Indogermanen, Konstrukt oder Wirklichkeit?

Beziehst du dich hierbei jetzt auf die Eupedia-Seite?

Nein, auf den Telepolis-Link in deinem letzten Beitrag.



Weil ich denke nicht, dass man die Thesen besonders ernst nehmen sollte.

Sowohl bei den Y- als auch bei den mt-DNA-Haplogruppen wird das Ergebnis normalerweise so interpretiert, dass eben doch der Großteil der heutigen Europäer auf die Haplogruppen der Jäger und Sammler zurückgehen (Y: v.a. R1b + I bzw. mt: v.a. H + U).

Die Haplogruppe R1a könnte hingegen in Folge der "indogermanischen" Wanderung nach Nordeuropa bzw. Indien gekommen sein.

Die Eupediaseite ist schwer nachvollziehbar aber durchaus interessant.
Ich suche schon lange nach einer übersichtlichen Zusammenfassung von DNA-Gräberproben. Die wären archäologisch eingeordnet und man weiß anhand der Ähnlichkeiten ungefähr, welche Artefakte wodurch beeinflußt wurden. Ob die Ähnlichkeiten Übernahme einer "Mode" waren oder bei Wanderungen mitgebracht wurden, weiß man aber nicht so genau.
Dabei könnten die alten DNA-Proben helfen, man bräuchte dazu viele alte Proben und die scheinen langsam untersucht zu werden.
Am Anfang der DNA-Analysen wurde ja hauptsächlich mit heute lebender DNA verglichen.
Daher finde ich die Idee von Eupedia gut, ich weiß nur nicht, wieviel Ergebnisse dem zugrundeliegen oder ob da nur Einzelergebnisse mit den bekannten archäologischen Phasen zusammengebracht werden.
 
[QUOTE/]
Was Genetiker herausgefunden haben (wollen) ist folgendes: Die heutigen Europäer unterscheiden sich in ihrer MtDNS kaum von der vorindoeuropäischen Bevölkerung, die in den heutigen Basken am deutlichsten erhalten blieb. Lieber Dieter,
ich will ja nicht rumkritisieren. Und ich halte mich grade in dieser Debatte bewusst ein bisschen zurück.
Aber:
Wer hat denn eigentlich fest gelegt, dass die heutigen Basken den Vor-Indogermanen am nächsten stehen? Und auf welcher Basis?
Handelt es sich dabei nicht um einen Zirkelschluss? Wegen der Vor-Indogermanischen Züge der dort gesprochenen Sprache kann man doch nicht auf Zugehörigkeit der Bevölkerung zu den Vor-Indogermanen schliessen? Und wenn man es doch tut - unwissenschaftlicherweise in meinen Augen - darf man sich dann wundern, wenn man auf einmal kaum Unterschiede findet?
Also, diese Wege führen meines Erachtens nicht wirklich weiter.
 
@Dieter, P.S.:

Mir ist im Übrigen völlig klar, dass du an dieser Stelle den Forschungsstand referiert und keineswegs eine eigene Meinung zu m Ausdruck gebracht hast.
 
Was Genetiker herausgefunden haben (wollen) ist folgendes: Die heutigen Europäer unterscheiden sich in ihrer MtDNS kaum von der vorindoeuropäischen Bevölkerung, die in den heutigen Basken am deutlichsten erhalten blieb.
Lieber Dieter,
ich will ja nicht rumkritisieren. Und ich halte mich grade in dieser Debatte bewusst ein bisschen zurück.
Aber:
Wer hat denn eigentlich fest gelegt, dass die heutigen Basken den Vor-Indogermanen am nächsten stehen? Und auf welcher Basis?
Handelt es sich dabei nicht um einen Zirkelschluss? Wegen der Vor-Indogermanischen Züge der dort gesprochenen Sprache kann man doch nicht auf Zugehörigkeit der Bevölkerung zu den Vor-Indogermanen schliessen? Und wenn man es doch tut - unwissenschaftlicherweise in meinen Augen - darf man sich dann wundern, wenn man auf einmal kaum Unterschiede findet?
Also, diese Wege führen meines Erachtens nicht wirklich weiter.
Sagen wir mal so: Die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen in Europa ist einigermaßen sicher datiert. Und ebenso wissen wir, dass die Basken schon vor den Römern im Pyrenäenraum siedelten. Nun gibt es historiolinguistische Hypothesen über das Baskische bzw. das Waskonische als Sprachfamilie, deren letzter überlebender Zweig das Baskische sei, dass Orts- und Gewässernamen aus dieser Sprache sich bis in die Gegenwart gerettet hätten, das Waskonische also das Alteuropäische sei, wir haben das hier mal andiskutiert: http://www.geschichtsforum.de/f22/pro-et-contra-der-waskonischen-hypothese-theo-vennemanns-36459/
Letztendlich gibt Dieter aber folgendes wichtige wieder: Sprachfamilie hin oder her: Humangenetisch lässt sich keine Abweichung von der Umgebung feststellen.
 
Wer hat denn eigentlich fest gelegt, dass die heutigen Basken den Vor-Indogermanen am nächsten stehen?

Die Forschung nimmt vielfach ein hohes Alter der baskischen Populatin an. Danach gab es in Westeuropa eine altansässige Bevölkerungsschicht, die von den seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. vordringenden Indoeuropäern überschichtet und assimiliert wurde - bis auf ein immer mehr schrumpfendes Restgebiet in SW-Frankreich und Nordspanien (spätere Basken) sowie auf der Iberischen halbinsel, wo die gleichfalls vorindoeuropäischen Iberer saßen, die später mit den Kelten zum neuen Volk der Keltiberer verschmolzen. Zu diesen vorindoeuropäischen Populationen zählen auch die nur rudimentär zu erschließenden Paläo-Sarden auf Sardinien, die in frühgeschichtlicher Zeit vermutlich erheblich weiter verbreitet waren, die Ligurer in Oberitalien oder die Pelasger im Raum des heutigen Griechenland.

Aus diesem Kontinuum gliederten sich die Basken als eigenständige Volksgruppe aus, wobei man hinsichtlich der baskischen Ethnogenese auf Vermutungen angewiesen ist. Die altbaskische (aquitanische) Sprache ist seit dem 2. Jh. v. Chr. bezeugt, sodass die Entstehung eines baskischen Volks davor anzusetzen ist.

Der Sprachwissenschaftler Harald Haarmann entfaltet zwei Hypothesen zum Ursprung des Baskischen und zur Herkunft der Basken:

Eine der zahlreichen Hypothesen über die Ursprünge des Baskischen und die Herkunft der Basken, die sich früher lediglich auf vermutete alte Kontakte zwischen Westeuropa und dem Kaukasus sowie auf die Verbreitung baskischer Ortsnamen stützen konnte, ist neuerlich durch Erkenntnisse der archäologischen Forschung und der Humangenerik gestützt worden.

Diese Hypothese geht von alten Beziehungen zur Kaukasus-Region aus. Im baskischen Wortschaftz und im grammatischen Bau sind Parallelen zu kaukasischen Sprachen zu erkennen. Die frühe Besiedlung des Baskenlandes steht wahtscheinlich im Zusammenhang mit der Migration von Vertretern des modernen Menschen in Gebiete Westeuropas, die damals vom archaischen Menschen (Homo sapiens neanderthalensis) bevölkert waren. Die Neandertaler wurden verdrängt oder assimilierten sich ... Im Laufe eines langandauernden ethnischen und sprachlich-kulturellen Fusionsprozesses alter Populationen ist es zur Ausbildung des Volkes der Basken und ihrer Sprache gekommen. Das aus römischer Zeit bekannte Aquitanisch ist entweder eine Schwestersprache des Baskischen oder dessen entwicklungsmäßige Vorstufe.

Eine andere Hypothese, die nicht unbedingt im Gegensatz zur Annahme einer kaukasischen Herkunft steht, sondern diese um eine jüngere hsitorische Komponente ergänzt, ist sehr umstritten. Es sind immer wieder Vermutungen über Beziehungen zwischen dem Baskischen und dem Iberischen, der vorrömischen Sprache Spaniens, angestellt worden, die durch zahlreiche Inschriften bekannt ist. Einige Forscher sehen im Iberischen die Basissprache, aus der das Baskische entstanden ist, andere betrachten Baskisch und Iberisch als Schwestersprachen, die sich von einer gemeinsamen, unbekannten Grundsprache herleiten. Die Hypothese von einer baskisch-iberischen Verwandtschaft hat sich bisher nicht erhärten lassen.

(Harald Haarmann, Lexikon der Sprachen, München 2001, S. 78)

Welche dieser beiden Hypothesen nun zutrifft, ist gegenwärtig kaum zu entscheiden. Auf jeden Fall nimmt die Forschung vielfach ein hohes Alter der baskischen Sprache an, was allein schon durch ihre isolierte Stellung begründet ist. Allerdings ist es Unfug, im paläolithischen Menschen Südeuropas bereits "Basken" zu vermuten. Es handelt sich, falls eine diesbezügliche Hypothese zutrifft, lediglich um weit entfernte Vorfahren, aus denen sich erst viel später Völker und Sprachen ausgliederten.
 
Das behandelt aber alles nicht das von Ogrim aufgeworfene Problem.
Sollte es sich bei einem Großteil der heutigen baskischen Bevölkerung um Indogermanen handeln, die nur das im heutigen Baskenland gesprochene Idiom übernommen haben, wäre eine genetische Verwandtschaft mit den übrigen indogermanischen Europäern nicht weiter verwunderlich.
 
Sollte es sich bei einem Großteil der heutigen baskischen Bevölkerung um Indogermanen handeln, die nur das im heutigen Baskenland gesprochene Idiom übernommen haben, wäre eine genetische Verwandtschaft mit den übrigen indogermanischen Europäern nicht weiter verwunderlich.

Ich kenne keine Hypothese, die von einem solchen Szenarium ausgeht. Die Basken gelten als vor- und in jedem Fall nichtindoeoropäische Population mit völlig isolierter Sprache.
 
Ich kenne keine Hypothese, die von einem solchen Szenarium ausgeht. Die Basken gelten als vor- und in jedem Fall nichtindoeoropäische Population mit völlig isolierter Sprache.

Tja, die heutige baskischsprachige bzw. nach eigener Einschätzung baskischstämmige Population ist eben völlig in ihrer Umwelt aufgegangen, isolierte Sprache hin oder her.
 
Tja, die heutige baskischsprachige bzw. nach eigener Einschätzung baskischstämmige Population ist eben völlig in ihrer Umwelt aufgegangen, isolierte Sprache hin oder her.

Das ändert nichts daran, dass in dieser Ecke am Atlantik ein Völkchen sitzt, dass eine mit keiner anderen Sprache der Welt verwandte Sporache spricht. Darauf sind die Basken zu recht stolz und pflegen ihre kulturellen und sprachlichen Besonderheiten bis heute - zum Glück!
 
Beziehst du dich hierbei jetzt auf die Eupedia-Seite? Weil ich denke nicht, dass man die Thesen besonders ernst nehmen sollte.

Sowohl bei den Y- als auch bei den mt-DNA-Haplogruppen wird das Ergebnis normalerweise so interpretiert, dass eben doch der Großteil der heutigen Europäer auf die Haplogruppen der Jäger und Sammler zurückgehen (Y: v.a. R1b + I bzw. mt: v.a. H + U).

Die Haplogruppe R1a könnte hingegen in Folge der "indogermanischen" Wanderung nach Nordeuropa bzw. Indien gekommen sein.

Zu den Bandkeramikern, die mich besonders interessieren, möchte ich http://ubm.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2006/1017/pdf/diss.pdf deshalb hier parken, weil das Ergebnis der Arbeit sich in Arbeitsgruppe Palaeogenetik Mainz Forschung Die frühen Europäer (Neolithisierung) wiederfindet. Im letzten Absatz wird weiterer Forschungsbedarf hinsichtlich weiterer DNA-einträge nach Europa angedeutet, der vielleicht "unsere" Indoeuropäer meinen könnte. Im Moment frage ich mich, wo die Töchter der N1a-Mütter geblieben sind. :grübel:
 
Ja, die Mt-DNA die wahrscheinlich durch die Ackerbauern nach Europa gebracht wurde, macht höchstens 20% der Gruppen der heutigen Bevölkerung aus.

Zunächst eine Verständnisfrage. Ich bin kein Genetiker. Es werden populationsgenetische Untersuchungen an mtDNA und Y-Chromosom durchgeführt, die nur einen Teil unseres Erbgutes ausmachen, um die Besiedlungsgeschichte (z.B. Europas) zu erforschen.

Die mtDNA wird über die mütterliche Linie vererbt, Mutter – Großmutter mütterlicherseits – Urgroßmutter großmütterlicherseits usw.

Die Y-DNA wird über die väterliche Linie vererbt, Sohn – Vater – Großvater väterlicherseits – Urgroßvater großväterlicherseits usw.

Das Erbgut ist über die Abstammungslinien der beiden Eltern, dann der 4 Großeltern auf einen Menschen gekommen, davon eine mütterliche Linie (mtDNA-Linie) sowie eine väterliche Linie (Y-DNA-Linie) beim Mann, wie oben skizziert. Bei den acht Urgroßeltern sind es 8 Linien, davon eine mtDNA-Linie sowie eine Y-DNA-Linie beim Mann. Bei den Eltern der Urgroßeltern sind es 16 Linien, davon eine mtDNA-Linie sowie eine Y-DNA-Linie beim Mann usw. usf.

Der überwiegende Teil der Abstammungslinien sind also nicht die mtDNA- oder Y-DNA-Linie, die jeweils nur eine einzige Abstammungslinie darstellen, sondern gemischt weiblich-männliche Linien, wie z.B. über die Mutter des Vaters.

Inwieweit sind also Untersuchungen an mtDNA und Y-DNA in Bezug auf die Besiedlungsgeschichte überhaupt aussagekräftig, wenn dabei ein Großteil der Abstammungslinien gar keine Berücksichtigung findet bzw. finden kann?
 
Das Erbgut ist über die Abstammungslinien der beiden Eltern, dann der 4 Großeltern auf einen Menschen gekommen, davon eine mütterliche Linie (mtDNA-Linie) sowie eine väterliche Linie (Y-DNA-Linie) beim Mann, wie oben skizziert. Bei den acht Urgroßeltern sind es 8 Linien, davon eine mtDNA-Linie sowie eine Y-DNA-Linie beim Mann. Bei den Eltern der Urgroßeltern sind es 16 Linien, davon eine mtDNA-Linie sowie eine Y-DNA-Linie beim Mann usw. usf.

Der überwiegende Teil der Abstammungslinien sind also nicht die mtDNA- oder Y-DNA-Linie, die jeweils nur eine einzige Abstammungslinie darstellen, sondern gemischt weiblich-männliche Linien, wie z.B. über die Mutter des Vaters.

Inwieweit sind also Untersuchungen an mtDNA und Y-DNA in Bezug auf die Besiedlungsgeschichte überhaupt aussagekräftig, wenn dabei ein Großteil der Abstammungslinien gar keine Berücksichtigung findet bzw. finden kann?

Da hast du sehr schön den Punkt vorgerechnet, warum die Ableitung der Migrationen des Homo von den DNA-Ergebnissen der heutigen Bevölkerung höchstens grobe Einschätzungen liefern kann.
Für den Zeitpunkt der Erstbesiedlung der abseits gelegenen Kontinente überzeugen die Ergebnisse, bei dem Hin- und Her in Eurasien und Afrika wird es kompliziert.
Dazu würde auch die "Einwanderung der Indoeuropäer" gehören, wenn sie je stattgefunden hat.
Ich verspreche mir von Skelettproben alter DNA noch manche Überraschung. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit verwertbare DNA in Gräbern, Höhlen, Mumien zu finden, für die mtDNA , also die weibliche Linie, am höchsten, weil die Mitochondrien vielfach pro Zelle vorkommen, die yDNA aber nur einmal.

Das Ergebnis zu den Bandkeramikern, das ich weiter oben verlinkt habe, wo man alte LBK-Proben untersucht hat und diese mit Jäger/Sammlern und heutigen Europäern verglichen hat, zeigt, dass selbst diese umwälzende Einwanderung in Mitteleuropa in der direkten weiblichen Linie fast komplett verschwunden ist.
 
Daran schließen sich die nächsten Fragen an. Welcher Anteil der heutigen europäischen Bevölkerung ist untersucht worden und sind die untersuchten Personen überhaupt repräsentativ? Ist die durch Zufälle der günstigen Lage heute noch verwertbare ancient DNA repräsentativ für die historische Bevölkerung?
 
Daran schließen sich die nächsten Fragen an. Welcher Anteil der heutigen europäischen Bevölkerung ist untersucht worden und sind die untersuchten Personen überhaupt repräsentativ?

Für die heute lebenden Europäer sollten statistisch ausreichende Ergebnisse vorliegen. Viele Europäer und Amerikaner bezahlen dafür, ihre Haplogruppen bestimmen zu lassen. Zusätzlich gibt es noch das https://genographic.nationalgeographic.com/genographic/lan/de/index.html



Ist die durch Zufälle der günstigen Lage heute noch verwertbare ancient DNA repräsentativ für die historische Bevölkerung?

Da wird es schwierig. Ich habe erst in den letzten Tagen angefangen, im Netz nach aDNA zu suchen und einige, sehr interessante Arbeiten gefunden, die ich teilweise im GF verlinkt habe, weil sie sehr umfangreich sind und ich sie hier leichter wiederfinde.
Etliche Arbeiten haben die Problematik der Auswertbarkeit zum Thema, die DNA liegt je nach Alter und Fundortbedingungen nur in Bruchstücken vor.

OT Wenn es dich auch interessiert, könnten wir ein neues Thema zu alter DNA aufmachen und dort die gefundenen Ergebnisse verlinken und diskutieren. Hier würden nur europäische Frühzeitergebnisse hingehören.
Frühe nordiberische- oder schnurkeramische- oder Glockenbecher-DNA wäre für dieses Thema interessant, da habe ich bisher nichts gefunden.
 
Viele Europäer und Amerikaner bezahlen dafür, ihre Haplogruppen bestimmen zu lassen.

Genau deshalb habe ich Bedenken hinsichtlich der Repräsentativität der Auswahl im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung.


OT Wenn es dich auch interessiert, könnten wir ein neues Thema zu alter DNA aufmachen und dort die gefundenen Ergebnisse verlinken und diskutieren. Hier würden nur europäische Frühzeitergebnisse hingehören.

Ich bin an einer solchen Diskussion interessiert, möchte allerdings darauf hinweisen, dass ich die verlinkten Arbeiten und Webseiten erst nach und nach durcharbeiten kann.
 
Gene, Ethnizität und eine rekonstruierte und hypothetische Sprache zusammen zu bringen, macht mir ein wenig Bauchschmerzen und erinnert mich an so einige Versuche innerhalb der prähistorischen Wissenschaften, die allesamt ein Geschmäckle haben.

Sagen wir mal so: Die Verbreitung der indoeuropäischen Sprachen in Europa ist einigermaßen sicher datiert.
Darüber herrscht aber nach wie keine Einigkeit, je nach dem welcher Diziplin man angehört, sind die Deutungen äußerst unterschiedlich.

Zitat:
JohnSteed
Es gibt interessante Studien über die Verteilung der Blutgruppe...

Die Untersuchung der Blutgruppen war während den beiden Weltkriegen noch modern, heutzutage ist man sich sicher, dass man aus dem Vergleich der Blutgruppen keine besonderen Kenntnisse für unsere Vorgeschichte erhalten kann. Die Russen und Madagassen haben zum Beispiel die gleiche Verteilung der Blutgruppen, aber trotzdem sind sie deswegen nicht eng miteinander verwandt.

Zitat:
Dieter
Die seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. aus Anatolien zugewanderten Ackerbauern verändern den Gen-Bestand ebenfalls nur geringfügig, was darauf hindeutet, dass die neue Ackerbau-Kultur von der einheimischen Bevölkerung schnell übernommen und nach Zentral- und Westeuropas weitergegeben wurde.

Ja, die Mt-DNA die wahrscheinlich durch die Ackerbauern nach Europa gebracht wurde, macht höchstens 20% der Gruppen der heutigen Bevölkerung aus. Aber trotzdem ist zumindest nachgewiesen, dass die Bandkeramiker Zentraleuropas aus dem Nahen Osten stammten, im Gegensatz zu Nordeuropa.

Die ersten europäischen Bauern waren Migranten | Telepolis
DNA-Analysen belegen Herkunft der frühen Bauern in Mitteleuropa aus dem Nahen Osten
Aus dem zweiten Artikel:

Die vorliegende interdisziplinäre Studie wertete Proben alter DNA (aDNA) einer Bestattungsgemeinschaft der frühneolithischen Fundstelle Derenburg-Meeresstieg II im Mittelelbe-Saale-Gebiet aus. Herausragendes Ergebnis der Studie ist der erstmalige molekulargenetische Nachweis, wonach das genetische Profil der frühen neolithischen Siedler aus Derenburg große Ähnlichkeit mit heute lebenden Populationen im Nahen Osten aufweist. Das bedeutet, dass zumindest in diesem Fall die ersten Bauern nach Mitteleuropa eingewandert sind und nicht die vorher hier ansässigen Jäger- und Sammlerpopulationen lediglich eine bäuerliche Lebensweise übernommen haben
Das ist ein! Beleg für Einwanderung, die es mit Sicherheit gegeben hat, aber nicht ausschließlich, dafür ist mir die Datenbasis einfach zu dürftig.
 
DAS ist kein Beleg für Einwanderung während der neolithischen Revolution, sondern nur für Genaustausch, der zwischen Mitteleuropa und dem nahen Osten stattgefunden hat.
Selbst wenn die gefundenen Gene sich von den damals in der Gegend lebenden Bevölkerung unterscheiden, kann diese Gruppe sowohl nach Mitteleuropa als auch in den Nahen Osten eingewandert sein, hat sich aber hier nicht so durchgesetzt wie im nahen Osten.

Es legt nur die Vermutung nahe, das zwischen dem Nahen Osten und Derenburg eine verwandtschaftliche Beziehung bestand.
 
Ich bin an einer solchen Diskussion interessiert, möchte allerdings darauf hinweisen, dass ich die verlinkten Arbeiten und Webseiten erst nach und nach durcharbeiten kann.

Das geht mir genauso, deshalb habe ich sie ja hier verlinkt, weil ich die leise Hoffnung habe, dass sich andere Mitglieder am Durcharbeiten beteiligen und dann ein kurzes, allgemein verständliches Extrakt posten.
Meine Taktik, Einleitung und Zusammenfassung zu lesen, war bei den angelesenen Dissertationen nicht so zielführend. Meine Suche nach einer übersichtlichen Tabelle zu aDNA mit Fundort, archäologische Einordnung und aDNA-Ergebnis war bisher nicht erfolgreich, vielleicht können die Profis mitteilen, ob und wo es eine solche Datenbank gibt.

Das ist ein! Beleg für Einwanderung, die es mit Sicherheit gegeben hat, aber nicht ausschließlich, dafür ist mir die Datenbasis einfach zu dürftig.

Klar ist es nur einer, so viele gut erhaltene LBK-Skelette wird es nicht geben. Das Ergebnis ist jedoch vielversprechend, denn beim Vergleich mit den heutigen Haplogruppen versickerten die ersten Bauern bisher irgendwo in Ungarn und für den Westen wurde oft mit Ideenübernahme erklärt, die es natürlich auch gegeben hat.

Insgesamt könnte die Auswertung alter DNA ja auch zum Ergebnis haben, dass die heutigen Haplohäufungen längst nicht so uralt sind und sich vielleicht auch aus den Seuchenzügen des Mittelalters und der frühen Neuzeit ergeben.
 
Zuletzt bearbeitet:
DAS ist kein Beleg für Einwanderung während der neolithischen Revolution, sondern nur für Genaustausch, der zwischen Mitteleuropa und dem nahen Osten stattgefunden hat.

Diesen Einwand verstehe ich nicht, man hat doch die DNA aus bandkeramischen Gräbern untersucht. Zusätzlich übrigens auch die Haustiere, bei denen ist eindeutig belegt, dass sie aus dem nahen Osten mitgebracht wurden, weil Schafe, Ziegen, Rinder in Mitteleuropa so nicht natürlich vorkommen, vom Saatgut ganz zu schweigen.
 
ja, und festgestellt, das die Leute von Derenburg mit Leuten von heute aus dem nahen Osten verwandt sind. Das ist die Aussage.
Und das es Haustiere gibt, die es auch im nahen Osten gab/gibt.
Eine Wanderung von Menschen, nicht von Wissen und Kultur muß man zwingend annehmen, wenn erstmals auftretende genetische Besonderheiten eben entlang einer "Zugstraße" immer später auftauchen. Hier sinds aber doch nur Schlaglichter.

Wenn immer mal wieder einer/eine oder ein paar aus dem nahen Osten sich in ME "verheiraten" und deren Nachkommen sich untereinander vermehren, ist das noch keine Wanderung. Und Haustiere werden auch ohne menschliche Wanderung verbreitet. s.Bankivahuhn/Haushuhn in der Antike. Und wenn dann in dieser "Fremde" eine Mode aufkommt, kann die den umgkehrten Weg gehen.

Allerdings bestärken die Funde die Vermutung, die neolithische Revolution wäre mit Einwanderern aus dem nahen Osten gekommen !!!
 
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