Gegenstempel und Varus-Schlachtfeld

Hallo El Q,

in der "Zivilisation" gebe ich dir Recht - verliert man nicht so leicht Geld. Doch es kommt immer wieder mal vor. Auf einem Truppenübungsplatz sieht die Sache schon anders aus. Dort haben wir damals öfters Esbit-Kocher, Zeltheringe, Einweg-Rasierer, BW-Essbesteck und auch Geld gefunden, da diese immer wieder (auch von anderen Einheiten) aufgesucht wurden. Was denkst du wie meine Gruppe damals (1998) plötzlich die Augen offen gehalten hatte, als einer meiner "Pommes" ein 2 Mark und ein 5 Mark-Stück gefunden hatte. Wenn du nicht einmal 500 Mark im Monat hattest, dann war das schon ein kleiner Schatz.

Und schon deshalb kann was mit Kalkriese nicht stimmen.
 
Hallo El Q,

in der "Zivilisation" gebe ich dir Recht - verliert man nicht so leicht Geld. Doch es kommt immer wieder mal vor. Auf einem Truppenübungsplatz sieht die Sache schon anders aus. Dort haben wir damals öfters Esbit-Kocher, Zeltheringe, Einweg-Rasierer, BW-Essbesteck und auch Geld gefunden, da diese immer wieder (auch von anderen Einheiten) aufgesucht wurden. Was denkst du wie meine Gruppe damals (1998) plötzlich die Augen offen gehalten hatte, als einer meiner "Pommes" ein 2 Mark und ein 5 Mark-Stück gefunden hatte. Wenn du nicht einmal 500 Mark im Monat hattest, dann war das schon ein kleiner Schatz.

Und schon deshalb kann was mit Kalkriese nicht stimmen.

Na ja, da ihr ja schon so fleißig alles aufgesammelt habt, werden Archäologen in 2000 Jahren ja bestimmt nicht mehr viel finden!
Wie in Kalkriese!
 
Na ja, da ihr ja schon so fleißig alles aufgesammelt habt, werden Archäologen in 2000 Jahren ja bestimmt nicht mehr viel finden!
Wie in Kalkriese!

Hallo Xander,

nochmal - wenn Germanicus da war, dann hätte man ein paar nachvaruszeitliche Münzen finden müssen. Es gibt sie aber nicht. Lies mal Harnecker's "Nicht nur die Varusschlacht". Es erübrigt sich über etwas zu diskutieren was nicht vorhanden ist.

http://www.digs-online.de/dokumente/harnecker.pdf
 
Hallo Biturigos,

wenn ich bei Tacitus lese (die Übersetzung Strodtbeck/Gottwein), kann ich Deine Argumentation nicht nachvollziehen. Hier die relevanten Zeilen:

Tacitus ann 1, 35,3
fuere etiam, qui legatam a divo Augusto pecuniam reposcerent ((Einige forderten auch den Geldbetrag, den der verewigte Augustus ihnen vermacht habe)

Tacitus ann 1, 36,3
legata, quae petiverant, exsolvi duplicarique. (die Vermächtnisse, die sie begehrten, sollen in doppelter Summe ausbezahlt werden.)

Tacitus ann 1, 37,1
largitio differebatur in hiberna cuiusque. non abscessere quintani unetvicesimanique, donec isdem in aestivis contracta ex viatico amicorum ipsiusque Caesaris pecunia persolveretur. (Die Ausbezahlung (des Vermächtnisses) wollte man für jeden einzelnen auf das Winterquartier verschieben; aber die fünfte und die einundzwanzigste Legion wichen nicht von der Stelle, bis das Geld, das Germanicus und seine Freunde aus ihrer Reisekasse zusammenlegten, noch im Sommerlager ausbezahlt war.)

Tacitus ann 1 37,2
primam ac vicesimam legiones Caecina legatus in civitatem Ubiorum reduxit, turpi agmine, cum fisci de imperatore rapti inter signa interque aquilas veherentur.
(Die erste und die zwanzigste Legion führte der Legat Caecina in die Stadt der Ubier zurück, ein Heereszug, schändlich anzusehen, wie die dem Imperator entrissenen Gelder mitten unter den Feldzeichen und Adlern mitgeführt wurden.)

Grad die letzte Formulierung deutet nicht an, dass die Legionen etwas "ihnen zustehendes", also rückständige Gelder. Sold, etc., von dannen führten...
Da schließe ich mich lieber doch der Aussage vom (erzwungenen) doppelten Augustuserbe an.

Ja klar, meine spekulative Annahme, die Ursache der Gegenstempelei betreffend, ist doch nur ins Blaue geschossen.
Jedoch verweise ich nochmals auf die ungeheuerliche Ausnahmesitustion (Lebensgefahr!) hin, in der sich Germanicus als Geisel der Legionen befand! In solch einer Situation kannst Du irgendwelche "Berechtigungen zum Gegenstempeln", die in der normalen römischen Welt eisern bestanden, wenn sie denn überhaupt bestanden, schlicht vergessen! Vier Legionen meuterten und massakrierten ihre Centurionen, weitere vier Legionen waren (noch!) unentschlossen - zusammen ein Drittel der gesamten römischen Heeresmacht! Hier bestand neben der persönlichen Gefahr für den Prinzen eine ebensolche für das gesamte Reich!
Hier musste schnell und effektiv gehandelt werden, irgendwelche Vorschriften spielten da absolut keine, nicht die kleinste Rolle.
Und man ersann eine Verdoppelung des Erbes des Augustus - Geld beruhigt ungemein. Aber dieses Geld musste greifbar sein, Zettel oder Listen waren absolut ungeeignet.
Sogar die Reisekassen der Freunde des Germanicus - das konnten doch der junge Varus und der möglicherweise ebenfalls anwesende Valerius Maximus durchaus sein, unabhängig, ob sie nun zum inneren Machtzirkel gehörten oder nicht, oder? - wurden bemüht. Tacitus schreibt nichts von Gegenstempelungen und dergleichen, was selbiges jedoch nicht ausschließt, er hat halt nur keine Infos drüber gehabt oder wollte nur von der Hilfsbereitschaft der Freunde berichten, wer weiß?

Schau, an anderer Stelle schreibt Tacitus ja auch explizit von einer Errichtung eines Tumulus für die Gefallenen der Varuslegionen, nichts von irgendwelchen Knochengruben, rein überhaupt nichts!
Trotzdem wird grade diese konkrete und unmissverständliche Aussage (ein Grabhügel) von den Kalkrieseleuten sogleich zu einer allgemeinen Bestattungsaktion umgedeutet, bei der "selbstverständlich" auch Knochengruben angelegt wurden, welches wiederum ein "starkes" Indiz (von Beweis zu schreiben traut sich dann doch keiner!) für die Varusschlacht (oder eines "bedeutenden Teils" derselben - stärker kann sich auch ein Aal nicht winden!) am Kalkrieser Berg sein soll! Erstaunliche Argumentation von wissenschaftlich ausgebildeten Leuten, nicht wahr?

Also kann doch mit gleichem gedanklichen "Recht" angenommen werden, dass zur Beschaffung des nötigen Geldwertes natürlich vorwiegend die minderwerten Münzen (Asse) genommen wurden um mittels Aufwertung durch Stempel die Geldsumme zu vervollständigen. Um solches anzunehmen und für möglich zu halten (In einer absoluten Ausnahmesituation!) benötige ich auch keinen Münzexperten oder dergleichen, weil es deren normale Arbeit nicht betrifft.
Vielleicht könnten jene die Frage beantworten, warum ein schwerreicher römischer Statthalter Geldgeschenke in Form von Kleingeld an seine Soldaten überreichen lässt? Wenn Du auf Arbeit einen guten Job machst und Dein Chef überreicht Dir mit gütigem Lächeln und warmen Worten einen Umschlag, der, als Du ihn öffnest, einen 5-€-Schein (oder auch zwei) enthält, wie werden wohl Deine Gedanken bezüglich dieses Chefs in dem Augenblick sein?

Aber eigentlich interessiert mich die ganze Münzdiskussion wirklich nur am Rande - weil sich damit über das Datum eines Ereignisses nur eine konkrete Aussage treffen lässt, nämlich wann diese frühestens verloren gegangen sein können, der Rest ist nicht beweisbar mit Münzen allein.
Ich bin nur immer wieder erschüttert, mit welcher Selbstsicherheit fast jeder zweifelsfrei den Stempel "VAR" als Varus deutet, natürlich abgesichert durch VAR-Gegenstempel in Syrien, wo Varus ebenfalls diente, was natürlich den ultimativen Beweis darstellt.
Rom ist groß und ein paar besondere Münzen sind also bis nach Syrien gekommen, na und? Was beweist das?

Beste Grüße
Ostfale
 
@ Hermundure:
Man "muss" nichts finden, das ist immer auch zufallsabhängig und Glückssache. Da Du gerne das Beispiel aus Deiner Zeit beim Militär bringst: Das kenne ich auch, auch wir haben, als wir im Zuge einer "Feldwoche" eine Woche lang im Wald kampierten, ein paar Sachen verloren. (Geld ging aber niemandem ab, sondern nur Ausrüstungsgegenstände.) Am Ende der Woche sind wir das Gelände (also den relativ überschaubaren Bereich unseres Zeltlagers) Mann neben Mann abgegangen - und haben das Vermisste trotzdem nicht gefunden. Und da erwartest Du, dass auf einem weitläufigen Schlachtgelände wie Kalkriese die Handvoll nachvarianischer Münzen, die - vielleicht - verloren wurden, gefunden werden "müssen"?
 
Hallo Xander,

nochmirgendwelchenn Germanicus da war, dann hätte man ein paar nachvaruszeitliche Münzen finden müssen. Es gibt sie aber nicht. Lies mal Harnecker's "Nicht nur die Varusschlacht". Es erübrigt sich über etwas zu diskutieren was nicht vorhanden ist.

http://www.digs-online.de/dokumente/harnecker.pdf

Du immer mit deinen absoluten Erwartungen an irgendwelche Funde die man machen muss, damit ein Ereignis stattgefunden haben kann! Das ist eine unsinnige Sichtweise!

Hier bei mir in der Umgebung sind im 30jährigen Krieg die Schweden oftmals durchgezogen.
Ich kenne jedoch keinen Fund einer entsprechenden Münze! Haben die Ereignisse also deiner Logik zufolge gar nicht stattgefunden???
 
Hallo Xander,

nochmal - wenn Germanicus da war, dann hätte man ein paar nachvaruszeitliche Münzen finden müssen.

Warum? Wo ist festgelegt, was in einer archäologischen Grabung gefunden werden muss?

Viele Leute wollen Kalkriese ja zur Schlacht an den pontes longi machen. Würde dann mit den gleichen Argument auch flachfallen, oder?

Was bleibt dann für Kalkriese? Irgendein mehr oder weniger unwichtiges militärisches Ereignis kleineren Ausmaßes (du hast glaube ich was von einer Kohorte geschrieben), für die die Feinde aber mit dem Wall einen vergleichsweise großen Aufwand betrieben haben!

Die späteren Bestattungen lassen sich da dann aber recht schlecht erklären?
 
Du immer mit deinen absoluten Erwartungen an irgendwelche Funde die man machen muss, damit ein Ereignis stattgefunden haben kann! Das ist eine unsinnige Sichtweise!

Nö, eine ergebnisorientierte Sichtweise. Man formuliert Erwartungen, die ein Befund nicht erfüllen kann und lehnt ihn dann mit der Begründung ab, dass die Erwartungen an den Befund eben nicht erfüllt werden.

Man weiß halt schon vorher, was man gerne hätte oder auch nicht und kann das ganze dann so hindrehen, dass das, was man gerne hätte auch erfüllt ist.

Ob das ganze etwas mit einer wissenschaftlichen Herangehensweise zu tun hat, da hab ich dann aber doch meine Zweifel. :still:
 
Jedoch verweise ich nochmals auf die ungeheuerliche Ausnahmesitustion (Lebensgefahr!) hin, in der sich Germanicus als Geisel der Legionen befand! In solch einer Situation kannst Du irgendwelche "Berechtigungen zum Gegenstempeln", die in der normalen römischen Welt eisern bestanden, wenn sie denn überhaupt bestanden, schlicht vergessen!

Richtig. Umso mehr aber auch, dass du Zeit zum gegenstempeln hättest oder gar, dass du mit Hilfe von Gegenstempeln den Wert der Münze erhöhen würdest, ohne dass die Soldaten sich den Arm genommen fühlten.

an anderer Stelle schreibt Tacitus ja auch explizit von einer Errichtung eines Tumulus für die Gefallenen der Varuslegionen, nichts von irgendwelchen Knochengruben, rein überhaupt nichts!
Trotzdem wird grade diese konkrete und unmissverständliche Aussage (ein Grabhügel) von den Kalkrieseleuten sogleich zu einer allgemeinen Bestattungsaktion umgedeutet, bei der "selbstverständlich" auch Knochengruben angelegt wurden, welches wiederum ein "starkes" Indiz (von Beweis zu schreiben traut sich dann doch keiner!) für die Varusschlacht (oder eines "bedeutenden Teils" derselben - stärker kann sich auch ein Aal nicht winden!) am Kalkrieser Berg sein soll! Erstaunliche Argumentation von wissenschaftlich ausgebildeten Leuten, nicht wahr?
Dein kleiner Seitenhieb ist alles andere als sachlich und es lohnt sich hier durchaus noch mal zu schauen, was Tacitus genau schreibt. Der schreibt zunächst einmal, dass die Soldaten ihre Kameraden nach sechs Jahren bestatteten: nicht wissend, ob sie die Überreste von Fremden oder der Ihren mit Erde bedeckten (nullo noscente alienas reliquias an suorum humo tegeret). Erst danach schreibt er, dass in diesem Zusammenhang auch ein tumulus zu Ehren der Toten errichtet wurde, bei dem Germanicus selbst gewissermaßen den "Grundstein" legte: Primum extruendo tumulo caespitem Caesar posuit, gratissimo munere in defunctos et praesentibus doloris socius.


Ich bin nur immer wieder erschüttert, mit welcher Selbstsicherheit fast jeder zweifelsfrei den Stempel "VAR" als Varus deutet, natürlich abgesichert durch VAR-Gegenstempel in Syrien, wo Varus ebenfalls diente, was natürlich den ultimativen Beweis darstellt.
Rom ist groß und ein paar besondere Münzen sind also bis nach Syrien gekommen, na und?
Ein magerer Versuch die Fakten wegzudiskutieren. Sind die Gegenstempel des Lucius APRONius dann auch keine Statthaltergegenstempel?
 
Zuletzt bearbeitet:
@Ostfale: da ich kein Lateiner bin, und meine Übersetzungen schon öfters versagt haben, und Gottwein etwas anderes aussagt als meine Übersetzung, lasse ich das Argument mit Augustus Erbe weg - Ravenik oder EQ könnten da eventuell weiterhelfen.
Deine anderen Argumente für die Gegenstempel überzeugen mich nicht, aber du sagst selbst, dass dies Vermutungen sind. Ich würde deiner Theorie auch deswegen widersprechen, da du selbst darauf hinweist, wie misstrauisch die Soldaten sind - sollten sie den Gegenstempeln eines zweitklassigen Rhetorikers vertrauen? Oder dem Sohn des Varus? Dies überzeugt mich nicht. Für mich spricht gegen Kalkriese weniger der numismatische Befund, sondern dass bisher keine Lagerstrukturen und damit ein Marschweg gefunden wurden - dies nebenbei. Man kann zwei skeptische Haltungen annehmen:
entweder man hält Kalkriese für einen Teil der glades variana (für das es Argumente gibt, und auch Gegenargumente), und entscheidet sich dafür, solange keine bessere Alternative vorhanden ist - oder man entscheidet sich dagegen, und nimmt jedoch die wissenschaftlichen Indizien und Argumente der Befürworter ernst und wägt sie ernsthaft ab, auch in Bereitschaft sich überzeugen zu lassen.

Zu den Suchereignissen: ich möchte etwas zu den Alltagsbeispielen aus militärischer oder sonstiger Erfahrungen der Diskutierenden sagen. Meiner Ansicht nach werden sie den beiden großen Suchereignissen auf dem Schlachtfeld nicht gerecht:
zur Plünderung: die Schlacht war ein Ereignis, dass den Fundort eingrenzte, und die Chancen auf Funde stark erhöhte - als würde jemand für alle sichtbar in einer Fussgängerzone Geld ausstreuen. Der Erfolg des ersten Suchenden, der ein Stück Gold, ein bronzenes Trinkgefäß oder einen Ring gefunden hat, spricht sich herum, dementsprechend ehrgeizig und akkurat wird die Schatz - und Beutesuche vonstatten gegangen sein, und sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen haben - eventuell auch organisiert von den Stammes - und Gefolgschaftsführungen, wurde die Beute geschätzt und aufgeteilt. Dies ist überhaupt nicht zu vergleichen mit einer Situation, in der jemand zufällig eine Münze verloren hat und diese zufällig gefunden wurde.
Zur Absuche des Germanicus: auch dort kann das Augenmerk auf Wertvolles bestanden haben, militärische Standarten, persönliches Eigentum, an dem man den vielleicht bekannten / befreundeten Offizier oder Legionär erkennen könnte (bleierne Signaculi/Kennmarken gab es noch nicht?) -das Motiv ist anders, wichtig war dem Stab auch, eventuell anhand der Funde den Verlauf der Schlacht nachzuzeichnen, in den Überresten zu lesen, was sich auch nach der Schlacht am Tatort abgespielt hat. Auch in diesem Fall würden die römischen Soldaten aus verschiedenen Motiven sehr aufmerksam sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Für mich spricht gegen Kalkriese [...] dass bisher keine Lagerstrukturen und damit ein Marschweg gefunden wurden - dies nebenbei.
Dann aber muss man sich fragen, wie 1600++ Münzen, römische Alltagsgegenstände und Militaria dorthin kamen.
Interessanterweise meint auch Schlüter (der Archäologe und Varusschlachtbefürworter, nicht der gleichnamige Rechtsanwalt und Varusschlachtgegner), dass die Wallanlage in Kalkriese römisch sei. Er steht damit aber ziemlich alleine. Er vergleicht sie mit dem von Tacitus für das Jahr 14 beschriebenen Lager.
Egal, welche römische Heeresmacht durch den Kalkrieser Engpass gezogen ist, sie muss irgendwo gelagert haben.

Zur Absuche des Germanicus: auch dort kann das Augenmerk auf Wertvolles bestanden haben, militärische Standarten, persönliches Eigentum, an dem man den vielleicht bekannten / befreundeten Offizier oder Legionär erkennen könnte (bleierne Signaculi/Kennmarken gab es noch nicht?) -das Motiv ist anders, wichtig war dem Stab auch, eventuell anhand der Funde den Verlauf der Schlacht nachzuzeichnen, in den Überresten zu lesen, was sich auch nach der Schlacht am Tatort abgespielt hat. Auch in diesem Fall würden die römischen Soldaten aus verschiedenen Motiven sehr aufmerksam sein.
Ich glaube, eine solch militärwissenschaftliche-forensische Begründung für das Aufsuchen des Schlachtfeldes, ist zu modern und wissenschaftsbetriebsgeprägt gedacht.
 
auch weann es nichts mit den Feinheiten der numismatischen Auswertung von Funden zu tun hat:
Für mich spricht gegen Kalkriese weniger der numismatische Befund, sondern dass bisher keine Lagerstrukturen und damit ein Marschweg gefunden wurden - dies nebenbei.
wie oft hat man bisher temporäre (=kurzfristige!!) Lager gefunden, die exaktamente in den fraglichen Zeitraum exakt datiert werden können?

wie oft hat man für den fraglichen Zeitraum exakt nachweislich (!!) Marschwege aufzeigen können?

Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass man nach immerhin 2000 Jahren eine kurzfristig temporäre Lagerstätte (kurzfristig meint: auf dem Marsch, ohne anlegen dauerhafter Strukturen) selbst von drei Legionen finden bzw. ermitteln kann. Wäre dem so, müsste man beinahe alle größeren Truppenbewegungen der römischen Armeen archäologisch nachweisen können... kann man das? natürlich nicht!

Wir können jetzt die Militärgeschichte des römischen Imperiums daraufhin filzen, ob und welche Truppenbewegungen und Kampfhandlungen, die wir aus den schriftlichen Quellen kennen, archäoligisch nachgewiesen sind - fatalerweise sind es nur sehr wenige...

Was folgt daraus? Es ist müßig, quasi zu fordern, dass sich Funde an einander reihen müssten, die die literar. Quellen bestätigen. Denn wenn nicht alle römischen Truppenbewegungen archäologisch nachvollziehbar (beweisbar) sind, dann ist es müßig, diese Nachweisbarkeit von der "Varus-Schlacht" zu fordern.
 
@demkumatland, guten Morgen, eigentlich ein Thema für den Hauptstrang: ich gebe dir eigentlich recht, nur ist durch die besondere Stellung der glades variana und den 700 Theorien darüber seit mehreren Jahrhunderten in der hauptsächlich nationalen Diskussion jeder Vorschlag / jede These / jeder Fundort einer außergewöhnlich harten Prüfung unterzogen - ich weiss nicht, ob dies in Frankreich mit Alesia annähernd vergleichbar ist. Jede wissenschaftliche oder hobbywissenschaftliche Behauptung muss ich einer besonders engagierten Diskussion stellen - da macht Kalkriese keine Ausnahme.
Für mich wäre natürlich ein Lagerfund einfach eine zusätzliche Bestätigung des Schlachtfeldes, die erfreulich wäre (vielleicht bin ich auch die Diskussion leid?). Wir hatten in den letzten Jahren zahlreiche Neuentdeckungen von Lagern (Hunsrück, Limburger Becken, Thüringen), die mich auch für Kalkriese optimistisch gestimmt hatten - leider ist dies bisher nicht eingetroffen.
 
Zuletzt bearbeitet:
nur ist durch die besondere Stellung der clades variana und den 700 Theorien darüber seit mehreren Jahrhunderten in der hauptsächlich nationalen Diskussion jeder Vorschlag / jede These / jeder Fundort einer außergewöhnlich harten Prüfung unterzogen - ich weiss nicht, ob dies in Frankreich mit Alesia annähernd vergleichbar ist. Jede wissenschaftliche oder hobbywissenschaftliche Behauptung muss ich einer besonders engagierten Diskussion stellen - da macht Kalkriese keine Ausnahme.

Der Unterschied zwischen Kalkriese und den 700 anderen Theorien ist jedoch der, dass Kalkriese einen reichhaltigen und klar varuszeitlichen römischen Fundhorizont jenseits des bekannten römischen Siedlungsgebietes und jenseits der römischen Hauptverkehrs- und Kommunikationslinien darstellt, wohingegen der Großteil der 700 anderen Theorien daraus geboren ist, dass jemand meinte, in seinem Vorgarten die doch eher vagen topographischen Beschreibungen eines Tacitus oder eines Cassius Dio wiederzuerkennen. Da müssen dann angebliche Arminius-Münzen und mittelalterlicher oder gar neuzeitlicher Schrott als Beleg herhalten.
 
...
Für mich wäre natürlich ein Lagerfund einfach eine zusätzliche Bestätigung des Schlachtfeldes, ...

Das dürfte es eigentlich nicht, denn es waren ja augenscheinlich eine Menge Römer vor Ort (egal, ob es die des Varus, Germanicus oder sonst wem waren) und die benötigten wohl ein Lager! Also wird es im Umfeld (xy km) so oder so ein Lager gegeben haben, man hat es halt nicht gefunden.
 
auch weann es nichts mit den Feinheiten der numismatischen Auswertung von Funden zu tun hat:

wie oft hat man bisher temporäre (=kurzfristige!!) Lager gefunden, die exaktamente in den fraglichen Zeitraum exakt datiert werden können?

wie oft hat man für den fraglichen Zeitraum exakt nachweislich (!!) Marschwege aufzeigen können?

Ich habe erhebliche Zweifel daran, dass man nach immerhin 2000 Jahren eine kurzfristig temporäre Lagerstätte (kurzfristig meint: auf dem Marsch, ohne anlegen dauerhafter Strukturen) selbst von drei Legionen finden bzw. ermitteln kann. Wäre dem so, müsste man beinahe alle größeren Truppenbewegungen der römischen Armeen archäologisch nachweisen können... kann man das? natürlich nicht!

Wir können jetzt die Militärgeschichte des römischen Imperiums daraufhin filzen, ob und welche Truppenbewegungen und Kampfhandlungen, die wir aus den schriftlichen Quellen kennen, archäoligisch nachgewiesen sind - fatalerweise sind es nur sehr wenige...

Was folgt daraus? Es ist müßig, quasi zu fordern, dass sich Funde an einander reihen müssten, die die literar. Quellen bestätigen. Denn wenn nicht alle römischen Truppenbewegungen archäologisch nachvollziehbar (beweisbar) sind, dann ist es müßig, diese Nachweisbarkeit von der "Varus-Schlacht" zu fordern.

Nun ja, der Wall/Graben der Germanen mit angeblicher Wehrbrüstung hat sich aber erhalten. Es wäre relativ unsportlich Gleiches von einem römischen Wall/Graben nicht zu erwarten.

Gruß
jchatt
 
Nun ja, der Wall/Graben der Germanen mit angeblicher Wehrbrüstung hat sich aber erhalten. Es wäre relativ unsportlich Gleiches von einem römischen Wall/Graben nicht zu erwarten.

Seine Entdeckung war dennoch eine Überraschung. Oberirdisch waren Wall und Graben nicht zu erkennen. Erst im Profil, nachdem man gegraben hatte. Auch das gilt es zu berücksichtigen, wenn man sich fragt, warum es so schwierig ist, ein Marschlager zu finden.
 
wenn Germanicus da war, dann hätte man ein paar nachvaruszeitliche Münzen finden müssen.[/url]
Das ist mir zu vage bzw. zu digital. Formuliere doch mal einen konkreten Erwartungswert: Aus den bisher untersuchten Marschlagern wissen wir, daß umgerechnet auf eine Legion pro Tag x Münzen verloren gehen (und nicht wieder aufgehoben werden von einem glücklichen Finder), woraus folgt, daß in Kalkriese von den acht Legionen des Germanicus y Münzen verstreut hätten werden müssen (Variablen: waren wirklich acht Legionen auf dem bisherigen Kalkrieser Grabungsareal zugange? hielten sie sich dort einen Tag auf oder zwei oder vielleicht nur ein paar Stunden?). Setzen wir dann den Kölner Münz-Horizont an, hätten wir ein Siebtel von y als Erwartungswert an nach-varianischen Münzen. Und vor allem hätten wir eine konkrete Diskussionsgrundlage.

Ich hatte das schon mal angeregt im Haupt-Thread. Um den unseligen anekdotischen Erlebnisberichten aus Eurer jeweiligen Bundeswehrzeit etwas konkretere Zahlen gegenüberzustellen, hatte ich damals die Statistiken der Bundesbank verlinkt zum Schwund an DM-Umlaufmünzen kurz vor Einführung des Euro: jeder Bundesbürger zog demnach umgerechnet einmal in zehn Jahren eine 5-DM-Münze aus dem Verkehr, sei es durch echten Verlust (also ohne Finden durch Dritte, die die Münze dadurch im Umlauf halten), sei es durch langfristiges "Horten" in selten geleerten Sparschweinen. Lassen wir letzteres mal außen vor und gehen nur von Verlust aus, dann wäre zwischen Währungsreform 1948 und Einführung des Euro grob überschlägig je ein Fünf-Mark-Stück pro Quadratkilometer in den Boden gekommen, natürlich mit erstens etwas höherer Konzentration in den alten Bundesländern und zweitens deutlich höherer Konzentration in dicht besiedelten Bereichen. Keine guten Aussichten für kommende Archäologengenerationen...

Zurück zu den Gegenstempeln: Ich erinnere mich vage, vor Jahren gelesen zu haben, die Münzverteilung in Kalkriese geclustert nach Material entspreche ziemlich genau der von Pompeji. Falls das so noch gilt - Jahre her, wie gesagt - spräche das sehr stark gegen alle Thesen, die die geringwertigen Münzen aus dem normalen Umlauf ziehen und in eine parallel gültige Zweitwährung mit zeitlich/ räumlich/ personell begrenzter Gültigkeit hieven wollen. Wenn nicht in Pompeji, wo sonst sollten wir eine perfekte Münzverteilung des römischen Alltagslebens finden? Und warum sollte ausgerechnet in Kalkriese dann der Anteil an Kleingeld soviel geringer sein, weil die Münzen was anderes bedeuten?
 
Zuletzt bearbeitet:
Am Harzhorn sind ganze 13 Münzen gefunden worden.

In einem Lager, wo man sich umzieht, sachen herausholt und wieder einpackt, kann es schonmal zu Verlusten kommen. Die einen werden von einem Kameraden gefunden, die anderen versehentlich in den Dreck getreten. im Laufe der Zeit können diese sich auch zusammenleppern.

Dass jedoch in kurzer Zeit so viele Münzen wie in Kalkriese verloren gingen, kann m.M. nach nur auf die Plünderung der Kriegskasse zurück gehen.
 
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