Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Da die Schriftquellen lediglich mit dem Fundbild abgeglichen werden (was hier passen würde), ist das durchaus ergebnisoffen. Umgekehrt werden schließlich auch Unstimmigkeiten untersucht.

Das wäre dann aber erst der nächste Schritt. Zuerst frage ich mich, um Zirkelschlüsse zu vermeiden, wie ist das Fehlen der Terra Sigilata mit dem zu deuten was ich über das Verhalten der Legionäre weiß. Und ich weiß, daß sie ihr Marschgepäck eigentlich nur auf dem Marsch und im Lager dabeigehabt haben können. Beim Kampf wurde dieses hinderliche Gepäck natürlich abgelegt. Also erst das für diese Situation logische Verhalten abklären, dann in die Einzelfallbetrachtung, sonst findet man möglicherweise nicht die wirklich passende Textstelle.
Natürlich wäre ein Zurücklassen Zwecks Marscherleichterung denkbar. Aber die besagte Textstelle spricht nur von der Verbrennung des Trosses. Die legionärseigene Terra Sigilata wurde aber meines Wissens am Mann getragen. Also müsste man diese ohnehin zweifelhafte Textstelle schon mit mehr belasten, als dort wirklich steht.
Vollständigerweise muß man dann aber auch nach weiteren Textstellen suchen die dem Fundbild entsprechen könnten. Und wenn Caecina seine Legionen zum Kampf antreten lässt um die Germanen im Wald festzuhalten, habe ich ebenfalls ein komplett einleuchtendes Szenario, das das Fehlen der Terra Sigilata erklären könnte. Demnach lag die Terra Sigilata irgendwoanders ordnungsgemäß abgelegt, und könnte dem Feind, wenn überhaupt, unzerstört in die Hände gefallen sein.

Gruss
jchatt
 
Ich möchte gerne eine Frage/Anmerkung zur TS einbringen: Wie wahrscheinlich ist es den, dass die Legionäre auf dem Marsch/Feldzug ihr TS-Geschirr bei sich hatten? Für mich alles in allem doch eher unwahrscheinlich.
Es sind mehrere Gründe die eigentlich gegen das Mitführen von TS sprechen.
1) Die TS der damaligen Zeit ( um die Zeitenwende) ist schon sehr filigran und dünn gebrannt. Wir reden ja eigentlich von der Blütezeit der italienischen Manufakturen. Ob solche Waren wirklich Marschtauglich waren, möchte ich doch einmal anzweifeln. Ein Vergleich mit dem Antransport durch Händler oder bei der Verlegung der Legion verschließt sich mir, da doch andere Bedingungen vorherrschend sind. Sollte man solche Bedingungen dennoch für den Varuszug annehmen wollen, wäre die TS wohl mit dem restlichen Tross als unwichtig einzustufen.
2) Mir sind keine Funde ausserhalb von Siedlungsgebieten oder festen Lagern bekannt. Allerdings ist es natürlich schwer Feldzüge nachzuverfolgen und Schlachtfelder zu lokalisieren. Dennoch spricht die Konzentration der TS Funde indirekt auch eine eigene Sprache.
3) Will man eine Mitführung des TS Geschirrs annehmen, so stellt sie die Frage wie viel von der Ausrüstung des Legionärs mitgeführt wurde? Das ganze "Set"? Also mehrere Becher und Teller? Jeweils nur 1 Becher und Teller? Wenn das der Fall war, wie wurden zerbrochene Stücke ersetzt? Letztendlich war der Platz ja doch begrenzt und auf 8 Legionäre kam auch nur ein Muli. Zusammen mit Punkt 1 spricht das doch auch wiederum gegen ein Mitführen von TS während eines Feldzugs/Marsches.
4) Ähnlich wie heute (und wohl auch im Mittelalter) stelle ich mir das Marschgepäck als Multifunktionsgepäck vor. Also reichen bei der Kost des Legionärs im Feld doch eigentlich eine Art Topf und eine Art Kasserole die zum Zubereiten und Essen genutzt werden können. Kupfergeschirr wiegt sicher nicht viel mehr als TS Geschirr, zumal man in TS auch nichts erwärmen kann, also benötigte man eh noch zusätzliches Utensil. Diese Materialien würden aber sicherlich nicht so einfach auf dem Schlachtfeld verbleiben, egal wer gewonnen hat und egal wer gekämpft hat.

Alles in allem keine große Hilfe bezüglich der Frage: Varus oder Caecina oder sonstwer. Aber hoffentlich plausible Gründe wieso man eigentlich nicht unbedingt mit TS oder größeren Mengen TS rechnen muss/soll.
 
Ich möchte gerne eine Frage/Anmerkung zur TS einbringen: Wie wahrscheinlich ist es den, dass die Legionäre auf dem Marsch/Feldzug ihr TS-Geschirr bei sich hatten? Für mich alles in allem doch eher unwahrscheinlich.
Es sind mehrere Gründe die eigentlich gegen das Mitführen von TS sprechen.
1) Die TS der damaligen Zeit ( um die Zeitenwende) ist schon sehr filigran und dünn gebrannt. Wir reden ja eigentlich von der Blütezeit der italienischen Manufakturen. Ob solche Waren wirklich Marschtauglich waren, möchte ich doch einmal anzweifeln. Ein Vergleich mit dem Antransport durch Händler oder bei der Verlegung der Legion verschließt sich mir, da doch andere Bedingungen vorherrschend sind. Sollte man solche Bedingungen dennoch für den Varuszug annehmen wollen, wäre die TS wohl mit dem restlichen Tross als unwichtig einzustufen.
2) Mir sind keine Funde ausserhalb von Siedlungsgebieten oder festen Lagern bekannt. Allerdings ist es natürlich schwer Feldzüge nachzuverfolgen und Schlachtfelder zu lokalisieren. Dennoch spricht die Konzentration der TS Funde indirekt auch eine eigene Sprache.
3) Will man eine Mitführung des TS Geschirrs annehmen, so stellt sie die Frage wie viel von der Ausrüstung des Legionärs mitgeführt wurde? Das ganze "Set"? Also mehrere Becher und Teller? Jeweils nur 1 Becher und Teller? Wenn das der Fall war, wie wurden zerbrochene Stücke ersetzt? Letztendlich war der Platz ja doch begrenzt und auf 8 Legionäre kam auch nur ein Muli. Zusammen mit Punkt 1 spricht das doch auch wiederum gegen ein Mitführen von TS während eines Feldzugs/Marsches.
4) Ähnlich wie heute (und wohl auch im Mittelalter) stelle ich mir das Marschgepäck als Multifunktionsgepäck vor. Also reichen bei der Kost des Legionärs im Feld doch eigentlich eine Art Topf und eine Art Kasserole die zum Zubereiten und Essen genutzt werden können. Kupfergeschirr wiegt sicher nicht viel mehr als TS Geschirr, zumal man in TS auch nichts erwärmen kann, also benötigte man eh noch zusätzliches Utensil. Diese Materialien würden aber sicherlich nicht so einfach auf dem Schlachtfeld verbleiben, egal wer gewonnen hat und egal wer gekämpft hat.

Alles in allem keine große Hilfe bezüglich der Frage: Varus oder Caecina oder sonstwer. Aber hoffentlich plausible Gründe wieso man eigentlich nicht unbedingt mit TS oder größeren Mengen TS rechnen muss/soll.

einleuchtend :grübel:
hier steht auch nichts von Terra sigilata:imperium-romanum.com - Heer - Ausrüstung

Also war das möglicherweise nur ein Luxus, den man sich nur im Standlager leistete ?

Gruss
jchatt
 
Der Hildesheimer Silberschatz ist ein Beispiel.
Auch wenn die Zuordnung umstritten ist.
Die hohen Offiziere hatten sicherlich ein ganzes Set dabei, Stühle, Tische und Sklaven und Transportmöglichkeiten.

Der einfache Soldat, so wenig wie möglich, Ton ist eh schwer und vor allem verzeiht es keine großen Stöße, gedrechseltes Holz wäre besser zu tragen.
 
Soviel ich weiß wurde am Wall und dem vermuteten Marschweg richtig gegraben. Unter der Prämisse, daß die Legionen hier lang marschiert sind, läßt das bisher nur den Schluss zu, daß diese römischen Legionäre ihr übliches Marschgepäck nicht dabei hatten.
Mangels eigener Grabungskenntnis kann ich hier nur auf publizierte Aussagen zurückgreifen, darunter Aussagen des von mir gern zitierten Reinhard Wolters: "Fast alle [Fundstücke] sind aus Metall. Das für die Lebenswelt der römischen Soldaten so typische rotgebrannte Essgeschirr, die Terra sigillata, fehlt - wie überhaupt keine Keramik gefunden wurde, wie man sie von den Römern kennt. Dies mag jedoch daran liegen, dass nur ein Teil des Geländes durch Ausgrabungen erschlossen werden konnte: Den größten Teil des Fundgebietes hat man vor allem systematisch mit Metalldetektoren abgeschritten, woraus eine Verzerrung des Fundspektrums zugunsten der Metalle resultieren kann."

Oder Susanne Wilbers-Rost: "Geländebegehungen mit Metalldetektoren wurden nicht nur zu Beginn der Forschungen in Kalkriese durchgeführt; sie haben die vergleichsweise kleinräumigen systematischen Ausgrabungen im Fundareal am Klakrieser Berg und in der Kalkrieser-Niederwedder Senke über die Jahrzehnte begleitet, um die Ausdehnung des Untersuchungsgebietes und die Dichte der Fundstellen zu ermitteln."

... was zu der Schilderung passen würde, dass der Tross (vermutlich also Gepäck, Wagen) am dritten Tag, somit östlich vor dem Kalkrieser Engpass, verbrannt worden ist. Mitgeführt worden sind vermutlich dann nur das Trosspersonal und die Tiere (mit etwas Gepäck)

Das kann man so pauschal offenbar nicht sagen. Wissenschaftler, die das Fundgut kennen sollten, schreiben davon, dass überwiegend Reste militärischer Ausrüstung gefunden wurden, nicht dass es sich um persöliche Ausrüstung einzelner Soldaten gehandelt habe. Wolters nennt hier zum Beispiel Vermessungsgeräte, Bleilote, medizinische Ausrüstung, Schanzwerkzeug. Joachim Harnecker spricht von Resten "der gesamten römischen Militärausrüstung" und von vielen Funden, "die in das militärische Umfeld gehören, sowie Objekte, die man eher dem zivilen oder sakralen Bereich zuordnen würde". An anderer Stelle heißt es: "Die Ausstattung von Reit-, Last und Zugtieren ist dagegen reichlich vorhanden." Genannt werden Reste von Riemenbeschlägen und Schnallen, Geschirranhängern, Trensen und Zügelketten. Außerdem gibt es Teile von Gefäßen und Küchenutensilien wie ein Bronze-Weinsieb und zwei Bronze-Delphine, die Kannendeckel verziert haben dürften. Waagen, Schlüssel und Schneidwerkzeuge ordnet Harnecker ebenfalls nicht direktem militärischem Gebrauch zu.

Boris Dreyer schreibt von Bestandteilen der "Gerätschaften und Alltagsgegenstände eines Legionärs (bzw. Auxiliarsoldaten), die z.T. auch in einem sog. Grossen Tross mitgeführt wurden". Weiter schreibt er: "Es kann weiterhin durch die Funde ein breit gefächertes Spektrum an spezialisierten Truppenteilen ausgemacht werden, die charakteristischerweise nicht die typische Ausrüstung eines exercitus expeditus mit sich führten." Unter Hinweis auf die berühmte Gesichtsmaske und Teile eines Prunkschwerts und zieht den Schluss: "Dies unterstreicht den Charakter der Armee von Kalkriese als mit Prunkwaffen auftretenden Armee, nicht als exercitus expeditus."

Von "kein Tross" oder "nur etwas Gepäck" kann demnach keine Rede sein.

MfG
 
... was zu der Schilderung passen würde, dass der Tross (vermutlich also Gepäck, Wagen) am dritten Tag, somit östlich vor dem Kalkrieser Engpass, verbrannt worden ist. Mitgeführt worden sind vermutlich dann nur das Trosspersonal und die Tiere (mit etwas Gepäck)

Hier ist noch zu präzisieren, daß nicht der gesamte Tross verbrannt wurde:


Folgt man der Darstellung des Schlachtgeschehens der Varusschlacht durch Cassius Dio, verbrannten die Römer am dritten Tag der Schlacht einen Teil ihres Trosses mit dem, was sie nicht mehr benötigten bzw. ließen diese Dinge zurück.
Irdenware ist schwer aber nicht besonders wertvoll, insofern ist davon auszugehen, dass der Grund, warum man keine römische Keramik in Kalkriese findet, der ist, dass kaum noch Irdenware mitgeführt wurde.

Hier noch der Auszug aus der Übersetzung der Originalquelle von Cassius Dio (zitiert aus: Internet-Portal "Westfälische Geschichte")

21. (1) Daher schlugen sie dort ihr Lager auf, wo sie einen geeigneten Platz fanden, soweit dies in dem Waldgebirge überhaupt möglich war; nachdem sie dann zahlreiche Wagen und sonstige Gegenstände, die nicht unbedingt erforderlich waren, verbrannt oder zurückgelassen hatten, zogen sie am anderen Morgen in etwas besserer Ordnung weiter, so daß sie sogar offenes Gelände erreichen konnten; freilich erlitten sie auch bei ihrem Abzug Verluste.




Mangels eigener Grabungskenntnis kann ich hier nur auf publizierte Aussagen zurückgreifen, darunter Aussagen des von mir gern zitierten Reinhard Wolters: "Fast alle [Fundstücke] sind aus Metall. Das für die Lebenswelt der römischen Soldaten so typische rotgebrannte Essgeschirr, die Terra sigillata, fehlt - wie überhaupt keine Keramik gefunden wurde, wie man sie von den Römern kennt. Dies mag jedoch daran liegen, dass nur ein Teil des Geländes durch Ausgrabungen erschlossen werden konnte: Den größten Teil des Fundgebietes hat man vor allem systematisch mit Metalldetektoren abgeschritten, woraus eine Verzerrung des Fundspektrums zugunsten der Metalle resultieren kann."

Oder Susanne Wilbers-Rost: "Geländebegehungen mit Metalldetektoren wurden nicht nur zu Beginn der Forschungen in Kalkriese durchgeführt; sie haben die vergleichsweise kleinräumigen systematischen Ausgrabungen im Fundareal am Klakrieser Berg und in der Kalkrieser-Niederwedder Senke über die Jahrzehnte begleitet, um die Ausdehnung des Untersuchungsgebietes und die Dichte der Fundstellen zu ermitteln."



Das kann man so pauschal offenbar nicht sagen. Wissenschaftler, die das Fundgut kennen sollten, schreiben davon, dass überwiegend Reste militärischer Ausrüstung gefunden wurden, nicht dass es sich um persöliche Ausrüstung einzelner Soldaten gehandelt habe. Wolters nennt hier zum Beispiel Vermessungsgeräte, Bleilote, medizinische Ausrüstung, Schanzwerkzeug. Joachim Harnecker spricht von Resten "der gesamten römischen Militärausrüstung" und von vielen Funden, "die in das militärische Umfeld gehören, sowie Objekte, die man eher dem zivilen oder sakralen Bereich zuordnen würde". An anderer Stelle heißt es: "Die Ausstattung von Reit-, Last und Zugtieren ist dagegen reichlich vorhanden." Genannt werden Reste von Riemenbeschlägen und Schnallen, Geschirranhängern, Trensen und Zügelketten. Außerdem gibt es Teile von Gefäßen und Küchenutensilien wie ein Bronze-Weinsieb und zwei Bronze-Delphine, die Kannendeckel verziert haben dürften. Waagen, Schlüssel und Schneidwerkzeuge ordnet Harnecker ebenfalls nicht direktem militärischem Gebrauch zu.

Boris Dreyer schreibt von Bestandteilen der "Gerätschaften und Alltagsgegenstände eines Legionärs (bzw. Auxiliarsoldaten), die z.T. auch in einem sog. Grossen Tross mitgeführt wurden". Weiter schreibt er: "Es kann weiterhin durch die Funde ein breit gefächertes Spektrum an spezialisierten Truppenteilen ausgemacht werden, die charakteristischerweise nicht die typische Ausrüstung eines exercitus expeditus mit sich führten." Unter Hinweis auf die berühmte Gesichtsmaske und Teile eines Prunkschwerts und zieht den Schluss: "Dies unterstreicht den Charakter der Armee von Kalkriese als mit Prunkwaffen auftretenden Armee, nicht als exercitus expeditus."

Von "kein Tross" oder "nur etwas Gepäck" kann demnach keine Rede sein.

MfG


Auf Varusforschung in Kalkriese: Die Örtlichkeit der Varusschlacht (UNIVERSITÄT OSNABRÜCK) ist eine exemplarische Übersicht über römische Alltagsgegenstände. Darunter sind auch im obersten Bild drei Fragmente von Keramik.

Ausgehend von der Annahme, dass Kalkriese mit Varus in direkter Verbindung steht, kann man auf der einen Seite den Fund von Gegenständen des Trosses mit Cassius Dio erklärt werden, daß nicht der gesamte Tross zurückgelassen bzw. verbrannt wurde. Auf der anderen Seite kann der Fund von Gegenständen des Trosses damit erklärt werden, daß man sich von Teilen des Trosses noch nicht getrennt hat.


Nur jetzt haben wir - ähnlich wie bei den Münzen - das Problem, ob wir von der heutigen Fundlage auf einen großen oder einen schon reduzierten Tross schließen dürfen. Und im Ggs. zu den Münzen - worauf Maelonn oben hinweist - ist durch die Geländeuntersuchung mit Metallsonden evtl. vorhandene Keramik (noch) nicht gefunden worden.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Marinesoldaten/Marineinfanterie/Angehörige der Flotte:

Demnach wurden [500] Marinesoldaten für den Bau von Straßen in den vorderen Teil des Lagers gelegt. Zusammen mit Maurischer und Pannonischer Reiterei, die die Pioniere bei der Arbeit beschützen sollten.
Ich sehe keinen relevanten Unterschied zwischen Marinesoldaten und Angehörige der Flotte. Offenbar übersetzt Gilliver den Begriff classici als Ableitung von classis, 'Flotte'. Ich kenne classicus allerdings als Adjektiv 'ausgewogen, ausgereift, bewährt'.


Die meisten Kriegsmarinen haben in früherer Zeit sehr strikt zwischen dem eigentlichen Bedienungspersonal der Schiffe (den Seeleuten/Matrosen) und militärischem Personal unterschieden. Auch die Römer haben das m.W. so gehalten. Die „Marinesoldaten“ der römischen Flotte waren gerüstete „Infanteristen“, denen die Schiffe nur als Plattform für ihre Kämpfe dienten. Ihre Ausbildung umfasste mit Sicherheit auch „normalen, infanteristischen Kampf“.

Für die Kriegsmarine rekrutierte Rom ganz überwiegend Männer aus den Provinzen. Der Dienst in der Flotte war nicht angesehen, die Bezahlung deutlich schlechter als in der Legion. Es ist bekannt, dass viele Rekruten gerade aus dem östlichen Mittelmeerraum stammten, so etwa auch aus Ägypten (Frühe Kaiserzeit). Bekanntlich rekrutierten die Römer gewöhnlich nicht im ganzen Reich für ihre Streitkräfte, sondern bevorzugten gewisse Provinzen. Ägypten war niemals ein nennenswertes Rekrutierungsgebiet für die Armee. Dass die Flotte auch Ägypter aufnahm unterstreicht m.E. nur das geringe Ansehen des Dienstes in der Flotte.

Andererseits wurde in Notlagen häufig auf die Soldaten der Marine zurückgegriffen um kurzfristig Legionen aufstellen zu können. Hierzu sind die Ereignisse aus dem 4-Kaiser-Jahr 69 bezeichnend. Gegen Vitellius griffen die in Rom regierenden Kaiser auf die Soldaten der Flotte zurück, um aus ihnen eine neue Legion zu formieren. Sie wurden aber nicht recht anerkannt und ich meine mich erinnern zu können, dass einige unzufriedene Seesoldaten dagegen protestierten zu den Schiffen zurückgeschickt zu werden und niedergemacht wurden. Um diese Handlung zu verstehen ist es wichtig sich daran zu erinnern, dass in der Legion nur Männer mit römischem Bürgerrecht dienen durften. Indem die Seesoldaten zu Legionären aufgewertet würden, musste man ihnen vorher das begehrte Bürgerrecht verleihen! Das wäre bei Tacitus oder Sueton nachzulesen, am ehesten wohl unter Galba und vor allem Otho…. Leider habe ich beides eben nicht zur Hand…

Wie auch immer: Die Episoden beweisen das geringe Ansehen der Seesoldaten (dieser Ausdruck dürfte am besten passen), was ihren wenig beliebten Einsatz als Bausoldaten für den Straßenbau noch wahrscheinlicher macht. Auch der „vordere Teil“ im Lager war nicht eben ein Ehrenplatz! Ich denke man sollte sich nicht an dem Begriff „Marinesoldaten“ stören. Ein solcher Einsatz ist nicht eben unwahrscheinlich.
Ah und auch Tante Wiki ermöglicht die Episode von Seesoldaten als Legionäre und ihr geringes Ansehen etwas zu erhellen:
Legio I Adiutrix ? Wikipedia
 
@Tross verbrennen:

Nicht auszuschließen dass eine solche Aktion auch Teil eines antiken Topos sein könnte. Aber ich denke, man sollte das doch weitgehend wörtlich nehmen. Derartige Aktionen sind von antiken Heeren mehrfach überliefert. So etwa bei Alexander d. Gr., der den gewaltig angeschwollenen Tross seines siegreichen Heeres auf diese Weise mit Gewalt einschränkte, wobei gewaltige Werte zerstört worden seien. Natürlich wäre ein intakt zurückgelassener Tross eine willkommene Beute für die Feinde des Varus gewesen. Der Gedanke liegt nahe, dass auf diese Weise größere Germanengruppen lieber geplündert hätten, statt den Kampf zu suchen. Psychologisch und rational muss man es aber eher anders herum sehen: Dem Sieger gehört die Beute! Den Tross intakt zurückzulassen wäre ein offenes Eingeständnis der Niederlage gewesen. Sowohl gegenüber dem Feind, dem Kaiser in Rom, als auch gegenüber den eigenen Soldaten!
Ein zurückgelassener Tross hätte auch bei den eigenen Soldaten Begehrlichkeiten geweckt, was Moral und auch Disziplin gefährden konnte. Die Männer hätten vielleicht lange den Gedanken nicht aus dem Kopf bekommen, sich ihr Eigentum wieder zurückholen zu können. Die Armee des Varus begleitete neben militärischem Tross auch einige Angehörige und „Heeresfolger“, wie Händler und andere Menschen, die dem Heer (aus ihrer Sicht heraus im Frieden) bis an die Weser ins Sommerlager gefolgt waren. Denen hätte man das Aufgeben ihres Lebenswerks noch schwerer zumuten können als den eigenen Truppen, obwohl ihre Habe sicherlich sperriger und als Marschzug weniger „diszipliniert/mobil“ gewesen sein müsste.
All diese Probleme und Gedanken über den Tross beendete Varus mit dem Entschluss, den nicht benötigten Teil durch eigene Truppen verbrennen zu lassen. Es „enthob“ die Legionäre ihrer Sorge um ihre Güter und sandte an die Germanen ein unmissverständliches Signal des Kampfes- & Siegeswillen!

Über die Länge eines Trosses bei „disziplinierten, modernen Heeren“ im Vergleich zu eher losen Begleittross ist das Kapitel über den unmöglich langen Marschzug des Perserkönigs Xerxes gegen die antiken Griechen bei Delbrücks Klassiker „Geschichte der Kriegskunst“ sehr erhellend:
Delbrück schrieb:
Das Heer, das Xerxes nach Griechenland führte, wird von Herodot ganz genau auf 4200000 Mann mit dem Troß angegeben. Ein Armeekorps, das sind 30000 Mann, nimmt nach der deutschen Marschordnung etwa drei Meilen ein (ohne den Fuhrpark). Die Marschkolonne der Perser wäre also 420 Meilen lang gewesen, und als die Ersten vor Thermopylä ankamen, hätten die Letzten gerade aus Susa jenseits des Tigris ausmarschieren können. Ein deutsches Armeekorps führt Artillerie und Munitionskarren mit sich, die viel Raum einnehmen, und insofern wäre ein antikes Heer auf geringerem Raum unterzubringen. Auf der anderen Seite hatte ein persisches Heer ganz gewiß nur eine sehr geringe Marschdisziplin, die nur bei sehr feiner Gliederung des Heeresorganismus mit unausgesetzter Aufmerksamkeit und Anspannung erreicht werden kann. Ohne Marschdisziplin verlängern sich die Kolonnen sehr schnell auf das Doppelte und Dreifache der Ausdehnung. Persische Truppen dürfen daher, auch ohne Artillerie, etwa mit modernen Truppen in Marschraumbedürfnis gleichgesetzt werden.
Delbrück, Hans, Geschichte der Kriegskunst, 1. Teil. Das Altertum, 1. Buch. Die Perserkriege, 1. Kapitel. Heereszahlen. Vorbereitendes - Zeno.org
 
@ Marschgepäck und Tross:

Boris Dreyer schreibt von Bestandteilen der "Gerätschaften und Alltagsgegenstände eines Legionärs (bzw. Auxiliarsoldaten), die z.T. auch in einem sog. Grossen Tross mitgeführt wurden". Weiter schreibt er: "Es kann weiterhin durch die Funde ein breit gefächertes Spektrum an spezialisierten Truppenteilen ausgemacht werden, die charakteristischerweise nicht die typische Ausrüstung eines exercitus expeditus mit sich führten." Unter Hinweis auf die berühmte Gesichtsmaske und Teile eines Prunkschwerts und zieht den Schluss: "Dies unterstreicht den Charakter der Armee von Kalkriese als mit Prunkwaffen auftretenden Armee, nicht als exercitus expeditus."

Von "kein Tross" oder "nur etwas Gepäck" kann demnach keine Rede sein.
Es wird Varus doch vorgeworfen, er habe sich in Germanien wie im tiefsten Frieden einer gesicherten Provinz benommen. Beim Rückmarsch zu den Winterlägern am Rhein erwartete man nur eher geringe Kämpfe gegen einen abgelegenen Aufstand, während man vorher wohl sozusagen wie im Frieden, im östlich gelegenen Sommerlager gestanden hatte. Nun brach man also das Sommerlager ab zum Rückmarsch an den Rhein und wird dabei gewiss relativ mehr an Annehmlichkeiten mitzunehmen gehabt haben, als es einem von einer Basis aus geführten Kriegszug wohl angestanden hätte. Das „mehr“ an Funden aus dem nicht allzu eng gezogenen militärischen Umfeld ist über diese Überlegung doch leicht zu erschließen. Das spricht m.E. eher nicht dagegen, dass Kalkriese der Ort der Varusschlacht sein könnte – eigentlich spricht es doch mehr zugunsten dieser Identifizierung?!

Wenn es Soldaten möglich ist, Teile eines zurückzulassenden Trosses an sich zu nehmen, dann würde ich doch wohl eher wertvolle, aber handliche Utensilien retten wollen anstelle von zerbrechlicher Feinkeramik. Diese Möglichkeit hat zumindest jener Teil einer Armee, welcher mit der Zerstörung beauftragt ist! Gerade „Metallschrott“ bietet sich für eine solche „Rettung“ doch geradezu an.
Was ganz sicher nicht so einfach aufgegeben wurde ist die Legionskasse! Diese zurückzulassen wäre aus Sicht der Legionäre unentschuldbar gewesen! Teile ihres Solds wurden dort „verwahrt“ und die Kasse stand bei den Fahnen im Fahnenheiligtum eines Truppenstandortes. Kein Wunder wenn angegriffene Legionäre ihre „Fahne“ unter solchen Umständen besonders eifrig verteidigten! Letztlich dürfte aber doch der Verbleib der Legionskassen vor dem Hintergrund der eigentlichen Diskussion unerheblich sein.


Wichtig bleibt wieder einmal festzuhalten, dass im Falle der Varusschlacht die schwerfälligsten Teile des Trosses bereits aufgegeben waren, bevor es zum Zusammenbruch kam.
So weit meine periphären Anmerkungen zu diesem Thread der längst wieder interessant geworden ist. Vielen Dank für sehr schöne und anschauliche Beiträge hier bei allen Differenzen!
 
Das „mehr“ an Funden aus dem nicht allzu eng gezogenen militärischen Umfeld ist über diese Überlegung doch leicht zu erschließen. Das spricht m.E. eher nicht dagegen, dass Kalkriese der Ort der Varusschlacht sein könnte – eigentlich spricht es doch mehr zugunsten dieser Identifizierung?!

Stimmt. Genauso sehe ich das auch. Aber ich bin zugegebenermaßen ein Befürworter der Varusschlacht-Theorie.

MfG
 
"Beim Rückmarsch zu den Winterlägern am Rhein erwartete man nur eher geringe Kämpfe gegen einen abgelegenen Aufstand, während man vorher wohl sozusagen wie im Frieden, im östlich gelegenen Sommerlager gestanden hatte."

Das Winterlager als Bestandteil des Kalkrieseargumentationskartenhauses:
Die Quellen berichten im Sommer 9 von einem Zug des Varus an die Weser. Ob er während des Sommers ausschließlich ein Lager bewohnte ist nicht gesichert- er könnte ja rechtsprechend durch die Lande gezogen sein.
Zudem wird von einem Aufstand berichtet, der niedergeschlagen werden sollte- nicht aber von einem Rückmarsch in ein Winterlager- vielleicht wollte Varus den Winter über in Germanien bleiben- es war ja in seinen Augen befriedet.
Der Marsch in Richtung Aufstand könnte also genauso gut in die östliche Richtung von der Weser gegangen sein und Hab und Gut sind im Lager geblieben.
Aber nein, Kalkriese liegt ja westlich !
 
"Beim Rückmarsch zu den Winterlägern am Rhein erwartete man nur eher geringe Kämpfe gegen einen abgelegenen Aufstand, während man vorher wohl sozusagen wie im Frieden, im östlich gelegenen Sommerlager gestanden hatte."

Das Winterlager als Bestandteil des Kalkrieseargumentationskartenhauses:
Die Quellen berichten im Sommer 9 von einem Zug des Varus an die Weser. Ob er während des Sommers ausschließlich ein Lager bewohnte ist nicht gesichert- er könnte ja rechtsprechend durch die Lande gezogen sein.
Zudem wird von einem Aufstand berichtet, der niedergeschlagen werden sollte- nicht aber von einem Rückmarsch in ein Winterlager- vielleicht wollte Varus den Winter über in Germanien bleiben- es war ja in seinen Augen befriedet.
Der Marsch in Richtung Aufstand könnte also genauso gut in die östliche Richtung von der Weser gegangen sein und Hab und Gut sind im Lager geblieben.
Aber nein, Kalkriese liegt ja westlich !

Na ja, ob Varus mit drei Legionen + Hilfstruppen + (wahrscheinlich tausender) Zivilisten + Tross rechtssprechend durch die Gegend gezogen ist, wage ich mal zu bezweifeln. Ein Rückmarsch in die Winterlager war ebenfalls völlig normal für die Römer. Diese lagen natürlich hauptsächlich am Rhein. Natürlich werden auch einige Truppenteile den Winter in festen Standlagern in Germanien verbracht haben.

Was den Aufstand angeht, so sprechen die Quellen nicht von östlicher, sondern von nördlicher Richtung.
 
Was den Aufstand angeht, so sprechen die Quellen nicht von östlicher, sondern von nördlicher Richtung.

Eigentlich sprechen sie, bzw. die eine Quelle, die eine im Übrigen auch, die davon berichtet, dass Varus an der Weser war, von gar keiner Himmelsrichtung.
Es handelt sich dabei um einen der beiden zweifelhafteren Gewährsleute, Cassius Dio (der andere der zweifelhafteren Gewährsleute ist Florus) und damit um den Chronisten, der davon berichtet, die der Sturm die Baumkronen auf die Römer warf, während die Germanen leichtfüßig die Römer bekämpften. Offenbar mussten diese die Baumkronen nicht fürchten, vielleicht weil sie aus Gummi waren?
Muss man nun das Varusschlachtfeld jenseits der Weser suchen? Zumindest Tacitus weiß nichts von einer Weserüberquerung des Germanicus im Jahr 15 zu berichten (und auch Cassius Dio, wenn man ihn denn unbedingt ernst nehmen will, berichtet von keiner Überquerung der Weser, sondern nur davon dass Varus bis an (πρὸς τὸν) die Weser (Οὐίσουργον) gelockt worden sei, nicht darüber hinaus).
 
Zuletzt bearbeitet:
Moin Jchatt,

habe hier mal zwei Karten (Quelle: Wikipedia) mit der Darstellung der Feldzüge des Drusus und Tiberius angehängt. Demnach sind keine Heerzüge bei Kalkriese vorbeigezogen!

Weiß natürlich nicht, wie aussagekräftig diese Karten sind! Da ich (noch) keine andere Darstellungen gefunden habe, muß ich mich vorerst an diese Angaben "klammern".

Beste Grüße
Andreas
Hallo,
die beiden Karten dienen der Lokalisierung der Brukterer,wie ich es in
einem Beitrag bemerkte,sehr gut.Man kann daher die äußeren Brukterer
demnach nicht bei Kalkriese einordnen.
 
Die äußersten Brukterer sollen ja auch nicht direkt am Ort der Varusschlacht siedeln, sondern nur 'haud procul' davon. Und was unter haud procul in diesem Zusammenhang zu verstehen ist, darüber gibts ausführlichste Diskussionen hier im Forum.
 
Hallo,
die beiden Karten dienen der Lokalisierung der Brukterer,wie ich es in
einem Beitrag bemerkte,sehr gut.Man kann daher die äußeren Brukterer
demnach nicht bei Kalkriese einordnen.

Moin

Ich meine du solltest bei den Karten, die den Siedlungsraum darstellen skeptischer sein. Es gibt viele Karten mit ebensovielen Varianten der Verteilung! Was ist nun richtig?

Da hilft nur die Befragung eines Brukterers/einer Brukterine! ;)

Gruß
Andreas
 
Varusschlacht, Ablauf und Ort

Bei Wilhelm Müller steht dazu:

"[...] Besondere Bedeutung verdient die nähere Umgebung des Dorfes Himmighausen. Hier wurden im Juli 1872 im Waldboden am Hang des sog. Varusberges beim Bau des Bahndamms Hannover-Altenbeken zwei goldene Augustusmünzen mit den Abbildungen der Prinzen Gajus and Lucius Cäsar gefunden, die frühestens um das J. 2 v. Chr. geprägt wurden (vgl. Cohen Bd. 1 S. 68/69 Nr. 39 und 41), [...]"

"[...] Sehr auffällig erscheint aber die gerade von Himmighausen ab in nordwestlicher Richtung laufende Kette weiterer republikanischer und augustischer Münzfunde bei Horn, Berlebeck, Detmold, Donoper Teich, Dörenschlucht, Pivitsheide und Stapelage, auf die Albert Wormstall ("Augustische Münzfunde un Raume Westfalen und römische Marschrichtungen", Westfalen 1935 Heft 5) mit Recht hinweist."

"[...] Liegt Himmighausen auf jener bedeutungsvollen Ostseite des Gebirges, so haben sich auf der gegenüberliegenden Westseite nicht minder beachtliche Spuren ergeben, die zwar nicht mit dem Varuszuge als solchem, wohl aber mit dem Anmarsch des Germanicus zur Walstätte zusammenhängen könnten.
Es handelt sich um den um 1890 beim Wegebau erfolgten Fund einer Bronzemünze des Augustus vom Jahre 11 n. Chr. (vgl. Cohen Bd,. 1 S. 93 Nr. 226) bei Neuenbeken - also am Westeingang der Pässe von Altenbeken und Driburg, die lange unbemerkt in der Privatsammlung des aus Neuenbeken stammenden Rendanten Wewer in Paderborn ruhte, wo sie von Baurat Ortmann-Paderborn ([...]) daselbst entdeckt und auf meine Anregung dem dortigen Museum überwiesen wurde. Da für diese Augustusmünze dank ihrer Umschrift (im 34. Jahr der tribunicischen Gewalt) die Datierung in das Jahr 11 auf das Erfreulichste gesichert ist und somit alle älteren Feldzüge der Römer für sie ausscheiden, bleibt nach dem, was wir über solche Münzfunde der frühen Kaiserzeit im freien Germanien wissen, kaum eine andere Erklärung, als ihr Zusammenhang mit jenem Vormarsch des Germanicus zum Teutoburger Schlachtfeld, der sonach von Paderborn aus geradewegs ostwärts auf den Paß von Driburg zielte. [...]"

Ich war Berufssoldat und habe 2009 für eine militärhistorisch interessierte Gruppe eine Fahrt nach Kalkriese vorbereitet. In diesem Zusammenhang habe ich die Quellen zur Schlacht auf ihre Plausibilität aus militärisch Sicht überprüft. Das Ergebnis habe ich unter Wolfgang Kappen in Römerfreunde Weser unter dem Titel "Hinterhalt in weglosem Gelände oder Überfall auf die Abstellungen" veröffentlicht.
Als Ergebnis möchte ich zusammenfassend sagen, daß Arminius aus militärischer Sicht wahrscheinlich mit einem Überfall auf die in die germanischen Siedlungen abgestellten Soldaten begonnen hat (Quelle Cassius Dio "nachdem man die Abstellungen niedergemacht hatte"). Varus hat unter dem Schock dieses Ereignisses fluchtartig mit seinem Hauptquartier und einer Legion das Lager geräumt (Quelle Cassius Dio "exhormonta", sie begleiteten ihn, der es sehr eilig hatte). Er befahl den beiden anderen Legionen, die nicht im selben Lager stationiert waren (Cassius Dio), im ersten Marschlager zu ihm zu stoßen. Auf dem Marsch werden sie durch germanische Stämme angegriffen, ein Gewittersturm verzögert den Marsch weiter, so daß nur eine Legion Varus im Lager erreicht. Die dritte Legion muß im Wald lagern(Cassius Dio).
Am nächsten Morgen greift Arminius das Lager an, Varus begeht Selbstmord, die Armee ist führerlos, die Reiterei flieht, die beiden Legionen sind von den Germanen eingekreist und geben auf (Paterculus). Dieses Lager findet Germanicus sechs jahre später. Nach Tacitus ist Varus mit der masse seiner Armee dort umgekommen oder in Gefangenschaft geraten.
Die dritte Legion erfährt von der Niederlage, verbrennt ihr schweres Gerät, da der Weg zu den Lippe-Lagern durch die Germanen versperrt ist und schlägt sich durch. Dabei wird sie aufgerieben. Ein Überlebender hat darüber berichtet, diesen Bericht hat Dio, der offensichtlich 200 Jahre später intensives Quellenstudium betrieben hat und dem wir daher die vielen Details verdanken, auf die ganze Armee bezogen. Wenn man seine Vermutung über den Plan des Arminius als offensichtliche Spekulation wegläßtund stattdessen den Überfall auf die Abstellungen einsetzt, stimmt das ganze Bild, der Ablauf ist militärisch vernünftig und Varus war nicht der Idiot, der sich mit seiner ganzen Armee in unwegsames Gelände locken ließ.
Nun zm Ort der Schlacht: wenn man annimmt, daß Varus an der Weser gelegen hat und aus einem der Lippe-Lager versorgt wurde, kommen als Orte für das Sommerlager die Räume Höxter, Hameln und Vlotho in Frage.
Wenn Anreppen noch genutzt wurde, spricht alles für den Raum Höxter.
Wenn Varus von dort zurück zur Lippe wollte, muß sein erstes Marschlager im Raum Bad Driburg gelegen haben. Dorthin hat er die beiden anderen Legionen befohlen, dort ist Varus geschlagen worden und die dritte Legion hat versucht nach Nordwesten oder Südwesten zu umgehen und die Lippelager zu erreichen.
Wenn nun genau in diesem Raum die von Pastor Müller geschilderten Funde gemacht wurden, würde das ins Bild passen. Die im Wald gefundenen Goldmünzen könnten dann der dritten Legion, die sich durchschlug, zugeordnet werden.
Ich würde mich um kritische Anmerkungen freuen.
 
Ich war Berufssoldat und habe 2009 für eine militärhistorisch interessierte Gruppe eine Fahrt nach Kalkriese vorbereitet. In diesem Zusammenhang habe ich die Quellen zur Schlacht auf ihre Plausibilität aus militärisch Sicht überprüft. Das Ergebnis habe ich unter Wolfgang Kappen in Römerfreunde Weser unter dem Titel "Hinterhalt in weglosem Gelände oder Überfall auf die Abstellungen" veröffentlicht.
Als Ergebnis möchte ich zusammenfassend sagen, daß Arminius aus militärischer Sicht wahrscheinlich mit einem Überfall auf die in die germanischen Siedlungen abgestellten Soldaten begonnen hat (Quelle Cassius Dio "nachdem man die Abstellungen niedergemacht hatte"). Varus hat unter dem Schock dieses Ereignisses fluchtartig mit seinem Hauptquartier und einer Legion das Lager geräumt (Quelle Cassius Dio "exhormonta", sie begleiteten ihn, der es sehr eilig hatte). Er befahl den beiden anderen Legionen, die nicht im selben Lager stationiert waren (Cassius Dio), im ersten Marschlager zu ihm zu stoßen. Auf dem Marsch werden sie durch germanische Stämme angegriffen, ein Gewittersturm verzögert den Marsch weiter, so daß nur eine Legion Varus im Lager erreicht. Die dritte Legion muß im Wald lagern(Cassius Dio).
Am nächsten Morgen greift Arminius das Lager an, Varus begeht Selbstmord, die Armee ist führerlos, die Reiterei flieht, die beiden Legionen sind von den Germanen eingekreist und geben auf (Paterculus). Dieses Lager findet Germanicus sechs jahre später. Nach Tacitus ist Varus mit der masse seiner Armee dort umgekommen oder in Gefangenschaft geraten.
Die dritte Legion erfährt von der Niederlage, verbrennt ihr schweres Gerät, da der Weg zu den Lippe-Lagern durch die Germanen versperrt ist und schlägt sich durch. Dabei wird sie aufgerieben. Ein Überlebender hat darüber berichtet, diesen Bericht hat Dio, der offensichtlich 200 Jahre später intensives Quellenstudium betrieben hat und dem wir daher die vielen Details verdanken, auf die ganze Armee bezogen. Wenn man seine Vermutung über den Plan des Arminius als offensichtliche Spekulation wegläßtund stattdessen den Überfall auf die Abstellungen einsetzt, stimmt das ganze Bild, der Ablauf ist militärisch vernünftig und Varus war nicht der Idiot, der sich mit seiner ganzen Armee in unwegsames Gelände locken ließ.
Nun zm Ort der Schlacht: wenn man annimmt, daß Varus an der Weser gelegen hat und aus einem der Lippe-Lager versorgt wurde, kommen als Orte für das Sommerlager die Räume Höxter, Hameln und Vlotho in Frage.
Wenn Anreppen noch genutzt wurde, spricht alles für den Raum Höxter.
Wenn Varus von dort zurück zur Lippe wollte, muß sein erstes Marschlager im Raum Bad Driburg gelegen haben. Dorthin hat er die beiden anderen Legionen befohlen, dort ist Varus geschlagen worden und die dritte Legion hat versucht nach Nordwesten oder Südwesten zu umgehen und die Lippelager zu erreichen.
Wenn nun genau in diesem Raum die von Pastor Müller geschilderten Funde gemacht wurden, würde das ins Bild passen. Die im Wald gefundenen Goldmünzen könnten dann der dritten Legion, die sich durchschlug, zugeordnet werden.
Ich würde mich um kritische Anmerkungen freuen.

Ich wusste gar nicht, dass die Bundeswehr heute noch mit Schild und Frame durch den Wald hoppst. ;)
Im Ernst: Ich habe die Quellen vor- und rückwärts gelesen und nehme deine Schlussfolgerungen mit Verwunderung zur Kenntnis. Vielleicht könntest du, anstatt nur die Autoren zu nennen, doch die entsprechenden Passagen jeweils zitieren?
Und was hat es mit deinem rätselhaften exhormonta auf sich?

Mitunter habe ich bei deiner Interpretation den Eindruck, du habest die Texte in Fragmente zerschnitten, diese in eine Lostrommel getan und willkürlich wieder herausgezogen und dadurch einen neuen Ablauf der Ereignisse bekommen, den du uns nun darlegst. Als Bsp. sei deine Datierung des Selbstmordes des Feldherren genannt, die bei CD mehrere Abschnitte nach der Verbrennung des Trosses kommt, bei dir aber vorher. Ich will hier gar nicht mit dem Tacitusbericht ankommen, der den Tod des Varus ans Ende stellt, weil man diesen Bericht m.E. als klimakterisch lesen muss, dort ist klar, dass der Tod des Feldherren das Ende des Schlachtgeschehens markieren muss. Dennoch berichtet keine Quelle explizit von einem frühen Freitod des Feldherren.

Dass das mit den Münzen des Pastors heute noch einer glaubt, kann auch nur Verwunderung hervorrufen. Dieser - in Verbundenheit mit einem Wirt - wollte doch glatt Münzen des Arminius gefunden haben, mit dessen Inschrift und einem Portät von diesem mit Suebenknoten *rofl*

Letztendlich ist festzuhalten, dass die Quellen, so wie wir sie vorliegen haben, sich nicht übereinander bringen lassen, ja sich sogar widersprechen und jeder Versuch, die Quellen miteinander zu harmonisieren - so wie auch dieser hier - vorn vornherein zum Scheitern verurteilt ist.
 
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Nun ja Planspiele in allen Ehren , aber könnte es nicht sein,daß das uns überliefertes Geschehen ein fiktives ist, in das Berichte und Erzählungen aus diversen Germanenkämpfen eingeflossen sind.
Schließlich haben wir nicht nur keine Augenzeugenberichte sondern die Quellen,die das Geschehen schildern sind alle in erheblichem räumlichen und zeitlichen Abstand zum Ereignis entstanden und miteinander allenfalls partiell in Deckung zu bringen..

Eine solche historische Fiktion würde letztlich auch die diffuse Fund- und Quellenlage erklären.
 
Nun ja Planspiele in allen Ehren , aber könnte es nicht sein,daß das uns überliefertes Geschehen ein fiktives ist, in das Berichte und Erzählungen aus diversen Germanenkämpfen eingeflossen sind.

Einerseits das, und selbst wenn man die rudimentären Hinweise zur Schlacht als ungefähr zutreffend beurteilen würde, fehlen verwertbare Aussagen zur "Feindlage".

Folgt man dem beliebten Dreischritt Lage-Auftrag-Durchführung, fehlt damit ein ganz wesentlicher Baustein. Der "Auftrag" war gewissermaßen die Rückführung aus dem Sommerlager. Damit bleibt wohl alles Spekulation, was Varus zu welchen Entscheidungen geführt hat. So auch das:

Wenn Varus von dort zurück zur Lippe wollte, muß sein erstes Marschlager im Raum Bad Driburg gelegen haben.
... oder ganz woanders, zB wenn die (wahrgenommene) Feindlage dieses erzwungen haben sollte.
 
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