Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Was ist denn die Niello-Datierung? Wäre denn Niello schon bei den Germanicus-Feldzügen zu finden gewesen?

Das ist bisher nur eine These. Niello taucht im spätaugusteischen/frühtiberischen Kontext vermehrt auf. Für ein wenig zu weit gehend halte ich die Hypothese, dass durch den Materialverlust in der Varusschlacht neues Ausrüstungsmaterial benötigt würde, womit dann z.T. die plötzliche Nielloschwemme erklärt wird.

Sorry, daß man bei 1300 Beiträgen irgendwann den Überblick verliert.

Zu den Knochenfunden:

Man findet hauptsächlich Knochen von Männern im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.
Wer sagt uns, daß dies Knochen von Römern sind? Das wird ganz allgemein so gesagt, aber niemand kann dies genau bestätigen. Dies ist wohl offensichtlich eine genauso offene Frage wie die Herkunft des Walles in Kalkriese.

Die Frage nach der Herkunft des Walls ist für mich absolut nicht offen. Die Kampfspuren verweisen auf die Außenseite wo massenweise römisches Material zu finden ist, auf der Innenseite dagegen kaum. Also: Wall = nichtrömisch
An den Knochen ist frappierend, dass diese zwischen zwei und zehn Jahren nach dem Ableben ihrer "Besitzer" bestattet wurden, also zu einem Zeitpunkt bei dem etwa Verwesungsgestank niemanden mehr gestört hätte. Die Aktion des Germanicus auf dem Varusschlachtfeld passt perfekt dazu. Wer hätte denn die Knochen nach Jahren bestatten sollen, wenn sie ihn vorher nicht gestört haben?
 
Hallo,

bei der Anzahl von Beiträgen in diesem und ähnlichne Threads habe ich leider auch den Überblick verloren, aber ein Punkt wurde mal irgendwann:confused: und irgendwo:confused: hier im Forum angerissen:

die Größe des Kalkriese-Engpasses und die drei Legionen. Es wurde geschrieben, daß die drei Legionen niemals Platz in dem Engpaß gefunden hätten.

Gibt es da schon Hypothesen, wie man die beiden Faktoren zueinander bringen kann? Wie z. B. daß nur der Rest von den Legionen dort vernichtet wurde, oder daß die drei Legionen in Marschkolonne hineinmarschiert sind und dort "nacheinander" fielen. Ist denn eigentlich die Fundspur der Truppe in den Engpaß bis zu einem "Anfangspunkt" bekannt?
 
Tacitus lässt Caecina von der Ems nach Westen marschieren. Erst dann kommt er an die pontes longi. Mit Tacitus lässt sich Kalkriese ganz sicher nicht mit den pontes longi in Verbindung bringen!

Also, meine Absicht ist es nicht hier bereits gesagtes noch einmal aufzuwärmen. Aber man verliert bei der Menge der Beiträge durchaus langsam den Durchblick. Dennoch finde ich den evt. Zusammenhang Caecina/Kalkriese durchaus interessant und diskussionswürdig.

Die von dir angegebene Textstelle ist natürlich äußerst wichtig für die Caecina Theorie. Mittlerweile gibt es jedoch einige Kritiker (u.a. wohl auch R. Wolters), die von einer Trennung des Heeres schon östlich der Ems ausgehen. Aber natürlich ist fragwürdig, ob man das aus den Quellen wirklich herauslesen kann.

Tacitus ann I, 63,3
Dann führte er (Germanicus) das Heer an die Ems zurück und brachte die Legionen zu Schiff...

Was soll ich daraus lesen? Es könnte das gesamte Heer gewesen sein. Könnte sich aber durchaus auch nur um die vier Legionen des Germanicus gehandelt haben.

Irritierend ist für mich die Topographie, die Tacitus schildert. Sie passt zumindest sehr gut zu Kalkriese. Archäologisch gibt es durchaus Erkenntnisse die dagegen sprechen (Knochengruben) aber das ist in Kalkriese ja nichts neues.
 
Das bisherige Fundareal ist einige qkm groß , hinter Kalkriese fächert es sich auf.

Tacitus ann I 64,5

Von den Legionen wählte er die fünfte für die rechte, die einundzwanzigste für die linke Flanke,die erste für die Spitze der Marschkollone, die zwanzigste als rückwärtige Deckung gegen eine etwaige Verfolgung aus.

Könnte passen...
 
Die von dir angegebene Textstelle ist natürlich äußerst wichtig für die Caecina Theorie. Mittlerweile gibt es jedoch einige Kritiker (u.a. wohl auch R. Wolters), die von einer Trennung des Heeres schon östlich der Ems ausgehen. Aber natürlich ist fragwürdig, ob man das aus den Quellen wirklich herauslesen kann.
Stimmt. Das ist mehr als nur fragwürdig. Zitieren wir doch die Passage noch einmal im Zusammenhang.

Tac. Ann. I., 63,1:
Dann führte er das Heer an die Ems zurück und ließ die Legionen mit der Flotte, wie er sie herangebracht hatte, zurückbefördern; ein Teil der Reiterei erhielt Befehl, englang dem Gestade des Ozeans zum Rhein zu ziehen; Cacina, der seine eigenen Leute führte, wurde angewiesen, obwohl er auf bekannten Wegen zurückmarschierte, die langen Brücken möglichst rasch hinter sich zu bringen.

1. Von einer Trennung des Heeres steht da nichts

2. Selbst wenn sich das Heer schon vorher getrennt haben sollte, marschiert Caecina dennoch von der Ems nach Westen und kommt auf diesem Weg an die langen Brücken. Die befinden sich also zu 100% (nach Tacitus) westlich der Ems. Kalkriese mit den langen Brücken in Verbindung bringen zu wollen, funktioniert vielleicht, aber ganz sicher nicht mit Tacitus als Textbeleg!
 
1. Von einer Trennung des Heeres steht da nichts

Stimmt, weil diese Trennung ja schon vorher stattgefunden haben könnte. Also irgendwo im Weserraum.

Aber ich gebe dir recht. Man kann diese wichtigen Kleinigkeiten wohl nicht aus den Quellen herauslesen, ohne sie zu arg zu strapazieren.:winke:

Der gute Tacitus konnte sich sicherlich nicht vorstellen, daß nahezu 2000 Jahre später seine Worte auf die sprichwörtliche Goldwaage gelegt werden.
 
Stimmt, weil diese Trennung ja schon vorher stattgefunden haben könnte. Also irgendwo im Weserraum.

Wofür dann aber eine dafür sprechende Textstelle nicht schlecht wäre. Ohne Quellenbasis dies und das anzunehmen, bringt nicht wirklich etwas.

Auch bliebe immer noch Punkt 2, der auch gegen die Zuweisung von Kalkriese als Schlacht an den langen Brücken sprechen würde!
Aber ich gebe dir recht. Man kann diese wichtigen Kleinigkeiten wohl nicht aus den Quellen herauslesen, ohne sie zu arg zu strapazieren.:winke:

Eben.
 
Ist eine Trennung des Gesamtheeres erst an der Ems eindeutig nachzulesen ohne den Tacitus zu arg zu strapazieren?
Wohl auch nicht.

Eine frühere Trennung des Heeres ist somit nicht bewiesen, aber auch nicht auszuschliessen.
 
Es steht dir frei die Textstelle bei Tacitus beizubringen, aus der man eine Trennung des Heeres östlich der Ems herauslesen kann.

Aber selbst dann bleibt die Schlacht an den langen Brücken westlich der Ems. Das steht sowas von eindeutig im Text, dass da meiner Meinung nach nichts dran zu drehen ist.
 
Es steht dir frei die Textstelle bei Tacitus beizubringen, aus der man eine Trennung des Heeres östlich der Ems herauslesen kann.

Aber selbst dann bleibt die Schlacht an den langen Brücken westlich der Ems. Das steht sowas von eindeutig im Text, dass da meiner Meinung nach nichts dran zu drehen ist.

Man kann diese Trennung östlich der Ems nicht eindeutig herauslesen. Man kann es aber auch nicht ausschließen. Dafür ist diese Textstelle wieder einmal zu schwammig.

Wenn es eine Trennung schon östlich der Ems gegeben hat, dann könnte die pontis longi Schlacht natürlich östlich der Ems stattgefunden haben.
 
Man kann diese Trennung östlich der Ems nicht eindeutig herauslesen. Man kann es aber auch nicht ausschließen. Dafür ist diese Textstelle wieder einmal zu schwammig.

Wenn es eine Trennung schon östlich der Ems gegeben hat, dann könnte die pontis longi Schlacht natürlich östlich der Ems stattgefunden haben.
Nein, eben nicht. Ganz sicher nicht.

1. Das Heer (ganz oder nicht) wird an die Ems geführt, um von dort an den Rhein zurückgeführt zu werden.

2. Die Reiterei soll entlang des Meeres gehen.

3. Caecina soll durch die pontes longi ziehen -> westlich der Ems.

All das steht im lateinischen in einem Satz. Daraus zu folgern, dass zwar das Heer an der Ems steht, die Teiltruppen aber sonst wo, ist ja wohl wirklich sehr weit hergeholt.
 
Von der Logik her, aber das ist ja das generelle Problem bei Tacitus, dass man bei dem auf die Logik nicht vertrauen darf, müsste die Trennung des Heeres an der Ems, also Greven - flussabwärts stattgefunden haben. Dies ergibt sich daraus, dass Germanicus das Heer an die Ems führt, um es einzuschiffen, der Reiterei den Befehl gibt, die Nordsee entlang nach Hause zu ziehen (diese dürfte sich also immer in unmittelbarer Nähe zur Flotte aufgehalten haben) und Caecina eben den Befehl gab, den Weg nach Hause zu ziehen, den er kenne, quasi nördliches Münster- oder südliches Emsland. Es wäre nicht logisch, Caecina vor der Überquerung der Ems alleine zu lassen (wobei die Überquerung der Ems im Sommer kein Problem darstellen sollte).
 
Von der Logik her, aber das ist ja das generelle Problem bei Tacitus, dass man bei dem auf die Logik nicht vertrauen darf

Dies ist wohl der entscheidende Punkt.

Wer weiß, wo der entscheidende Punkt an der Ems war?
Greven, Rheine, oder ganz woanders?

Der Punkt könnte für Caecina nicht unbedingt mit dem Rückmarsch vereinbar gewesen sein. Somit könnte eine vorzeitige Trennung möglich gewesen sein. Bleibt aber (zugegeben) Spekulation.
 
Dies ist wohl der entscheidende Punkt.

Wer weiß, wo der entscheidende Punkt an der Ems war?
Greven, Rheine, oder ganz woanders?

Der Punkt könnte für Caecina nicht unbedingt mit dem Rückmarsch vereinbar gewesen sein. Somit könnte eine vorzeitige Trennung möglich gewesen sein. Bleibt aber (zugegeben) Spekulation.

Ungeachtet dessen steht doch bei Tacitus eindeutig, dass man auf dem Weg von der Ems an den Rhein an die pontes longi kommt, dass die pontes longi also westlich der Ems zu suchen sind.

Also ich tu mich schwer die Textstelle anders zu lesen.
 
Wer weiß, wo der entscheidende Punkt an der Ems war? Greven, Rheine, oder ganz woanders?
Hier liegt das Problem: das können wir nicht wissen. Da wir aber wissen, dass die Ems bis Greven schiffbar war, können wir Greven als den Punkt am weitesten flussaufwärts ausmachen, an welchem sich die Truppenteile trafen und später wieder trennten.

Der Punkt könnte für Caecina nicht unbedingt mit dem Rückmarsch vereinbar gewesen sein. Somit könnte eine vorzeitige Trennung möglich gewesen sein. Bleibt aber (zugegeben) Spekulation.

Wie gesagt, das Problem ist, logische Maßstäbe auf taciteische Texte anzuwenden, was literarisch wie ein Schritt wirkt, können mehrere Tagesmärsche sein. Der Text legt aber doch zumindest die Trennung erst an der Stelle der Einschiffung nahe.
 
Tacitus ann I 64,5

Von den Legionen wählte er die fünfte für die rechte, die einundzwanzigste für die linke Flanke,die erste für die Spitze der Marschkollone, die zwanzigste als rückwärtige Deckung gegen eine etwaige Verfolgung aus.

Könnte passen...

Passen könnte es, aber das würde für die Varusschlacht genau so gelten. Nach dem Engpaß hätten die (Varus-)Römer die Möglichkeit bei der Flucht sich in verschiedene Richtungen zu bewegen. Hier ist übrigens eine gute Übersicht über das Terrain.
 
Befürworter:
"Kalkriese ist der Ort der Varusschlacht, solange niemand das Gegenteil beweisen kann.":motz:

Gegner:
"Kalkriese ist nicht der Ort der Varusschlacht, solange niemand das Gegenteil beweisen kann.":motz:

Das Problem an der Sache ist natürlich, daß beide Seiten es sich ein wenig einfach machen. Dies ist allerdings auch nur zu verständlich, da beide Seiten keine Beweise für ihre jeweilige These liefern können - allenfalls Indizien.
Also ich kenne niemanden, der zu der Frage so eindeutige Meinungen äußert. Jedenfalls keine Wissenschaftler. Die halten sich da doch eher bedeckt und äußern - je nach Position - Sätze von "Könnte sein..." über "ist wahrscheinlich..." bis hin zu "alles deutet darauf hin, dass..."

Dein Vorschlag mit der Verteilung der Beweislast gefällt mir nicht. Dann wäre ja unsere ganze schöne Diskussion hinfällig. Ist doch viel schöner, wenn jeder seine Meinung sagt und Argumente dazu vorträgt.

Tacitus ann I 64,5

Von den Legionen wählte er die fünfte für die rechte, die einundzwanzigste für die linke Flanke,die erste für die Spitze der Marschkollone, die zwanzigste als rückwärtige Deckung gegen eine etwaige Verfolgung aus.

Könnte passen...
Ich dachte, die Pontes-longi-Geschichte hätten wir hinter uns. Es spricht zu viel dagegen. Zum Beispiel der gegen die Römer gerichtete Wall. Auf sowas gibt es bei Tacitus einfach nicht den geringsten Hinweis.

MfG
 
Dein Vorschlag mit der Verteilung der Beweislast gefällt mir nicht. Dann wäre ja unsere ganze schöne Diskussion hinfällig. Ist doch viel schöner, wenn jeder seine Meinung sagt und Argumente dazu vorträgt.


Ich dachte, die Pontes-longi-Geschichte hätten wir hinter uns. Es spricht zu viel dagegen. Zum Beispiel der gegen die Römer gerichtete Wall. Auf sowas gibt es bei Tacitus einfach nicht den geringsten Hinweis.

MfG

Ich sage ja nur meine Meinung und versuche Argumente zu liefern. Diese Sache ist nunmal sehr spannend.

Die pontes-longi Geschichte ist noch lange nicht zuende. Dieser Theorie müssen sich die Kalkriese Leute wohl stellen. Lt. Tacitus geriet Caecina bei dieser Schlacht in einen Hinterhalt. Der Wall könnte dafür sprechen. Er wird von Tacitus nicht erwähnt, aber auch im Zusammenhang mit der Varusschlacht ist von einem solchen Wall nicht die Rede.
 
Ich sage ja nur meine Meinung und versuche Argumente zu liefern. Diese Sache ist nunmal sehr spannend.

Die pontes-longi Geschichte ist noch lange nicht zuende. Dieser Theorie müssen sich die Kalkriese Leute wohl stellen. Lt. Tacitus geriet Caecina bei dieser Schlacht in einen Hinterhalt. Der Wall könnte dafür sprechen. Er wird von Tacitus nicht erwähnt, aber auch im Zusammenhang mit der Varusschlacht ist von einem solchen Wall nicht die Rede.

Die pontes longi-Hypothese für Kalkriese speist sich aus zwei Dingen. Zum einen aus den in der Nähe gefundenen Bohlwegen, zum anderen aus einer Fehlinterpretation des Walls. Denn im pontes-longi-Bericht des Tacitus ist von einem Wall die Rede, allerdings von einem Wall, den die Römer bauten. Das beißt sich, wurde aber - in diesem Thread - auch schon ausgiebigst diskutiert.
 
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