Viele Persönlichkeitspsychologen gehen sowohl von einer angeborenen Aggression als auch einem Altruismus aus. Die Ursachen für beides sieht man im Schutz und der Überlebensfähigkeit der Gruppe.
Genau, die genetische Komponente variiert dabei, wobei das Geschlecht dabei erstmal keine Rolle spielt, die wirklich entscheidende Komponente, wie sich das angeborene Aggressionspotential dann aber äußert, ist die Sozialisation. Das wird auch als einer der Hauptgründe gesehen, warum Frauen (noch) weniger durch aggressives Verhalten auffällig werden als Männer, weil Frauen in Bezug auf die Sozialisation der Geschlechterrollen zu einem weniger aggressiven verhalten erzogen werden. Allerdings zeigen die Kriminalstatistiken der vergangenen Jahre auch eine Negativseite, der Emanzipation der Frau - aggressives Verhalten bei Frauen nimmt stetig zu.
Ja, Freud und Lorenz sprachen beide in ihren jeweiligen Fachbereichen von angeborener Aggression.
Etwas Grundsätzliches vorneweg: sowohl Freud als auch Lorenz sind in wissenschaftlicher Hinsicht heute kaum noch zitierbar, da sich der Großteil ihrer Theorien und Konstrukte bereits mehrfach überholt hat. Im Zusammenhang mit der Aggressionsforschung postulierte Freud die Theorie des "angeborenen Todestriebs", mit dem er Aggression begründet. Vom heutigen Stand der Forschung und v. a. in Anbetracht der Erkenntnisse der Genetik ist das absoltuer Quatsch. Zunächst ist Aggression kein trieb (so wie bspw. Sexualität), sondern Verhalten (eigentlich klar) und zudem äußert sich Aggression bei geistig gesunden Menschen ausschließlich zur Sicherung des Überlebens und nicht aufgrund eines Todeswunsches. Lorenz bezeichnet Aggression hingegen als Instinkt (was mittlerweile auch widerlegt ist). Zudem kam Lorenz durch die Beobachtung von in Gefangenschaft lebenden Wildtieren, deren verhalten er auf den Menschen übertrug zu seinen Erkenntnissen. Zur Ehrenrettung von Lorenz muss man allerdings auch sagen, dass es sich bei der Veröffentlichung seiner Beobachtung um keine wissenschaftliche Arbeit handelt und er dies in zugehöriger Veröffentlichung auch mehrfach betont. Dementsprechend wenig ernst wurde diese Theorie auch in der wissenschaftlichen Diskussion genommen (und gilt heute ohnehin als widerlegt). Allerdings fand Lorenz Veröffentlichung populärliterarisch einigen Anklang, so dass diese "Theorien" auch heute noch bei Nichtpsychologen als Strategien zum Umgang mit Aggressionen kursieren und in diesem Zusammenhang auch durch einschlägige Illustrierte geistern. (Anm.: knapp die Lorenzsche Theorie: der Aggressionsinstinkt kann in der heutigen Gesellschaft nicht mehr ausgelebt werden, weswegen sich Aggressionen immer mehr aufstauen bis schließlich die ultimative Bombe platzt. Zur Kompensation der aufgestauten Aggressionen empfiehlt Lorenz bspw. Sport oder andere körperliche Verausgabung, um so zu vermeiden, dass Max Mustermann irgendwann zum Amokläufer wird)
Nur ist das eine Verallgemeinerung, die nicht die einzelnen Lebewesen, Arten und ihre Charaktere betrachtet. Ja, es gibt Lebewesen, die bereits mit einem hohen Frustpotential und entsprechender Aggression auf die Welt kommen, wie jede Babykrankenschwester zu erzählen weiß, genauso wie' s die glücklichen gibt und solche, die sich kaum bewegen und scheinbar nur schlafen.
Frustration und Aggression sind zwei unterschiedliche Verhaltensweisen, die nicht zwingend zusammenhängen müssen. Und ob ein (neugeborener) Säugling eher lebhaft oder eher ruhig ist hat tausende medizinische und psychologische Gründe, eine gewisse angeborene Aggressionsbereitschaft spielt da eher eine untergeordnete Rolle. Aggression ist eine Verhaltensweise die bei geistig gesunden Menschen immer die soziale Interaktion bedarf. Nachdem Säuglinge aber die Eigenschaft haben, dass sie nur in sehr eingeschränktem Maße sozial interagieren können, ist Aggressionsverhalten hier nicht der Schlüssel zur Erklärung des Verhaltens.
Dann muß man eindeutig zwischen den Geschlechtern unterscheiden, wobei jedes Geschlecht seine eigenen Aggressionsmodelle hat.
Nein, das geschlechterspezifische Aggressionsverhalten ist sozialisiert, die Basics sind bei Männlein und Weiblein erstmal gleich.
Doch auch im Tierreich ist zu beobachten, dass Neuankömmlinge in der Gruppe erst mit Neugier betrachtet werden. Mal werden sie in die Gruppe aufgenommen, mal nicht. Die Entscheidung trifft wohl stets der Anführer der Gruppe. Fühlt er sich bedrängt, befürchtet er seine Führungsposition zu verlieren, wird er aggressiv reagieren, wobei hier natürlich die räuberischen Arten ein höheres Gewaltpotential zeigen.
Futterneid kann wohl weniger zur Betrachtung herangezogen werden, denn er richtet sich in einigen Fällen gegen die eigene Gruppe. Auch hier kommt es, zumindest im Tierreich, zu kämpfen innerhalb der Gruppe. Stellt sich die Frage, ob der Mensch bereits so sehr sozialisiert war, sich im Notfall nicht mit den Mitgliedern der eigenen Gruppe auseinanderzusetzen? Ich kann es kaum glauben. In großen Hungerszeiten kam es auch nicht vielleicht zu Kannibalismus? :grübel:
Bei der Beobachtung von Tieren und dem Schlüsse ziehen auf Menschen ist äußerste Vorsicht geboten! Es gab zwar in der Geschichte der Psychologie Versuchsreihen, bei denen Tiere mit einbezogen waren, man kann diese Versuchreihen aber niemals nur auf Tiere beschränken, das wäre zu einfach gedacht.
Soviel mal als kleiner Ausflug in die Grundlagen der Persönlichkeitspsychologie, weiter im Thema
