Lage der Pontes Longi

Also ich sehe nirgends, dass die Datierung von Kalkriese "auf der Kippe" steht. Nach wie vor bleibt der Tatsachensachverhalt, dass in Kalkriese Jahre nach dem dortigen Ereignis Menschen bestattet wurden, die beim nämlichen Ereignis ums Lebens kamen und der Münzhorizont auf 2 n. Chr. datiert ist, wohingegen jede Fundstelle mit einer entsprechenden Anzahl von Münzen, die nach 14 zu datieren ist, auch einen entsprechenden Anteil von Münzen (tpq 10) haben müsste. Der fehlt in Kalkriese.
Bevor nicht die Dissertation zu den metallurgischen Untersuchungen veröffentlicht ist, und diese tatsächlich geeignet ist, einen Fingerabdruck der fraglichen Legionen zu liefern, gibt es keine Anhaltspunkte für eine spätere Datierung.

Was nun die pontes longi und die Varusschlacht angeht, so hebt Tacitus zwischen beiden Szenarien gewisse Parallelen, hervor. Zum einen, wenn er Caecinas Alptraum beschreibt, in dem Caecina sich schon von Varus in den Sumpf hinabgezogen sieht, zum anderen wenn Arminius auf Caecina und seine Legionen weisend seinen Leuten zuruft: Seht, da marschiert Varus mit seiner besiegten Armee (beides Tac. ann. I, 65). Wir dürfen natürlich sowohl den Alptraum als auch den Ausruf als literarische Ausgestaltung verstehen, aber diese Ausgestaltung betreibt Tacitus ja nicht von ungefähr.
 
Da die Bäche als Hindernis beschrieben werden, gehe ich davon aus, dass Caecina sie kreuzen musste. Da die Bäche die Hügel herunterfliessen ergibt sich daraus ein Weg entlang der Hügel. Da die Bäche aller Wahrscheinlichkeit in den Sumpf fließen und dort als Bäche nicht mehr erkennbar sein dürften, ergibt sich aber auch aus den Beschreibungen allein eine Topographie die der von Kalkriese ähnlich sein dürfte. Auch ohne Kalkriese. Ob die Bäche den Damm überspülten oder einfach nur den Weg der gegangen werden musste ist mir dabei wurscht.

Gruß
jchatt
Wenn Bäche den Damm "überrieseln" konnten, muss ihr Wasser daneben meterhoch gestanden haben und ihr eigentlicher Verlauf war nicht mehr erkennbar.
 
Wie gesagt, es steht nirgends, dass die Bäche die pontes longi und erst recht nicht, dass sie irgendwo ein vallum "überrieselt" hätten. Die pontes longi führten durch ein Gebiet, welches u.a. von Bächen unsicheren Verlaufs (so meine Interpretation von rivis incerta erant) geprägt war.
 
Wie gesagt, es steht nirgends, dass die Bäche die pontes longi und erst recht nicht, dass sie irgendwo ein vallum "überrieselt" hätten. Die pontes longi führten durch ein Gebiet, welches u.a. von Bächen unsicheren Verlaufs (so meine Interpretation von rivis incerta erant) geprägt war.
Hm. Ich kann mir leider unter "Bächen unsicheren Verlaufs" nichts vorstellen. Bäche haben ein Bachbett, welches sie nur nach Wolkenbrüchen kurzzeitig verlassen. Unsicher ist aber oft der Bachgrund, der problemlos passierbar sein kann oder zum Einsinken führt.
 
"Unsicher" im Sinne von unvorhersehbar.
Diese Bäche wird es zu Hauf gegeben haben und gibt es z.T. heute noch. Je nach Regenfall ändert sich das Bild dann auch schnell mal. Um die Gegend der Pontes Longi zu bestimmen, sind die Bäche eher ungeeignet. Diese Erhebungen oder Hügel finde ich nach wie vor interessanter. Im Münsterland gibt es nicht viele davon, da ist es vornehmlich sehr flach. Warum würde man ein Heer überhaupt durch eine Gegend mit Hügeln ziehen lassen, wenn es überall ringsherum flach ist. Das Münsterland muß ja vor 2000 Jahren ein sehr sumpfiges Gebiet gewesen sein.
 
In der Übersetzung von Gottwein heißt es zwar
"rings umher gemach ansteigende Waldungen. Diese hatte Arminius mit Truppen angefüllt"
Aber wenn es links wie rechts diese Hügel gegeben hätte, dann wären die Legionen in der sprichwörtlichen Zwickmühle gewesen. Das wäre dann ein regelrechtes Selbstmordkommando gewesen. Deshalb bin ich auch von der Topographie wie der von Kalkriese ausgegangen. Die Bäche ergießen sich in die Sumpflandschaft und queren irgendwo zwangsläufig den Weg der Römer
Die ringsum sanft ansteigenden Wälder könnten auch eher aus dem Eindruck der Legionäre beschrieben worden sein. Im Sinne von: "auf unserem Marsch trafen wir auf immer steiler ansteigende Höhen um uns herum". Denn Es heißt ja allmählich ansteigend und dies könnte sich auf den zeitlichen Ablauf bezogen haben. Somit wäre das Ganze ein sehr großes Gebiet gewesen und die Römer hätten sich auf jeden Fall in südliche Richtung fortbewegt! Das passt auch zu meiner Vorstellung dass die PL zwischen Ems und Rhein lagen und in süd-westliche Richtung zeigten. Dann müssen diese Anhöhen auch nicht unbedingt gleichzeitig ringsum gewesen sein sondern abwechselnd mal mehr rechts dann wieder links von der Marschrichtung der Römer! Somit wäre auch die Ebene zwischen den Anhöhen und den Sümpfen nicht ringsum von Hügeln umgeben gewesen sondern befand sich tatsächlich zwischen einer sumpfigen Ebene und den Anhöhen. Nur dann verstehe ich die Übersetzung "leitete alle Bäche von den Anhöhen ringsum ins Gelände" nicht! Gibt es da auch noch eine andere Lesart vielleicht?
 
Die vielen Bäche haben wahrscheinlich jeder für sich kleinere Überflutungen auf dem Marschweg verursacht (überrieselnde Bäche), die vielleicht jede für sich gerade noch überwindbar waren. Durch Umleiten von zwei, drei Bächen auf einen Punkt musste der Tross schliesslich stoppen, damit die Pioniere den Weg wieder passierbar machen konnten.

Sehr interessant, hat aber rein gar nichts mit dem zu tun, was Tacitus schreibt.

Da geht es weder um die Überflutung auf dem Marschweg, noch einen stoppenden Tross, noch um das Umleiten von zwei, drei Bächen auf einen Punkt noch um die Bäche, die durch den Sumpf flossen.
 
Es gibt noch eine weitere Variante: als die pontes longi einst angelegt wurden, waren die überrieselnden Bäche natürlich auch hinderlich. Vielleicht waren die Ergiebigsten schon damals abgedämmt und umgeleitet worden, und die Germanen brauchten nur den ursprünglichen Lauf frei zu machen.

Sehr interessant, hat leider nur gar nichts mit dem zu tun, was Tacitus schreibt.
Da geht es nicht um bereits umgeleitete Bäche, sondern um die an den Bergrücken entspringenden Quellen.
 
Vielleicht wurden auch viele kleine Bachläufe in einen größeren Bach so umgeleitet dass dieser beträchtlich anschwoll?

Sehr interessant, aber das ist wieder nicht das, was bei Tacitus steht.
Da wir ausschließen können, dass die Römer ihre Lagerwälle über ein Bachbett gezogen haben, kannst Du hier nur die Arbeiten an den Brücken meinen. Die befanden sich aber in der sumpfigen Ebene - da hätten die Germanen die Bachläufe in der Ebene umleiten müssen, nicht das Quellwasser auf den Bergen.
 
Sehr interessant, aber das ist wieder nicht das, was bei Tacitus steht.
Da wir ausschließen können, dass die Römer ihre Lagerwälle über ein Bachbett gezogen haben, kannst Du hier nur die Arbeiten an den Brücken meinen. Die befanden sich aber in der sumpfigen Ebene - da hätten die Germanen die Bachläufe in der Ebene umleiten müssen, nicht das Quellwasser auf den Bergen.
Ja, aber hier haben wir wieder das Problem dass man diese Brücken ja kaum so überschwemmen kann dass sie kaputt gehen! Oder?
 
In der Übersetzung von Gottwein heißt es zwar
"rings umher gemach ansteigende Waldungen. Diese hatte Arminius mit Truppen angefüllt"
Aber wenn es links wie rechts diese Hügel gegeben hätte, dann ...

... hätte Tacitus halt Käse geschrieben.

Die Übersetzung ist hier korrekt, circum heißt "rings umher".
 
Sehr interessant, hat leider nur gar nichts mit dem zu tun, was Tacitus schreibt.
Da geht es nicht um bereits umgeleitete Bäche, sondern um die an den Bergrücken entspringenden Quellen.
Da oben die Germanen saßen, hatten die Römer kaum eine Möglichkeit, nachzusehen, ob das herunter strömende Wasser direkt aus Quellen oder aus hin- und zurückgeleiteten Bächen stammte.
 
... hätte Tacitus halt Käse geschrieben.

Die Übersetzung ist hier korrekt, circum heißt "rings umher".
Ja, damit habe ich ein Problem! Wenn sie alle gleichzeitig ringsumher waren dann muss man sich ernsthaft fragen wo das gewesen sein soll! Und wo sollen dann die Langen Brücken genau gestanden haben? Wo das Lager? Wo lag diese Ebene? Ist eine solche Ebene überhaupt in dieser Form möglich? Man hat ringsumher Hügel und von allen kommen irgendwelche Bäche herab geflossen welche wohl den Sumpf speisen, wobei das nicht sicher ist, vielleicht waren es auch andere Bäche oder Flüsse die den Sumpf hauptsächlich speisten. Dort befindet sich eine Kolonne arbeitender und kämpfender Römer im Sumpf und jenseits davon die sie angreifenden Germanen in den Waldgebieten, Mooren und Sümpfen, dann kommt noch eine lange Ebene hinzu die so schmal ist dass sie gerade eine schmale Kampffront zuließ! Wie auch immer man sich das vorstellen muss! Wie sah jetzt dieses Gebiet nun aus? Warum erzählt Tacitus uns dass Arminius Bachläufe umleiten ließ um die Schanzarbeiten zu zerstören wenn dies völlig frei erfunden ist?
 
Da oben die Germanen saßen, hatten die Römer kaum eine Möglichkeit, nachzusehen, ob das herunter strömende Wasser direkt aus Quellen oder aus hin- und zurückgeleiteten Bächen stammte.

Kann schon sein, nur ändert das nichts daran, dass halt nicht stimmen kann, was Tacitus schreibt.

Die gefühlt 20 Varianten an Geschichtchen, wie es denn "wirklich" gewesen sein könnten, unterscheiden sich alle mehr oder weniger voneinander, haben aber eine Gemeinsamkeit: Sie unterscheiden sich signifikant von dem, was Tacitus schreibt. Damit wird immer aufs Neue belegt: Genauso, wie es Tacitus schreibt, kann es sich niemand vorstellen.

Und damit zurück zu Beitrag 219: Lage der Pontes Longi
 
Nur dann verstehe ich die Übersetzung "leitete alle Bäche von den Anhöhen ringsum ins Gelände" nicht! Gibt es da auch noch eine andere Lesart vielleicht?

Man kann "Germani ... quantum aquarum circum surgentibus iugis oritur, vertere in subiecta" nicht viel anders übersetzen als: "Die Germanen leiteten alles, was an Wasser ringsum auf den sich erhebenden Bergrücken entspringt, in die Niederungen"

Hier einige (zum Teil etwas altertümliche) Übersetzungen:

"Die Germanen ... leiten, ... was an Gewässer auf den rings sich erhebenden Höhen entspringt, in die Niederungen"
MDZ-Reader | Band | Des C. Cornelius Tacitus sämmtliche Werke / Tacitus, Cornelius | Des C. Cornelius Tacitus sämmtliche Werke / Tacitus, Cornelius
"Die Germanen ... leiten, ... soviel der Gewässer auf umliegenden Höhen entspringt, in die Niederungen"
MDZ-Reader | Band | Des Cajus Cornelius Tacitus sämmtliche übriggebliebene Werke / Tacitus, Cornelius
"Die Germanen ... leiteten das ganze Wasser, das auf den Bergen rings umher entsprang, in die Niederungen"
Internet-Portal "Westfälische Geschichte" / Arminius - Varus > 9. Quellen

Was das soll, verstehe ich auch nicht. Daher zurück zu Beitrag 7: Lage der Pontes Longi
 
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