Die komplette Antwort wurde leider viel zu lang, darum die gekürzte Version, die immer noch sehr lang ist. Vieles von dem hier nicht hingehördenden Kelten-Germanen Vergleich habe ich rausgenommen. Können wir gerne an geeigneter Stelle bereden.
Nach Thomas Fischer (Prof. für Archäologie der römischen Provinzen, Uni Köln, 2005) lebten die Germanen in einem Territorium stets rivalisierender und verfeindeter Stämme. (...)
Lange Rede, kurzer, bereits gesagter Sinn:
Zwar sind die Mitglieder der meisten germanischen Stämme durch die ständigen Fehden untereinander sicher auch als Krieger zu bezeichnen,
Das also eine starke kriegerische Komponente in der germanischen Gesellschaft vorhanden war wurde und wird nicht bezweifelt, im Gegensatz zur absolutistischen Ausgestaltung dieses Umstandes.
Aber wo ist darin die Antwort auf diesen Fakt?
die archäologischen Funde von Gehöften und ihrer Kultur legen aber ein Bauernleben ebenso nahe, wie die schlichte Notwendigkeit des Überlebens. Ein Leben im permanenten Kriegszustand ohne Landwirtschaft bzw. Zivilleben ist eben für eine Gesamtbevölkerung nicht möglich. Selbst eine Wirtschafts- und Industriegroßmacht kann dies nur über wenige Jahre aufrecht erhalten, wie die jüngere dt. Geschichte zeigt.
Siehe hierzu auch Alesia. Dort kommt ein riesiges gallisches Heer (Cäsar berichtet von 200000 Mann, das aber nur über ca. 60000 Krieger verfügte), daß Cäsar mit der germanischen Reiterei ins Chaos stürzt.
...welches Caesar mit der Hammer und Amboßtaktik in Chaos stürzt.
Kennen wir übrigens auch von Cannae und den gleichen Effekt erleiden die kampferprobten Germanen bei Idistavisio. Letzteres ist also genau das Gegenteil des von dir propagierten.
Und so war die Furcht der Kelten vor den Germanen nicht unbegründet. Als Rom Gallien besetzt hatte, blühte der gallo-römische Handel richtig auf, während die einzelnen Stämme nahezu kriegsuntauglich wurden (siehe auch Tacitus)
Auch hier widersprichst du dir, oder besser, sprichst gegen die Logik. Das ein Stamm, der besiegt und entwaffnet (bzw. "besetzt") wurde keine Wehrfähigkeit mehr besitzt, ist wohl nicht überraschend.
Daher war es auch für die Römer leichter Britannien zu erobern. Die Kelten haben über Jahrhunderte ihre Kriegstaktik unwesentlich geändert. Meist war der Zweikampf das Ziel (Trophäe der Kopf

).
Ahhh ja, darum mußte sich Caesar beim ersten mal zurück ziehen, während seine Rheinüberquerungen so unspektakulär verliefen. Und darum hat es bis zu Claudius Zeiten gedauert, bis man Britannien eingenommen hatte. Darum gab es Boudicca und ein Wall im Norden wurde nötig und die Insel neigte dazu, sich abzukapseln... Reden wir vom gleichen Britannien?
War der erste Sturmangriff nicht erfolgreich, so verloren die Kelten schnell das Interesse an der Schlacht.
Die Germanen haben mitunter genauso gekämpft, während nicht jede Schlacht gegen die Kelten so verlief...
Während bei den Germanen immer wieder von Scheinrückzugen berichtet wurde, um erneut anzugreifen. Das kann man nur mit Kriegern durchführen, die den Kampf gewohnt waren und nicht mit Bauern, die man schnell einmal zwangsrekrutiert hat.
In den keltischen Auseinandersetzungen soll es den Priestern möglich gewesen sein, dazwischen zu gehen. Eine Einstellung der Kampfhandlungen also... wenn das nicht diszipliniert klingt...
Delbrück machte sich noch Gedanken, über die heutige Strategen sich gar nicht mehr den Kopf zerbrechen.
Das von dir angeführte Zitat, in dem er eine Unmöglichkeit größerer Hinterhalte attestiert ist kein geeignetes Beispiel dafür, wie ich nur anhand von Gegenbeispielen versuchte zu verdeutlichen.
4000 Jahre vor den Germanen? Ja, da lebte eine ganz andere Gesellschaft. Oder sind wir heute auch noch Germanen?
In dem von mir zitierten Satz wird genau das eben nicht behauptet, sondern dass die Ressourcen bereits 4000 Jahre vor der ersten Nennung der Germanen genutzt wurden.
Wenn du also in deiner Entrüstung nicht behaupten willst, dass die Germanen in luftleeren Raum hineinsiedelten (oder besser gesagt, nach der Sinnflut kamen die Germanen...), dann sollte man sich überlegen, ob die Germanen diese Nutzung bei übernahme der Region einstellten, um auf die von dir genannten Zustände zu kommen.
Die Vorratslager dienten nur zum Eigenversorgung. (...)
Sicher waren die gelagerten Ressourcen nicht all zu umfangreich. Hat auch keiner behauptet. Aber zum überleben hat es offensichtlich gereicht, und wenn nicht Luft und Liebe in die Speicher sollte, dann muß es etwas gegeben haben, dass sich Landwirtschaft nennt. Und diese wird betrieben von (man verzeihe mir das verlangen nach einem Trommelwirbel): Bauern. So diese nicht "importiert" wurden, dürfte es sich dabei um Germanen gehandelt haben.
Die einheimische Bevölkerung hätte die Legionen nicht versorgen können. Und wenn Nahrungsmittel eingeholt wurden, so fehlten sie dann der germanischen Bevölkerung. Das bedeutete wieder Unruhe... Und Hungersnöte waren bei den Germanen nicht selten. Tacitus beschreibt das doch in seiner Germania, daß die Germanen Getreide in großer Menge anpflanzten, aber noch nicht einmal den Herbst kannten.
Die Jahrezeiten so wie wir sie heute kennen sind in der Vergangenheit allemal nicht bekannt. Vier Jahrezeiten sind eine relativ (!) neue Unterscheidung...
Und das oben beschriebene Szenario ist eben der Punkt. Da hat sich jemand der Mittel bemächtigt. Und wenn die Germanen nicht doch immerhin etwas mehr als das dargestellte "grade genug zum Leben" angebaut haben, dann wären sie direkt beim Abzug verhungert oder in den Aufstand gegangen. Ohne Nahrungsmittel überlebt nämlich niemand, nirgendwo.
Ein Germane kann auch mit einem nordamerikanischen Indianer verglichen werden. (...)
Und wieder falsch. Es gibt eine ganze Reihe von Stämmen, die Ackerbau betrieben (Kartoffeln, Mais, Tabak und Tomaten sind dir sicherlich schon mal begegnet) und sesshaft geworden waren. Ob wirklich Stolz bei jedem amerikanischen Ureinwohnerstamm der Punkt des Anstoßes war, oder die nomadische Lebensweise oder die Böden oder schlicht mangelnde Technik sei hier bitte nicht diskutiert, gerne im betreffenden Unterforum.
Nicht nur die römischen Legionäre waren Berufssoldaten. In den Germanen fanden sie ein Volk, daß gegliedert in einzelne Stämme äußerst kriegerisch war und somit den Expansionsdrang der Römer in Europa stoppte und schließlich auch zum Untergang des Imperiums führte.
Expansionsdrang...von dieser Behauptung sind wir eigentlich seit 20 Jahren weg...
Die Beschreibung passt auch auf Daker, Kelten, Thraker...
Und der Untergang des Reiches ist keineswegs "den Germanen" allein geschuldet. Dazu empfehle ich u.a. die Reihe ANRW.
Ja...man kann auf youtube sich auch ein paar Videos ansehen. Dort versuchen Laien diese Schlacht nachzuspielen. Und selbst da erkennt man, daß ein Rückzug bei einem Ausfall aus den Toren zu erheblichen Problemen führt, sprich Stau.
Cherusker hat genau dieses Video, wie auch Cato, verlacht (und was die wissenschaftliche Nutzung angeht auch zurecht). Es handelt sich hierbei um ein Reenactorvideo, das eine nach Drehbuch verlaufende Inszenierung zeigt. Es gibt beim gleichen Anbieter ein dutzend und mehr Videos, die zeigen wie geübte und eingespielte Gruppen und Truppen schnell einfallen oder ausfallen. Wenn man weiß wie, knubbelt man sich nicht an der Bustür.
und ich vergaß doch glatt das Bettgestell.=) Mit dem wollten die Römer wohl den Wall stürmen?
Schön, dass du dazu gleich eine fundierte Interpretation bereitstellst...
Viel logischer als anzunehmen, dass hier eine zwischen den jeweiligen Dauerlagern umziehende römische Streitmacht ihr Gepäck dabei hat ist natürlich Caecina zu unterstellen, mit bequemen Luxus auf Feldzug gegen die Germanen zu gehen. Oder meinst du, die nicht-handeltreibenden und verarmten Germanen hätten sich hier selbst ein bißchen römische Dekadenz aufs Schlachtfeld gebracht.
Nachtrag: ich bitte inhaltliche Überschneidungen zu entschuldigen. Das editieren hat sehr lange gedauert (viele Antworten mußte ich rausnehmen), so dass ich die Antworten nicht mitbekam.
P.P.S. wie sich herausstellt war maxherman Cherusker, so dass ich erstaunt feststellen muß, dass dieser in Sachen Video wohl nach dem Winde ging...