Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

"Es gibt da auch ein Gedicht, geschrieben 1772 von Friedrich Leopold Graf zu Stolberg, welches zum Nachdenken anregt:
Das regt für mich eher dazu an, darüber zu staunen, dass man schon 1772 altgermanische Themen behandelte.
Danke für das Gedicht, sehr interessant. :yes:
(Wenn auch für diesen Thread nicht sehr nützlich.)
 
Das regt für mich eher dazu an, darüber zu staunen, dass man schon 1772 altgermanische Themen behandelte.
Danke für das Gedicht, sehr interessant. :yes:
(Wenn auch für diesen Thread nicht sehr nützlich.)

Seit der Entdeckung Tacitus' im 15. Jahrhundert (Germania) waren die Germanen bei den Humanisten voll en vogue. Als dann noch die Quellen zur Varusschlacht auftauchten - die erste bekannte war Florus' Darstellung der Varusschlacht, entdeckt 1470, und schließlich wieder Tacitus, diesmal seine Annalen, 1505 entdeckt, 1511 veröffentlicht. Und 1515 wurde dann auch Velleius Paterculus entdeckt. Es war halt die Zeit, als man die Klosterbibliotheken "entdeckte". Leider war es auch die Zeit, in der viele Klosterbibliothken in Flammen aufgingen. Vielleicht hätte man dann ja den Pliniustext auf den Tacitus sich stützt, oder den Aufidius Bassus.
Der Erste der den Stoff aufgriff, war Ulrich von Hutten mit seinem Drama Arminius-Dialog von 1529. Dann eben auch Luther. Man könnte mal untersuchen, ob nicht besonders die evangelische Seite sich des Arminiusstoffes annahm, welcher Konfession war z.B. Friedrich Leopold Graf zu Stolberg?
 
Wer hätte denn interpretieren sollen? Der Ortsname Teutoburger Wald ist erst in der Neuzeit wieder eingeführt worden. Als Ergebnis eines Lokalisierungsversuches der Varusschlacht.

Der oder die Abschreiber, die schrieben:
saltusteutoburgiensis und die oder der eine Teutoburg kannte(n).
Zum Siedlungsgebiet der Cherusker:
lasst aber von westfalen und Niedersachsen noch was für die Sueben und die Stämme über , die als Langobarden und Alamannen nach Süden zogen.
Und macht sie nicht so zahlreich, das die Chatten sie nicht komplett besiegen können
 
Der oder die Abschreiber, die schrieben:
saltusteutoburgiensis und die oder der eine Teutoburg kannte(n).

Das ist allerdings sehr hypothetisch und unwahrscheinlich: Wenn ein Kopist zwischen 100 und 900 eine Teutoburg gekannt hätte, bestünde die Möglichkeit, dass er etwas falsch gelesen hätte und das niemandem aufgefallen wäre.

Zum Siedlungsgebiet der Cherusker:
Lasst aber von Westfalen und Niedersachsen noch was für die Sueben und die Stämme über, die als Langobarden und Alamannen nach Süden zogen.
Und macht sie nicht so zahlreich, das die Chatten sie nicht komplett besiegen können.
Wieso, die saßen doch an der Elbe und östlich davon, bzw. nach Süden hoch. Abgesehen davon, dass die Vernichtung eines Stammes nicht unbedingt bedeutet, dass alle Mitglieder auch vernichtet werden. Der Stamm als politische Einheit wird vernichtet, er kann aber unter anderem Namen wieder auftauchen oder von anderen Stämmen absorbiert werden, selbst von den Chatten.
 
Wieso, die saßen doch an der Elbe und östlich davon, bzw. nach Süden hoch. Abgesehen davon, dass die Vernichtung eines Stammes nicht unbedingt bedeutet, dass alle Mitglieder auch vernichtet werden. Der Stamm als politische Einheit wird vernichtet, er kann aber unter anderem Namen wieder auftauchen oder von anderen Stämmen absorbiert werden, selbst von den Chatten.

Man beachte den Smily oben. Aber statt Elbe Oker und wir sind uns einig.
So GANZ grob
Südlich der Aller und nördlich der Mittelgebirge, westlich der Oker und östlich der Lippe ist auch noch genug Platz.
 
Der Erste der den Stoff aufgriff, war Ulrich von Hutten mit seinem Drama Arminius-Dialog von 1529. Dann eben auch Luther. Man könnte mal untersuchen, ob nicht besonders die evangelische Seite sich des Arminiusstoffes annahm, welcher Konfession war z.B. Friedrich Leopold Graf zu Stolberg?
Ursprünglich war er wohl lutherisch, verstörte aber später seine Verwandtschaft mit dem Übertritt zum Katholizismus.:still:
 
Seit der Entdeckung Tacitus' im 15. Jahrhundert (Germania) waren die Germanen bei den Humanisten voll en vogue. Als dann noch die Quellen zur Varusschlacht auftauchten - die erste bekannte war Florus' Darstellung der Varusschlacht, entdeckt 1470, und schließlich wieder Tacitus, diesmal seine Annalen, 1505 entdeckt, 1511 veröffentlicht. Und 1515 wurde dann auch Velleius Paterculus entdeckt. Es war halt die Zeit, als man die Klosterbibliotheken "entdeckte". Leider war es auch die Zeit, in der viele Klosterbibliothken in Flammen aufgingen. Vielleicht hätte man dann ja den Pliniustext auf den Tacitus sich stützt, oder den Aufidius Bassus.

OT: Wieso sind im 16. Jahrhundert viele Klosterbibliotheken in Flammen aufgegangen? Evtl. im Zusammenhang mit der Reformation oder Bauernkriege?
Die große Zeit des Bücherverlustes war doch n. W. ( = nach Wikipedia) in der Spätantike. Was bis zur karolingischen Renaissance noch vorhanden war, haben wir im Regelfall wohl heute noch.

Vielleicht findet man ja noch irgendwo einen Palimpsest, oder im Sande Ägyptens oder in der Villa der Papyri einen einschlägigen Text zum Bellum Varianum.=)
 
Zuletzt bearbeitet:
Seit der Entdeckung Tacitus' im 15. Jahrhundert (Germania) waren die Germanen bei den Humanisten voll en vogue.
Mag sein, aber mir geht es um den Gegensatz zur "Rokokodichtung" wie noch manchmal die von Wielands früheren Werken wie dem "Musarion" genannt werden.

Ich glaube aber, wir hatten schonmal irgendwo in einem Thread das Aufgreifen des Arminiusthemas in Kunst und Kultur.
Vielleicht sollte man dazu einen speziellen Thread machen, wo dann das Werk von Stolberg absolut hinein gehören würde.:winke:
 
Es wurde ja schon gesagt, aber nochmal ganz deutlich und übersichtlich, warum der Einsatzradius eines germanischen Heeres / Stammes durchaus größer sein kann, als 150 km.

Nahrungsquellen: Jagd, Fischerei, Landwirtschaft, Sammeln, mitgenommene Verpflegung, örtliche Bevölkerung.
Dein Argument gegen die Jagd war: die große Menge an Germanen verscheucht das wild und es ist zu langwierig.
Gegenargument: Ein Heer betreibt keine Treibjagd, schon gar nicht als gesamter Truppenverband. Jäger werden ausgeschickt, d.h. sie jagen in Tagesabstand VOR dem Heer, NEBEN dem Heer und ggf. auch HINTER dem Heer. Ich traue germanischen Jägern durchaus die nötige Geschicklichkeit zu, Wild zu erlegen, aufzubrechen, auszuweiden und aus der Decke zu schlagen /abbalgen. Dieser ganze Vorgang erfordert bei geübten Jägern nicht wirklich lange. Waren sie Feinschmecker wäre das abhängen noch von Bedeutung, aber ich nehme an, auf dem Feldzug war man weniger wählerisch. Wenn sich dann noch kleine Jagdtrupps organisieren ist das kaum der Rede wert.
Weiteres Gegenargument: Wild ist zwar scheu, aber nicht so scheu, dass auf mehrere km alles flüchtet, wenn irgendwo ein paar oder ein paar mehr Germanen durchs Feld laufen.
Dein Argument: Fischerei dauert zu lange.
Gegenargument: Sicher, wenn man sich mit Rute und Eimer an einen See oder Fluß setzt, kann das auch mal eine Weile dauern. Harpunenjagd (nein, nicht unter Wasser) oder Treibjagd (das eintreiben von Fischen in eine vorbereitete "Bucht") oder Netzfischerei ist schnell erledigt, und nur letzteres braucht bestimmtes Material, dass mitgeführt werden muß.
Dein Argument: Der Wald gibt nichts her.
Gegenargument: wer in der Natur lebt, weiß wie viel essbares da rum- liegt, fleucht, wächst und fliegt. Der Don nannte ja bereits ein paar Beispiele. Wer eine Durchschlageübung bei der BW mit Überlebensseminar gemacht hat oder EK, der kennt die nahrhaften Leckereien...
Dein Argument: Die Bevölkerung hatte nicht genug, um andere zu versorgen.
Gegenargument: Sie hatte aber scheinbar genug, um Abgaben zu zahlen, ohne zu verhungern. Letzteres basiert zwar z.T. auf Vermutungen, aber die berichtete Praxis bei den Friesen zeigt, dass die Germanen sehr wohl gezwungen wurden, Abgaben zu leisten (und zeigt auch, dass diese Last immerhin eine bestimmte Zeit gestemmt werden konnte).


Differenzen in der Berechnung der Nahrungsversorgung und des Nahrungsbedarfs treten bei vielen Armeen und Feldzügen auf, selbst wenn wir relativ genaue Zahlen zur Verfügung haben. Und trotzdem sind diese Unternehmungen real. Der 30jährige Krieg ist ein brachiales Beispiel, was passiert, wenn nicht genug Nahrungsmittel zur Verfügung stehen. Diese "Heuschreckenschwärme" sind regelrecht über Landschaften hergefallen. Und wenn die Stadtbevölkerung oder sogar die Bauern verhungerten, die Armeen als solche überlebten.

Und sollte die Argumentation korrekt sein, und ein Teil der Germanen gehörte zum Heer der Römer bevor sie sich gegen diese wandten, so wurden diese Truppenteile ja auch von den Römern versorgt.

Ansonsten empfinde ich auch die Zahl der Germanen als zu hoch gegriffen. Es ging hier ja um einen Angriff aus dem Hinterhalt und nicht um einen Frontalangriff. Die Zurückhaltung vieler Stämme wird in den Quellen ebenfalls geschildert. Ein Wachstum des germanischen Heeres also während der Schlacht.
Und, wie bereits mehrfach erwähnt, sollten deine Bedenken noch immer nicht ausgeräumt sein, so müßtest du alle anderen überlieferten Schlachten ebenfalls nach diesem Schema überarbeiten. Da fiele dann schlagartig ein großer Teil der mitteleuropäischen, antiken Kriegsgeschichte ins Wasser.
 
Selbstverständlich spricht sehr viel für Kalkriese. Und zwar m.E. für den Ort der Schlacht an den pontes longi.
Da du dich weigerst zu erklären, warum die Kampfhandlungen in Kalkriese aber nördlich des Walls sind, während sie bei pontes longi auf der anderen Seite zu erwarten wären, stellt sich die nächste Frage:

Kannst du diesen Befund nicht erklären, willst du ihn nicht erklären oder stört es dich nicht, weil sowieso klar ist, dass es sich um pontes longi handelt und solche Kleinigkeiten, die nicht passen, vernachlässigt werden können?
 
Langer Rede, kurzer Sinn: Wenn Du mir im Fundfächer westlich von Kalkriese ein Römerlager zeigen kannst, werde ich ab sofort gläubiger Anhänger der pontes longi-Theorie, trotz des geschwungenen Kalkrieser Walls, den ich dann als Einmaligkeit aufgrund der Stresssituation als Versuch ein Römerlager zu errichten anerkennen könnte.



Das heißt mit anderen Worten, du vertrittst zur Zeit die These von der Varusschlacht bei Kalkriese, weil ein archäologischer Befund (das provisorische Lager westlich der Engstelle) noch nicht nachgewiesen wurde. In den anderen Punkten ist die pontes-longi-These demnach zumindest stimmig.


Das klingt zumindest ganz anders als die Äußerungen, die mir tela auf seine ihm eigene Art entgegenwarf:

Angesichts des archäologischen Befundes ist es einfach Unsinn zu behaupten, dass dieser zur literarischen Überlieferung der pontes longi passt.

Das wurde wirklich oft genug geschrieben und erklärt. Du willst es offenbar einfach nicht kapieren, warum der Befund von Kalkriese nicht zu den pontes longi passt.
 
@T.B
Dies gilt für alle Schlachten-
Aber Recht hast Du. Und wie groß der Radius eines Germanen in Deutschland ist?
Rüdiger Nehberg schaffte 1000 km, da war das Land zu Ende :)
@ all
Wenn ich mir Eure Diskussion so durchlese, passen die bisherigen Funde so richtig zu keiner schriftlich überlieferten Schlacht
 
Das heißt mit anderen Worten, du vertrittst zur Zeit die These von der Varusschlacht bei Kalkriese, weil ein archäologischer Befund (das provisorische Lager westlich der Engstelle) noch nicht nachgewiesen wurde. In den anderen Punkten ist die pontes-longi-These demnach zumindest stimmig.

Nein. Ich bin grundsätzlich ergebnisoffen!

Wenn plausibel dargelegt werden könnte, dass Kalkriese pontes longi ist, hätte ich kein Problem, mich dafür zu erwärmen. Derzeit kann es aber nicht. Der Wallbefund - auf dem die These ja schlussendlich basiert - stimmt schlicht nicht mit pontes longi überein (gegen die Römer, nicht gegen die Germanen gerichtet), pontes longi muss westlich der Ems gewesen sein, Kalkriese ist östlich/nördlich dieses Flusses, Knochengruben, Gegenstempel etc. sprechen für die Varusniederlage.

Das klingt zumindest ganz anders als die Äußerungen, die mir tela auf seine ihm eigene Art entgegenwarf:

Ich sehe das beim derzeitigen Ausgrabungsbefund genauso, wie tela:
"Angesichts des archäologischen Befundes ist es einfach Unsinn zu behaupten, dass dieser zur literarischen Überlieferung der pontes longi passt." Deshalb wiederhole ich einfach noch mal seine Frage:

"Kannst du diesen Befund nicht erklären, willst du ihn nicht erklären oder stört es dich nicht, weil sowieso klar ist, dass es sich um pontes longi handelt und solche Kleinigkeiten, die nicht passen, vernachlässigt werden können? "
 
Eben kommt mir ein verrückter Gedanke:
Ich stoße mich ja immer noch an "Teutoburg" im "klassischen " Latein, aber wenn, dann wußte der Leser damals, wo das ungefähr war.
Ist denn dieser Wall so alt , wie die anderen Funde oder ist er vielleicht 50-100 Jahre älter? Equidenknochen in einem Wall, unter einem Wall könnten ja auch Reste de "Bauopfers"sein.

Dann hätte die Schlacht auf dem Gelände -saltus- der Teutoburg stattgefunden.
Vielleicht ein unqualifizierter Einwurf
 
Und warum eigentlich Tacitus? Warum folgen wir nicht dem Florus? Oder dem Cassius Dio? Oder anderen? Warum wird Tacitus in den Rang der absoluten Quelle erhoben, dessen Beschreibung wir zu 100 % im Boden wieder finden können sollen?

Zustimmung!:winke:

Zitat:
"Nur er (Cassius Dio) erwähnt Konkretes über Gründe, Planung, Durchführung und Ablauf des germanischen Sieges und der römischen Katastrophe. Dio hat in seiner "Römischen Geschichte" gute Vorlagen verarbeitet und ist unstrittig unsere beste und "detailierteste historische Quelle" zur Varusschlacht"
(Peter Kehne: Der historische Arminius... aus: 2000 Jahre Varusschlacht: Band Mythos)

Allerdings steht Dio wohl ziemlich im Widerspruch zu Kalkriese...
 
Erklär einfach den Befund am Wall zufriedenstellend für pontes longi und du bekommst in der mir eigenen Art ein wunderbares Lob zugesprochen. Versprochen!


Können die Provokationen bitte einmal aufhören? Bist Du nicht in der Lage, eine halbwegs kultivierte Diskussion zu führen? Nur weil Du bei den Moderatoren Narrenfreiheit genießt, glaubst Du wohl, Du könntest Dir alles erlauben.
 
Wo ist da Provokation? Melde doch den Beitrag!

Und erkläre einfach den Befund, wie er zu pontes longi passt, anstatt Nebenkriegsschauplätze zu eröffnen.

Weißt du, was mich an deiner Argumentation stört? Du suchst dir die Dinge raus, die zu pontes longi passen und du ignorierst alle Befunde, die dagegensprechen.
Das ist höchst unseriös!
 
Zuletzt bearbeitet:
Können die Provokationen bitte einmal aufhören? Bist Du nicht in der Lage, eine halbwegs kultivierte Diskussion zu führen? Nur weil Du bei den Moderatoren Narrenfreiheit genießt, glaubst Du wohl, Du könntest Dir alles erlauben.

Nur die Ruhe...:fs:

Ich finde, daß hat nichts mit Provokation zu tun.

Mich würde eine solche Erklärung selber interessieren.
Der Wall ist nun mal ein wichtiger Befund.

Die Situation ist ja auch so:
Vor (oder hinter :D) dem Wall gibt es eine Anhäufung römischer Funde. Die Erklärung: Die Römer sind gegen den Wall angerannt. - so die These aus Kalkriese.
Oder sind die Germanen (von der Bergseite aus) angerannt. Der Wall ist eingestürzt, zumindest zum Teil (vieleicht weil die Germanen auch in der Überzahl waren) und so erklärt sich die Fundhäufung.

Aber was ist mit den Drainagegräben? Die sind dann auf der falschen Seite...:rotwerd:
 
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