Warum war der Aufschwung militärisch zu sichern? Seit sich Menschen zu Gemeinwesen zusammenschliessen, werden die Grundlagen des Gemeinwesens (nach innen und außen) gesichert. ...
Die Exportorientierung des Kaiserreichs ist eindeutig: Etwa 18% des Exports gingen in die USA (beim Exportweltmeister waren es 2007 noch 8%). Der Expor bei einem rohstoffarmen, weiterverarbeitenden Land kann nur funktionieren, wenn auch importiert werden kann (die Abhängigkeit beträgt bei Rohstoffen, die in Deutschland nicht zu finden sind, logischerweise 100%).
Das ist mir viel zu allgemein, es geht hier nicht um Höhle A gegen Höhle B.
- Zunächst einmal gingen nicht 18 % in die USA, sondern 18% nach Nord- und Südamerika insgesamt. Die USA nahmen davon stets rd. die Hälfte ab, in den Jahren 1907 bis 1913 stagnierend jeweils 550 bis 650 Mio. RM.
- Die Topoi vom rohstoffarmen Deutschen Reich und den Nahrungsmittelabhängigkeiten (Importe) nahmen tatsächlich einen breiten Raum in der Öffentlichkeit ein, da läßt sich von den Schriften der zweiten Hälfte 19. JH über mein Kampf bis zur Autarkiepolitik im Dritten Reich eine Linie verfolgen (ich erinnere zB an die erste Sitzung Hitlers mit der Wehrmachtsführung im Feb. 33, bei der die These fiel, diese ließe sich niemals über Exporte regeln, sondern über Raumpolitik). Wie zB der Zollkrieg mit rußland zeigt, ließen sich flugs russische durch ungarische Nahrungsmittelimporte ersetzen. Bedeutender als die USA waren für die Importe die Niederlande, Belgien, Dänemark etc.
- Im übrigen wies das "exportorientierte" Deutsche Reich ein strukturelles Handelsbilanz-Defizit auf (siehe oben betreffend europäische Länder). Hier laufen wohl mehr Legenden als substanielle Zusammenhänge in die Flottendiskussion ein, um auch nochmals die kritische Anmerkung von jschmidt aufzugreifen.
- Die Frage wurde noch nicht beantwortet, was diese Exportvolumina mit dem Flottenbau außer damaliger Propaganda zu tun haben sollen? Wie sollten mit schiffsbau-technischem Stand 1897/1913 Handelslinien ohne Stützpunktnetz nach Nord- und Südamerika gesichert werden?
zu silesia # 23, 24
Richtig ist, dass England ein wichtiger Handelspartner von Deutschland war. War es nicht im Interesse beider Staaten dn Krieg zu verhindern? Meine eindeutige Antwort: Ja!
Deutschland konnte kein Interesse am Krieg haben. Die Überlegenheit in den zukunftsträchtigen Industrien war eindeutig (und wurde selbst durch zwei verlorene Weltkriege nicht beeinträchtigt). Auch England konnte durch den Krieg nur verlieren, und hat auch trotz seines Status als Sieger die für England so wichtige Rolle als Finanzzentrum an die USA verloren.
Bereits 1913 hatte GB diesen "Status" an die USA verloren bzw. würde ihn determiniert verlieren. In der Stahl- und Kohleindustrie (gemessen an der absoluten Leistung/Ausbringung) hatten die USA bereits GB weit überholt. Unvermeidbar war, dass durch die Verflechtungen weitere Industrien dem Fahrwasser der Schwerindustrie folgen würden, an Schluß dann die Finanzkraft bzw. der Finanzmarkt. Eine Kausalität durch den Weltkrieg würde ich daher nicht sehen, allenfalls eine Beschleunigung um ein paar Jahre.
Bezgl. der "Überlegenheit" des Deutschen Reiches ist anzumerken, dass 1914 GB inkl. Kolonien ungefähr die doppelte Bedeutung auf dem Weltmarkt nach Handelsvolumen ggü. dem Deutschen Reich einnahm. Von der behaupteten Überrundung 1913 war nichts zu sehen, wenngleich die deutsche öffentliche Wahrnehmung und die Realitäten 1913 hier etwas auseinander klafften. Der weite Abstand im Handelsvolumen GB (auch ohne Kolonien)/DR 1890/1913 hatte sich zwar etwas, aber im Niveau unbedeutend verringert.