Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Liebe Forumsfeunde

Ich versuchs mal wieder moderat. Mein Weg um den Ort der Varusschlacht zu lokalisieren ist im Grunde recht simpel, denn ich berufe mich nur auf zwei Dinge. Zum einen sind es die unabänderlichen Fakten die wir haben, also unter anderem die archäologischen Resultate, und zum zweiten ist es die uns zur Verfügung stehende Quellenlage. Der ganze Haufen „Fachbücher“ der dazwischen liegt, beinhaltet nur eigene Wertungen, die sich auch mehr oder weniger auf diese zwei Dinge berufen. Und diese persönlichen Wertungen haben sich in ihrer Gesamtmeinung mittlerweile alle paar Jahrzehnte geändert, mit der Folge, dass die Masse von Aussagen zu diesem Thema absolut unübersichtlich geworden ist. Ich habe mir also nur die mir zur Verfügung stehenden Fakten genommen und sie mit der Quellenlage abgeglichen, jetzt habe ich auch meine eigene Wertung.

Diese, meine, Wertung sagt mir, im Gegensatz zu fast allen anderen Varusschlachttheorien, dass der Bericht über die Varusschlacht von Cassius Dio nicht der Wahrheit entsprechen kann. Also lass ich ihn aus. Und wenn ich mir die Quellenlage anschaue, ohne den Dio, dann gibt es keinen Grund mehr die Varusschlacht im heutigen Teutoburger Wald oder am Wiehengenbirge zu verorten. Im Gegenteil, demnach müsste sich die Schlacht in der Nähe des Rheines zugetragen haben, um so allen dann noch aussagekräftigen Quellen entsprechen zu können und ein schlüssiges Bild zu ergeben.

Da sich Kalkriese schon allein nach dieser verbliebenen Quellenlage schwerlich mit dem Ort der Varusschlacht vereinbaren lässt, muss sich hier demnach ein anderes Ereignis zugetragen haben. Wenn ich mir die Quellen anschaue, denen ich unter dem Einfluss meiner Wertung vertraue, dann bleibt für den Schlachtort Kalkriese nur die Schlacht am Angrivarierwall als wahrscheinlichste Alternative übrig. Ist ganz einfach.

Gruß Maelo
 
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Und wenn ich mir die Quellenlage anschaue, ohne den Dio, dann gibt es keinen Grund mehr die Varusschlacht im heutigen Teutoburger Wald oder am Wiehengenbirge zu verorten. Im Gegenteil, demnach müsste sich die Schlacht in der Nähe des Rheines zugetragen haben, um so allen dann noch aussagekräftigen Quellen entsprechen zu können und ein schlüssiges Bild zu ergeben.

Um mal meinen Rotbewerter zu zitieren: Es wird nicht richtiger, auch wenn du es immer und immer wieder schreibst.

Tacitus macht klar und deutlich - ich habs zitiert -, dass sich Germanicus im Ems-Lippe Gebiet aufgehalten hat, als er das nahe Varusschlachtfeld aufsuchte. Nicht am Rhein.

Veilleius spricht von einer Katastrophe in Germanien ohne genauere Lokalisierung, später dann spricht er von Wäldern und Sümpfen, in denen das Heer des Varus unterging. Vom Rhein keine Rede.

Deine Lokalisierung basiert in keinster Weise auf den angegebenen Autoren und den dort enthaltenen Informationen (oder liefere nachprüfbare Zitate, an denen es steht!), sondern einzig daraus, dass es dir unwahrscheinlich erscheint, dass Aliso so weit entfernt des Rheins gelegen sein soll. Ich gestehe dir durchaus zu, dass deine Überlegungen, was das angeht, nicht vollkommen von der Hand zu weisen sind.

Was ich kritisiere ist, dass du Tacitus und Velleius Dinge in den Mund legst (Rheinnähe), die diese beiden Leute nicht geschrieben haben.
 
Gemeinhin wird Aliso mit Haltern in Verbindung gebracht, wenn dies auch als unsicher gilt. Von Haltern bis zum Rhein sind es gerade noch 40 km (in einem Tag zu schaffen), bis Vetera 60 km. Von Kalkriese nach Haltern am See sind es 120 km (in 3 Tagen oder weniger zu schaffen).
 
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Um mal meinen Rotbewerter zu zitieren: Es wird nicht richtiger, auch wenn du es immer und immer wieder schreibst.

Tacitus macht klar und deutlich - ich habs zitiert -, dass sich Germanicus im Ems-Lippe Gebiet aufgehalten hat, als er das nahe Varusschlachtfeld aufsuchte. Nicht am Rhein.

Veilleius spricht von einer Katastrophe in Germanien ohne genauere Lokalisierung, später dann spricht er von Wäldern und Sümpfen, in denen das Heer des Varus unterging. Vom Rhein keine Rede.

Deine Lokalisierung basiert in keinster Weise auf den angegebenen Autoren und den dort enthaltenen Informationen (oder liefere nachprüfbare Zitate, an denen es steht!), sondern einzig daraus, dass es dir unwahrscheinlich erscheint, dass Aliso so weit entfernt des Rheins gelegen sein soll. Ich gestehe dir durchaus zu, dass deine Überlegungen, was das angeht, nicht vollkommen von der Hand zu weisen sind.

Was ich kritisiere ist, dass du Tacitus und Velleius Dinge in den Mund legst (Rheinnähe), die diese beiden Leute nicht geschrieben haben.

Das setzt voraus, dass man ein vereintes römisches Heer unterstellt, sollte es sich um eine große, koordinierte Aktion gehandelt haben, dann wird es schwierig. Viele der Theorien basieren doch darauf, dass alle drei Legionen gemeinsam erwischt wurden. Das passt nicht zur Theorie eines lokalen Aufstands. Ich hätte die Legionen geteilt eingesetzt, bei einem großen Aufstand nicht, aber ansonsten und mit Hilfstruppen hätte ich sie geteilt. Das will drauf hinaus, die verschiedenen und scheinbar gegenläufigen Ansichten sind vereinbar, wenn man sie nicht auf eine vereint marschierende Streitmacht bezieht, sondern unterschiedlich operierende Kolonnen annimmt. Dafür spricht m.E die Problematik der erbeuteten römischen Legionsadler. Logistisch wäre es für Varus sinnvoller gewesen - auch angesichts des Terrains - mehrere Truppenteile zu führen. Das gibt ein Kordinationsproblem, das die Germanen ausgenützt haben könnten. Der Vormarsch in geteilten Heeren war in der Antike nicht unbekannt, d.h. es handelte sicht um eine Schlacht im napoleonischen Sinne, auch nicht um den Bandwurm Dios, sondern um eine "Schlacht", die an verschiedenen Orten im Rahmen eines Feldzugs ausgetragen wurde. Vielleicht sagen alle die Wahrheit, ihre Art der Wahrheit.
 
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@Angrivarier: Ich hätte die Legionen geteilt eingesetzt, bei einem großen Aufstand nicht, aber ansonsten und mit Hilfstruppen hätte ich sie geteilt.
Sorry, aber was DU aus heutiger Sicht HÄTTEST, ist nicht maßgeblich. Opa hätte am Stammtisch auch den 2. Weltkrieg gewonnen, wenn nicht... :pfeif:
 
Sorry, aber was DU aus heutiger Sicht HÄTTEST, ist nicht maßgeblich. Opa hätte am Stammtisch auch den 2. Weltkrieg gewonnen, wenn nicht... :pfeif:

Doch, ich unterstelle, die Leute waren nicht dümmer als heute. Ja, so machen das die Engländer manchmal und nehmen sich Generale von heute und spielen das durch, so dumm ist das nämlich nicht und es ist gerade nicht Opa, der spielen darf. Ds hat z.B. genau wie Reenactment schon Einblicke ermöglicht, ganz im Sinne der fächerübergreifenden Forschung.
 
... dann bleibt für den Schlachtort Kalkriese nur die Schlacht am Angrivarierwall als wahrscheinlichste Alternative übrig. Ist ganz einfach.
...und erklärt nach wie vor ganz einfach nicht, wieso bei Kalkriese keine archäologischen Spuren für den intensiven Artilleriebeschuss gefunden wurden. Es erklärt auch nicht, wie die ganze römische Heermacht auf diesem Gefechtsfeld Platz gehabt haben soll.

Wie auch immer: In zwei Punkten gebe ich Dir Recht.

Erstens denke auch ich, dass mit Aliso Haltern gemeint ist - beziehungsweise ein Platz im Raum Haltern, denn das "ursprüngliche" Aliso dürfte ja eher Oberaden als das älteste und größte bekannte Lager in der Region gewesen sein.

Zweitens finde auch ich es merkwürdig, dass der Kampfplatz bei Kalkriese so weit weg von gesicherten römischen Positionen ist, insbesondere von der Lippe-Linie, die wichtigste Aufmarschachse bei der Eroberung Germaniens war. Andererseits macht das vielleicht sogar Sinn, da die Germanen ein Heer, das sie angreifen wollten, sicher nicht zu nah an seinen eigenen Machtbasen haben wollten... egal.

Deinen Schlussfolgerungen daraus kann ich nicht zustimmen.

Das Ausgrabungsergebnis von Kalkriese beweist nur eindeutig dass dort Römer gekämpft haben. Wer dort gewonnen hat sagt es nicht.
Deine bisherige Argumentation habe ich so interpretiert, dass dort vielleicht nur Römer gekämpft haben. Dann hätten auch Römer verloren, entweder die einen oder die anderen. :pfeif: Und selbst wenn Germanen die Gegner waren (was ich annehme), belegen die vielen Spuren römischer Gefallener, dass die Römer ihre Verwundeten und Toten nicht mitnehmen konnten (weil sie selbst tot oder zu sehr mit Rennen beschäftigt waren). Dass dort römische Einheiten niedergemacht wurden, kann man deshalb, so glaube ich, als gesichert betrachten.

Bei Paterculus hat der Schlüssel zur Lokalisierung einen Namen: Aliso! Diesem Lager kam während der Varusschlacht eine besondere Bedeutung zu. Hierhin konnten sich die Reste des Varusheeres flüchten und einer längeren Belagerung durch die Germanen standhalten.
Hat Paterculus Aliso namentlich genannt? Hab ich vergessen. Kann sein. In den Quellen ist jedenfalls die Rede von einem Lager, das belagert wurde und in dem viel Volk, aber nur wenige Legionäre waren. Gerade das spricht aus meiner Sicht dafür, dass Haltern gemeint ist, denn dort sind viele zivile Siedlungsspuren gefunden worden. Unter anderem ein recht großer "Friedhof". Haltern scheint so eine Art Verwaltungszentrum der neu gewonnenen Gebiete gewesen zu sein. Mit größerer Garnison. Die vielen Zivilisten und die vergebliche Belagerung deuten darauf hin. Ich kann aber nichts erkennen, was darauf hindeuten würde, dass sich Überlebende der Varus-Legion dorthin geflüchtet hätten. Die Quellen besagen eigentlich nur, dass nach der Varusniederlage alle Lager mit Ausnahme von einem gefallen sind oder aufgegeben wurden. Woraus schließt Du, dass dort Varus-Überlebende waren?

Zu den von Dir aufgeworfenen Fragen:
Wieso konnten die Belagerten aus Aliso entkommen? Antwort: Weil Haltern recht dicht am Rhein lag und über eine gut ausgebaute Wegeverbindung nach Vetera verfügte. Die Flüchtenden mussten nur die Wachen umgehen und konnten dann schnell weg, ohne sich durch Gestrüpp quälen zu müssen. Außerdem bekamen sie ja dann Entsatz, der nach Beginn der Flucht auch noch recht schnell eintraf.

Wieso ist die desertierende Reiterei nicht nach Aliso geflohen? Die Antwort hat @Tela zum Teil schon gegeben. Hinzu kommt meiner Ansicht nach: Wenn Varus bei Kalkriese niedergemacht wurde, hätte die Reiterei die Bergrücken überqueren müssen, um nach Haltern zu gelangen (oder trügt mich gerade meine Geografiekenntnis :confused:). Die Pässe waren aber mit Sicherheit besetzt. Germanische Standardtaktik. Außerdem wussten die Flüchtenden nach dem Angriff, dass sie in Feindesland waren. Sie konnten sich ausrechnen, dass auch andere römische Positionen angegriffen wurden. Wenn sich Soldaten durch Gelände bewegen, von dem sie nicht wissen, ob und wie stark es mit Feind besetzt ist, meiden sie am besten markante Punkte, denn die werden am ehesten beobachtet und verteidigt. Also direkt ab in Richtung Rhein.

Von seinem Stützpunkt an der Ems, die Gegend von Rheine scheint realistisch zu sein, zerstört Germanicus das gesamte Gebiet zwischen Lippe und Ems. (...) Dann kamen sie bis zur Grenze der Brukterer, nicht weit von dem Ort wo die Varusschlacht stattfand.
So interpretiere ich Tacitus nicht, und in der Hinsicht zweifle ich auch die Ansicht von @Tela an. Dazu gleich noch ein Nachsatz.

Zunächst ein Satz zu der Maultierglocke: Die wollte ich nicht als "Beweis" dafür anführen, dass die Kämpfe bereits begonnen hatten und dass sich jemand heimlich durch den Enpass schleichen wollte. Ich habe das Ausstopfen nur als einen möglichen Hinweis auf vorangegangene Kämpfe angeführt - und sogar als einen, der meiner Theorie widerspricht

@Tela: Insgesamt stimme ich Dir zu. Nur in einem Punkt sehe ich die Sache anders:
Tacitus macht klar und deutlich - ich habs zitiert -, dass sich Germanicus im Ems-Lippe Gebiet aufgehalten hat, als er das nahe Varusschlachtfeld aufsuchte.
Wie schon mal angedeutet, lese ich Tacitus so, dass Germanicus seine Truppen in drei "Heeresgruppen" aufgeteilt und diese auf getrennten Wegen zu einem gemeinsamen Treffpunkt geschickt hat. Eine der Heeresgruppen zog durch das Brukterergebiet (also das Ems-Lippe-Gebiet) zu jenem Treffpunkt, der folglich an der Ems gelegen haben muss (wegen des Flottenaufmarschs). Diese Art des Aufmarschs diente der "Zersplitterung" des Feindes. Vom Treffpunkt aus zog dann das vereinte Heer zu weiteren Operationen weiter östlich (Zielrichtung: Cherusker). Germanicus kann dem Varusschlachtfeld also durchaus nahegekommen sein, als er das Lippe-Ems-Gebiet bereits verlassen hatte oder schon wieder auf dem Rückmarsch dahin war. Jedenfalls war das Heer zu dem Zeitpunkt noch vereint. Es hat sich erst später wieder für den Rückmarsch getrennt.

Eine Theorie, klar. Einig sind wir uns jedenfalls, dass das Varusschlachtfeld nicht am Rhein lag und dass es durchaus bei Kalkriese gewesen sein kann. Auch nach Tacitus.

MfG
 
Sorry, aber was DU aus heutiger Sicht HÄTTEST, ist nicht maßgeblich. Opa hätte am Stammtisch auch den 2. Weltkrieg gewonnen, wenn nicht... :pfeif:

Wir haben teils gegensätzliche geographische Quellen, auch die meteorolischen Berichte decken sich nicht? Was wäre so falsch daran, mal zu überlegen, ob sich diese nicht gar so widersprechen. Untergang auf dem Marsch oder in der Schlacht? Vielleicht gab es eben beides.

Das geht natürlich nur dann, wenn wir es nicht mit einer Schlacht zu tun hätten.

Hintergrund: Varus sah sich auf Basis der Nachrichtenlagen mit einem lokalen Aufstand in Nordwestdeutschland konfrontiert. Er musste aus Nachschubgründen, Kontakt zu den Rheinbasen halten. Nur über diese Basen war die Versorgung seiner Truppen sicher. Es gibt keinerlei Nachweise über stärkere römische Basen in Nordwestdeutschland, es gab Lager, die konnte man Tage oder Wochen halten, länger eben nicht. Varus operierte mit einem mobilen Heer, ohne großartige Stützpunkte. Nehmen wir das Lager Haltern als Ausgangspunkt einer Operation. Der Verlauf von Gewässern in Nordwestdeutschland führt meistens von Süd nach Nord, als Nebenflüsse der Ems oder Weser. Haltern an der Lippe mit Verbindung vom Rhein bot sich hier an.

Der Feldzug: Es handelte sich nach Informationen des Varus um einen begrenzten Aufstand. Für Varus bot sich die Gelegenheit, das Gebiet links der Weser und entlang des Rheins unter römische Kontrolle zu bringen. Varus verfügte über drei Legionen. Er teilte seine Streitkräfte und lies eine Legion rechtsrheinisch entlang des Rheins agieren. Zwei Legionen führte er an die Weser mit dem Ziel eines klassischen Umfassungsmanövers mit der gesicherten und versorgungssicheren Lippelinie im Süden und der Rheininie im Westen. Der Haupstoss erfolgt mit zwei Legionen zur und entlang der Weser im Osten. In der Nähe von Minden lagern zwei Legionen inklusive Varus und erfahren vom Verrat des Armenius. Daraufhin befiehlt Varus seinen zwei Legionen den Rückmarsch nach Westen und die Vereingung mit der dritten Legion. Genau das versucht er und die zwei Legionen werden auf dem Marsch entlang des Wiehengebirges vernichtet, sie gehen auf dem Marsch unter. Die dritte Legion auf dem Ostufer des Rheins kann sich nur im Anschluss teilweise behaupten und die Stellungen halten. Die Legionsadler konnten die Germanen behaupten, nur den auf der rechten Rheinuferseite befindlichen konnte Germanicus wiedergewinnen.


Reine Spekulation, aber auch dafür ist das Forum da.
 
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Zweitens finde auch ich es merkwürdig, dass der Kampfplatz bei Kalkriese so weit weg von gesicherten römischen Positionen ist, insbesondere von der Lippe-Linie, die wichtigste Aufmarschachse bei der Eroberung Germaniens war. Andererseits macht das vielleicht sogar Sinn, da die Germanen ein Heer, das sie angreifen wollten, sicher nicht zu nah an seinen eigenen Machtbasen haben wollten... egal.

Manchen ist Kalkriese auch nicht weit genug von der Rheinlinie weg. Die argumentieren damit, dass Arminius Varus "zu weit entfernten Stämmen" gelockt hätte und damit Kalkriese ja viel zu nah am Rhein läge. Das ist allerdings alleiniges Cassius-Eigentum.

Hat Paterculus Aliso namentlich genannt? Hab ich vergessen. Kann sein.

Ja: "L. etiam Caecidii praefecti castrorum eorumque, qui una circumdati Alisone immensis Germanorum copiis obsidebantur..."
Daraus lässt sich dann der Frontinustext als auf Aliso bezogen interpretieren, wenn auch hier nicht der Name Caedicius sondern nur Caedius überliefert ist. Aber das kann man als Rechtschreib- oder Kopierfehler abtun. Natürlich haben wir das Problem, dass Frontinus drei voneinander getrennte Abschnitte über Taktiken, die Arminius bzw. Caecidius bzw. die Reliqui ex clade variana anwenden, liefert. Da es sich aber jedesmal um einen Lagerkontext handelt und nach mehreren Quellen (Velleius, Cassius) nur ein Lager nicht überrannt wurde, können wir davon ausgehen, dass es sich um den jeweils gleichen Ort handelt.

Ich kann aber nichts erkennen, was darauf hindeuten würde, dass sich Überlebende der Varus-Legion dorthin geflüchtet hätten.
Frontinus und Velleius äußern sich beide klar aber im gegenseitigen Widerspruch. Bei Velleius ist Caecidius ein Lagerpräfekt, bei Frontinus ist von den "Reliqui ex variana clade" die Rede. Naja, es ist nicht anzunehmen, dass Aliso unbesetzt war.
 
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Wieso ist die desertierende Reiterei nicht nach Aliso geflohen? Die Antwort hat @Tela zum Teil schon gegeben. Hinzu kommt meiner Ansicht nach: Wenn Varus bei Kalkriese niedergemacht wurde, hätte die Reiterei die Bergrücken überqueren müssen, um nach Haltern zu gelangen (oder trügt mich gerade meine Geografiekenntnis :confused:). Die Pässe waren aber mit ...

MfG

Waren die 200 - 250 m Höhenunterschied (teilweise weniger) wirklich so dramatisch ?
 
Waren die 200 - 250 m Höhenunterschied (teilweise weniger) wirklich so dramatisch ?

Ja, das war teilweise Urwald, Pferde gingen da kaum durch. Man muss sich die ganze Gegend extremer vorstellen. Ohne Weg und Steg ging da nicht viel. Für die Römer wie der Amazonas von heute. Äh, zu baltic, aber passend zum Thema, es gibt auf youtube eine nette Reihe der BBC zum versuchten Nachtmarsch der Schotten auf das englische Heer bei Culloden. Ohne GPS ging und geht da nichts (auch heute), und das hatten die Römer nichts, bei wohl ähnlichem Gelände.

Historic battles, bbc, youtube bei google, gut gemacht.
 
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Noch einmal: Allein die Tatsache, dass Caecina im Senat für ein Verbot von Frauen in der Begleitung des Heeres plädierte, zeigt doch, dass es in seinen Augen dieses Problem gab. Ansonsten hätte es keinen Grund für einen Antrag gegeben. Jede andere Interpretation entbehrt jeder Grundlage.
Worauf ich hinaus will:
Die Annahme, im Heer des Germanicus bzw.Caecina seien keine Frauen mitgezogen und deshalb würde ein Frauenknochen bei Kalkriese dessen Anwesenheit widerlegen, ist schlichtweg zu weit gegriffen.



Tacitus macht klar und deutlich - ich habs zitiert -, dass sich Germanicus im Ems-Lippe Gebiet aufgehalten hat, als er das nahe Varusschlachtfeld aufsuchte.

Richtig. Germancius hatte das Gebiet zwischen Ems und Lippe verwüsten lassen, war zu den äußersten Brukterern vorgestoßen und befand sich „nicht weit entfernt“ („haud procul“) vom Schlachtort. Ein Varusschlachtfeld in der Nähe des Rheines halte ich deshalb ebenfalls für sehr unwahrscheinlich.


Haltern scheint so eine Art Verwaltungszentrum der neu gewonnenen Gebiete gewesen zu sein.
Das hat man zumindest lange Zeit angenommen. Neuere Betrachtungen sehen das mittlerweile ganz anders.
 
Ja, das war teilweise Urwald, Pferde gingen da kaum durch. Man muss sich die ganze Gegend extremer vorstellen. Ohne Weg und Steg ging da nicht viel. Für die Römer wie der Amazonas von heute. Äh, zu baltic, aber passend zum Thema, es gibt auf youtube eine nette Reihe der BBC zum versuchten Nachtmarsch der Schotten auf das englische Heer bei Culloden. Ohne GPS ging und geht da nicht (auch heute), und das hatten die Römer nichts, bei wohl ähnlichem Gelände.

Historic battles, bbc, youtube bei google, gut gemacht.

Wenn das aber so undurchdringliches "Gestrüpp" war, wozu bräuchte man dann einen Wall ? Ich weiß zum Schutz, aber sonst ? Die Römer wären dann auch ohne Wall in der "Zwickmühle" gewesen.
 
Wenn das aber so undurchdringliches "Gestrüpp" war, wozu bräuchte man dann einen Wall ? Ich weiß zum Schutz, aber sonst ? Die Römer wären dann auch ohne Wall in der "Zwickmühle" gewesen.

Wären sie auch, aber das Bessere ist des Guten Feind. Ich glaube ja auch nur - wie ausgeführt - als Teil des Schlachtfelds, sondern nicht an eine Schlacht, sondern an einen Feldzug mit Gefechten. Ohne jetzt mythologisch werden zu wollen oder besonders stolz darauf zu sein, bei meinem Urgroßvater gab es wohl noch gewisses Bewusstsein für die Stämme, die in der Region gesiedelt haben. Mein Nickname ist bewusst gewählt. Mein Uropa war aus Bad Essen, sehr nah am vermeintlichen Tatort (Google Maps). Jedenfalls sind die historischen Stammesbezeichnungen (durch antike Autoren und an Flüssen fixiert, nicht korrekt).
 
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Wären sie auch, aber das Bessere ist des Guten Feind. Ich glaube ja auch nur - wie ausgeführt - als Teil des Schlachtfelds, sondern nicht an eine Schlacht, sondern an einen Feldzug mit Gefechten.

Da fällt mir die These ein, daß es sich bei der Varusschlacht um ein spontanes Gemetzel in einem römischen Lager gehandelt haben soll, nachdem Varus irgendeinen Friedensvertrag für nichtig erklärt habe. Weiß nicht mehr von wem das war und wie er darauf kam.

MfG Silli
 
Wenn ich die Römer, nordwärts des Süntel/Wiehengebirges westwärts ziehend halten kann, erledige ich den Job mit 1.000 Mann. Das wäre sooo leicht. Keine Chance für die römischen Jungs. Klingt arrogant, bei antiken Schlachtergebnissen nicht ungewöhnlich, als Varus gefallen war, wurde der Rest mit dem Dreschflegel erledigt oder ersoff, keine tolle Aktion, sondern ein Massaker, sie hatten keine Chance.
 
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Hallo Forumsfreunde

Mod an: Metadiskussion, wie angekündigt, gelöscht. Mod aus


@Angrivarier,
mit deiner Spekulation liegst du gar nicht so schlecht. Du musst dich nur von der Weser verabschieden (Dio). Es gab kein Dreilegionensommerlager des Varus an der Weser. Die drei vernichteten Varuslegionen waren in ihren Standlagern stationiert. Anreppeen 17. Legion, Haltern 18. Legion, Vetera 19.Legion. Varus hatte nicht den Auftrag neue Eroberungen in Germanien zu machen, sondern hier den Status Quo, der von Tiberius geschaffen wurde zu halten. Rom konnte sich keinen aufwändigen und gefährlichen Zweifrontenkrieg erlauben, denn die römische Truppenmacht war in Pannonoien und Dalmatien zusammengezogen und musste hier ihre Kampfkraft konzentrieren. Varus hatte nur fünf Legionen für ganz Germanien unter seinem Kommando. Dieses rechtsrheinische Gebiet welches unter römischer Kontrolle stand und über welches Varus „herrschte“, war etwa das Gebiet zwischen Rhein und Ems.

In diesem Gebiet gab es germanische Aufstände, vermutlich auch durch Arminius initiiert. Macht sich nicht gut für einen Statthalter wenn in seinem Gebiet Unruhen herrschen. Was soll Augustus von ihm denken. Also beschließt Varus gegen diese Aufständischen vorzugehen um zu zeigen wer der Herr im Lande ist. Dieser Schlag sollte endgültig „sein“ Territorium von allen Unruhen befreien. Um mal einen Namen für dieses Aufstandsgebiet zu nennen, ich spreche von der Hooge Veluwe im niederländischen Gelderland. Dieses Gebiet ragt wie eine große Insel aus einem damals durchgehend versumpften Territorium heraus. Von hier aus hätten die rebellierenden Germanen immer wieder römische Einrichtungen oder Versorgungseinheiten attackieren können, um sich dann wieder in unzugängliche Gebiete zurückzuziehen. Um dieses Gebiet von den Aufständischen zu bereinigen, erfordert es aus taktischen Erwägungen ein umfassendes Einkesselungsmanöver, bei dem der Gegner von verschiedenen Seiten eingekreist und dann zwangsläufig vernichtet wird. So gäbe es dann keine Möglichkeit mehr für die Germanen sich zurückzuziehen. Die Fluchtwege wären abgeschnitten.

Jetzt kommt ein weiteres Indiz für diese These. Asprenas! Bei Paterculus steht, dass sich Asprenas unversehrt mit seinen zwei Legionen aus der Katastrophe retten konnte und in Eilmärschen die Winterlager diesseits des Rheins besetzte und die dort wohnenden Germanen in ihrer Treue bestärkte. Wenn sich die Varusschlacht im Teutoburger Wald oder am Wiehengebirge ereignet haben soll, dann hätte sich Asprenas auch auf der rechten Rheinseite aufgehalten, da er ja an der Katastrophe beteiligt war. Aber dann wären die Legionen des Asprenas nicht unversehrt geblieben, denn sie hätten nach der Nachricht von der Niederlage des Varus zumindest die Standlager Anreppen und Haltern besetzt oder verstärkt, um diese vor den Germanen zu schützen. Diese Lager wurden von den Germanen erobert, folglich keine Unversehrtheit. Die einzige Möglichkeit für Asprenas nicht mit den Aufständischen Germanen in Kontakt zu kommen wäre, wenn er gar nicht den Rhein überquert hätte sondern sich weiterhin auf der linken Rheinseite aufgehalten hätte.

Varus will also mit seinen drei Legionen stationiert in Anreppen, Haltern und Vetera, und Asprenas mit seinen zwei Legionen, stationiert in Vetera und Nimwegen, die aufständischen Germanen in der Hoogen Veluwe bekämpfen und vernichten, Dazu ziehen sie getrennt voneinander zum von mir vermuteten Aufstandsgebiet. Asprenas flankierend von der linken Rheinseite über Nimwegen und Arnheim zur Hoogen Veluwe, Varus auf der rechten Rheinseite gleichfalls zur Hoogen Veluve. Die drei Varuslegionen marschieren zunächst getrennt voneinander, bis sie das Gebiet erreichen welches die Münsterländische Mitteltrasse von der Niederländischen Niedertrasse trennt. Ab hier ist es nicht mehr möglich getrennt zu marschieren, denn es gibt ab hier nur einen schmalen Flugsandrücken der durch ein ausgedehntes Sumpfgebiet führt. Nur über diesen mehr als zehn Kilometer langen und teilweise weniger als fünfzig Meter breiten dammartigen Weg war es möglich dieses Sumpfgebiet zu durchqueren, ohne die Füße nass zu bekommen oder im Sumpf zu versinken.

Hier war das ideale Terrain um die zwangsläufig wie an einer Perlenschnur aufgereihten Legionen nieder zu machen. Weder zum kämpfen noch zum flüchten bot sich hier ungehindert die Gelegenheit. Eingeschlossen in Sümpfen und Wäldern wurden sie niedergemacht. El Quijote, wie war das noch mit den 40 Kilo Bewaffnung und Ausrüstung? In so einem Gelände absolut ungeeignet um einen Kampf zu führen. Auf diese Attacken, ausgeführt nach dem Motto „Hit and Go“ hatten die Römer kein entsprechendes Gegenmittel. Nachsetzen in diesem versumpften Umland war für die ortsunkundigen und schwer beladenen Römer nicht möglich, ohne im Sumpf stecken zu bleiben. Das Ergebnis dieser Schlacht ist bekannt. Numonius Vala versucht mit seinen Reitereinheiten den Rhein zu erreichen und scheitert (fragwürdige Quellenlage). Versprengte Reste des Varusheeres flüchten zum Lager Aliso in der Nähe des Rheines. Asprenas erhält Nachricht von dem Varusdesaster und macht kehrt und besetzt die Legionslager Nimwegen und Vetera, und rührt sich nicht mehr, denn er muss davon ausgehen, dass die Germanen über den Rhein setzen. Aber die Germanen beißen sich am Lager Aliso die Zähne aus und verzichten auf einen Angriff auf die Rheingrenze.

Oberaden, Haltern und Anreppen sind archäologisch nachgewiesen nicht mit Aliso identisch.

Gruß Maelo
 
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Noch einmal: Allein die Tatsache, dass Caecina im Senat für ein Verbot von Frauen in der Begleitung des Heeres plädierte, zeigt doch, dass es in seinen Augen dieses Problem gab. Ansonsten hätte es keinen Grund für einen Antrag gegeben. Jede andere Interpretation entbehrt jeder Grundlage.
Die Leute schimpfen meist nicht lauthals über Fehler, die sie früher selbst gemacht haben. Varus hatte Frauen im Zug und hat verloren, Caecina hatte (auf Tiberius´ Befehl) keine Frauen dabei und hat gewonnen, obwohl er ähnlich hart bedrängt wurde. Vielleicht lag seine Motivation da?

Das hat man zumindest lange Zeit angenommen. Neuere Betrachtungen sehen das mittlerweile ganz anders.
Nenn mal eine Fundstelle.

Waren die 200 - 250 m Höhenunterschied (teilweise weniger) wirklich so dramatisch ?
Die Pässe waren sicher passierbar, auch für Reitereinheiten. Aber sie waren zu leicht zu sperren. Und abseits der Pässe waren die Hänge für 3000 Reiter (oder den dezimierten Rest, jedenfalls viele hundert) kaum zu überwinden. Geh heute durch einen dicht bewachsenen Wald (also nicht ausgelichteten Forst) in Hanglage, und Du bekommst eine Ahnung, wie schwierig es ist, da mehrere hundert Reiter durchzubringen. Nach der Niederlage und der Flucht lag ihre Chance nur noch in der Geschwindigkeit. Sich auf der Flucht mutwillig in die Enge eines Passwegs zu begeben, der sicher verteidigt wird und überdies leicht zu verteidigen ist, wäre Selbstmord gewesen.

Es gab kein Dreilegionensommerlager des Varus an der Weser. Die drei vernichteten Varuslegionen waren in ihren Standlagern stationiert. Anreppeen 17. Legion, Haltern 18. Legion, Vetera 19.Legion.
Ist Anreppen nicht schon 5 oder 6 n. Chr. aufgelassen worden?

Varus hatte nicht den Auftrag neue Eroberungen in Germanien zu machen, sondern hier den Status Quo, der von Tiberius geschaffen wurde zu halten. (...) Varus hatte nur fünf Legionen für ganz Germanien unter seinem Kommando. Dieses rechtsrheinische Gebiet welches unter römischer Kontrolle stand und über welches Varus „herrschte“, war etwa das Gebiet zwischen Rhein und Ems.
Nach allem was wir wissen, hatte Tiberius aber mehr geschaffen. Zu seiner Zeit gab es Bündnisse mit Chatten und Cheruskern (beide weiter östlich), Friesen, Chauken und Angrivarier waren unterworfen, zu Ampsivariern bestand gutes Einvernehmen, Sugambrer waren als Gegner ausgeschaltet... Eine ganze Reihe römischer Lager, die heute archäologisch nachgewiesen sind und eine feste Innenbebauung hatten, lagen östlich der Ems.

Varus will also mit seinen drei Legionen stationiert in Anreppen, Haltern und Vetera, und Asprenas mit seinen zwei Legionen, stationiert in Vetera und Nimwegen...
Eigenwillig. Zwei Einwände. Erstens: Warum hätten in Vetera zwei Legionen stehen sollen, die verschiedene Befehlshaber hatten? Zweitens: Damit stehen alle fünf Legionen im Niederrheingebiet. Wer hat dann den Oberrhein (von Mainz aus) gesichert? Da ist es doch wahrscheinlicher, dass Varus mit drei Legionen den nördlichen Abschnitt kontrolliert hat und Asprenas mit Hauptgarnison in Mainz den südlichen Abschnitt.

Es ist auch keineswegs erwiesen, dass alle Lager außer Aliso erobert wurden. Alle gingen verloren, das ist richtig. Aber Waldgirmes z.B. wurde offenbar ohne Kampf aufgegeben und von den eigenen Erbauern niedergebrannt. Asprenas könnte sich also unversehrt aus der zwar bedrohten, aber nicht umkämpften südlichen Region hinter den Rhein zurückgezogen haben, während sich die Kämpfe im Norden abspielten, wo die meisten römischen Basen aufgerollt wurden.

Deine Theorien beantworten keine Fragen. Sie werfen nur neue auf.

MfG
 
Noch einmal: Allein die Tatsache, dass Caecina im Senat für ein Verbot von Frauen in der Begleitung des Heeres plädierte, zeigt doch, dass es in seinen Augen dieses Problem gab. Ansonsten hätte es keinen Grund für einen Antrag gegeben. Jede andere Interpretation entbehrt jeder Grundlage.

Nochmal: wie bereits beschrieben ist Caecina nicht der erste der Probleme mit dem (halb)zivilem Umfeld hatte. Die Frauen sind da nur ein Aspekt. Das bedeutet aber NICHT das ein Feldzug vom Charakter der Rachefeldzüge oder des caesarischen Feldzuges in Griechenland während des Bürgerkrieges zwangsläufig von Frauen begleitet wird. Das heißt, dass am Standort und bei Verlegungsmärschen, in bestimmten Ausnahmen meinethalben auch bei "richtigen" Feldzügen Frauen dabei waren, die "normalen" Feldzüge jedoch hatten weder Transport- noch Versorgungskapazitäten dafür. Versorgungsengpäße kennen wir vor allem von Caesar aber auch vielen folgenden Quellen immer wieder, u.a. beim berühmten Regenwunder während der Markomannenkriegen. Auch hier, kein Wort über die Frauen.

Zwar hatte ich dir bereits Beispiele genannt und du hättest dies auch mit Minimalaufwand selbst nachlesen können, aber hier nochmal ein auf den paar Punkt geführte Beispiele:
Sallust, Jugurtha 45 führt aus, wie Metellus alles aus dem Lager und dem Lagerumfeld entfernen ließ, was der Disziplin und Kampfkraft seiner Truppe schaden zuführen konnte, während dieses Kampfeinsatzes. Im Ergebnis flogen nach jener Textstelle Händler & calones aus dem Lager. Kein Wort über Frauen oder Sklavinnen.
Wozu auch? Verordnet war dies, und wohl auch "römisch" befolgt, bereits seit Scipio Aemilianus (nachzulesen Appian, Iberike 85), der nicht nur Händler und fragwürdiges Volk wie Wahrsager usw. entfernen ließ, sondern auch die Prostituierten, also jene dem Troß folgende Frauen.

Kurzum: die Notwendigkeit, so man sie so unkritisch aus dem Tacitustext zieht, gab es immer. Befehle und dementsprechende Gesetze gab es mit hoher Wahrscheinlichkeit mindestens seit der mittleren Republik. 100 % daran gehalten haben sich die Römer
nicht. Da würde ich dir, hättest du dies behauptet, zustimmen. Es flammt, ähnlich wie die vermeintliche Notwendigkeit der Luxusgesetze immer wieder auf.

Augustus hat die Sache dann nochmal angepackt: Soldaten durften nicht heiraten. Antoninus Pius hat die Sache vermutlich als erster Kaiser nochmal verschärft, er hat die Kinder aus den illegalen Beziehungen während der Dienstzeit nicht anerkannt. Punkt. Die Trennung von Militär und Zivilleben während des Dienstes als Programm.

Nochmal kurzum:
du suchst mit jener Tacitusstelle, die sehr hypothetisch bleibt, welche die Verderbtheit der Frau im allgemeinen ausführt und nur am Beispiel des Lagerlebens konkret wird, zu belegen, dass die Germanicusfeldzüge von Frauen begleitet wurden.
Solange das heißen soll: da gab es eine Handvoll, die trotz aller Verbote, Widrigkeiten und Gefahren mitzog stimme ich dir zu.
Alles was darüber hinausgeht und damit die Wahrscheinlichkeit das unter den gefundenen Überresten ein relativ hoher Prozentsatz ihre Knochen aufzeigt oder im geplünderten Fundgut weibliche Besitztümer sich gut sichtbar niederschlagen hochtreibt halte ich schlicht für unwahrscheinlich.
Umso mehr wenn wir über Schlachten sprechen, die eben nicht so desaströs endeten wie die Varusschlacht.

Einfach den Standart anzunehmen: es waren immer Frauen dabei bzw. es waren immer viele Frauen dabei widerspricht schlicht dem Bild, das wir von der römischen Armee haben.
Gilliver schrieb:
Die römische Armee war flexibel. Ihre Gesamtstruktur, Ausrüstung und Kampftechnik änderten sich mit dem jeweiligen Feind, der Topographie und den militärischen Aufgaben.
Auf dem Weg zum Imperium.

Wie klein bspw. der Tross im gallischen Krieg gewesen sein kann, zeigt der Kampfeinsatz, der Feldzug, gegen die Belger. Der Tross nimmt einen winzigen Teil vor den letzten beiden Legionen, hinter der sechsten regulären Legion und flankiert von zwei Alen ein. Caes. bc. 2,12.

Worauf ich hinaus will:
Die Annahme, im Heer des Germanicus bzw.Caecina seien keine Frauen mitgezogen und deshalb würde ein Frauenknochen bei Kalkriese dessen Anwesenheit widerlegen, ist schlichtweg zu weit gegriffen.
Also hatte Germanicus bei seinem kleinen Seewegsabenteuer den knappen Schiffsraum mit Frauen geteilt, damit ... ja was eigentlich? Die Soldaten ihre Frauen mitnehmen konnten, die sie bereits seit Augustus nicht haben durften? Damit sich zarte Frauenhände um ihre Wunden kümmern statt den ausgebildeten Ärzten und Sanitätern?
Damit sie im bequemen Sommerlager das sie ja in der Fremde errichten wollten... ach nein, es ging ja um etwas anderes als zu Varus' Zeiten.

An der Stelle: du schmähst die Vergleiche die Waffenwirkung aufzeigen sollen oder zeigen wie durchorganisiert das Medizinkorps war, aber schaffst es nicht, den Unterschied zwischen den Unternehmungen eines Varus 9 und eines Germanicus 15/16 n.Chr. zu sehen?
Dann lies doch bitte zukünftig erst die Quellen, bevor du pauschalisierst und aburteilst, was du kennst oder nicht auch, wie in diesem Fall wohl, nicht kennst.
 
Noch einmal: Allein die Tatsache, dass Caecina im Senat für ein Verbot von Frauen in der Begleitung des Heeres plädierte, zeigt doch, dass es in seinen Augen dieses Problem gab. Ansonsten hätte es keinen Grund für einen Antrag gegeben. Jede andere Interpretation entbehrt jeder Grundlage.
Worauf ich hinaus will:
Die Annahme, im Heer des Germanicus bzw.Caecina seien keine Frauen mitgezogen und deshalb würde ein Frauenknochen bei Kalkriese dessen Anwesenheit widerlegen, ist schlichtweg zu weit gegriffen.

Leider ignorierst Du nach wie vor den Kontext in dem Caecina schreibt und die Antwort des Valerius. Wie ich schon schrieb, Caecina selbst behauptet, seine Frau in all seinen 40 Dienstjahren in Italien zurückgelassen zu haben und er spricht explizit von den Frauen der Beamten, was dann auch noch mal in der Macht, welche Frauen angeblich über das Heer ausüben sollen, deutlich wird. Um nicht alles wiederholen zu müssen, lies doch bitte #1069.
Es ist kaum anzunehmen, dass Caecina Sammlung frauenfeindlicher Vorurteile wirklich auf gemachter Erfahrung beruht, wenn auch das einzelne Ereignis stimmen mag.
Es ist natürlich anhand eines Frauenknochens und fraueneigenen Gegenständen nicht auszuschließen, dass Germanicus oder Caecina in Kalkriese gewesen sind (abgesehen natürlich davon, dass sie am Varusschlachtfeld waren), die Wahrscheilichkeit spricht aber eben doch für Varus, da dieser in einem friedlichen Kontext aufgebrochen ist, bei dem Verwaltung und Rechtsprechung im Vordergrund standen, während bei Germanicus und Caecina hauptsächlich militärische Ziele im Feindesland auf der Tagesordnung standen.


Ja, das war teilweise Urwald, Pferde gingen da kaum durch. Man muss sich die ganze Gegend extremer vorstellen. Ohne Weg und Steg ging da nicht viel. Für die Römer wie der Amazonas von heute. Äh, zu baltic, aber passend zum Thema, es gibt auf youtube eine nette Reihe der BBC zum versuchten Nachtmarsch der Schotten auf das englische Heer bei Culloden. Ohne GPS ging und geht da nichts (auch heute), und das hatten die Römer nichts, bei wohl ähnlichem Gelände.

Wenn das aber so undurchdringliches "Gestrüpp" war, wozu bräuchte man dann einen Wall ? Ich weiß zum Schutz, aber sonst ? Die Römer wären dann auch ohne Wall in der "Zwickmühle" gewesen.

Vorsicht. Die Urwälder hat es zwar damals noch gegeben, sie gehören aber zum Barbarentopos. Gerade für Kalkriese, darauf hat auch der Cherusker immer wieder aufmerksam gemacht, ist nachgewiesen, dass sich dort Hudewälder (also viehwirtschaftlich geprägter Kulturwald) befand. Direkt vor dem Wall hat man ein eisenzeitliches Gehöft gefunden, dessen Abfallmaterial im Wallmaterial zu finden war, in der Fläche des Wallvorfeldes waren die Abfallgruben abrasiert. Insofern muss man sich wohl einen verwilderten Hudewald vorstellen, der einige wenige Jahre nicht mehr gepflegt worden ist.






@Angrivarier,
mit deiner Spekulation liegst du gar nicht so schlecht. Du musst dich nur von der Weser verabschieden (Dio). Es gab kein Dreilegionensommerlager des Varus an der Weser. Die drei vernichteten Varuslegionen waren in ihren Standlagern stationiert. Anreppen 17. Legion, Haltern 18. Legion, Vetera 19.Legion. Varus hatte nicht den Auftrag neue Eroberungen in Germanien zu machen, sondern hier den Status Quo, der von Tiberius geschaffen wurde zu halten. Rom konnte sich keinen aufwändigen und gefährlichen Zweifrontenkrieg erlauben, denn die römische Truppenmacht war in Pannonien und Dalmatien zusammengezogen und musste hier ihre Kampfkraft konzentrieren. Varus hatte nur fünf Legionen für ganz Germanien unter seinem Kommando. Dieses rechtsrheinische Gebiet welches unter römischer Kontrolle stand und über welches Varus „herrschte“, war etwa das Gebiet zwischen Rhein und Ems.

Was ist mit Waldgirmes, der Sparrenberger Egge, Barkhausen?

Um mal einen Namen für dieses Aufstandsgebiet zu nennen, ich spreche von der Hooge Veluwe im niederländischen Gelderland.

Wenn Du der taciteischen Darstellung folgst
, was Du immer wieder betonst ("Ich lese den Tacitus so wie er geschrieben hat."), dann bist Du aber schon ziemlich weit entfernt von dessen geographischen Angaben. Warum auch sollten die an der Weser sitzenden Cherusker im Gelderland Aufstände anzetteln? Warum wird ein Legionsadler bei den Brukterern im Lippe-Emsgebiet gefunden? Warum benutzt Germanicus für seine Aufmärsche Ems und Weser? Warum kehrt man sechs Jahre später vom Besuch des Varusschlachtfeldes zur Ems (ca. 120 km) zurück, um nach Hause zu fahren, wo doch der Rhein in keiner Entfernung (ca. 25 km) liegt?

Hier war das ideale Terrain um die zwangsläufig wie an einer Perlenschnur aufgereihten Legionen nieder zu machen. Weder zum kämpfen noch zum flüchten bot sich hier ungehindert die Gelegenheit. Eingeschlossen in Sümpfen und Wäldern wurden sie niedergemacht. El Quijote, wie war das noch mit den 40 Kilo Bewaffnung und Ausrüstung? In so einem Gelände absolut ungeeignet um einen Kampf zu führen. Auf diese Attacken, ausgeführt nach dem Motto „Hit and Go“ hatten die Römer kein entsprechendes Gegenmittel.

Warum lässt Du hier plötzlich gelten, was Du für Kalkriese nicht hast gelten lassen?
Wo sind die römischen Funde aus Hooge Veluwe? Wo die Moorleichen, die Du bei Kalkriese als zwingend annimmst für den Fall, das Kalkriese der Varusschlachtort sein sollte?
Ich habe gesucht nach Hooge Veluwe kombiniert mit Veenlijk, opgraving, opgravingen, und romeinse und habe nichts gefunden, was auch nur annährend auf ein Schalcht hindeuten könnte. Lediglich das Römerlager Speuld welches auf 170 - 180 nach Chr. datiert wird.

Oberaden, Haltern und Anreppen sind archäologisch nachgewiesen nicht mit Aliso identisch.

Na das wirst Du näher erklären müssen! Gibt es irgendwelche inschriftliche Belege für Aliso an einem anderen Ort? Gibt es inschriftliche Belege für die Lippelager, welche uns die römischen Namen dieser Lager verraten?
Aliso befindet sich sicher im rechtsrheinischen Gebiet, Tacitus legt nahe, dass Aliso an der Lippe liegt. Haltern wurde jedenfalls erst im Zuge der Varusschlacht aufgegeben; das würde auf Aliso passen, welches ja von den Belagerten in einem günstigen Augenblick verlassen wurde.
 
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