Konfession, Antisemitismus und NS

Dieser angeblich starker Wind wurde aber im Laufe der Zeit ein Lüftchen, wie man das an der Annahme des Arienparagraphen durch die Landeskirchen sehen kann. Die Landeskirchen haben Pfarrer jüdische Abstammung entlassen, obwohl sie am Beispiel der katholischen Kirche, die das nicht getan hat, sehen konnten, dass man bei diesem Argument durchaus Widerstand leisten konnte.

Ich interpretiere das so: Die protestantischen Landeskirchen wollten in Punkto Arienparagraphen gar nicht Widerstand leisten, weil sie sich mit Luther, ihrem „Heiligen“, einig glaubten, Juden seien unser Unglück.*

Das ist der Kern des Ganzen, alles andere nur wortreicher Geplänkel, um diese Tatsache zu verschleiern.

* Um hier nicht wieder die schon geführte Diskussion zu führen: In Luthers Schrift “Von den Juden und ihren Lügen“ steht wörtlich – Zitat:

„Die Juden sind ein solch verzweifeltes, durchböstes, durchgiftetes Ding, dass sie 1400 Jahre unsere Plage, Pestilenz und alles Unglück gewesen sind und noch sind.“

Mann, was erzählst du denn da!

Fakt ist, Arierparagraphen haben nur wenige von DC geführte Gemeinden eingeführt, und die ruderten ganz schnell zurück, als sie auf massiven Protest stießen. In Kurhessen wurde das Thema Arierparagraph nie wieder auf die Tagessordnung gesetzt. und auch in der Reichskirche wurde das Thema stillschweigend ad Akta gelegt-das Thema war durch!

Dabei hatten die DC Ende 1933 die Mehrheit. Die sich dagegen stemmten, das waren auch keine Philosemiten, sicher auch keine Anti-Nazis. Aber wegen einer Grundsatzfrage, die gar keine praktische Bedeutung hatte- es gab nur ganz wenige "Judenchristen" und überhaupt keine jüdischen Pfarrer oder Kirchenvorstände, auf die das zutraf.

Dennoch war der Widerstand eben wegen dieser Grundsatzfrage ganz massiv. Die DC wagten gar nicht mehr, das Thema anzusprechen, weil sie wussten, es würde Ärger geben.
 
Dieser angeblich starker Wind wurde aber im Laufe der Zeit ein Lüftchen, wie man das an der Annahme des Arienparagraphen durch die Landeskirchen sehen kann. Die Landeskirchen haben Pfarrer jüdische Abstammung entlassen, obwohl sie am Beispiel der katholischen Kirche, die das nicht getan hat, sehen konnten, dass man bei diesem Argument durchaus Widerstand leisten konnte.

Der Vergleich trägt nicht, da (wie übrigens schonmal angemerkt) die katholische Kirche eine weltweit aggierende Organisation darstellte und entsprechende Möglichkeitsräume hatte, die den protestantischen Landeskirchen, die nur in Teilen Deutschlands aggieren konnnten, nicht offenstanden.

Die katholische Kirche hatte die Möglichkeit, ehemals jüdische Pfarrer, wenn das Pflaster in Deutschland zu heiß wurde, auf andere Posten im Ausland abzuberufen und damit Entlassungen zu umgehen und gleichzitig ihre Leute zu schützen.
In Frankreich (Elsass), Belgien (Eupen), Italien (Südtirol), Jugoslawien (deutschsprachige Siedlungsinseln/deutschsprachige Banater Gemeinden und Grenzgemeinden in Slowenien), in der deutschsprachigen Schweiz, in Österreich, in der CSR (Sudetengebiete/deutsche Gemeinde in Prag), in Ungarn (verbleibene deutschsprachige Siedlungsinseln, etwa um Pecs/Fünfkirchen im Südwesten, deutschsprachige Gemeinde in Budapest) und in Rumänien (Siebenbürger Sachsen), teilweise auch in Polen (Posen/Westpreußen), gab es einen Bedarf an deutschsprachigen katholischen Gemeindepfarrern, also entsprechenden Spielraum um ausweichen zu können.
Neben der Möglichkeit Personen zu ihrem Schutz nach Rom zu berufen.

Kommt hinzu: Insofern die katholische Kirche international aggierte, hätte ein "Arierpraragraph" in ihren Statuten natürlich nicht nur die Verhältnisse in Deutschland, sondern überall betroffen.
Heißt um das durchzuboxen hätte Berlin gegenüber der katholischenn Kirche eine Erpressungspolitik beginnen müssen, die garantiert in allen anderen katholischen Ländern, vor allem in Frankreich, Italien und auf der iberischen Halbinseln zu massiver Empörung geführt hätte.
Hitler hätte ziemlich dumm sein müssen, halb Süd- und Westeuropa durch eine offene Erpressungspolitik gegen die katholische Kirche gegen sich aufzubringen.

Die protestantischen Landeskirchen waren als regional aufgestellte Veranstaltungen in einer ganz anderen Position.
Sie konten weder Leute durch Versetzung ins Ausland vor den Nazis schützen, noch gab es außerhalb Deutschlands in größerem Maße Mitglieder (bis auf ein paar in den ehemals preußischen Gebieten), die als Pressure Groups ihre jeweiligen Regierungen Regierungenn unter Druck setzen konnten, sich einem Regime, dass ihre Kirchen anngriff gegenüber feindseelig zu zeigen.
Von dem her waren die protestantischen Kirchen nicht in dem Maße geschützt, wie es die Katholische war.

Ich interpretiere das so
Wie du "interpretierst" (wohl besser imaginierst) ist bekannt.
Das Problem mit deinen Imaginationen ist halt, dass sie grundsätzlich mit den historischen Tatsachen herzlich wenig zu tun haben.


Wenn man tatsächlich das Handeln der protestatischen Landeskirchen und der katholischen Kirche sinnvoll miteinander vergleichen möchte, müsste am Anfang erstmal ein Vergleich der jeweiligen kirchlichen Strukturen und Handlungsmöglichkeiten der Organisationen stehen.
Danach müsste sich die Frage anschließen, welche Spielräume sich aus diesen Strukturen dafür ergaben, entgegen dem Willen des Regimes zu aggieren oder auch ob es die Strukturen (weltweite Auswirkungen bei der katholischen Kirche) es überhaupt ermöglichten, den Wünschen des Regimes zu folgen.
Dann müsste die Frage kommen, inwiefern diese Spielräume genutzt wurden und am Ende müsste das Fazit stehen, wer gemessen an seinen Möglichkeitsräumen welches Maß an Widerstand leistete.
 
Mann, was erzählst du denn da!
Und du, was erzählst du denn da von Gemeinden, während ich von Landeskirchen spreche, die den Arienparagraphen nach und nach eingeführt haben?

Aber wegen einer Grundsatzfrage, die gar keine praktische Bedeutung hatte- es gab nur ganz wenige "Judenchristen" und überhaupt keine jüdischen Pfarrer oder Kirchenvorstände, auf die das zutraf.
Ah, jetzt verstehe ich dich: Weil es, wie du sagst, überhaupt keine jüdischen Pfarrer oder Kirchenvorstände gab, konnte man den Arienparagraphen ruhigen Gewissens einführen. :rolleyes:

Was wirst du noch aufführen im Bemühen, evangelische Kirche Deutschland reinzuwaschen? Und das, obwohl eben diese Kirche sich Ende 1945 selbst schuldig bekannt hatte – Zitat:

Die Deutsche Evangelische Kirche (DEK) hatte sich 1934 nicht am Verhältnis zum Nationalsozialismus gespalten. Fast alle späteren Unterzeichner der Stuttgarter Erklärung hatten Adolf Hitlers Kanzlerschaft begrüßt, zu fast allen Verfolgungs- und Terrormaßnahmen der Nationalsozialisten vor 1939 geschwiegen, die Eroberungskriege des NS-Regimes, beginnend mit dem Überfall auf Polen, unterstützt und nur in einigen die Kirche betreffenden Teilbereichen gegen Maßnahmen des Regimes Stellung bezogen. Dabei hatte auch die Bekennende Kirche (BK) ihre grundsätzliche Staatstreue ständig bekundet und mit Ergebenheitsadressen – bis hin zu einem freiwilligen Führereid der Pastoren 1937 – versucht, sich gegenüber den Deutschen Christen (DC) und staatlichen Dienststellen zu behaupten.
(…)
Kurz darauf schwiegen deren Bischöfe ausnahmslos zu den Novemberpogromen. Nur einzelne Christen wagten öffentlich Protest, noch weniger leisteten Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
 
Und du, was erzählst du denn da von Gemeinden, während ich von Landeskirchen spreche, die den Arienparagraphen nach und nach eingeführt haben?

Ah, jetzt verstehe ich dich: Weil es, wie du sagst, überhaupt keine jüdischen Pfarrer oder Kirchenvorstände gab, konnte man den Arienparagraphen ruhigen Gewissens einführen. :rolleyes:

Was wirst du noch aufführen im Bemühen, evangelische Kirche Deutschland reinzuwaschen? Und das, obwohl eben diese Kirche sich Ende 1945 selbst schuldig bekannt hatte – Zitat:

Die Deutsche Evangelische Kirche (DEK) hatte sich 1934 nicht am Verhältnis zum Nationalsozialismus gespalten. Fast alle späteren Unterzeichner der Stuttgarter Erklärung hatten Adolf Hitlers Kanzlerschaft begrüßt, zu fast allen Verfolgungs- und Terrormaßnahmen der Nationalsozialisten vor 1939 geschwiegen, die Eroberungskriege des NS-Regimes, beginnend mit dem Überfall auf Polen, unterstützt und nur in einigen die Kirche betreffenden Teilbereichen gegen Maßnahmen des Regimes Stellung bezogen. Dabei hatte auch die Bekennende Kirche (BK) ihre grundsätzliche Staatstreue ständig bekundet und mit Ergebenheitsadressen – bis hin zu einem freiwilligen Führereid der Pastoren 1937 – versucht, sich gegenüber den Deutschen Christen (DC) und staatlichen Dienststellen zu behaupten.
(…)
Kurz darauf schwiegen deren Bischöfe ausnahmslos zu den Novemberpogromen. Nur einzelne Christen wagten öffentlich Protest, noch weniger leisteten Widerstand gegen den Nationalsozialismus.


Bei meinem Versuch, die Kirche "reinzuwaschen, halte ich mich zumindest an historische Fakten.

Es ist die Bekennende Kirche nicht wegen grundsätzlicher Opposition zum NS mit den DC aneinander geraten. Es waren mit dem Arierparagraph aber grundlegende Lehren des Christentums berührt.
Es gab keineswegs viele "Judenchristen". Es waren im ganzen Reich knapp 100 Leute überhaupt betroffen.


Arierparagraphen sind nicht auch nicht nach und nach eingeführt worden. September 1933 hatte die Generalsynode der evangelischen Kirche der altpreußischen Union als erste den Arierparagraph eingeführt. Die DC waren damit vorgeprescht, und mehrere Landeskirchen die von DC dominiert waren, darunter Württemberg, Kurhessen Nassau, Sachsen, Schleswig Holstein und Braunschweig haben innerhalb von wenigen Monaten bis Ende 1933 Arierparagraphen erlassen.

Die Einführung des Arierparagraphen führte jedenfalls zur Gründung des Pfarrernotbundes und der BK.
Sie war der Aufhänger für den Beginn des sogenannten Kirchenkampfes.


Es hatten die DC durch vorgezogene Wahlen zahlreiche Landesskirchen erobert. Von den Machtverhältnissen in den Kirchenvorständen und Landeskirchen sprach alles dafür, dass sich das
ruhigen Gewissens
würde durchsetzen lassen. Wenn wie du suggerierst, die deutschen Protestanten durch Luther auf rassebiologische und eugenische Maßnahmen eingestimmt waren und seit 500 Jahren darauf warteten, über die Juden herzufallen Dann hätte das mit der Einführung des Ariernachweises ganz leicht und glatt gehen müssen.

Obwohl das praktisch kaum Bedeutung hatte, es waren gerade einmal knapp 100 Leute in ganz Deutschland betroffen, stieß das auf erheblichen Protest, da damit grundlegende Lehren des Christentums berührt waren. Die Einführung eines Arierparagraphen war mit dem NT nicht zu vereinbaren. Der von Martin Niemöller mitbegründete Pfarrernotbund unterschrieb eine Erklärung von Dietrich Bonhoeffer:

"Ich bezeuge, dass eine Verletzung des Bekenntnisstandes mit der Anwendung eines Arierparagraphen im Raum der Kirche Jesu Christi geschaffen wurde."

Tatsache ist, dass es wegen dieser Grundsatzfrage zur Gründung des Pfarrernotbundes und 1934 zur Gründung der Bekennenden Kirche kam. Obwohl in der Mehrheit, nahmen die DC Ende 1933 in Kurhessen ihren Vorschlag eines Arierparagraphen zurück, und auch in der Reichskirche wurde der Vorschlag ad Akta gelegt.


Es ist richtig, der Kirchenkampf entzündete sich nicht über prinzipielle Opposition zum NS. Staatliche Maßnahmen gegen Juden haben auch viele Mitglieder der BK für legitim, einige sogar für notwendig gehalten, aber grundlegende Positionen des Christentums aufzugeben, dazu waren dann deutsche Protestanten noch längst nicht bereit.


Kirchenkampf – Wikipedia

Arierparagraph – Wikipedia

Heinz Liebig (Hrsg) Die Marburger Theologen und der Arierparagraph in der Kirche Marburg 1977
Wolfgang Gerlach, Als die Zeugen schwiegen Die Bekennende Kirche und die Juden Berlin 1987
Katherina Stengel, Nationalsozialismus in der Schwalm 1930-1939 Seite 147- 172.



Ich würde es ja begrüßen, wenn sich Kritik am deutschen Protestantismus auf Kritikpunkte beschränkt, die zumindest eine sachliche Grundlage haben. Dann müsste man nicht ständig gegen kontrafaktische Anwürfe argumentieren.
 
Na bitte, dann sind wir uns ja einig – dein "aber" tut hier nichts zur Sache.


Mein "aber" hat noch eine Menge zur Sache beizutragen- ob es zur Kenntnis genommen wird ist eine andere Frage.

Es gab eine Menge, was deutsche Protestanten am NS faszinierte, es gab aber im Programm der NSDAP auch sehr viel Kirchenfeindliches.

Nordhessen vor allem der heutige Schwalm-Eder Kreis war mit wenigen Ausnahmen schon vor 1933 eine NSDAP-Hochburg. Die NSDAP war bereits vor 1933 stärkste Fraktion. Auch der Antisemitismus hatte lange Tradition. Bereits im Kaiserreich hatte Max Liebermann von Sonnenberg als Kandidat einer antisemitischen Partei satte Ergebnisse eingefahren.

Mit wenigen Ausnahmen, alten kurmainzischen Enklaven war Nordhessen stark protestantisch geprägt und zwar reformiert und nicht lutherisch. Die Kirche hatte noch starken Rückhalt, und viele Pastoren hatten den Aufstieg der Nazis sehr wohlwollend begleitest. In dem zitierten Buch von Katherina Stengel war ein Foto von Pastoren und Diakonen, die in SA-Uniform posieren.
Da gab es auch reichlich Antisemitismus. Ein schon Verstorbener erzählte einmal, dass ihm und einem Jugendfreund, die nach wie vor Kontakt zu jüdischen Kindern pflegten , von einem Pastor angedroht wurde, ihnen die Konfirmation zu verweigern wurde, wenn das nicht aufhörte!

Einige Pastoren, die sich mit den Nazis zu arrangieren versuchten, standen der BK nahe und wurden später von der Gestapo überwacht. Die Novemberpogrome in Nordhessen waren fürchterlich. Es war ein Probelauf, und in Nordhessen schlug man schon zwei Tage früher los. In meinem Heimatort und dem Nachbarort sind die Ereignisse gut erforscht.

Ein Tierarzt, der in den 1920er Jahren eine Maul- und Klauenseuche eindämmen konnte, überlebte den Holocaust, kehrte nach Deutschland zurück und brachte einige der Täter vor den Kadi (Der Prozess endete mit einem Vergleich.

Bei den Novemberpogromen in Kurhessen wurde von Seiten der Kirche nur ganz allgemein Vandalismus beklagt. Es blieb aber nicht bei eingeschlagenen Fensterscheiben. Im Altkreis Ziegenhain, heute Schwalm-Eder-Kreis kam es auch zum ersten Mord und zu einer Vergewaltigung. Dazu war kein Wort zu hören von kirchlichen Kreisen. Ein Beamter, der der BK nahe stand, schritt aber gegen die Plünderungen ein, erstattete Strafanzeige und strengte auch erste Ermittlungen wegen dem Mord an. Der wurde nie aufgeklärt, obwohl es Verdächtige gab. Der Beamte wurde nach Schlesien strafversetzt.

Es konnte in Nordhessen keine Rede davon sein, dass es eine breite Opposition gegen das NS-Regime gab. Die NSDAP war vielerorts schon vor 1933 stärkste Fraktion gewesen. Es gab zu Teilen der NS-Ideologie durchaus große Zustimmung.

Mit wem und wie sie ihren Viehhandel treiben, wie sie ihre Feste feierten und wie sie ihre Kirche organisierten- das wollten sie sich aber nicht von der NSDAP vorschreiben lassen, und da zeigte sich auch recht deutlich, dass die Gleichung protestantisch= Nazi= 100 % ige Übereinststimmung zu allen Maßnahmen des NS-Regimes so nicht zutrifft.

Antisemitismus war weit verbreitet, er war kein Randphänomen, er war stets in der Mitte der Gesellschaft verortet gewesen. Es gab in ganz Europa bekennende Antisemiten, und es deckte der Antisemitismus ein außerordentlich breites Spektrum von Positionen ab. Das reichte von Antipathien und Ablehnung der gesellschaftlichen Gleichstellung der Juden bis zu fanatischem Hass, und die Vorschläge zur Lösung der "Judenfrage" fielen bei Antisemiten auch sehr unterschiedlich aus. Der Satz "Die Juden sind unser Unglück" geht auf Heinrich von Treitschke zurück. Treitschkse wurde von den Nazis als Bruder im Geiste vereinnahmt, für Treitschke war das "Judenproblem" ein sozial kulturelles, für Luther ein theologisches und für die Nazis lediglich eines der Schädlingsbekämpfung.
 
Mal was anderes zum Thema "Konfssion, Antisemitismus und NS" :

Wir haben uns hier bislang sehr stark auf die deutschen Verhältnisse bezogen, möglicherweise wäre es allerdings vor dem Hintergrund, dass es die NSDAP nicht nur im Deutschen Reich, sondern auch im Freistaat Danzig und in Österreich gab, sich auch damit einmal näher zu beschäfftigen.

Dazu vielleicht mal ein villeicht nicht ganz uninteressantes Zitat aus dem Wiki-Artikel zum Thema NSDAP in Österreich:

"Spätestens in der ersten Jahreshälfte 1933 avancierte die österreichische NSDAP zur dominanten Organisation der politischen Rechten. Im Jänner 1933 hatte sie 43.129 Mitglieder, ein halbes Jahr später bereits 68.465. Ergebnisse von Gemeinderatswahlen wie jener von Innsbruck am 24. April 1933, wo die NSDAP-Hitlerbewegung über 41 Prozent der Stimmen erzielte, signalisierten weiteres Wachstum der Bewegung in den Städten."

Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei Österreichs – Hitlerbewegung – Wikipedia

Insofern die Geschichte der Republik Österreich etwas anders verlief als diejenige Deutschlands, und es 1934 zur Diktatur unter Ausschluss der Nazis und zum Verbot der NSDAP kam, gibt es nach 1930 keine landesweiten Wahlergebnisse zum Nationalrat mehr und ab 1933 auch keine Wahlergebnisse in den jeweiligen Ländern mehr, an Hand derer man genau nachvollziehen könnte, wie sich die Popularität des Nationalsozialismus im katholischen Österreich entwickelte.
Folgt man dem Artikel scheint allerdings ab 1932 also etwas zeitversetzt in Österreich eine ähnliche Tendenz eingesetzt zu haben, wie in Deutschland ab 1930, insofern die NSDAP in Österreich mindestens bei den Landtagswahlen in Wien, Niederösterreich und Salzburg gegenüber den Nationalratswahlen 1930 schlagartig den Sprung von einer unbedeutenden Splitterpartei zu einer immerhin durchaus bedeutsamen politischen Kraft geschafft zu haben scheint

Inwiefern das Ergebnis der Gemeinderatswahl in Innsbruck von 1933 ein isoliertes Einzelereignis darstellt oder für einen allgemeinen Trend steht, kann ich nicht beurteilen, ich kann mir vorstellen dass die Dinge in Tirol relativ massiv von der Südtirol-Problematik beeinflusst waren und hier bei Wahlergebnissen ähnlich wie vielleicht in Ostpreußen, was Deutschland betrifft regionale Spezifika eine starke Rolle spielten und dass auf Grund der Teilung der Provinz nach dem 1. Weltkrieg und vor dem Hintergrund der Probleme der deutschsprachigen Südtiroler in Mussolinis Italien, die nationalistische Komponente hier stärker wirkte, als anderswo.

Hier wäre meine Frage, ob sich jemand etwas näher mit den Verhältnissen in Österreich auskennt und ob es außerhalb Tirols, dem man vielleicht eine gesonderte Situation zubilligen kann und möglichst auch außerhalb der Steiermark (Problematik Maribor/Marburg), wo ähnliches gelten mag, auf regionaler Ebene vergleichbare Wahlergebisse gab, die eine entsprechend rasanten Aufwärtstrend der NSDAP bestätigen würden.
 
Ad Situation in Österreich:
Schwierig.

1. Österreich ist bis heute innerchristlich-konfessionell (wenn man das so flapsig sagen darf) ein dominant katholisches Land. Wenn man sich mit den heutigen Zahlen begnügt (in der Schnelle keine historischen Daten gefunden), dann kommen auf einen Evangelischen/Protestanten rund 18 - 19 Katholiken. Zwar existieren regionale Zentren (z.B. Teile des Burgenlands), aber meist sind die Anteile so gering daß sie auf aggregierter Ebene (Land, Bund) kaum nennenswerte Unterschiede machen. Ob also österreichische Evangelische/Protestanten eine von den Katholiken unterschiedliche Neigung zum Nationalsozialismus hatten, läßt sich besstenfalls auf regionaler Ebene (Gemeindewahlen) und das auch nur wahrscheinlich tendenziell feststellen.
2. Eine Radikalisierung des politischen Diskurses hat - ebenso wie in Deutschland - auch in Österreich - befeuert durch die ökonomischen Probleme in der "Großen Depression - stattgefunden. Davon hat - ab 1930 - auch die NSDAP in österreichischen Wahlen profitiert. Inwieweit ihre Wahl-Erfolge allerdings die Erscließung neuer Wählerschichten bedeuten, bleibt fraglich. Sieht man sich die entsprechenden Wahlergebnisse auf Wikipedia an, scheint es so, als hätten sie sich vorerst vorwiegend der Stimmen des vormaligen "Großdeutschen Lagers" bemächtigt (da dieses in den 20er Jahren häufig in Wahlbündnissen mit anderen Parteien antrat, ist eine konkrete Einschätzung erschwert) und dieses ersetzt.
Angesichts des Verbotes der NSDAP 33 und des Abdriftens der österreichischen Demokratie in einen klerikalfaschischen Ständestaat sind weitere Wahlergebnisse dann ja verhindert worden und stehen auch für unsere heutige "Analyse" nicht mehr zur Verfügung.
 
In Kastilien und Aragon gab es somit Anfang des 15. Jh. 3 Kategorien von Juden, sofern sie nicht emigriert waren, eine Aufstellung insbesondere von dem Franziskaner Alfonso de Spina:
  1. die öffentlichen Juden (bis 1492 als Religionsgemeinschaft immer noch erlaubt)
  2. conversos, die aber im Herzen jüdisch blieben. Sie waren der Ursprung des Marranentums, nach Poliakov. Sie konnten sogar Erlaubnisscheine zum „Judaisieren“ erwerben (!), was ein Teil des Ablasshandels war.
  3. überzeugte conversos. Aber auch ihnen wurde misstraut
Hieronyms Münzer schreibt in seinem Reisebericht (über seinen Aufenthalt in Alicante ("Alakant") oder Valencia, 1494):

Et Marrani, id est ficti Christiani, intus Judei, suas ibi habebant sepulturas. Et mortuo uni Marrano omnis ad religionem christianam fieri fingebant cum magna processione et cooperto funere pannis aureis, ante funus ymaginem Sancti Cristoferi auream ferentes; sed occulte mortuorum corpora lavabant et iuxta suas cerimonias sepeliebant. Re autem cognita et multis Marranis igne consumptis, hec ecclesia in monasterium conversa est et a Regina et aliis bonis hominibus bene donatum.​
Non multum ab hac capella est monasterium feminarum predicatorum; et maxima fabrica cum pulcer|imis ortulis et circuitibus. Cui adiuncta est quedam maxima capella, quam Regina nunc regens Elizabetha construi magnifice fecit. Et est magna et omnes parietes a basi usque ad tectum sunt cooperte vestibus Marranorum, que fecerunt penitenciam. Et etiam illorum qui combusti sunt, quorum maximus est numerus. Et in unaquaque veste nomen Marrani scriptum est. Credo quod ultra mille fuerint. Sileo de illis, qui continuo occulto auferuntur. Et illis diebus, dum essemus Valencie, erant in vinculus ultra 50 persone quas omnes statuerunt in 14 diebus igne absumere.​
Zusammengefasst/paraphrasiert: Die Marranen sind Leute, die so tun, als seien sie Christen aber im Innern sind sie weiterhin Juden und wenn jemand aus ihrer Gemeinschaft stirbt, so tun sie so, als würden sie ihm ein christliches Begräbnis bereiten, aber tatsächlich bereiten sie ihm ein jüdisches Begräbnis. Seitdem das aber bekannt geworden ist, wurden viele Marranen verbrannt und diese Kirche wurde in ein Kloster umgewandelt. Nicht weit davon ist ein Klarissen(?)kloster mit schönen Gärten und Wandelpfaden(? circuitibus), welches die Königin Isabell hat bauen lassen. Neben diesem Kloster ist eine besonders große Kirche, und alle ihre Wände sind vom Boden bis zur Decke mit den Gewändern der Marranen bedeckt, welche Buße getan habe. Und auch mit denen, welche verbrannt wurden, diese sind größer in der Zahl. Und auf jedem Gewand ist der Name des Marranen geschrieben. Münzer glaubt (credo), dass es über 1000 (ultra mille) gewesen seien. Rätselhaft ist der Satz Sileo de illis, qui continuo occulto auferuntur - ich schweige von denen, welche ständig heimlich weggebracht werden. In jenen Tagen, als Münzer und seine Gefährten Valencia waren, lagen 50 Personen in Ketten, deren Autodafe nach 14 Tagen angesetzt war.
 
Bei Münzer finden sich aber auch schon antisemitische Klischees, wie sie bis heute zirkulieren:

Marrani sunt Judei batisati, etiam ex parentibus baptizatis et publice legem cristianam confitentes et occulte ad ritum Judeorum viventes. [...] Dum autem Judei et Marrani quasi super universum regnum HIspanie dominarentur et quasiomnia officia meliora haberent et Christanos gravarent.... [...] Qui modico tempore omnibus regnis eorum plusqum centum milia domos Judeorum expulit et plures Marranos igne absumperunt. Longum esset de ea re scribere.​
 
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