Konstruktionslinien, Centuriation/Limitation, etc.

Über diese Frage sinniere ich immer noch; es ist mir nicht ganz klar, was er mit dem "wozu" meint.
  • Wozu sollte es nutzen, ein neu erobertes Land zu vermessen...

Die Diskussion läuft wieder mal im Kreis.

Es steht völlig außer Frage, dass die Römer gerade Straßen gebaut haben und dass sie vorhandene Straßen nutzten, um neue Siedlungen anzulegen. Es steht ebenso außer Frage, dass es sinnvoll ist, Land zu parzellieren und zwar von der Straße ausgehend.
...
Und jetzt stelle ich mir die Frage, warum du ernsthaft zu glauben scheinst, dass ein Amphiteather in Vindonassa absichtlich auf derselben Linie errichtet worden sein soll, wie der Decumanus von Petinesca, 80 km entfernt, 100 km Wegstrecke. Zu welchem Zweck hätten die Römer so etwas Sinnloses machen sollen?

Divico hat entlang der von ihm "entdeckten" Linien bislang keine Straße, keine Parzellen oder sonst etwas Sinnvolles nachgewiesen. Falls die Alemannen, Römer, Kelten oder Norben solche Ideallinien gezogen haben sollten, hatten diese keinen erkennbaren praktischen Zweck. Linien, die durch Amphitheater laufen, taugen weder als Straße noch als Grundstücksgrenze.
 
Divico hat entlang der von ihm "entdeckten" Linien bislang keine Straße, keine Parzellen oder sonst etwas Sinnvolles nachgewiesen.
Das muss er auch nicht, da längst bekannt ist, wo in etwa die wichtigsten Römerrouten in der Schweiz verliefen. Und ich bitte Dich: Parzellen zählen? Geht's noch? Ich bin noch berufstätig. ;)
Falls die Alemannen, Römer, Kelten oder Norben solche Ideallinien gezogen haben sollten, hatten diese keinen erkennbaren praktischen Zweck. Linien, die durch Amphitheater laufen, taugen weder als Straße noch als Grundstücksgrenze.
Als das Amphitheater gebaut wurde war ohnehin längst klar, dass es niemals einen Straßenneubau als Directissima geben würde; das wäre für Fuhrwerke einfach zu steil gewesen. Warum also nicht das Amphitheater symbolisch auf diese wichtige Linie setzen? Der Blick aus dem Amphitheater von Windisch nach Südwesten war auch ein Blick in Richtung Lyon, woher einige der Legionen und, nebenbei, auch Drusus und Tiberius kamen.
 
Handelte es sich um Villae, gäbe ich Dir Recht. Es sind aber im fraglichen Gebiet die prominentesten der wichtigen (gallo-)römischen Orte, resp. Stützpunkte — was man schon daran erkennt, dass mit Ausnahme von Olten von allen genannten Orten der antike Name aus Schriftquellen überliefert ist.
Das ist mal wieder eine willkürliche Auswahl. Es fehlen zahlreiche Orte mit überlieferten Namen wie Arialbinnum, Tenedo, Aquae Helveticae, Ad Fines, Turicum...
Wenn ich diese (plus die von Dir genannten Vindonissa, Augusta Raurica, Salodurum) miteinander verbinde, kommt folgendes "Muster" heraus:

upload_2018-12-7_22-28-46.png

(Karte: Die Schweiz in römischer Zeit – Wikipedia )

Das muss er auch nicht, da längst bekannt ist, wo in etwa die wichtigsten Römerrouten in der Schweiz verliefen.
Das Grüne sind übrigens die wichtigsten Römerrouten. Blöderweise verläuft keine einzige genau auf dem imaginären "Decumanus maximus"...

Warum also nicht das Amphitheater symbolisch auf diese wichtige Linie setzen?

Die Frage lautet doch:
Warum soll man ein Amphitheater überhaupt auf eine beliebige unsichtbare Linie setzen? Warum setzt man es nicht einfach dahin, wo Platz ist und der Baugrund geeignet ist?
 
Super, jetzt wird endlich einmal mitgedacht! Und was schließen wir daraus, dass an vielen dieser Orte nachgewiesen bereits keltische Oppidia existierten?

Soll das heißen, dass auch schon die Kelten (und vor denen vielleicht auch schon die Menschen der Bronze- und noch früher die der Jungsteinzeit?) ihr Land in Raster eingeteilt haben? Ich wiederhole mich nur ungern, aber: Wozu? Damit jeder Bauer seine gleichgroße Parzelle erhielt? Ich verstehe den Sinn hinter dieser angeblich stattgefundenen großflächigen Partitionierung der Landschaft nicht.
 
Und ich bitte Dich: Parzellen zählen? Geht's noch?

Wenn man nachweisen will, dass die postulierten Linien der Parzellierung dienten, bleibt einem nichts übrig, als Beweismaterial in Form von Straßenverläufen und Parzellen zu sammeln. Mit Hirngespinsten, die lediglich auf Hirngespinsten aufbauen, ist nichts gewonnen.

Ich wärme noch mal einen alten Beitrag von mir auf.

"alter Herzog veröffentlichte seine "Entdeckung des Decumanus maximus" Petinesca-Vindonissa 1944:

"Ich suchte die Grundlinie, den Decumanus maximus, indem ich die beiden Castra Olten und Solothurn miteinander verband. Das Erstaunliche dabei ist, dass diese Linie sich einesteils nach Petinesca bei Biel, andrerseits nach Vindonissa fortsetzen lässt."
Der Schlusssatz lautet dann allerdings:
"So hat auch dieser Versuch noch eine Menge von 'Schönheitsfehlern'. die wohl einmal ausgemerzt werden. Möge er zu dieser Arbeit anregen, bis die Lösung, so gut es irgend möglich ist, gefunden ist."

Der Mathematiker Hans Stohler ging dieser Idee 1945 nach, wies allerdings auf die Bedeutung des Zufalls hin:

"Zweifellos spielen bei der außerordentlichen Geradlinigkeit der Achse Petinesca-Solothurn-Olten das Gelände und der Zufall erheblich mit."

Um tatsächlich Spuren einer römischen Limitation nachzuweisen, fehlten laut Stohler die Belege. Wie Herzog hoffte er, dass diese noch irgendwann nachgeliefert würden:

"Für die Erforschung und die Aufzeichnung der römischen Vermessungen in der Schweiz fehlen uns vornehmlich die gesicherten Unterlagen im Gelände."

Die Versuche, diesem Mangel abzuhelfen, lieferten äußerst bescheidene Ergebnisse. 1960 bemühte sich Hans Kaufmann, Limitationslinien um Solothurn aufzuspüren:

"Im dargestellten Gebiet tritt der Decumanus maximus nicht hervor, was nicht weiter verwunderlich ist, quert er doch östlich von Solothurn viermal die Aare."

(Verwunderlich finde ich, dass Kaufmann die Frage nicht gestellt hat, was die Römer überhaupt geritten haben mag, den "Decumanus maximus" so bescheuert zu legen, dass er viermal die Aare überquert.)

Kaufmann zieht die Bilanz:
"Das Netz, das der römische Geist vor 2000 Jahren über unsere Heimat gelegt hat, ist mit diesem Versuch noch lange nicht hinreichend erfasst."

Der Mangel an "beweiskräftigen wissenschaftlichen Arbeiten" wird noch 1991 von Erich Schenker beklagt.

So viel zum angeblichen "Decumanus maximus Petinesca-Vindonissa", die m. W. überhaupt nicht ernsthaft diskutiert wird.



Andere Rekonstruktionsversuche, an denen seit Jahrzehnten mit widersprüchlichen und umstrittenen Ergebnissen gebastelt wird, werden immerhin in der Fachwissenschaft diskutiert. Im Historischen Lexikon der Schweiz ist darüber zu lesen:

"Versch. Autoren haben Limitationsnetze um die Colonia Iulia Equestris sowie um Aventicum und Augusta Raurica rekonstruiert. Gemäss Georges Grosjean seien im Mittelland zwischen Lausanne und Solothurn z.B. zwei grossräumige Hauptnetze und mehrere Lokallimitationen zu unterscheiden, die sich z.T. überlagern. Nathalie Pichard und Marie Andres-Colombo haben ein Hauptnetz nördlich des Genfersees rekonstruiert, das sich von Genf bis nach Echallens ausdehne und sich mit fünf kleineren Netzen überschneide.
...
Dieses Verfahren zeitigt in vielen Gebieten des röm. Reichs (Poebene, Südfrankreich, Tunesien) annehmbare Resultate, weil sich dort die Limitationen noch zu grossen Teilen im modernen Landschaftsbild abzeichnen. Im Schweizer Mittelland beruhen dagegen die vorgeschlagenen Netze auf wenigen Linienzügen, die zudem kaum überprüfbar sind, weil sie in kleinmassstabigen Karten selektiv präsentiert werden.
...
Problematisch erscheint überdies die Annahme, dass gewisse Gebiete mehrfach limitiert worden seien, weil die rekonstruierten Netze sich überschneiden.
...
Überblickt man die Diskussion, so ist gegenüber den Rekonstruktionsversuchen, die wenige Linienzüge in grossräumige Katastersysteme einpassen, Skepsis angezeigt."

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS) - Schweizer Geschichte
 
Soll das heißen, dass auch schon die Kelten (und vor denen vielleicht auch schon die Menschen der Bronze- und noch früher die der Jungsteinzeit?) ihr Land in Raster eingeteilt haben? Ich wiederhole mich nur ungern, aber: Wozu?

Es ist halt so: Wenn man den Römern ein Vermessungsverfahren unterstellt, die zahlreichen archäologischen und quellenmäßigen Hinweise aber zeigen, dass nichts dergleichen zu belegen ist, dann schiebt man es eben den Kelten in die Schuhe. Da stören dann keine Quellen. Aber grundsätzlich spricht ja nichts dagegen, auch Neandertaler-Fundstätten mit Linien zu verbinden und rechte Winkel zu suchen:

upload_2018-12-7_23-27-10.png

https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/b/b1/Map_of_classic_Neandertal_fossil_sites.jpg


...und sicher sind einige davon älter, also gar nicht von den Römern erbaut - - und auch die passen sich den späteren römischen Ideallinien an, integrieren sich gehorsam - hier scheinen wir den Bereich des Wunders zu betreten!
Andererseits passen sich auch Berge wie der Pilatus und Orte, die erst seit dem Mittelalter nachweisbar sind, sich den "Ideallinien" an. Da sollten sich auch einige der Neandertaler-Fundstätten zwanglos integrieren lassen.



Super, jetzt wird endlich einmal mitgedacht! Und was schließen wir daraus, dass an vielen dieser Orte nachgewiesen bereits keltische Oppidia existierten?

Die Dinger heißen Oppida.
 
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Als das Amphitheater gebaut wurde war ohnehin längst klar, dass es niemals einen Straßenneubau als Directissima geben würde; das wäre für Fuhrwerke einfach zu steil gewesen. Warum also nicht das Amphitheater symbolisch auf diese wichtige Linie setzen? Der Blick aus dem Amphitheater von Windisch nach Südwesten war auch ein Blick in Richtung Lyon, woher einige der Legionen und, nebenbei, auch Drusus und Tiberius kamen.

Wenn also die Erkenntnis gewonnen ward, dass aufgrund topographischer Unzulänglichkeiten hinsichtlich der Verwirklichung einer fuhrwerkstauglichen Directissima ein Schwenk zur linientreuen Symbolik als sinnstiftender erschienen sein soll, warum dann nicht den symbolisch größten Wurf wagen? Mir würde da eine an Flussschleifen des Tiberis gelegene Siedlung einfallen, woher auch so manch Legion wie auch wichtige Person gestammt haben soll...
Aber vermutlich war ein gen Alpenhauptkamm gerichteter Blick selbst für Symbolik dann doch etwas zu “steil“...
 
Jetzt habe ich auch noch was Tolles entdeckt:
Wenn man vom Oppidum Dünsberg eine Linie zum antiken Ort Tarvisium zieht, geht diese Linie genau durch einen weiteren Dünsberg, auf dem zwar (bisher noch) kein Oppidum entdeckt wurde. Aber jetzt kommt das Frappierende: Von hier aus geht es in rechtem Winkel direkt bis zum antiken Ort Viviscum am Genfer See!
 

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In Österreich gibt es auch noch ein Düns samt Dünserberg. Von dort aus kann man eine Linie zum Oppidum Dünsberg ziehen, die schneidet das Donautal direkt unterhalb der Heuneburg, einer der bedeutendsten keltischen Siedlungen.

EDIT:
Zusammen mit der Linie Bremgarten (Aarau) und Bremgarten (Baden) sowie dem "Decumanus maximus" ergibt sich ein ganz schön ausgefuchstes Vermessungssystem. Hier mal der provisorische Forschungsstand:
 

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Wenn man irgendwelche Punkte auf der Landkarte verbindet, kommen rechte Winkel auch bei natürlichen Formationen in riesiger Anzahl vor. Ich habe mal auf einem zufälligen Kartenausschnitt irgendwelche Alpengipfel miteinander verbunden und bin sofort fündig geworden:

Ich hätte dazu eine Frage: Es muss für die Römer doch sehr aufwändig gewesen sein, die Alpengipfel derart rechtwinklig auszurichten. Es mussten dafür unfassbare Mengen an Gestein und Erdreich bewegt werden.
Haben sie dieses alleine bewältigt oder haben sie dafür die überlegene norbische Technologie verwendet?
 
Ich hätte dazu eine Frage: Es muss für die Römer doch sehr aufwändig gewesen sein, die Alpengipfel derart rechtwinklig auszurichten. Es mussten dafür unfassbare Mengen an Gestein und Erdreich bewegt werden.
Haben sie dieses alleine bewältigt oder haben sie dafür die überlegene norbische Technologie verwendet?

Pff, die hatten Hilfe von den gleichen Außerirdischen, die auch die ägyptischen Pyramiden erbauten und wegen denen die Nazca-Linien in das Hochland von Peru gescharrt wurden. Damit haben wir dann auch die Verbindung zu den geraden und rechtwinklig verlaufenden Linien der Kelten und Römer in den Alpen. o_O
 
—"Dann nehmen wir ein paar spitze, ein paar flache, und ein Paket Kies!"

Das ist mal wieder eine willkürliche Auswahl. Es fehlen zahlreiche Orte mit überlieferten Namen wie Arialbinnum, Tenedo, Aquae Helveticae, Ad Fines, Turicum...
Arialbinnum ist überhaupt nicht sicher lokalisiert, Tenedo liegt an der hier nicht behandelten Strecke von Vindonissa über Iuliomagus und Brigobannis nach Rottweil, Aquae ist ein Erholungsort, und Ad Fines liegt wieder an einer anderen Strecke an der Grenze zu Rätien, wo nebenbei weder Tiguriner noch Rauriker lebten.

Lenzburg war das (religiös-)kulturelle Zentrum der Region, mit einem Theater, das 4000 Menschen fasste – bei einer geschätzten Bevölkerung von 500; es ist keine Militärpräsenz nachgewiesen.

Turicum: Ziehe eine Linie von Vindonissa (Windisch) nach Magia (Maienfeld) an der überaus wichtigen Kreuzung mit der Alpenrheinstraße von Bregenz nach Chur, und stelle fest, dass diese exakt durch das gallo-römische Turicum lief! Die Straße dorthin folgt natürlich wieder dem Gelände: erst nördlich des Zürichsees, dann südlich des Walensees — der übrigens so heißt, weil hier noch im Mittelalter "Welsche", also (Räto-)Romanen lebten.
Das Grüne sind übrigens die wichtigsten Römerrouten. Blöderweise verläuft keine einzige genau auf dem imaginären "Decumanus maximus"...

Keine Straße in der Schweiz verläuft immer auf diesen angenommenen Ideallinien, das ist richtig, und das ist dem Gelände geschuldet, das hier nun einmal anders aussieht als am Niederrhein. Und so schlängelte sich die reale Straße um die Ideallinie herum, im flachen Seeland bei Petinesca (Studen) natürlich näher am Ideal als etwa oberhalb und unterhalb von Olten bis nach Windisch:

helv_dec-seeland.jpg

Die Frage lautet doch:
Warum soll man ein Amphitheater überhaupt auf eine beliebige unsichtbare Linie setzen? Warum setzt man es nicht einfach dahin, wo Platz ist und der Baugrund geeignet ist?

Rezentes Denken dürfte hier nicht hilfreich sein. Warum hat man den Pharao nicht einfach verbrannt, seine Asche feierlich dem Nil übergeben und dann monatelang den ganzen Tag Dünnbier getrunken ohne einen Finger krumm zu machen?
 
Zuletzt bearbeitet:
Rezentes Denken dürfte hier nicht hilfreich sein. Warum hat man den Pharao nicht einfach verbrannt, seine Asche feierlich dem Nil übergeben und dann monatelang den ganzen Tag Dünnbier getrunken ohne einen Finger krumm zu machen?

Nun ja, rezent kreierte Linien einerseits mit allerlei Schnipseln über Zeiten und Räume hinweg begründen zu wollen, andererseits dann Anregungen, (hier jüngst Sepiola) entlang der gedachten Limitationen/Centurationen konsequent nach Zeugnissen zu suchen um die gedachten Linien besser begründen zu können (oder aber verwerfen zu müssen), mittels zwinkerndem Argument “Zeitmangel wegen Berufstätigkeit“ vom Tisch zu wischen, das wirkt auf mich auch nicht wirklich hilfreich.
Auf diese Weise passt halt ein Amphitheater auf eine keltisch-römische Linie, während anderes
(...)Aquae ist ein Erholungsort, (...)
eben zwangsläufig ausscheiden muss.
Ich mach mir jetzt mit gekrümmten Fingern erst mal ein Dünnbier auf! ;)
 
Andererseits passen sich auch Berge wie der Pilatus und Orte, die erst seit dem Mittelalter nachweisbar sind, sich den "Ideallinien" an.

Dass der weithin sichtbare Pilatus genau in der Fortführung der rechtwinklig zum Decumanus liegenden Achse Augst—Olten liegt schien mir erwähnenswert — ist aber nur ein interessantes Sahnetörtchen, das ich Dir gerne schenke.

Der einzige erst im Mittelalter nachgewiesene Ort ist Bremgarten AG in der Reussschleife. Dazu sollte ich vielleicht kurz rückwärts und grundsätzlich ausholen:

Vor wenigen Tagen postete @jchatt einen Link, der mich dazu bewog, von der Linie zwischen den beiden schweizerischen Bremgarten zu berichten, die auffallend parallel mit dem angenommenen Aare-Decumanus verläuft. Du wirst Dich erinnern: ich schrieb etwas frech, Bremgarten sei kein ursprünglich germanischer Ortsname, zugegeben mehr auf ein Gefühl gestützt.

Aber was dann? Was kann auf Deutsch "Garten" werden, das zuvor Latein gewesen war? Es dauerte einige Stunden, bis ich auf "Cardo" kam — der Begriff mit dem die Römer bekanntlich die im rechten Winkel zum Decumanus stehenden Linien bezeichneten, der aber auch Türangel oder Wendepunkt bedeuten kann.

Wofür könnte dann "Brem" gestanden haben? Primus? "Erste Querlinie?" — Primo Cardo = Bremgarten?!

Auf dieser Idee aufbauend habe ich dann die Kartendaten neu betrachtet, und fand dabei überrascht heraus, dass die beiden Bremgarten exakt jeweils im 90°-Winkel zum Aaredecumanus von Petinesca, resp. von Vindonissa abzweigen. Welche bessere Bestätigung für eine Vermutung könnte es geben?

Zwei Orte, denen Cardo als ursprünglicher Garten unterstellt wurde, liegen exakt an den gedachten Cardi von Petinesca und Vindonissa!

Und es kommt noch besser: Da es sich jeweils um die Anfangs- bzw. Endpunkte des Aare-Decumanus handelt, ergibt auch der erste Wortbestandteil absolut Sinn: es handelt sich jeweils um den ersten Cardo, den Primo Cardo, aus dem dann die einwandernden Germanen irgendwann ein ihnen verständliches Bremgarten machten.—

Dann bitte weitermachen. (Ich hoffe, es ist kein Weibsvolk anwesend.)
 
andererseits dann Anregungen, (hier jüngst Sepiola) entlang der gedachten Limitationen/Centurationen konsequent nach Zeugnissen zu suchen um die gedachten Linien besser begründen zu können (oder aber verwerfen zu müssen), mittels zwinkerndem Argument “Zeitmangel wegen Berufstätigkeit“ vom Tisch zu wischen, das wirkt auf mich auch nicht wirklich hilfreich.

Was ich damit sagen wollte: Es wäre eine Arbeit für gelangweilte Pensionäre, die Flurgrenzen nur entlang der Aare statistisch auszuwerten. Ich halte davon nicht all zuviel, weil hier oft die Flurgrenzen eher vom Gelände abhängen und alemannische Bauern manchmal nicht ganz so konservativ sind, wie man ihnen zuweilen nachsagt.

Gleichwohl gibt es Beispiele, die aber zugegeben nicht sehr beweiskräftig sind:
dec_pet-vin.jpg
Ich mach mir jetzt mit gekrümmten Fingern erst mal ein Dünnbier auf! ;)
Prosit!
 
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Was ich damit sagen wollte: Es wäre eine Arbeit für gelangweilte Pensionäre, die Flurgrenzen nur entlang der Aare statistisch auszuwerten.Ich halte davon auch nicht all zuviel, weil hier die Flurgrenzen eher vom Gelände abhängen.

Ich vermute mal, dass gemeinhin anerkannt vorliegende Erkentnisse über nachweisbare Limitation und Centuriation im Römischen Reich nur sehr bedingt auf der Langeweile entsprungenen Einsatzwillen von Pensionären zurückzuführen sein dürften - ich wähne da unbändige Fleißarbeiten bis hin zu einzelnen Gebäuden und Fluren.


Merci! Bin schon beim zweiten... Starkbier! :D
 
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