Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

@ Carolus

Nein, die Mathematik zeigt etwas anderes.

Es sei denn, man nimmt die Kölner Münzen als repräsentativ für alle im Umlauf befindlichen Münzen. Da es aber nur 55 sind, ist ihre Anzahl dafür nicht groß genug.

Es ist eben zu erwarten, dass 0 bis 120 neue Münzen gefunden werden, wenn man von 5% und 2000 Münzen ausgeht. Selbst, wenn man nur von einem Fehler von 1% ausgeht, wären zwischen 0 und 40 neue Münzen zu erwarten. Stochastik und Statistik sind fr viele ein Albtraum, aber diesen Punkt bekommen wir bei jeder Wahl von neuem erklärt.

Damit sind aber die Münzen in Kalkriese in der Frage 9 n.Chr. oder später nicht aussagekräftig. Sollten neue Münzen gefunden werden und diese nicht eindeutig mit den Kampfhandlungen in Verbindung stehen, würde auch das die eigentliche Frage nicht lösen, da Germanicus später vor Ort war. Sollten irgendwann neue Münzen ausgeschlossen werden können, was bei weiteren Funden zu erwarten ist, kann Kalkriese auf 7-9 n.Chr. datiert werden. Und da Germanicus nicht jeden Ort des Gefechtsmarschs aufgesucht haben muss -zu dem Schluss berichtet Tacitus generell zu ungenau-, zudem kein anderer Konflikt in jenen Jahren berichtet ist, wird Kalkriese dann als der oder ein Ort der Varusschlacht gesichert sein.

Woher kommt denn die Fehlertoleranz von 0,5%, die Du voraussetzt, Carolus?

Wenn es da korrekte Rechnungen gibt, akzeptiere ich das.

Der Fund aus Köln ist nur eine Stichprobe aus der Gesamtheit des Münzumlaufs des Jahres 14 (?) im grenznahen Bereich des römischen Germaniens.

Die Fehlertoleranz von 0,5 % (vermutlich beziehst Du Dich auf meinen Aussage "dann wären doch wohl ca. 20 Stück im Fundspektrum zu erwarten, vielleicht auch 10 oder 30") war nur eine Schätzung meinerseits.

Natürlich können wir nicht mit 100 % - Sicherheit ausschließen, dass Kalkriese anhand der Münzen doch in den Germanicus-Zeitraum zu datieren ist. Aber es wäre doch merkwürdig, dass bei 2000 Münzen keine jüngere dabei wäre. Oben schrieb ich deshalb von einem Indiz für das Jahr 9 n. Chr.
 
Der Stempel des Tiberius von Kalkriese ist auf einem As der I. Altar-Serie (Werz 2008; S. 360). Jedoch findet sich dieser Stempel auch noch auf der II. Altar-Serie und Mm-Assen im Werz-Katalog wieder. Waldgirmes wurde 10 n. Chr. aufgesucht (Dendro-Datum 9/10), jedoch fand sich kein einziger TIB 193 Stempel bei über 332 Fundmünzen (124 Asse der Serie I). Von Haltern oder den anderen Lagern ganz zu schweigen. Somit kann dieser frühestens im Frühjahr/ Sommer 10 n. Chr. geschlagen worden sein.
 
Gut, dann war Germanicus da. Das war doch aber so oder so der Fall, oder nicht?

(Jetzt mal von Münzmathematik abgesehen.)

Edit: Auch Tiberius könnte dagewesen sein. Über seine Maßnahmen nach der Schlacht ist ja kaum etwas bekannt.
 
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Der Fund aus Köln ist nur eine Stichprobe aus der Gesamtheit des Münzumlaufs des Jahres 14 (?) im grenznahen Bereich des römischen Germaniens.

Die Fehlertoleranz von 0,5 % (vermutlich beziehst Du Dich auf meinen Aussage "dann wären doch wohl ca. 20 Stück im Fundspektrum zu erwarten, vielleicht auch 10 oder 30") war nur eine Schätzung meinerseits.

Natürlich können wir nicht mit 100 % - Sicherheit ausschließen, dass Kalkriese anhand der Münzen doch in den Germanicus-Zeitraum zu datieren ist. Aber es wäre doch merkwürdig, dass bei 2000 Münzen keine jüngere dabei wäre. Oben schrieb ich deshalb von einem Indiz für das Jahr 9 n. Chr.

Ab einem Fehler von 1% eben nicht merkwürdig, sondern zu erwarten.
 
Wurden die postvarianischen Münzen im gesamten Kölner Stadtgebiet gefunden oder nur an einem bestimmten Ort? Waren die postvarianischen Münzen allgemein verfügbar oder haben wir es hier mit Münzen eines einzelnen Händlers zu tun, der zufälligerweise beim Brand in der Stadt war und schon über neues Geld verfügte? Wurden an anderen Orten im Rheinland postvarianische Münzen gefunden, die definitiv zwischen 9 und 16 n. Chr. verloren gingen? War Köln eventuell das Einfallstor für neues Geld in Germanien, und es wurde erst nach und nach an die Legionsstandorte verteilt? Sehr gute Frage auch, wurden dann eventuell erst die gebrauchten alten Münzen aus den Schatzkammern weitergegeben?

In Kalkriese haben wir 2000 Fundmünzen, dabei aber keine postvarianische, obwohl 8 Germanicus Legionen das Schlachtfeld nach den Gebeinen der Gefallenen der Varusschlacht absuchten. Normalerweise gehen überall Münzen verloren, wo sich Legionäre aufhielten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Römisches_Marschlager_von_Wilkenburg#Funde

Da stimmt doch vorne und hinten was nicht mit der Verallgemeinerung einer quasi kontinuierlichen Münzausgabe auch an die Germanien Legionen. Und wenn die Ausgabe diskret war können wir auch beim tpq 9 n. Chr. absolut überhaupt keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob die Münzen von Varus- oder Germanicus-Legionären verloren wurden. Nur anhand des Münzbefundes eines eindeutig datierten Schlachtfeldes des römisch-germanischen Krieges könnten wir im Rahmen der Schlachtfeld-Archäologie auch den Münzbefund von Kalkriese zeitlich einigermaßen sicher einordnen.

Die einzige nichtspekulative Erkenntnis bleibt, dass in Kalkriese Münzen verloren gingen, die nicht später als 9 n. Chr. geprägt wurden.
 
Ab einem Fehler von 1% eben nicht merkwürdig, sondern zu erwarten.

Mit "Fehler" meinst Du den Anteil neuer Münzen? Deswegen schreib ich ja auch, dass man nicht mit Sicherheit statistisch ausschließen kann, dass der Münzhorizont von Kalkriese nicht doch Germanicus zuzordnen ist.

Wurden die postvarianischen Münzen im gesamten Kölner Stadtgebiet gefunden oder nur an einem bestimmten Ort? Waren die postvarianischen Münzen allgemein verfügbar oder haben wir es hier mit Münzen eines einzelnen Händlers zu tun, der zufälligerweise beim Brand in der Stadt war und schon über neues Geld verfügte? Wurden an anderen Orten im Rheinland postvarianische Münzen gefunden, die definitiv zwischen 9 und 16 n. Chr. verloren gingen? War Köln eventuell das Einfallstor für neues Geld in Germanien, und es wurde erst nach und nach an die Legionsstandorte verteilt? Sehr gute Frage auch, wurden dann eventuell erst die gebrauchten alten Münzen aus den Schatzkammern weitergegeben?

In Kalkriese haben wir 2000 Fundmünzen, dabei aber keine postvarianische, obwohl 8 Germanicus Legionen das Schlachtfeld nach den Gebeinen der Gefallenen der Varusschlacht absuchten. Normalerweise gehen überall Münzen verloren, wo sich Legionäre aufhielten:

https://de.wikipedia.org/wiki/Römisches_Marschlager_von_Wilkenburg#Funde

Da stimmt doch vorne und hinten was nicht mit der Verallgemeinerung einer quasi kontinuierlichen Münzausgabe auch an die Germanien Legionen. Und wenn die Ausgabe diskret war können wir auch beim tpq 9 n. Chr. absolut überhaupt keine Rückschlüsse darauf ziehen, ob die Münzen von Varus- oder Germanicus-Legionären verloren wurden. Nur anhand des Münzbefundes eines eindeutig datierten Schlachtfeldes des römisch-germanischen Krieges könnten wir im Rahmen der Schlachtfeld-Archäologie auch den Münzbefund von Kalkriese zeitlich einigermaßen sicher einordnen.

Die einzige nichtspekulative Erkenntnis bleibt, dass in Kalkriese Münzen verloren gingen, die nicht später als 9 n. Chr. geprägt wurden.

Zu den Münzen aus Köln siehe hier: http://www.geschichtsforum.de/f28/d...lkriese-und-ein-brand-k-ln-13-14-n-chr-48811/


Der Stempel des Tiberius von Kalkriese ist auf einem As der I. Altar-Serie (Werz 2008; S. 360). Jedoch findet sich dieser Stempel auch noch auf der II. Altar-Serie und Mm-Assen im Werz-Katalog wieder. Waldgirmes wurde 10 n. Chr. aufgesucht (Dendro-Datum 9/10), jedoch fand sich kein einziger TIB 193 Stempel bei über 332 Fundmünzen (124 Asse der Serie I). Von Haltern oder den anderen Lagern ganz zu schweigen. Somit kann dieser frühestens im Frühjahr/ Sommer 10 n. Chr. geschlagen worden sein.

Das scheint mir ein Novum zu sein, eine postvarianische Münze in Kalkriese? Tiberius war doch schon vor Varus in Germanien. Mag da dieser Stempel in dieser Zeit auf die Münzen gekommen sein? Wieso wird diese Münze mit TIB-Stempel auf 10 n. Chr. datiert?
 
@ Carolus:

Wenn man eine Stichprobe, wie eine Umfrage oder einen zufälligen Ausschnitt aus der Gesamtheit aller Münzen hat, dann entspricht die Verteilung der Meinungen, bzw. der Münzen dem Gesamtbild nicht genau. Statt 47 % sind 54% für den Brexit. Nun hat aber die Mathematik einen Weg gefunden, zu bestimmen, wie groß die zu erwartende Abweichung werden kann, ohne dass es zu unwahrscheinlich wird. Größere Ausreißer sind unwahrscheinlich, sind bei Wahlprognosen in Deutschland aber schon vorgekommen.

Mit Fehler meine ich die zu erwartende Abweichung. Um diese ganz korrekt festzulegen braucht man insbesondere die Zahl der Befragungen, bzw. der aufgefundenen Münzen und die Gesamtzahl der Bürger, bzw. eine Schätzung der in Umlauf befindlichen Münzen. Solche Schätzungen gibt es auch für Rom. Aber es ist der tiefere Grund, warum ich nicht rechnen will. Es bliebe eine Abschätzung, was mehr ist, als eine bloße Einschätzung, aber doch auch nicht sehr stabil.

Ich schaue mal, ob es im Netz entsprechende Rechner gibt. Da ich kein großer Googler bin, kann ich keinen Erfolg versprechen.

Wir dürften uns aber irgendwo zwischen 1% und 5% bewegen, wenn man mal andere Stichproben betrachtet. Hinzu kommt, dass für geringere Anteile die mögliche Abweichung größer wird.
 
Carolus schrieb:
Das scheint mir ein Novum zu sein, eine postvarianische Münze in Kalkriese? Tiberius war doch schon vor Varus in Germanien. Mag da dieser Stempel in dieser Zeit auf die Münzen gekommen sein? Wieso wird diese Münze mit TIB-Stempel auf 10 n. Chr. datiert?
Das hat Hermundure doch gut heraus gearbeitet. Waldgirmes bietet 332 Münzen. Dieser Zivilvicus wurde auch nach 9 uZ bewohnt. Trotzdem findet man dort keine Münzen, welche nach 9 uZ geprägt worden sind. In den rechtsrheinischen Militärlagern (Haltern) gibt es für die Zeit vor der Varusuntergang keine Münzen mit dem TIB-Gegenstempel. Für Hermundure ist dieser Gegenstempel daher zeitlich erst in die Germanicus-Zeit einzuordnen.

Meine eigene 5 Cent als Wiederholung:
Warum hat eine Zivilsiedlung an der Lahn keine neuen Münzen, wenn doch die wichtigste Stadt (Ara Ubiorum) in erreichbarer Entfernung neue Münzen benutzt. Geographisch sollte doch Waldgirmes die von Germanen erworbenen Güter durchs Lahntal an den Rhein weiter verkaufen.

Ein schwerpunktmäßigen Handel über den Taunus sehe ich jetzt für Waldgirmes nicht. Es ist nach archäologischen Funden nicht auszuschließen, dass im heutigen Frankfurter Stadtkern eine augusteische Bebauung gab. Ich selbst bejahe dies. Aber diese Siedlung konnte sicherlich nicht für Waldgirmes der Hauptabsatzmarkt sein. Mainz liegt liegt rheinaufwärts. Da wäre das spätere Köln einfacher zu erreichen.

Ich finde im Zusammenhang mit Kalkriese die Münzfunde aus Wilkenburg spannend. Nach Wiki ist die Schlussmünze ein Gaius-Lucius Denar, der von 2 vuZ bis 1 uZ geprägt wurde. Die anderen Münzen sind älter. Wir reden hier von Münzen 15 vuZ bis 90 vuZ. Riothamus darf zu Recht einwenden, dass Wilkenburg statistisch nicht relevant ist. Aber es zeigt in diesem Einzelfall, dass in römischen Geldbeuteln wohl sehr viel altes Metall klimperte. Wegen der Schlussmünze ist Wilkenburg für Drusus zu spät. Favorit ist wohl ein Feldzug nach 4 uZ. Spannend bleibt, warum sich der Münzspiegel von Kalkriese so deutlich von den Münzen in Wilkenburg unterscheidet. Wir reden hier von einer angenommenen Zeitdifferenz von 5 Jahren.
 
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@ Carolus:

Wenn man eine Stichprobe, wie eine Umfrage oder einen zufälligen Ausschnitt aus der Gesamtheit aller Münzen hat, dann entspricht die Verteilung der Meinungen, bzw. der Münzen dem Gesamtbild nicht genau. Statt 47 % sind 54% für den Brexit. Nun hat aber die Mathematik einen Weg gefunden, zu bestimmen, wie groß die zu erwartende Abweichung werden kann, ohne dass es zu unwahrscheinlich wird. Größere Ausreißer sind unwahrscheinlich, sind bei Wahlprognosen in Deutschland aber schon vorgekommen.

Mit Fehler meine ich die zu erwartende Abweichung. Um diese ganz korrekt festzulegen braucht man insbesondere die Zahl der Befragungen, bzw. der aufgefundenen Münzen und die Gesamtzahl der Bürger, bzw. eine Schätzung der in Umlauf befindlichen Münzen. Solche Schätzungen gibt es auch für Rom. Aber es ist der tiefere Grund, warum ich nicht rechnen will. Es bliebe eine Abschätzung, was mehr ist, als eine bloße Einschätzung, aber doch auch nicht sehr stabil.

Ich schaue mal, ob es im Netz entsprechende Rechner gibt. Da ich kein großer Googler bin, kann ich keinen Erfolg versprechen.

Wir dürften uns aber irgendwo zwischen 1% und 5% bewegen, wenn man mal andere Stichproben betrachtet. Hinzu kommt, dass für geringere Anteile die mögliche Abweichung größer wird.

Mit Fehler meinst Du also die Standardabweichung σ bzw. SD? Die Münzfunde von Kalkriese (oder anderen Orten) stellen eine Stichprobe ab (oder zumindest die Reste einer Stichprobe, die nach Plünderung, Erosion, Fundverschleppung nach 2000 Jahren gefunden worden sind.

Wie ich oben schon mehrfach geschrieben habe, kann man m. E. alleine anhand des Münzspiegels nicht mit absoluter Sicherheit einen Germanicus-Horizont ausschließen. Nur wir können hier herumrechnen, bis der Taschenrechner, Computer und das Gehirn rauchen. Das Problem ist, dass wir nicht mit Gewißheit wissen, wie die Grundgesamtheit für Varus bzw. Germanicus ausschaut. Wir haben einiges an Funden (auch Stichproben) und Vermutungen, wie die Münzen von den Prägestätten an den Endverbraucher gekommen sind.

Und da hat die Argumentation aus dem Thread über den Kölner Fund von El Q für mich einiges an Überzeugungskraft.



Das hat Hermundure doch gut heraus gearbeitet. Waldgirmes bietet 332 Münzen. Dieser Zivilvicus wurde auch nach 9 uZ bewohnt. Trotzdem findet man dort keine Münzen, welche nach 9 uZ geprägt worden sind. In den rechtsrheinischen Militärlagern (Haltern) gibt es für die Zeit vor der Varusuntergang keine Münzen mit dem TIB-Gegenstempel. Für Hermundure ist dieser Gegenstempel daher zeitlich erst in die Germanicus-Zeit einzuordnen.

Das verstehe ich trotzdem nicht.:cry:

Wieviele Münzen mit dem TIB-Gegenstempel wurden überhaupt gefunden und wie wurden die Funde datiert? Sind diese TIB-Münzen eher selten und deshalb in Waldgirmes nicht vorhanden?
 
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Guten Tag,

@ flavius-sterius,

Frankfurt-Heddernheim ist ein ganz heißes Eisen was gegengestempelte Münzen des Germanicus anbelangt. Dazu würde auch das ehem. Lager in Frankfurt-Höchst gut passen. Generell ist das Umland von Frankfurt mit Germanicus-Münzen gut vertreten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Kastell_Höchst

Tacitus berichtet von 6 Legionen, welche das bei/am Lupia gelegene Kastell entsetzen sollen. Nun wissen wir aber, dass Tacitus nie in Germanien war. Seine Infos waren nur aus "3. Hand". Er hatte zu seiner Zeit wenig Ahnung was das Flusssystem im Innern Germaniens anbelangt. Das zeigen mir die Münzfunde. Wo lag aber dieses Kastell ? An der Lippe nach Ausweis der Münzfunde definitiv nicht. K. Grote hat in Hedemünden 6 Spitzgräben nebeneinander im Gewerbegebiet aufgefunden (S. 178-179, 2012). Diese waren unterschiedlich breit und unterschiedlich tief. Nehmen wir mal nur die Münzen mit dem CAES61 Gegenstempel zu Hilfe, so liegen diese Marschlager genau im Zentrum der Münzfunde (Gospersgrün im Vogtland mal ausgelassen). Das As mit dem Germanicus-Gegenstempel vom Römerlager (Flurname) aus Hitzerode wurde bereits in den 1980er Jahren detektiert. Ich möchte nicht wissen wie viele Münzen in der Werra-Bergregion und dem westlichen Thüringer Wald unwiderruflich verloren gegangen sind. Selbst in Wilkenburg hatte man schon Löcher vorgefunden, welche von "Abenteurern" stammten.

Grüße
 

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Wieviele Münzen mit dem TIB-Gegenstempel wurden überhaupt gefunden und wie wurden die Funde datiert? Sind diese TIB-Münzen eher selten und deshalb in Waldgirmes nicht vorhanden?

@Carolus,

nein, die Münzen sind nicht selten. Sie kommen vor allem massenhaft in den Lagern in Neuss, Nimwegen Kops Plateau und Vindonissa vor. Auch in Mainz, Köln und Xanten gibt es diesen Stempel.

Grüße
 
@ Carolus: Mich überzeugt eher die Mathematik. Zumindest sagt sie uns, dass das Bauchgefühl von dem, was zu erwarten ist, nicht immer stimmt.
 
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@Carolus,

nein, die Münzen sind nicht selten. Sie kommen vor allem massenhaft in den Lagern in Neuss, Nimwegen Kops Plateau und Vindonissa vor. Auch in Mainz, Köln und Xanten gibt es diesen Stempel.

Grüße
Hallo, ich nehme mal aus dem DDR-Thread die Information aus dem Anti-Pflug herüber. Ist die Münze bekannt?
"Referat 2 stammt von Wilhelm Müller, Weimar. Dieser vertrat die damals gängige Teutoburger-Wald-Variante. Begründet u.a. auch mit der Kette von Münzfunden hinter Driberg, so auch einer Münze "im 34.Jahr der tribunicischen Gewalt" (Vormarsch des Germanicus) bei Neuenbeken sowie Sigillatafunde um Detmold.
Zum Standlager des Varus meinte er: "dass wir jenes Standlager, wenn nicht bei Herstelle an der Weser, so doch bei Warburg, wo mehrere sehr wichtige alte Straßen zusammen liefen, in der bekannten, sehr früh besiedelten und von altersher hochentwickelten fruchtbaren Warburger Börde zu suchen haben." Er zitiert E.Meyer (1893):"dass dieses Sommerlager unbedingt in einer bevölkerten und gut angebauten Gegend, nicht aber... inmitten von Sümpfen und Wäldern gelegen haben müsse, da -abgesehen von den Versorgungsschwierigkeiten-die Römer ja nicht über Wüsteneien, sondern über Menschen herrschen wollten."
Zum Weg des Varus bemerkte er, die entfernten Empörer müssten auf Grund einer zeitlich viel späteren und deshalb leicht zu übersehenden Notiz des Tacitus, Annalen VIII, 55, die Ems-Hase-Völkerschaften in der Gegend von Osnabrück und nördlich bzw. nordwestlich davon gewesen sein."

Grüße
 
@Carolus,

nein, die Münzen sind nicht selten. Sie kommen vor allem massenhaft in den Lagern in Neuss, Nimwegen Kops Plateau und Vindonissa vor. Auch in Mainz, Köln und Xanten gibt es diesen Stempel.

Grüße



Was heißt "massenhaft" im Zusammenhang mit dieser Münze (bzw. die Münzen mit dem Stempel TIB? Ist damit die absolute Zahl oder der relative Anteil gemeint? Gibt es eine gesicherte Datierung der Verwendung dieses Stempels? Tiberius war in Germanien in der Zeit von 4 n. Chr. bis 6 n. Chr. und nach der Varusniederlage, um die Rheingrenze zu sichern, bis er 13 n. Chr. nach Rom zurückkehrte.

Falls dieser Stempel TIB ausschließlich nach der Varusniederlage, also während des zweiten Aufenthaltes von Tiberius in Germanien zwischen 9 und 13 n. Chr., verwendet wurde, dann hätten wir mit dieser Münze zumindest eine einzige Münze, die nach der Varusniederlage datiert. Verwunderlich ist, dass überall steht, dass alle Münzen aus der Zeit bis 9 n. Chr. datieren.

Davon ausgehend, dass wirklich eine Münze in Kalkriese postvarianisch ist, kann man zu folgenden Interpretationen kommen:

  • Der gesamte Münzhorizont ist Germanicus-zeitlich, und damit wäre das Schlachtfeld im Rahmen der Germanicusfeldzüge der Jahre 15 bis 16 n. Chr. zu sehen.

    oder
  • Es handelt sich bei dem Münzhorizont von Kalkriese um zwei Münzhorizonte, die im gleichen Bereich liegen: zum einen einen, der mit der Varusschlacht in Verbindung steht, zum anderen einen, der mit Germanicus in Verbindung steht (Besuch des Schlachtfeldes mit Beerdigung der Toten). Die postvarianische Münze und wohl auch andere sind dann unter Germanicus verloren gegangen.

@ Carolus: Mich überzeugt eher die Mathematik. Zumindest sagt sie uns, dass das Bauchgefühl von dem, was zu erwarten ist, nicht immer stimmt.

Wir haben zum einen die Mathematik/Statistik, zum anderen die Interpretation der Werte. Und da ist wohl die opinio communis, dass der Münzhorizont von Kalkriese eher für Varus als für Germanicus spricht.

Aber wie ich mittlerweile zum (x+1)-ten Mal schreibe, kann anhand der Münzen keine definitive, sichere, 100-%-ige Aussage zu entweder Varus oder Germanicus gemacht werden. Vermutlich:rofl: kann man berechnen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass der Münzhorizont von Kalkriese nun dem Germanicus- oder dem Varushorizont entspricht. Meine letzte Statistik-Veranstaltungen liegen schon einige Zeit zurück, aber vielleicht stelle ich das mal in einem Statistik-/Mathematikforum als Thread ein.:pfeif:
 
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Es handelt sich bei dem Münzhorizont von Kalkriese um zwei Münzhorizonte, die im gleichen Bereich liegen: zum einen einen, der mit der Varusschlacht in Verbindung steht, zum anderen einen, der mit Germanicus in Verbindung steht (Besuch des Schlachtfeldes mit Beerdigung der Toten). Die postvarianische Münze und wohl auch andere sind dann unter Germanicus verloren gegangen.


Wäre das nicht sowieso das logische? Die Truppen des Varus waren natürlich auf dem Schlachtfeld, im Zuge der Schlacht sind Münzen verloren gegangen.
Die Truppen des Germanicus waren ebenfalls auf dem Schlachtfeld. Anzunehmen, dass diese vielen Leute überhaupt keine Münze - oder sonstiges - während ihrer Anwesenheit dort verloren hätten, sind jetzt nicht allzu wahrscheinlich (auch wenn diese Wahrscheinlichkeit sicherlich nicht berechenbar ist...).

Womit aber Germanicus-zeitliche Münzen, wenn man sie denn so genau von früheren unterscheiden könnte, kein Argument gegen Varus wären.

Daher stellt sich die Frage, ob nur anhand der Münzfunde die Frage Kalkriese/Varus irgendwie wirklich entschieden werden kann?
 
Wäre das nicht sowieso das logische? Die Truppen des Varus waren natürlich auf dem Schlachtfeld, im Zuge der Schlacht sind Münzen verloren gegangen.
Die Truppen des Germanicus waren ebenfalls auf dem Schlachtfeld. Anzunehmen, dass diese vielen Leute überhaupt keine Münze - oder sonstiges - während ihrer Anwesenheit dort verloren hätten, sind jetzt nicht allzu wahrscheinlich (auch wenn diese Wahrscheinlichkeit sicherlich nicht berechenbar ist...).

Absolut richtig. Hier müßte man natürlich fragen, mit wie vielen Soldaten Germanicus auf dem Schlachtfeld war, wie lange sie dort verblieben. Aber sicherlich haben diese dort weniger Münzen verloren als ein Heer, das aufgerieben worden ist.

Womit aber Germanicus-zeitliche Münzen, wenn man sie denn so genau von früheren unterscheiden könnte, kein Argument gegen Varus wären.

das sehe ich auch so.

Daher stellt sich die Frage, ob nur anhand der Münzfunde die Frage Kalkriese/Varus irgendwie wirklich entschieden werden kann?

wahrscheinlich nicht mit Sicherheit (im Sinne von 100 % Wahrscheinlichkeit).:D, aber vielleicht mit 80 % oder 85 % oder wenigstens x %:pfeif:. Aber ohne mich mindestens drei Monate in meine angestaubten Statistikbücher aus dem letzen Jahrtausend zu vertiefen, mache ich besser keine Aussagen mehr zu Statistik.:confused:

Im übrigen glaube ich keiner Statistik mehr, die ich nicht selber gefälscht habe.:pfeif:
 
Die Münzfunde sind gefälscht? :D

Die opinio communis hat schon oft Dinge für richtig gehalten, die sich als falsch heraus stellten. Natürlich sind die Münzfunde ziemlich irrelevant, da auch Germanicus an Orten der Varusschlacht war und sogar Tiberius da gewesen sein könnte.

Aber, wie ich schon häufiger betonte, sind Aussagen gegen die Mathematik keine wissenschaftliche Aussagen, sondern eher dem Mythos zuzurechnen.

Und ich habe tatsächlich meine Statistik-Unterlagen aus dem letzten Jahrhundert hervorgekramt. :D 2
 
Guten Morgen,

@ carolus,

das Lager in Anreppen (5 n. Chr.) weist keinen einzigen Fund des TIB 193 Gegenstempel auf bei über 500 (!) Münzfunden. Gegenstempel kommen aber dort vor. Ergo kann dieser Stempel nicht älter sein ! Was ist daran schwer zu verstehen ? Und NEIN dieser Stempel ist nicht germanicuszeitlich, da dessen Stempel CAES 61 bekannt sind. Wie ich schon sagte kann das Ereignis bei Kalkriese nur zwischen 10 - 12 n. Chr. stattgefunden haben, da dieser Stempel auch auf Lugdunum II Assen gestempelt wurde. Die II. Serie wurde erst 12/14 n. Chr. ausgegeben. Das Kalkrieser Stück ist noch ein Lugdunum I As - somit erfolgte die Einstempelung früher als 12 n. Chr. Nochmal - ein Tiberischer Horizont ist von einem Varianischen bezüglich der Münzfunde schwer zu fassen - ohne Gegenstempel gleich gar nicht, da Tiberius im Herbst 9 n. Chr. an die germanische Front zurück beordert wurde.

Grüße
 
Ich finde im Zusammenhang mit Kalkriese die Münzfunde aus Wilkenburg spannend. Nach Wiki ist die Schlussmünze ein Gaius-Lucius Denar, der von 2 vuZ bis 1 uZ geprägt wurde. Die anderen Münzen sind älter. Wir reden hier von Münzen 15 vuZ bis 90 vuZ. Riothamus darf zu Recht einwenden, dass Wilkenburg statistisch nicht relevant ist. Aber es zeigt in diesem Einzelfall, dass in römischen Geldbeuteln wohl sehr viel altes Metall klimperte. Wegen der Schlussmünze ist Wilkenburg für Drusus zu spät. Favorit ist wohl ein Feldzug nach 4 uZ. Spannend bleibt, warum sich der Münzspiegel von Kalkriese so deutlich von den Münzen in Wilkenburg unterscheidet. Wir reden hier von einer angenommenen Zeitdifferenz von 5 Jahren.

@ flavius-sterius,

das Lager in Wilkenburg kann nur in der Zeit des Varus angelegt worden sein, da es weder in Anreppen und in Marktbreit diesen Denartyp gibt. Zudem enden die Denar-Hortfunde im Illyricum und Pannonien mit einzelnen Denaren vom Typ Gaius/Lucius (Bilic 2012). In den Horten sind im Schnitt 1-2 Ex. nur vertreten. Diese Hortfunde werden im Zusammenhang des großen Pannonienaufstandes, welcher 6/9 n. Chr. stattfand, gesehen. Ebenfalls mit nur 2 Ex. vom Gaius/Lucius Typ ist der Schatzfund von Gehrden in unmittelbarer Nähe zum Lager Wilkenburg. Die zeitliche Zusammensetzung ist kongruent (!) zu den Schatzfunden in Pannonien bzw. dem Illyricum. Auch der Denarhort von Polaniec (A. Bursche, Polen) beinhaltet nur 3 Ex. der Gaius/Lucius Denare. Bursche sieht diesen in Zusammenhang des Pannonienaufstandes als Bezahlung von Söldnern oder als Stillhaltegelder an. Anders sieht es beim Schatzfund von Dortsten-Holsterhausen aus. Hier haben wir 20 (!) Gaius/Lucius Denare zu 16 Republikdenaren. Chronologisch ist der Schatzfund von Gehrden somit älter als der von Dorsten-Holsterhausen.

Grüße
 
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