Epochengliederung Roms

Sehr interessant finde ich, dass an erster Stelle den Wunsch, dass ein leibliche Sohn nach Möglichkeit Trajan nachfolgen soll. Die Adoption eines geeigneten ist erst die zweite Lösung.
 
Sicherheitshalber sei gesagt: Man sollte aus dieser "panegyrisch" überhöhten Textpassage nicht auf ein freies, "auf den ganzen Staat" ausgedehntes Auswahlverfahren schließen. Nerva befand sich, wie schon geschrieben wurde, in einer Notsituation, und ein potentieller Nachfolger, der das wichtigste Kriterium, dem alten Kaiser eine Stütze zu sein, zu erfüllen vermochte, konnte zu dieser Zeit und in dieser Situation nur einem bestimmten Personenkreis angehören.
Aber interessant und aufschlussreich ist es schon, dass der Senat, dem Plinius ja angehörte, dem Kaiser einen leiblichen Sohn als Nachfolger wünscht.
 
Ich meine aber, dass wir uns inzwischen von der Frage entfernen, ob denn nun das Adoptivkaisertum eine Epoche war oder nicht. Mein Einwand war nur, dass dies laut Karl Christ in der Forschung so gesehen wird.
 
Von Trajan, Hadrian, Antonius Pius, Marcus Aurelius bis Lucius Verus waren alle mit Verwandten des jeweils voran gegangenen Kaisers verheiratet.

Wobei diese Familienanbindung durch Heirat in Rom verbreitet war.
Bei wechselnden Fronten wurde dann auch geschieden und mit den nun wichtigeren Partieen neu verheiratet.
Aber um jemanden durch Verheiratung einzubinden, musste derjenige erst ausgewählt sein.
 
Ich meine aber, dass wir uns inzwischen von der Frage entfernen, ob denn nun das Adoptivkaisertum eine Epoche war oder nicht. Mein Einwand war nur, dass dies laut Karl Christ in der Forschung so gesehen wird.
Wobei ich persönlich die Diskussion um die Nachfolge bei den Adoptivkaisern um einiges spannender finde als die Frage nach der Epocheneinteilung.
Aber um auch auf diese Frage zurückzukommen. Ich sehe nach wie vor keine fundamentalen Unterschiede zwischen den Adoptionen in der Julisch-Claudischen Zeit und denen der Adoptivkaiser. Augustus adoptierte als Nachfolger jeden möglichen Kandidat, Tiberius musste Germanicus adoptieren, Claudius tat es mit Nero (hier allerdings auch fraglich, ob schon mit dem Hintergedanken der Nachfolge). Man adoptierte innerhalb der Familie, wie dies dann auch bei den Adoptivkaisern der Fall war.
 
Adoption

Aber um auch auf diese Frage zurückzukommen. Ich sehe nach wie vor keine fundamentalen Unterschiede zwischen den Adoptionen in der Julisch-Claudischen Zeit und denen der Adoptivkaiser. Augustus adoptierte als Nachfolger jeden möglichen Kandidat, Tiberius musste Germanicus adoptieren, Claudius tat es mit Nero (hier allerdings auch fraglich, ob schon mit dem Hintergedanken der Nachfolge). Man adoptierte innerhalb der Familie, wie dies dann auch bei den Adoptivkaisern der Fall war.
Der Unterschied gegenüber den früheren Adoptionen war, dass der Vorgang im Vergleich zu vorherigen Adoptionen in eine göttliche Sphäre gerückt wurde. Die Adoption im Jupitertempel auf dem Kapitol erschien wie das Werk Jupiters und verlieh in diesem Falle Trajan den Nimbus der Gotterwähltheit und der Stellvertreterschaft des Gottes auf Erden.
 
Ich sehe nach wie vor keine fundamentalen Unterschiede zwischen den Adoptionen in der Julisch-Claudischen Zeit und denen der Adoptivkaiser.
Ich sehe in dem propagandistischen Aufwand schon einen Unterschied. Sicher resultiert dieser schon allein aus der Tatsache, dass sich einige vorherige Adoptionen als Fehlgriffe entpuppten. Mit der göttlichen Überhöhung und der Auswahl zumindest des ersten Kandidaten als allseits anerkanntem Heerführer sollten Erinnerungen an die vorhergegangenen Fehlentscheidungen beruhigt werden. Dieser Zugriff auf den besten Kanditdaten wurde auch auf die folgenden Adoptierten transportiert, ein Rechtfertigungsaufwand, der meines Wissens zuvor nicht betrieben wurde.
 
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Aber um jemanden durch Verheiratung einzubinden, musste derjenige erst ausgewählt sein.
:grübel:

Hadrian wurde angeblich an Trajan's Sterbebett von diesem adoptiert. Zu dieser Zeit war Hadrian seit mindestens 10 Jahren mit Vibia Sabina verheiratet gewessen.

Antonius Pius war bereits 28 Jahre mit Anuia Galeria Faustina verheiratet bevor er von Hadrian adoptiert wurde. Diese Adoption fand 138 statt, ganze sechs Monate vor dem Tode Hadrians.

Lediglich Marcus Aurelius und Lucius Verus wurden vor ihren Hochzeiten durch Antonius Pius adoptiert. Aurelius jedoch war von Geburt an, als Großneffe Hadrians, schon ein Mitglied des "Adoptivkaiserhauses". Hatte als schon einen Fuß in der Tür.

Letztlich war nur Trajan ein Adoptivkaiser.
Und Lucius Verus, der erst während seines Kaisertums familiären Anschluss an die Dynastie erlangte. Dieser hatte eine interessante familiäre Vorgeschichte. Denn das Problem der Nachfolge im Kaisertum allein mittels Adoption zu lösen hätte beinahe auf seinen Vater, Lucius Aelius, Anwendung erfahren. Dieser war nähmlich ein Adoptivsohn und Thronfolger Hadrian's, ohne mit diesem verwandt oder versippt zu sein. Jedoch verstarb Aelius noch vor Hadrian und der neue Erbe, Antonius Pius, wurde von Hadrian angehalten das Familienmitglied Marcus Aurelius zu adoptieren. Das Lucius Verus mit adoptiert wurde kann man rückwirkend nur noch als "Trostpreis" betrachten, in Anbetracht der Möglichkeit das er der Alleinerbe seines im Kaisertum verhinderten Vaters hätte sein können.
 
Letztlich war nur Trajan ein Adoptivkaiser.
Und Lucius Verus, .............
Das sieht Herr Christ ein wenig anders.

Zum Zeitpunkt der Verheiratung:
Ich sehe da aber keinen Widerspruch, dass schon vor der Adoption verheiratet wurde. Die Partie hatte auch da schon aussichtsreich, blendend zu sein.
Anders ausgedrückt:
In diesen römischen Kreisen wurde nicht an irgendjemanden verheiratet, den man dann nolens volens protegierte, sondern an jemanden, den man ohnehin für würdig erachtete.

Im Gegenteil gehe ich mal soweit zu behaupten, dass gerade die späte
Adoption zeigt, dass es eben nicht selbstverständlich war, innerhalb der Familie zu bleiben.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Joinville:
Ich weiß, ich komme jetzt wieder vom Thema ab, aber da mich das Ganze sehr interessiert: Könntest du bitte erklären, auf welche Weise Marcus Aurelius mit Hadrian verwandt war? Ich habe gestern noch einiges dazu nachgeschlagen, aber keine direkten Linien gefunden. Allerdings ist das Ganze schon sehr kompliziert, und vielleicht habe ich was übersehen.
 
Marcus Aurelius war der Sohn des Marcus Annius Verus III. (dessen Vater und Großvater hatten den gleichen Namen). Die Mutter jenes Marcus Annius und dessen Schwester Annia Galeria Faustina, die Frau des Antonius Pius, war Rupilia Faustina, eine Großnichte Trajan's und Halbschwester der Vibia Sabina, der Frau Hadrian's.
 
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In diesen römischen Kreisen wurde nicht an irgendjemanden verheiratet, den man dann nolens volens protegierte, sondern an jemanden, den man ohnehin für würdig erachtete.
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In wie fern Antonius Pius in den Augen Hadrian's würdig war weiß ich leider nicht. Allerdings war Pius nur eine zweite Wahl, zur Nachfolge erst nach dem Tod von Hadrian's Favoriten Lucius Aelius bestimmt.

Auf letzteren und dessen Sohn möchte ich noch mal eingehen.
Denn auch bei Kaiser Lucius Verus kommt ein gewisser dynastischer Gedanke zu trage. Lucius Verus, beim Tod seines Vater sieben Jahre alt, wurde auf Drängen Hadrian's von Antonius Pius adoptiert. Mir scheint als ob diese Maßnahme eine Art Ausgleich für das nicht zustande gekommene Kaisertum des Lucius Aelius war. Wenn schon nicht der Vater, so also der Sohn. Und ich bezweifle das ein sieben Jahre alter Knabe für das Kaisertum schon eine besondere Würde ausstrahlte.
 
Lucius Verus, beim Tod seines Vater sieben Jahre alt, wurde auf Drängen Hadrian's von Antonius Pius adoptiert.
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Wenn schon nicht der Vater, so also der Sohn. Und ich bezweifle das ein sieben Jahre alter Knabe für das Kaisertum schon eine besondere Würde ausstrahlte.

Das ist allerdings ein sehr überzeugendes Argument für den Gedanken, dass alles in der Familie zu bleiben habe.
Und warum nun nennt die moderne Geschichtsforschung diesen Zeitabschnitt der römischen Geschichte "Adoptivkaisertum", quasi als Heraushebung zu den vorher bereits erfolgten Machtübergängen per Adoption?
 
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Und warum nun nennt die moderne Geschichtsforschung diesen Zeitabschnitt der römischen Geschichte "Adoptivkaisertum", quasi als Heraushebung zu den vorher bereits erfolgten Machtübergängen per Adoption?

Ich meine ein wichtiger Grund für diesen Umstand ist das Verhältnis der Adoptivkaiser zum Senat.

Im Gegensatz zu den Kaisern z.B. aus der jülisch-claudischen Dynastie waren die Adoptivkaiser bemüht ein positives Verhältnis zum Senat zu führen. Dies schlug sich letztlich auch positiv auf das historische Urteil nieder.
Mit dem Begriff "Adoptivkaiser" wird tatsächlich der Eindruck erweckt, dass jene Kaiser ihre Nachfolge einzig und allein der Adoption zu verdanken hätten, auf die der Senat ein Mitspracherecht gehabt habe. Damit hatte das Prinzipat dieser Kaiser der republikanischen Tradition des Senats näher gestanden als ein Erbkaisertum wie es sich unter den vorrangegangenen Dynastien herrausgebildet hatte. Während ein Dynastiename wie eine Art Abgrenzung der Kaiser zum Senat und dementsprechend ihr Verhältnis zueinander bedeutet hätte.
Zudem folgte der Herrschaft der Adoptivkaiser die der Severer und der Soldatenkaiser. Eine Zeit in der der Senat seine Bedeutung letztlich verloren hatte. Da erinnert man sich doch gerne an bessere Zeiten und "seinen" Kaisern.
 
Möglich ist auch ein Unterschied in der Form der Adoption. Man sollte nicht vergessen, dass die Adoption eine fest verankerte Institution in der Republik war und keineswegs mit der heutigen Adoption vergleichbar ist.
So kann ich mir vorstellen das Adoptionen in der julisch-claudischen Zeit noch die Aufnahme in den Familienverband bedeutete mit allen zugehörigen Folgen und Vorteilen wohingegen im 2. Jhdt. n. Chr. die Adoption eher einem Empfehlungsschreiben für den Nachfolger diente. Leider bin ihc weder in der Republik noch der frühen/mittleren Kaiserzeit gut zuhause so dass ich diese Aussagen rein aus meiner wirren Gedankenwelt ersonnen hab ohne richtige Belege liefern zu können !
 
Adoptivkaisertum

Die Adoption Trajans veränderte das Bild des Prinzipats in den Köpfen der Menschen. Es entstand ein neues Kaiserbild mit der Vorstellung, dass der Princeps aus allen erwählt werden könne und solle, nicht nur aus dem Kreis der Familie, denn dann sei es nämlich möglich mit Hilfe der Götter den Besten auszuwählen (nachzulesen bei Plinius). Unter Hadrian war die Auffassung des Prinzipats als Gottesgeschenk so schon weit in das Selbstverständnis des Kaisertums eingebunden, dass auf Münzen dargestellt wurde, wie Jupiter die Weltkugel an Hadrian übergab.
 
Es entstand ein neues Kaiserbild mit der Vorstellung, dass der Princeps aus allen erwählt werden könne und solle, nicht nur aus dem Kreis der Familie, denn dann sei es nämlich möglich mit Hilfe der Götter den Besten auszuwählen (nachzulesen bei Plinius).
Aber warum muss man den Nachfolger dann adoptieren, um ihn dadurch in die eigene Familie aufzunehmen? Warum hat es nicht gereicht dem erwählten Nachfolger die nötigen Kompetenzen (also: die tribunicia potestas) zu übertragen und ihn dadurch als gewünschten Nachfolger zu designieren?
 
Adoption

Aber warum muss man den Nachfolger dann adoptieren, um ihn dadurch in die eigene Familie aufzunehmen? Warum hat es nicht gereicht dem erwählten Nachfolger die nötigen Kompetenzen (also: die tribunicia potestas) zu übertragen und ihn dadurch als gewünschten Nachfolger zu designieren?
Das Mittel der Adoption musste gewählt werden, weil schon Augustus seine Nachfolgereglung in gewissem Maße in rechtlicher Hinsicht offengelassen hatte, der Senat also annehmen konnte, dass ihm selbst ein Recht zur Wahl des princeps zustehe. Die Adoption war also das Mittel, um den Senat aus der Nachfolgeregelung auszuschalten. Übrigens war Galba der erste princeps, der einen Nachfolger adoptierte, der nicht der Verwandtschaft entstammte.
 
Das Mittel der Adoption musste gewählt werden, weil schon Augustus seine Nachfolgereglung in gewissem Maße in rechtlicher Hinsicht offengelassen hatte, .
Das Problem war natürlich die res publica restituta, die keine Nachfolgeregelung kennen konnte.

der Senat also annehmen konnte, dass ihm selbst ein Recht zur Wahl des princeps zustehe. .
Dies aber nur de iure. De facto war wohl allen klar, dass kein Weg um die Nachfolge um den aktuellen princeps herumführte, so dass diese auch Sorge um ihre Nachfolge zu treffen hatten und den entsprechenden Kandidaten zu designieren hatten.

Die Adoption war also das Mittel, um den Senat aus der Nachfolgeregelung auszuschalten. .

Die Adoption war nötig, weil die Nachfolge auf zweierlei Wegen geschah. Auf staats- und privatrechtlichem Wege.

Staatsrechtlich wurde der Nachfolger - im Idealfall - Teilhaber an der kaiserlichen Macht, indem er die tribunicia potestas und u.U. auch das imperium proconsulare übertragen bekam, so dass er beim Regierungswechsel alle nötigen Kompetenzen besaß.

Für dieses Verfahren war eine Adoption nicht notwendig.

Privatrechtlich wurde der Nachfolger Sohn und Erbe des kaiserlichen Vermögens sowie der Klientel.

Da die meisten Kaiser nach Augustus keinen Sohn hatten (Commodus war der erste Sohn in 200 Jahren Prinzipat), war die Adoption von Anfang an eine wesentlicher Bestandteil des Prinzipats.
(übernommen aus: Werner Dahlheim, Die griechisch-römische Antike, Bd. 2. Rom)

Übrigens war Galba der erste princeps, der einen Nachfolger adoptierte, der nicht der Verwandtschaft entstammte.
 
Da die meisten Kaiser nach Augustus keinen Sohn hatten (Commodus war der erste Sohn in 200 Jahren Prinzipat), war die Adoption von Anfang an eine wesentlicher Bestandteil des Prinzipats.
Ich sollte hier vielleicht einen Fehler korrigieren :red: : Natürlich warenvor Commodus schon Titus und Domitian Söhne eines römischen Kaisers. Commodus war also nicht der erste leibliche Sohn.
Danke Joinville für den Hinweis!
 
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