrschte das Reich von Palmyra zu dem fast ganz Kleinasien und Ägypten gehörten. Erst Aurelian stellte die Reichseinheit wieder her.
 
@Scorpio

Obwohl der Begriff Chaos vielleicht etwas übertrieben ist. Die Administration des Reiches funktionierte in großen Teilen weiter. Was sich änderte war z. B. die steigenden Steuerlasten, die bewältigt werden mussten, kein Wunder bei einer Solderhöhung von 200% innerhalb von 50 Jahren (Septimius Severus 50%, Caracalla 50%, Maximinus Thrax 100%).
 
Nach Dietmar Kienast - Römische Kaisertabelle - gabs zwischen 235 und 284 n. Chr. 25 Kaiser und mind. 37 Gegenkaiser ohne die der diversen Sonderreiche.
 
@tela

Das steht außer Zweifel. Dass die ständigen Bürgerkriege die Reichsverteidigung schwächten ebenfalls, auch, dass sich das Reich in einer Krise befand. Von Chaos würde ich aber nicht sprechen, denn die Reichsverwaltung funktionierte weiter, das Reich brach nicht in sich zusammen. Auch die Sonderreiche hatten eine stabilisierende Wirkung auf das Reich als gesamtes, sie hielten die Gegner an den Grenzen fest, die Kaiser hatten keine Absicht auf Rom zu marschieren.
 
Kommt auf die Definition von Chaos an! Aber der Begriff stammt hier von Scorpio.

Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass es schwer ist, die Soldatenkaiserzeit einer der beiden großen Epochen der Kaiserzeit zuzuordnen, weil es nicht mehr wirklich Prinzipat ist, aber mit Sicherheit auch noch nicht Dominat/spätantikes Kaisertum, sondern etwas eigenes mit dem Charakteristikum, dass sich keine Herrschaft dauerhaft etablieren kann.

Ansonsten: Volle Zustimmung zur Bedeutung der Sonderreiche für die Reichsverteidigung.
 
@tela

Ich hatte nur darauf hingewiesen, dass es schwer ist, die Soldatenkaiserzeit einer der beiden großen Epochen der Kaiserzeit zuzuordnen, weil es nicht mehr wirklich Prinzipat ist, aber mit Sicherheit auch noch nicht Dominat/spätantikes Kaisertum, sondern etwas eigenes mit dem Charakteristikum, dass sich keine Herrschaft dauerhaft etablieren kann.
Dem würde ich teilweise zustimmen. Mit voranschreiten der Soldatenkaiserzeit entfernte sich das Kaisertum immer weiter vom Prinzipat augusteischer Prägung. Es wurde immer weniger Rücksicht auf die Senatoren und deren Privilegien genommen (was bei früheren Kaisern auch schon vorkam). Dennoch wurden vom Senat die Kaiser Balbinus und Pupienus ernannt, Valerian war ein angesehener Senator, Decius ebenfalls.
 
Tacitus war auch Senator. Aber der war - nach Auskunft der Historia Augusta - klug genug zu wissen, dass die Zustimmung des Senats zu seiner Erhebung zum Kaiser nichts wert wäre, wenn nicht auch das Heer zustimmen würde.

Der Anfang vom Ende der Bedeutung der Senatoren für die Römische Reichspolitik kam aber schon bei den Severern, bei denen die früher noch vorhandene Bindung von Senator = Legionskommandant aufgegeben wurde zugunsten wirklicher militärischer Profis.
 
@tela

Tacitus war auch Senator. Aber der war - nach Auskunft der Historia Augusta - klug genug zu wissen, dass die Zustimmung des Senats zu seiner Erhebung zum Kaiser nichts wert wäre, wenn nicht auch das Heer zustimmen würde.
Schon seit den Severn war eigentlich klar, dass das Heer den Kaiser macht. Und das Heer war leicht zu kaufen...

Der Anfang vom Ende der Bedeutung der Senatoren für die Römische Reichspolitik kam aber schon bei den Severern, bei denen die früher noch vorhandene Bindung von Senator = Legionskommandant aufgegeben wurde zugunsten wirklicher militärischer Profis.
Diese Trennung erfolgte meines Wissens nach erst unter Gallienus. Bis in seine Zeit hinein waren die Legionslegaten in der Regel noch Senatoren. Gallienus ersetzte den legatus legiones durch einen aus dem Ritterstand stammenden Präfekten.
 
@Penseo:
Ich sehe das nicht so, dass die Adoption im 2. Jh. eine bewußte Entscheidung war. Wir haben hier einfach 3 Kaiser, die keine Kinder hatten (warum auch immer). Und dann liegt Adoption in Rom einfach nahe. Marc Aurel hatte wieder einen Sohn - und er hat keinen Gedanken an eine Adoption verschwendet (wenigstens ist mir außer Hollywood keine Quelle bekannt, die dies nahelegen würde).

Und Adoption zeigt ja auch, dass das dynastische Prinzip das wichtigste war - bes. für die Soldaten. Man hätte ja niemanden adoptieren müssen. Man hätte die gewünschte Person ja auch einfach so zum Nachfolger ernennen können durch die Übertragung der relevanten Kompetenzen.

Entschuldigung, dass ich jetzt erst darauf antworte:
Laut Karl Christ hat Nerva, ein schwacher Kaiser, der beträchtlich unter Druck geraten war, mit der Adoption eines militärisch starken Trajan die Flucht nach vorne angetreten und seiner bevostehenden Absetzung vorgebeugt. (Trajan verfügte über den militärischen Rückhalt, der Nerva fehlte)

An die Adoption Trajans durch Nerva knüpft die moderne wissenschaftliche Periodisierung des "Adoptivkaisertums" oder auch , allgemeiner gefasst, des "humanitären Kaisertums" an. Jene Form des Principats, die sich zunächst aus dem historischen Zufall ergab, dass keiner der principes zwischen Nerva und Antonius Pius einen leiblichen Sohn besass, sodann aber auch dadurch, dass eine schwere politische Krise eine neue Stilisierung des Principats erzwang.
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Für Nerva und Trajan aber war die Distanzierung vom "Tyrannen Domitian fundamental. Das Ideologem der "Adoption des Besten", so wurde die Adoption des starken Mannes alsbald stilisiert, diente zugleich der Sicherung der Macht.
aus Karl Christ, Geschichte der Römischen Kaiserzeit,
Eventuelle Tippfehler alle von mir!:rotwerd:

Natürlich hätte die Nachfolge auch ohne Adoption gelöst werden können, durch ein konstitutionelles Verfahren. Aber das wiederum hätte ja auch andere an der Macht der Nachfolgevergabe beteiligt (zum Beispiel den Senat, der auf diese Weise wiederum nur proklamierte.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Natürlich hätte die Nachfolge auch ohne Adoption gelöst werden können, durch ein konstitutionelles Verfahren. Aber das wiederum hätte ja auch andere an der Macht der Nachfolgevergabe beteiligt (zum Beispiel den Senat, der auf diese Weise wiederum nur proklamierte.)
Die Frage ist nur: Was wäre gewesen, wenn Trajan, Hadrian oder Antoninus Pius einen Sohn gehabt hätten?
 
Das wäre reine Spekulation. Nicht spekuliert ist, dass mit dem Adoptivkaisertum eine Art der Machtübergabe entwickelt, sogar propagandistisch überhöht wurde, die trotz des Fehlens von männlichen Erben einen alleinbestimmten Machtübergang an eine ausgewählte Person, die nicht der Familie des alten Principes entstammte, ermöglichte.
Und zwar eine Nachfolge ausserhalb der eigenen Familie, nur nach Qualifikation und Leistung.
Sogar eine göttliche Fügung wurde bemüht, um diese Form der Nachfolge zu legitimieren (immer bedacht, dass nunmehr Volk und Senat völlig ausgeschaltet waren).
 
Das wäre reine Spekulation. Nicht spekuliert ist, dass mit dem Adoptivkaisertum eine Art der Machtübergabe entwickelt, sogar propagandistisch überhöht wurde, die trotz des Fehlens von männlichen Erben einen alleinbestimmten Machtübergang an eine ausgewählte Person, die nicht der Familie des alten Principes entstammte, ermöglichte.
Und zwar eine Nachfolge ausserhalb der eigenen Familie, nur nach Qualifikation und Leistung.
Sogar eine göttliche Fügung wurde bemüht, um diese Form der Nachfolge zu legitimieren (immer bedacht, dass nunmehr Volk und Senat völlig ausgeschaltet waren).
Richtig. Volle Zustimmung. Aber Leistung und Qualifikation wären vollkommen unerhablich gewesen, wäre da ein Sohn gewesen.
 
Aber Leistung und Qualifikation wären vollkommen unerhablich gewesen, wäre da ein Sohn gewesen.

Das hätte mit grosser Wahrscheinlichkeit so sein können.
Nun aber wurde eine Form der Machtübergabe legitimiert, bei der die Blutslinie fehlte, der Senat, das Heer und das Volk nicht beteiligt waren, sondern bei der sich eine ganz kleine Gruppe dem Herrscher nahestehender Personen oder der Herrscher ganz alleine den "richtigen" Nachfolger schon mal ausgeguckt hatte.
Und dazu handelte es sich um ein Verfahren, bei der trotz der Ausschaltung der einflussreichsten Gruppen des Reiches die Nachfolge friedlich geregelt wurde. Daher ja der propagandistische Aufwand.
Denn wenn wir schon spekulieren, warum dann nicht darüber, wie der Nachfolger bei fehlendem oder viel zu schwachem leiblichen Thronerben durch verschiedene Heeresteile, die Prätorianer, den Senat ausgerufen worden wäre.
Das ist ja durchaus auch geschehen, mit bekannten chaotischen Folgen.
Unter diesem Gesichtspunkt gehört das Adoptivkaisertum in die Epochengliederung hinein und unterscheidet sich von den vorhergegangenen Adoptionen.
 
Das hätte mit grosser Wahrscheinlichkeit so sein können.
...

Und es konnte auch sein.

Wie schon tela anmerkte hatte Marcus Aurelius keinen Gedanken daran verschwendet nach einem qualifizierten Adoptivsohn Ausschau zu halten da er mit Commodus bereits einen eigenen Sohn hatte.
Frage: Hatte sich Aurel jemals mit den Qualifikationen seines Sohnes auseinander gesetzt oder sich darüber öffentlich geäußert?
Desweiterin hatte Aurelius seinen Mitkaiser Lucius Verus durch dessen Heirat mit Galeria Lucilla an seine Familie gebunden. Überhaupt scheint der dynastische Gedanke auch bei den Adoptivkaisern eine Rolle gespielt zu haben. Von Trajan, Hadrian, Antonius Pius, Marcus Aurelius bis Lucius Verus waren alle mit Verwandten des jeweils voran gegangenen Kaisers verheiratet.
 
Von Trajan, Hadrian, Antonius Pius, Marcus Aurelius bis Lucius Verus waren alle mit Verwandten des jeweils voran gegangenen Kaisers verheiratet.
Sehr guter Einwand, aber dass Plotina mit Nerva verwandt war, wäre mir neu...
Man sollte auch nicht vergessen, dass Hadrian mit Traian verwandt und dessen Mündel war, Traian ihn wie einen Sohn behandelt haben soll und seine Erziehung und Karriere unterstützt hat.
 
Sehr guter Einwand, aber dass Plotina mit Nerva verwandt war, wäre mir neu...
Man sollte auch nicht vergessen, dass Hadrian mit Traian verwandt und dessen Mündel war, Traian ihn wie einen Sohn behandelt haben soll und seine Erziehung und Karriere unterstützt hat.

Oh, da hab ich mich falsch ausgedrückt. Natürlich war Plotina nicht mit Nerva verwandt. Ich meinte eben die Kaiser zwischen Trajan und Lucius Verus.

Hadrian's Großmutter Ulpia Trajana war die Tante Trajan's. Und Hadrian selber heiratete Vibia Sabina, Trajan's Großnichte.

Übrigens war Nerva ein Stiefneffe der Rubellia Bassa, der Ur- Ur- Urenkelin des Augustus und Urenkelin des Tiberius.
 
Also ich hätte da mal ein Zitat aus Alfred Heuss, Römische Geschichte.

So zitiert er Plinius, der schreibt: "Wenn es um die Herrschaft über das Römische Weltreich geht, darf der Blick, welcher den künftigen Kaiser sucht, nicht auf die engere Familie gebannt sein, sondern muss über den ganzen Staat hin schweifen".

Klingt also ganz nach Adoption als bewußte und bessere Möglichkeit einen guten Kaiser zu bekommen. Ich würde mal tippen, dass es aus dem Panegyricus auf Trajan ist, womit das ganze eben der Verherrlichung von Trajan dient und der Art gerecht wird, wie Trajan an die Macht gekommen ist.

Wichtig erscheint mir auch, wie Joinville schreibt, dass diese Kaiser ja schon alle irgendwie miteinander verwandt waren, also die Suche nach dem Besten doch auf die Familie konzentriert war. Ist es ein Zufall, dass man den nächsten Besten nicht irgendwo anders gefunden hat, sondern immer im näheren Dunstkreis der eigenen Familie?
Der dynasitsche Gedanke kommt meines erachtens eben perfekt in der Tatsache der Adoption zu Tage. Man hätte die entscheidenden Kompetenzen auch ohne Adoption übertragen können und so einen Nachfolger designieren können.
 
Also ich hätte da mal ein Zitat aus Alfred Heuss, Römische Geschichte.

So zitiert er Plinius, der schreibt: "Wenn es um die Herrschaft über das Römische Weltreich geht, darf der Blick, welcher den künftigen Kaiser sucht, nicht auf die engere Familie gebannt sein, sondern muss über den ganzen Staat hin schweifen".

Klingt also ganz nach Adoption als bewußte und bessere Möglichkeit einen guten Kaiser zu bekommen. Ich würde mal tippen, dass es aus dem Panegyricus auf Trajan ist, womit das ganze eben der Verherrlichung von Trajan dient und der Art gerecht wird, wie Trajan an die Macht gekommen ist.


Könnte diese Stelle gemeint sein?
Oder sollte, wer den Senat und das römische Volk, Heere, Provinzen und Bundesgenossen einem einzigen übergeben will, seinen Nachfolger einfach aus den Armen seiner Frau erhalten? Sollte er nicht eher alle Bürger ins Auge fassen und in demjenigen seinen nächsten Verwandten, seinen engsten Vertrauten sehen, den er als bestern Mann und als den Göttern gleichend erfunden hat? Wer über alle herrschen soll, muss aus allen erwählt werden.
(Plinius der Jüngere: Panegyrikus 7,5-6)

Ziemlich am Ende des Panegyrikus aber betet Plinius zu Jupiter, den Kaiser zu beschützen:
Bewahre ihn vor allem für unsere Enkel und Urenkel und gewähre ihm später einmal als Nachfolger einen leiblichen Sohn, den er selbst herangebildet hat und einem Adoptivsohn gleichwerden ließ oder, wenn das Schicksal ihm den Sohn versagt, dann hilf im bei der Wahl eines Erben mit deinem Rat und zeige ihm einen Mann, der würdig ist, auf dem Kapitol adoptiert zu werden.
(Plinius der Jüngere: Panegyrikus 94,5 - Übersetzung von Werner Kühn)
 
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