Kalkriese als Ort der Varusschlacht zweifelhaft

Das kommt hin, allerdings mußt Du davon dann die von anderen bei Gartenumgraben, Pflügen und sonstwie gefundenen Münzen und die einfach so weggegammelten abziehen.
Da bleibt dann so nicht allzuviel je Grabung über ;-)

Immerhin ist durch den Spaß quasi in jedem größeren Marschlager mit Münzfunden zu rechnen. Aber durch die Nachsuche nach verlorenen Münzen sind denne von den 90 Millionen Münzen vielleicht in ganz Nordrhein-Westfalen noch 9 millionen versteckt.
Die in Kalkriese abgegrabene Fläche ist ja nun schon recht groß, trotzdem gibts scheinbar keinen Fund, der später als 9 nChr zuzuordnen ist.

Neben der Sache, das die späteren Besucher eben auch kein Geld verloren haben, das erkennbar danach geprägt wurde, gibts noch die Deutungsmöglichkeit, das die keins dabei hatten.

Es gibt aber auch leider , außer den Knochengruben, keine weiteren erkennbaren, zuordnenbaren Spuren dieser Besucher.

Deutet man das so, das eben nicht ganze Legionen dort aufgeräumt haben, sondern nur relativ wenige Menschen (50-100 hätten das auch in ein paar Tagen geschafft), löst sich der Widerspruch. (kein großes Lager, keine Spuren)

Da bleiben als Bestatter dann eben römerfreundliche Germanen oder "befreundete Römer" über.
Also eine nicht überlieferte Schlacht, denn sowas paßt zu keiner überlieferten Schlacht.
 
Also, damals bei der Bundeswehr (once upon a time) ...
Es gab 5 und 2DM Stücke, und bei ~10 Soldaten, 4 Übungen a´3 Tagen waren das übers Jahr so grob 5 Verlustfälle ...
Wie repräsentaiv war diese Gruppe? Gab's je einen Verlust bei fünf verschiedenen Leuten oder war vielleicht einer besonders schusselig?

Vergleiche ich Deine empirischen Werte aus der Bundeswehrzeit mit den Zahlen zu Münzverlusten und dadurch nötigen Ersatzprägungen, die die Bundesbank im Zuge der Umstellung von D-Mark auf Euro mal publiziert hat, liegt Deine "Versuchsgruppe" deutlich über dem Durchschnitt. Laut besagter Veröffentlichung waren zum fraglichen Zeitpunkt etwa 28,5 Milliarden Münzen im Umlauf, davon 513 Millionen 5-Mark-Stücke und 684 Millionen 2-Mark-Münzen. Den jährlichen Verlust schätzte die Bundesbank für erstere auf 0,95%, für letztere auf 0,85% - in Absolutzahlen wären das knapp 4,9 Millionen 5er Münzen und 5,8 Millionen Zwickel. Wenn wir das auf die Bevölkerungszahl umlegen, verlor der Durchschnittsbürger grob alle zehn Jahre je eine 5-Mark-Münze und ein 2-Mark-Stück. Und dabei fällt unter die Definition der Bundesbank für "Münzverlust" alles, was eine Münze aus dem Umlauf nimmt, auch das längerfristige Deponieren in einem Sparschwein...
 
Zuletzt bearbeitet:
Womit wir wieder beim Spekuliern sind. Mal ein anderer Ansatz: Unter den Knochen ist ein vom Schwert gespaltener Schädel. Frage: Römerschädel waren helmgeschützt. Hatte da ein Römer seinen Helm verloren?
Römerschwerter waren zum Stechen und wegen ihrer Kürze nicht zum Hauen von oben geeignet. Lag da ein Germane auf den Knieen, als er den Hieb bekam?
Gruß
 
Womit wir wieder beim Spekuliern sind. Mal ein anderer Ansatz: Unter den Knochen ist ein vom Schwert gespaltener Schädel. Frage: Römerschädel waren helmgeschützt. Hatte da ein Römer seinen Helm verloren?
Römerschwerter waren zum Stechen und wegen ihrer Kürze nicht zum Hauen von oben geeignet. Lag da ein Germane auf den Knieen, als er den Hieb bekam?
Gruß

Och nö, das wird jetzt aber zu abenteuerlich. Es gibt unzählige Möglichkeiten, wie da jemandem jemand irgendein Schwert auf die Omme geschlagen haben könnte, ebenso wie es nen Haufen Gründe geben kann, warum da evtl einer keinen Helm auf hatte, der sonst einen trug.
Daraus kann man nun wirklich nichts herleiten.
 
Deutet man das so, das eben nicht ganze Legionen dort aufgeräumt haben, sondern nur relativ wenige Menschen (50-100 hätten das auch in ein paar Tagen geschafft), löst sich der Widerspruch.

Der "Widerspruch" dürfte eher in der Milchmädchenrechnung liegen.

Eine Münze, die Du verlierst, landet ja in aller Regel nicht im Erdboden, sondern die hat dann halt jemand anders.

Das ist ganz besonders dann der Fall, wenn Du die Münze auf einem Areal verlierst, auf dem zur selben Stunde gerade 12.000 Mann dabei sind, den Erdboden nach Gegenständen abzusuchen.
 
Es gibt ein paar Hinweise, daß das Gros der Fundmünzen in Kalkriese nicht von gewöhnlichen Legionären verloren wurden:

  1. Der hohe Anteil an Goldmünzen. Das Umlaufgeld der Soldaten waren Silber und Kupfermünzen. In Kalkriese gab es aber sogar Goldhortfunde, die sicherlich nicht einem einzelnen Legionär gehörten.
  2. Viele Siegelstücke unter den Münzfunden. Warum sollte ein Legionär seine Geldbörse versiegeln? Das in Wiki erwähnte Konstrukt des organisierten Geldvergrabens vor der Schlacht, die ja ein überraschender Hinterhalt gewesen sein soll, überzeugt hier keineswegs.
  3. Der hohe Anteil (90%) an Gegenstempeln auf den Kupfermünzen. Bei den anderen zeitnahen römischen Fundplätzen schwankt der Anteil der gegengestempelten Asse lediglich zwischen 10-30%.(Haltern: Nemausus 29,9%) (Werz: Gegenstempel auf Aesprägungen der frühen römischen Kaiserzeit im Rheingebiet S.94)
Näherliegend wäre meiner Ansicht nach, daß die Fundmünzen grösstenteils aus einer Legionskasse stammen, die mit dem Tross geplündert wurde.
Wenn nicht bei einem ranghohen Offizier, dann ist eigentlich nur dort eine nennenswerte Menge von Goldmünzen zu erwarten. Auch könnte dies den hohen Anteil von Gegenstempeln erklären, wenn diese als Werterhöhung der eigentlich recht wertlosen Kupfermünzen und als Garantie zur späteren Auszahlung zu interpretieren sein sollten.
Bei Einlösung dieses Pfandes musste dieses dem Umlaufgeld entzogen werden, um eine mehrfache Einlösung zu verhindern. Möglicherweise wurde es für eine weitere Stempelung oder bis zum Einschmelzen mit der Legionskasse versiegelt mitgeführt. Vielleicht benutzten die Legionäre auch bevorzugt das gegengestempelte Geld um Pflichtabgaben(Sterbekasse?) an die Legion damit zu begleichen.
Damit hätten man sich des Risikos einer Nichteinlösung durch den Garanten entledigt. Oder wenn wir Vegetius folgen, dann mussten die Legionäre einen Teil Ihrer erhaltenen Geldgeschenke bei der Legionskasse hinterlegen. (Es ist aber nicht belegt, ob dies auch schon in aug. Zeit praktiziert wurde) Vielleicht führte die Legionskasse als Ausgeber auch einfach nur zu viel gestempeltes Geld mit sich mit.
Bei all diesen Möglichkeiten wären die Beutel mit dem der Legion anvertrauten Geld natürlich versiegelt gewesen.

Die Fundmünzen in Kalkriese deuten auf jeden Fall auf ein bedeutendes Sonderereignis hin. Eine Interpretation als Reste einer untergegangenen römischen Armee würde auf Varus deuten. Eine Interpretation, die einen Grossteil der Münzfunde einer evtl. verlorenen/geplünderten Legionskasse zuschreibt, würde dabei aber auch die Caecina-Schlacht berücksichtigen müssen.

Bei letzterem Grossereignis berichtet Tacitus davon, daß zwei Legionen ohne Grund ihre befehlsgemäße Position im Heerzug und der umkämpften Engstelle verliessen. Eigentlich ein ungeheurer Vorgang für eine hochdisziplinierte Kampfeinheit. Ein verständlicher Grund für diese neuerliche Disziplinlosigkeit wäre es, wenn die zuvor nur mit zusätzlichem Geld erkauften Meuterer mit ansehen mussten, wie die Germanen Ihren Tross und ihr Erspartes plünderten.

Gruss
jchatt
 
Eine Münze, die Du verlierst, landet ja in aller Regel nicht im Erdboden, sondern die hat dann halt jemand anders.

Das ist ganz besonders dann der Fall, wenn Du die Münze auf einem Areal verlierst, auf dem zur selben Stunde gerade 12.000 Mann dabei sind, den Erdboden nach Gegenständen abzusuchen.
Danke für diesen Wink mit dem Zaunpfahl :still:. Die zitierten Schätzungen der Bundesbank zu Münzverlusten geben natürlich keine Auskunft darüber, wie häufig der Durchschnittsbürger Münzen verliert in einem Zeitraum x, weil ein unbekannter Prozentsatz der verlorenen Münzen ja von Dritten gefunden wird und damit grundsätzlich in Umlauf bleibt. Insofern ist meine Aussage von wegen ein 5er verloren in zehn Jahren völliger Quatsch. Heißen müßte es vielmehr: ein 5-Mark-Stück pro zehn Jahre verloren und von niemandem aufgehoben. Das versöhnt mich auch wieder mit Wilfrieds empirischen Zahlen - vier seiner fünf Verlustmünzen wurden womöglich einfach von Kameraden aufgelesen, nur eine wurde tatsächlich im Gelände festgetreten, und schon ist seine Testgruppe schön im Durchschnitt :friends:
 
Gemeint sind vielleicht Siegelkapseln, siehe hier:
http://www.kalkriese-varusschlacht.de/dokumente/upload/f9fc6_Varus-Kurier_2011_Beitrag_Harnecker.pdf

Siegelkapseln sind kleine Döschen aus Bronze mit einem Scharnierdeckel. Sie kommen in quadratischer und runder Form vor. Im Boden und an den Seiten haben sie kleine Aussparungen oder Löcher (Abb. 1). Sie dienten dazu, Schriftstücke oder Dokumente zu versiegeln. Dazu führte man die Schnüre, die um die Schriftrolle oder das Schreibtäfelchen gebunden waren durch die Öffnungen in die Kapsel, füllte diese mit Siegellack und schloss den Deckel. Solche Siegelkapseln gibt es in großer Zahl von allen Fundplätzen des römischen Reichs. In der Regel sind sie schmucklos mit glatter Oberfläche. In Kalkriese wurden nun neben den bekannten einfachen Stücken auch mehrere gefunden, die auf dem Deckel ein Bild in flachem Relief zeigen (Abb. 3).

...

Auffallend ist nun, dass aus dem ganzen römischen Reich nur ganz vereinzelt Siegelkapseln mit Bild bekannt sind, darunter nur wenige mit einem Porträtbildnis. In Kalkriese ist ein großer Anteil des gesamten bekannten Bestandes gefunden worden. Ihre Seltenheit und die besonders aufwendige Gestaltung deuten darauf hin, dass die mit ihnen verschlossenen Schriftstücke von besonderen Absendern kamen und wohl einen wichtigen Inhalt hatten.

...

Sicher kann man davon ausgehen, dass diese Siegelkapseln nicht von einfachen Soldaten mitgeführt wurden, sondern zum Umfeld der Heeresleitung gehörten. Auch hier bestätigt sich wieder die Annahme, dass auf dem Oberesch nicht eine einfache Kampfeinheit aufgerieben wurde, sondern dass auch Transportwagen mit wichtigem Inhalt auf der Strecke blieben.
Besonders interessant ist die runde Siegelkapsel mit den Büsten, die in ihrer letzten Verwendung mit einer Geldbörse gefunden und damit wohl am Mann getragen wurde. Ob sie allerdings in der Geldbörse aufbewahrt wurde oder als deren Verschluss diente, war nicht mehr festzustellen.
Näherliegend wäre meiner Ansicht nach, daß die Fundmünzen grösstenteils aus einer Legionskasse stammen, die mit dem Tross geplündert wurde.
Wie kommst Du auf "geplündert"?
 

Das kommt aufs Gleiche raus.
Zitat "...Siegelkapseln nicht von einfachen Soldaten mitgeführt wurden, sondern zum Umfeld der Heeresleitung gehörten."
Versiegelt wurde also nicht beim Legionär. Diese Siegelkapseln lagen laut dem Wiki-Artikel häufig neben den Münzen. Also sind zumindest diese Münzen eher der Heeresleitung(Legion) zuzuordnen.

Wie kommst Du auf "geplündert"?

meinst Du im Zusammenhang mit der Caecina-Schlacht ?
Tacitus schreibt, daß die Soldaten Ihr Lager mit den Händen schanzen mussten, da das Schanzgerät mit dem Tross verloren wurde.

Gruss
jchatt
 
Das kommt aufs Gleiche raus.
Zitat "...Siegelkapseln nicht von einfachen Soldaten mitgeführt wurden, sondern zum Umfeld der Heeresleitung gehörten."
Versiegelt wurde also nicht beim Legionär.
Klar. Hat jemand etwas anderes behauptet?
Es ist ja noch nicht einmal feststellbar, ob überhaupt ein Geldbeutel "versiegelt" wurde.

meinst Du im Zusammenhang mit der Caecina-Schlacht ?
Ich meine im Zusammenhang mit den Kalkriese-Funden.
Wie kommst Du darauf, dass die gefundenen Münzen aus einer Plünderung stammen?
 
Es ist ja noch nicht einmal feststellbar, ob überhaupt ein Geldbeutel "versiegelt" wurde.
Was für das Argument, daß "Siegelfunde vergesellschaftet mit Münzen eher auf Geld der Legionskasse hindeuten" auch unerheblich ist.

Ich meine im Zusammenhang mit den Kalkriese-Funden.
Wie kommst Du darauf, dass die gefundenen Münzen aus einer Plünderung stammen?
So viel ich weiß gehen die Ausgräber davon aus, daß das gesamte Schlachtfeld geplündert wurde.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß eine derartige Menge Geld an dieser Stelle einfach verloren wurde, es wird daher eher durch Kampfhandlungen/Plünderungen bedingt in den Boden gelangt sein.

Gruß
jchatt
 
nochmal was anderes:
egal welche der überlieferten Schlachten nun im Fundgebiet Kalkriese stattgefunden hat, man geht ja davon aus, dass sich dort römische mit germanischen Truppen beharkten - dass man aber keine (oder kaum?) eindeutig den germanischen Truppen zuzuordnende Funde gemacht hat, ist höchst erstaunlich.
Deswegen nochmals die Frage: hat man germanische Hinterlassenschaften in Kalkriese gefunden oder nicht?
 
So viel ich weiß gehen die Ausgräber davon aus, daß das gesamte Schlachtfeld geplündert wurde.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß eine derartige Menge Geld an dieser Stelle einfach verloren wurde, es wird daher eher durch Kampfhandlungen/Plünderungen bedingt in den Boden gelangt sein.
Durch Kampfhandlungen bedingt: klar.
Aber durch Plünderungen? Wenn ich ein Schlachtfeld plündere, würde ich die Münzen mitnehmen und nicht im Boden verbuddeln.
 
Dekumatland, die germanische Funddichte ist niedriger als im gesamten freien Germanien, sogar im Gebiet bis zur Elbe. Und das ist merkwürdig. Da es damals noch keine Metalldetektoren gab, muss die Schlacht auf staubtrockenem, felsigen Boden stattgefunden haben, um alles Germanische besenrein auflesen zu können. Gruß
 
naja, am Harzhorn ist das Verhältnis römischer Fund/germanischer Fund 1400/4...
Also nicht ganz so dürftig, aber auch seltsam wenig.
Dabei muß man allerdins bedenken, das jeder Nagel und jede Münze gezählt wird.
Also ein geplatzter/teilweise erhaltener ,versiegelter Beutel mit z.B. 50 Münzen wäre ev. "53 Fundstücke"
 
naja, am Harzhorn ist das Verhältnis römischer Fund/germanischer Fund 1400/4...
Also nicht ganz so dürftig, aber auch seltsam wenig.
Dabei muß man allerdins bedenken, das jeder Nagel und jede Münze gezählt wird.
Also ein geplatzter/teilweise erhaltener ,versiegelter Beutel mit z.B. 50 Münzen wäre ev. "53 Fundstücke"

Die Zahl 1400 bezieht sich laut Wiki allein auf die römischen Schuhnägel. Da ist das Verhältnis 1400/0.
1400 römische Schuhnägel, kein einziger germanischer Schuhnagel.

In Kalkriese neben ich-weiß-nicht-wieviel-Tausend römischen Münzen keine einzige germanische Münze.
:grübel: :grübel: :grübel:
 
Wilfried, hilf mir bitte mal auf die Sprünge: 50 Münzen plus ein Beutel plus eine Siegelkapsel sind bei mir nur 52 Funde! Aber was meinte schon Otto zur Recycelmasse des Teebeutels: Altpapier, Altmetall, Altschnur... Nichts für ungut!
 
lol, okay, die Herstellung von Münzen und Schuhnägel war in Germanien nicht so verbreitet :))

Aber auch die dazugezählten anderen Fundstücke ergeben dann irgendwas von 1700-3100/4 und nicht
~6000 /2
 
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