Es gibt aus den letzten Jahren eine Reihe von Publikationen, die auch den Askari-Mythos behandeln, so neben dem oben zitierten auch Morlang (Askari und Fitafita), Pesek (Das Ende eines Kolonialreiches) oder Bührers MGFA-Band zur Kaiserlichen Schutztruppe, etc.
Wikipedia oder Kolonialseiten sind da mit Vorsicht zu genießen.
1. Herkunft
Zunächst ist einmal grundsätzlich zwischen dem Status im Juli 1914 mit 2240 Askai in 14 Kompanien und dem Kriegsstand mit über rd. 13.500 Rekrutierten (selbst diese Zahl ist kaum prüfbar) zu unterscheiden, von denen nach amtlichen Quellen rd. 1/5 desertierte.
Über die Herkunft sind nur bruchstückhafte Erkenntnisse vorhanden, so dass zT sogar Rekonstruktionen über die Nachlässe und Vermächtnisse versucht wurden. Offen ist, wieweit bekannte Herkunft in Einzelfällen überhaupt verallgemeinerbar ist. Tendenziell gehen die Aussagen in Richtung einer breiten Mischung.
2. Motivation und Kampfwille
Die Askari hatten viel zu verlieren: Privilegien und Macht innerhalb der kolonialen Ordnung und relativen Wohlstand, mit dem die Kooperation im deutschen kolonialen Projekt belohnt wurden. Desertation dürfte auch durch das Mitschleppen der Familienmitglieder erschwert worden sein. Auf den Zügen sind Fälle bekannt, bei denen die Askaris systematisch von deutschen Offizieren über den Stand der Dinge belogen wurden (um das Verbleiben bei der Truppe zu sichern). Eine große Rolle spielte das Freigeben von Plündern, die Aufhebung des gewohnten (europäischen) Kriegsrechts, das Freigeben von Frauenraub und Vergewaltigungen durch deutsche Offiziere (die sich zT beteiligten). Einige Autoren sprechen hier von einer "Afrikanisierung" der Kriegführung (eine problematische Wortwahl, wenn man die Entwicklungen zum Totalen Krieg in Europa dagegen stellt). Gegenüber dem Beutemachen war die Soldfrage nachrangig.
Die Zeit vor dem Krieg ist auch mit den Kriegsjahren nicht vergleichbar: hier verschwammen die bekannten Grenzen zwischen deutschen und afrikanischen Truppenangehörigen allein durch die Kampfführung, die Züge und Kampagnen, mangelnde Versorgung, Kriergserlebnisse. Man aß "aus einem Topf", für den Juli 1914 noch unvorstellbar. Für die Askaris ein Aspekt des weiteren Aufstiegs in der kolonialen Ordnung, in einer für sie ohnehin unüberschaubaren Kriegslage.
Das Mitlaufen in der Truppe (inkl. Familie) bot - paradoxerweise - aufgrund der Kriegsführung in vielen Lagen mehr "Sicherheit" als der "Wechsel" zur schutzlosen Zivilbevölkerung. Dies ist ein Faktor - neben der Aussicht auf freie Beute -, der 1914 zu Massen an freiwilligen Meldungen zur Truppe geführt hat.
Schließlich sind die Desertionsraten zwischen den Rekrutierten ab 1914 viel höher als zu den altgedienten, professionellen, in der Kolonialordnung verankerten Söldnern. Nach Offiziersangaben stammten die Massen der Rekrutierungen aus Unyamwezi und Usukuma. Später gab es auch Rekrutierungs-Jagdkommandos, so dass eine größere Durchmischung auftrat.
Seitenwechsel durch Desertionen waren ebenfalls möglich: ein Großteil der deutschen Truppen am Nyassa-See bestand aus Überläufern eines aufgelösten Batallions der King's African Rifles, ebenso umgekehrt. Seitenwechsel sind durch Beuteaussichten bestimmt worden. Auch diese "Unstetigkeiten" passen nicht zum deutschen Askari-Mythos. Darüber wurde wenig berichtet, aber mit größter Härte vorgegangen: bei der Belagerung von Mklama 1917 bestanden die eingeschlossenen King's African Rifles größtenteils aus übergelaufenen deutschen Askaris, Gefangene wurden sofort exekutiert, während die Eingeschlossenen extremen Widerstand gerade wegen dieses drohenden Schicksals zeigten.
Auch eine andere Seite: 1917 kamen deutsche Ärzte hinter einen schwunghaften Handel mit Diarrhöe verseuchten Fäkalien unter den Askaris, die sich damit dienstuntauglich schrieben lassen.
3. Memoirenliteratur
Mit äußerster Vorsicht zu genießen, zT grobe Verzerrungen und Falschdarstellungen, neben Auslassungen.
4. Wer an dem Thema ernsthaft interessiert ist, für den sind min. mal drei, vier der letzten Publikationen mit einer Masse von Details zu empfehlen. Die Detaildarstellungen belegen außerdem, dass vieles bislang im Dunkel geblieben ist, und einges aus Mythen der Memoirenliteratur zu bestehen scheint.
Man kann sich Augustos Urteil anschließen, dass es hier nichts zu verklären, sondern aufzuklären und zu erklären gilt.