Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Eben kommt mir ein verrückter Gedanke:
Ich stoße mich ja immer noch an "Teutoburg" im "klassischen " Latein, aber wenn, dann wußte der Leser damals, wo das ungefähr war.
Ist denn dieser Wall so alt , wie die anderen Funde oder ist er vielleicht 50-100 Jahre älter? Equidenknochen in einem Wall, unter einem Wall könnten ja auch Reste de "Bauopfers"sein.


Wie gesagt, es gibt keinen Grund sich daran zu stoßen, da es üblich war, Ortsnamen zu übernehmen. Idistaviso (viso=Wiese) ist auch ein germanischer Ortsname. In derselben Quelle.

Was hätte der Wall für eine Funktion gehabt, wenn nicht die, die Varuslegionen niederzumetzeln? Für einen normalen Straßenraub war er zu aufwändig, für eine Verteidigungsanlage war er auch nicht wirklich geeignet, da er zwar an vertieften Bachbetten endete, aber kein Ringwall war. Es muss einen Anlass gegeben haben diesen Wall zu errichten und dieser Anlass waren eben aller Wahrscheinlichkeit nach die Varuslegionen, von denen man wusste, dass sie hierher kommen mussten, da man sie ja selber unter Vorspiegelung von Freundschaft in die Falle führte.
Dass die Equidenknochen ein Opfer darstellten, ist unwahrscheinlich. Teile vom Geschirr sind ja erhalten geblieben und die waren römisch! Und die Schanztechnik des Walls war in Teilen römisch (Grassodenmauer in der Mitte, Spitzgräben an den Enden).

Allerdings steht Dio wohl ziemlich im Widerspruch zu Kalkriese...

Normalerweise wird den Kalkriesern von ihren Kritikern immer vorgeworfen, dass sie sich zu sehr auf Cassius Dio stützten.
 
Können die Provokationen bitte einmal aufhören? Bist Du nicht in der Lage, eine halbwegs kultivierte Diskussion zu führen? Nur weil Du bei den Moderatoren Narrenfreiheit genießt, glaubst Du wohl, Du könntest Dir alles erlauben.

Ich kann keine Provokation von Seiten telas erkennen. Wenn man Thesen aufstellt oder Sachverhalte (wie etwa, dass sich die Kampfspuren nördlich des Walls befinden) als nichtig erachtet, dann muss man sich den Fragen stellen. Das ist wissenschaftlicher Usus.

Dir wurde schon mal nahe gelegt, Beiträge zu melden, die deiner Meinung nach einen Regelverstoß beinhalten. Von Metakommunikation dieser Art halte ich nicht viel!
 
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Normalerweise wird den Kalkriesern von ihren Kritikern immer vorgeworfen, dass sie sich zu sehr auf Cassius Dio stützten.

Ist das so? Warum?

Oder soll das nur von der elenden "haud procul" Diskussion ablenken?
Dies ist wohl "das" Argument schlechthin für die Kalkriese Gegner.
Allerdings taugt es wohl wirklich nicht um die These Kalkriese=Varusschlacht auszuschließen oder zu erhärten.

Allerdings bleibt es so:

Aufgrund der historischen Quellen kann man Kalkriese als Ort der Varusschlacht ausschliessen.
Aufgrund der Archäologie wohl nicht...:fs:
 

Nun, bei Cassius Dio stimmt die Topographie nun überhaupt nicht überein.
Dies ist allgemein bekannt.

Die "haud procul" Stelle beim Tacitus lass ich außen vor. Da kann man wirklich alles heraus lesen - wenn man will.

Allerdings: Was ist mit Tacitus bezügl. seiner Schilderung des Jahres 16 n. Chr. ? Offensichtlich befand sich der (zerstörte) tumulus in der Nähe der Lippe.

Darauf wird viel zu wenig eingegangen.

Nein, die Quellen sprechen eindeutig gegen Kalkriese.
 
Es wurde ja schon gesagt, aber nochmal ganz deutlich und übersichtlich, warum der Einsatzradius eines germanischen Heeres / Stammes durchaus größer sein kann, als 150 km.
.....

Ich habe das Zitat mal gekürzt und möcht Dir trotzdem mal öffentlich danken, daß Du Dich für eine solche aufwendige Antwort geopfert hast. :yes:
Ich könnte jetzt weitere Argumente anbringen (wie z.B. ein Germane hatte ein um 1000 bis 1500 kcal höheren Energiebedarf als wir heute - wäre interessant, wie sich das auf das Marschgepäck auswirken würde ?), aber ich will hier niemanden mit meinen Überlegungen belästigen. Wollte es einfach nur mal aus meiner Sicht dargelegt wissen. Vielleicht hat der eine oder andere stille Leser was aus meinen oder anderen Überlegungen mitnehmen können.
Ergänzung: Habe durch Zufall gerade mal was zum Ackerbau bei Germanen gefunden S.70 erster Absatz http://books.google.de/books?id=R-WUx8cou4wC&lpg=PA69&ots=DDSMXV-_BZ&dq=bacenis%20silva&pg=PA70#v=onepage&q=bacenis%20silva&f=false
"...Caesar fürchtete Getreidemangel, weil es bei den Germanen keinen intensiven Ackerbau gab..."
 
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Aufgrund der historischen Quellen kann man Kalkriese als Ort der Varusschlacht ausschliessen.

Sagen wir es so: Die historischen Quellen ergeben kein einheitliches Bild. Wenn wir z.B. die Angabe bei Cassius Dio nehmen, dass sich Varus vor seinem letzten Zug im Wesergebiet aufgehalten hat, dann ist ein Marsch über Kalkriese durchaus im Bereich des möglichen.

Nehmen wir dagegen die Angabe, aus der erschlossen werden kann, dass der Tumulus nicht weit von der Lippe entfernt war, dann ist es nicht ganz so gut mit Kalkriese.

Nur: Wer irrt? Cassius Dio oder Tacitus? Können wir das wirklich entscheiden? Und wenn, wie?

Und zu den pontes longi müssten bessere Argumente, als bislang vorgebracht, vorhanden sein, um die sehr eindeutige Tacitusstelle, nach der pontes longi westlich der Ems waren, zu widerlegen.
 
Sagen wir es so: Die historischen Quellen ergeben kein einheitliches Bild. Wenn wir z.B. die Angabe bei Cassius Dio nehmen, dass sich Varus vor seinem letzten Zug im Wesergebiet aufgehalten hat, dann ist ein Marsch über Kalkriese durchaus im Bereich des möglichen.

Nehmen wir dagegen die Angabe, aus der erschlossen werden kann, dass der Tumulus nicht weit von der Lippe entfernt war, dann ist es nicht ganz so gut mit Kalkriese.

Nur: Wer irrt? Cassius Dio oder Tacitus? Können wir das wirklich entscheiden? Und wenn, wie?

Und zu den pontes longi müssten bessere Argumente, als bislang vorgebracht, vorhanden sein, um die sehr eindeutige Tacitusstelle, nach der pontes longi westlich der Ems waren, zu widerlegen.

Ich weiß immer noch nicht, wie man einzelne Sätze zitieren kann... (bin wohl zu alt).

Die historischen Quellen geben ein einheitliches Bild: Und zwar gegen Kalkriese!

Die pontis longi These halte ich (persönlich) wie schon vorher erwähnt für kaum haltbar. Aber auch nicht für ausgeschlossen.

Ich halte bezügl. Kalkriese anderes für durchaus denkbar (abseits der großen Schlachten).

Gruß

salvus
 
Nochmal der Versuch zu resümieren ohne zu resignieren:richter: :

-Wir wissen von 4-5 Schlachten in der Zeit zwischen 9-25 n.Chr.

-Die Quellenlage ist bezüglich Verlauf und Verortung dieser Schlachten mehr als zweifelhaft .

- Es könnte sich aufgrund der zeitlichen Distanz der Chronisten zu den Ereignissen um Schilderungen handeln,die mehrere Ereignisse vermengen.

-Wir haben zwei Fundstellen (Kalkriese,Harzhorn), die aufgrund der Funde die als Schlachtfelder zu identifizieren sind

-Das Schlachtfeld Kalkriese weist Merkmale auf, die teilweise mit den antiken Schilderungen der einzelnen Schlachten übereinstimmen,teilweise aber auch nicht.

-da anzunehmen ist,daß das Vorgehen der römischen Armee ,wie bei jeder Armee, in gewissen Teilen standardisiert war könnten bestimmte Merkmale wie Feldbefestigungen auf jede damalige Schlacht zutreffen

Fazit:

IN KALKRIESE FAND EINE sCHLACHT ZWISCHEN RÖMERN UND GERMANEN STATT.
DIESE SCHLACHT IST AUFGRUND TOPOGRAPHIE UND FUNDLAGE NICHT EINDEUTIG EINER DER VON DEN ANTIKEN SCHRIFTSTELLERN GESCHILDERTEN SCHLACHTEN ZUZUORDNEN.

so sieht´es nun mal aus und alles andere bleibt angesichts der aktuellen Fund- und Quellenlage reine Spekulation.:fruchtgrapscher::D

Exkurs: Was die oben diskutierten Gewaltmärsche betrifft, so kann ich das als passionierter Fernwanderer und Mehrfachalpenüberquerer wohl am Besten beurteilen:
Tagesleistungen von 20-25 km (=4-5 Stunden Gehzeit) sind bei gebahnten Wegen kein Problem, bei Entfernungen über 30 km(=6-7 Stunden Gehzeit) wird es spätestens am dritten Marschtag in Folge grenzwertig. Bei Querfeldeinmärschen in echter Wildnis und insbesondere in Waldgebieten verringert sich die Tagesleistung drastisch Da dürften 20 km (=8-10 Stunden Gehzeit) die Obergrenze sein .
 
Zuletzt bearbeitet:
Die historischen Quellen geben ein einheitliches Bild: Und zwar gegen Kalkriese!
1. Die historischen Quellen ergeben alles, aber ganz sicher kein einheitliches Bild. Allein schon Cassius Dio mit seiner Schlachtbeschreibung und Florus mit seinem Lagerkampf passen überhaupt nicht zusammen.

2. Und wie im obigen Beitrag dargelegt kann man durchaus Quellenangaben mit Kalkriese in Verbindung bringen, während andere ebensogut nicht passen. Auch da ist es nicht so eindeutig, wie von dir geschrieben.
 
...
Es muss einen Anlass gegeben haben diesen Wall zu errichten und dieser Anlass waren eben aller Wahrscheinlichkeit nach die Varuslegionen, von denen man wusste, dass sie hierher kommen mussten, da man sie ja selber unter Vorspiegelung von Freundschaft in die Falle führte.
...

Aller Wahrscheinlichkeit nach?

Ich denke mal die Wahrscheinlichkeit, dass dort einer Germanicus-Legion aufgelauert wurde ist nicht weniger groß!

Kennen wir denn alle Gefechte zwische Germanen und Römern? Es muß ja keine große Schlacht gewesen sein!

In dieser Hinsicht sind wir nun mal recht unwissend, selbst wenn wir Tacitus so zu sagen "freihändig" rezitieren können. Die Wissenslücken bleiben.
Aber das macht die Forschung ja gerade so spannend!

Gruß
Andreas
 
Aller Wahrscheinlichkeit nach?

Ich denke mal die Wahrscheinlichkeit, dass dort einer Germanicus-Legion aufgelauert wurde ist nicht weniger groß!

Nein. Wenn man einen solchen Wall errichtet, dann muss man sich sicher sein können, dass auch jemand vorbei kommt, für den es sich lohnt einen solchen Wall errichtet zu haben, den errichtet man nicht auf Verdacht. Schließlich handelt es sich nicht um einen Verteidigungswall sondern - ich weiß, aus der Richtung einiger wird dieser Ausdruck Hohn und Spott ernten - um einen "Angriffswall". Um einen solchen Wall zu errichten, bedarf es einer ausreichenden Vorbereitungszeit, die hatte man aber nur, wenn man denjenigen, den man in den Hinterhalt locken wollte auch soweit unter Kontrolle hatte, dass man auf die Planungen Einfluss nehmen konnte. Das war bei Varus der Fall, bei Germanicus nicht.

Es muß ja keine große Schlacht gewesen sein!
Alles spricht dafür, dass es eine große Schlacht war. Die Fundmenge, die Fundstreuung, die Mühe, die man sich damit gemacht hat, einen solchen Wall anzulegen, Einzelfunde welche die Anwesenheit hochgestellter Persönlichkeiten andeuten, wie Glasaugen von Götterstatuetten, einem Bettgestell, dann jede Menge Münzen, viele davon mit dem VARus-Gegenstempel....

-Wir haben zwei Fundstellen (Kalkriese,Harzhorn), die aufgrund der Funde die als Schlachtfelder zu identifizieren sind

Allerdings ist Harzhorn einer anderen Zeit zugehörig, es ist gut 200 Jahre jünger.
 
Nein. Wenn man einen solchen Wall errichtet, dann muss man sich sicher sein können, dass auch jemand vorbei kommt, für den es sich lohnt einen solchen Wall errichtet zu haben, den errichtet man nicht auf Verdacht. ... Um einen solchen Wall zu errichten, bedarf es einer ausreichenden Vorbereitungszeit, die hatte man aber nur, wenn man denjenigen, den man in den Hinterhalt locken wollte auch soweit unter Kontrolle hatte, dass man auf die Planungen Einfluss nehmen konnte. ...

Verstehe ich das so richtig, dass der Wall zweifelsfrei germanischen Urspungs ist?
 
Ich sperre mich immer gegen so starke Worte wie zweifelsfrei. Aber doch, ich glaube, das trifft es:

- wir haben einen Wall, der in Schlangenlinien angelegt ist. Das wäre einzigartig in der römischen Welt.
- er ist teilweise in römischer Schanztechik angelegt, teilweise aber auch nicht. In einer Armee wie der römischen, in der kleinste Vergehen hart bestraft wurden, undenkbar.
- der Wall ist so angelegt (abgestoches Vorfeld, Drainagegräben und Spitzgräben), dass die Römer an seiner Vorderseite vorbeiziehen mussten. Wenn man also nicht davon ausgeht, dass hier Römer gegen Römer kämpften, dann kann er kein römisches Bauwerk darstellen.
 
Es ist sicher bedenklich, neuzeitliche Maßstäbe anzulegen, aber ein Versuch:

Nach dem, was Du dazu erläutert hast, fällt mir das Motiv der "überholenden Verfolgung" ein. Ein gegebener Engpaß, eine auf dem Rückzug befindliche und bedrängte römische Armee, dazu 1 Woche Zeitpuffer.

Das setzt eine beachtliche Koordination auf der germanischen Seite voraus, außerdem eine höhere Beweglichkeit, die man bei Versorgung aus dem Land und fehlender Belastung durch Trosse problemlos unterstellen kann.

P.S. der gezogene 150 km-Radius erscheint mir zu niedrig. Marschleistungen von täglich 30km (und mehr) hat es mit 20kg Gepäck selbst für neuzeitliche Armeen über Wochen gegeben.
 
Nein. Wenn man einen solchen Wall errichtet, dann muss man sich sicher sein können, dass auch jemand vorbei kommt, für den es sich lohnt einen solchen Wall errichtet zu haben, den errichtet man nicht auf Verdacht. ...

Da gebe ich dir absolut recht!

Aber was spricht dagegen, dass dieser Hinterhalt den Legionen des Germanicus galten, die nach der Schlacht von Idistaviso über Kalkriese wieder abzogen? Sind die Legionen nicht auch auf dem Hinweg dort vorbei gekommen? Somit war die Marschroute bekannt und so konnten Hinterhalte vorbereitet werden.

Gruß
Andreas
 
Nach dem, was Du dazu erläutert hast, fällt mir das Motiv der "überholenden Verfolgung" ein. Ein gegebener Engpaß, eine auf dem Rückzug befindliche und bedrängte römische Armee, dazu 1 Woche Zeitpuffer.

Eine überholende Verfolgung hat es gegeben. Allerdings an der Weser. Nach dem Sieg über die Germanen bei Idistaviso, während der Siegesfeier der Römer formierten sich die Germanen erneut und griffen die auf dem Rückmarsch befindlichen Römer am Angrivarierwall an.
 
P.S. der gezogene 150 km-Radius erscheint mir zu niedrig. Marschleistungen von täglich 30km (und mehr) hat es mit 20kg Gepäck selbst für neuzeitliche Armeen über Wochen gegeben.

Da wäre ich sehr vorsichtig. Ich hatte diesen Radius für ein Anreiseszenario der Germanen für eine Schlacht erstellt und nicht für einen geordneten Zug, wo die ersten loslaufen, während die Pioniere noch Arbeiten. Die mobilen Spitzentruppen waren schneller vor Ort und verzerren dadurch einen Vergleich mit einer neuzeitlichen Armee.
Städte, Post- oder Raststationen sind ja nicht grundlos in einer Entfernung zwischen 15 und 25 km angelegt worden, was einer Tagesreise für viele Jahrhunderte entsprochen haben dürfte.
 
Da wäre ich sehr vorsichtig. Ich hatte diesen Radius für ein Anreiseszenario der Germanen für eine Schlacht erstellt und nicht für einen geordneten Zug, wo die ersten loslaufen, während die Pioniere noch Arbeiten. Die mobilen Spitzentruppen waren schneller vor Ort und verzerren dadurch einen Vergleich mit einer neuzeitlichen Armee.
Städte, Post- oder Raststationen sind ja nicht grundlos in einer Entfernung zwischen 15 und 25 km angelegt worden, was einer Tagesreise für viele Jahrhunderte entsprochen haben dürfte.
Nun, die 15-20 km sind die Tagesstrecke für Pferd/Ochse und Wagen.
Hört sich seltsam an, aber der Mensch allein kommt am Tag deutlich weiter.

Was ich hier und im Netz nicht gefunden habe:
Lag das Equidenskelett unter dem Wall?
 
Schneller ging es übrigens zu Pferd auch nicht, da Pferde eher kurze Sprinter sind und der Mensch auf Langstrecken, so unglaublich es auch scheint, dem Pferd im Lauf überlegen ist. Daher auch die Boten im antiken Griechenland.

@ Wilfried - das weiß ich auch (siehe Zitat). Aber der Mensch ist eben nur schneller, wenn er rennt und sich darauf konzentriert, nicht wenn er geht und andere Dinge beachten muß.
 
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