Ave Zusammen,
@Zananga:
"Hört sich alles schön und gut an, aber wie sollen die Personen all die Zeit im Gedanken überlebt haben? .....Daneben gab es den Stamm der Cherusker nicht mehr seit dem 4. Jahrundert, weil sie ein Teil der Sachsen geworden waren. Das begünstigt das überleben solcher Geschichten nicht gerade..... Aber wieso sollte die Geschichte im Mittelalter wiederbelebt werden? Da halte ich es für Wahrscheinlicher das eine Frankische Geschichte Quelle für die Nibelungensage war. Wieso sollte eine Überlieferung bei den Franken den schon so lange halten? ...."
Nun, dazu müssen wir mal die Zusammenhänge zwischen den Cheruskern, Franken, Nibelungen und Burgunder beleuchten.
Zunächst mal, woher kamen die Franken? Das
Reallexikon der germanischen Altertumskunde
schreibt S.192:
"...Seit dem späten 3. Jahrhundert waren Franken und Alemannen belegt. Mit diesen neuen Namen bezeichneten die Römer geographisch-politisch kategorisierend die (oder alle) Barbaren, die gegenüber den Provinzen Germania inferior und Germania superior lebten und von dort aus plünderten. ... Allerdings bezeichnen die Namen Franken und Alemannen in unterschiedlichen Zusammenhängen recht unterschiedliche Dinge. Franken bezog sich im 7.Jhd. auf die politische Identität der Oberschicht im Merowingerreich, während der Name der Alemannen primär die regionale Identität in einem merowingischen Herzogtum beschrieb."
http://www.novaesium.com/geschichte5.htm schreibt
:“...Seit dem Beginn des 3. Jahrhunderts kam es wiederholt zu Einfällen unterschiedlich großer germanischer Verbände vor allem aus dem Elbe- und Saalegebiet nach Obergermanien und Rätien, die später (erste Erwähnung 289) in den römischen Quellen Alamanni ("Menschen insgesamt, Menschen irgend-welcher Art") genannt wurden. Ziel dieser Gruppen war sicherlich nicht Landnahme und Ansiedlung in römischem Gebiet, sondern Raub und Plünderung. Die Römer sahen diesen Überfällen, die vor allem nach 233 zunahmen, natürlich nicht tatenlos zu. So unternahm Caracalla 213 einen größeren Feldzug gegen die Germanen, und im Frühjahr 235 startete der von den Truppen gerade zum Kaiser ausgerufene Maximinus Thrax eine umfangreiche Offensive jenseits des Rheins, die ihn tief in germanisches Hinterland brachte..... Etwa zeitgleich mit diesen Geschehnissen, um 256/57, drangen auch erstmals Franken an Mittel- und Niederrhein in römisches Provinzgebiet vor. Die erst vor wenigen Jahren aufgedeckten Massengräber beim Kastell Gelduba (Krefeld-Gellep) geben ein erschreckendes Zeugnis von den Vorgängen. Eine relativ ruhige Zeit trat dann um 260 bis 274 mit der Errichtung des sogenannten Gallischen Sonderreiches mit der Hauptstadt CCAA (Köln) ein, deren Kaiser zusammen mit der einheimischen Aristokratie den einfallenden Germanen erfolgreich Widerstand leisten konnten. Unter anderem wurde die Rheingrenze durch neue Wehranlagen verstärkt. Nach dem Ende des Gallischen Sonderreiches unter Aurelian 273 kam es wieder zu einem massiven Eindringen der Franken nach Gallien. Unter anderem wurde das Bonner Legionslager zerstört und die CUT (Xanten) 274 überrannt. Letztlich blieb die Verteidigung der Provinzen aber erfolgreich..... Die Auseinandersetzungen am Niederrhein hielten aber an, und Mitte des 4. Jahrhunderts fielen fränkische Verbände noch einmal mit besonderer Wucht in das Rheingebiet ein: Im Dezember 355 wird Köln zerstört. Nach der Rückeroberung der Germania secunda in den folgenden Jahren unter dem Caesar Iulianus, einem Vetter des Constantius II., und dem Ausbau der Grenzbefestigungen wurden Teile der Franken in dem Gebiet zwischen Waal, Maas und Schelde als Föderaten angesiedelt. Auch stellten sich in der Folgezeit und vor allem im 5. Jahrhundert zahlreiche fränkische Führer mit ihren Truppen in römischen Dienst. Auf diese Weise kam es in diesen Gebieten verstärkt zu einem Einsickern rechtsrheinischer Siedler und deren Integration in die romanische Bevölkerung. Dennoch blieben auch Überfälle in dieser Zeit nicht aus. 411 wird der spätantike Limes von den Römern aufgegeben. Spätestens mit dem Einfall fränkischer Verbände 454 in die linksrheinischen Gebiete sowie der Belagerung und Einnahme von Köln endet die Herrschaft Roms am Rhein..... Ein Ergebnis dieser Entwicklung von weitreichender historischer Bedeutung war die Taufe des Frankenkönigs Chlodwig in Reims 498 oder 499 nach seinem Sieg über die Alemannen, wahrscheinlich 496 oder 497 in der Ebene beim vicus Tolbiacum, dem heutigen Zülpich. Zusammen mit weiteren militärischen Erfolgen in den Jahren kurz nach 500 über die Alemannen und Westgoten gelang ihm dadurch die Einigung der verschiedenen fränkischen Verbände unter seine Führung und die Errichtung eines fränkischen Königreichs - gleichsam die Geburtsstunde Frankreichs.“
Nun, wie sah die Herausbildung der Franken aus? Von den Cheruskern wissen wir, dass sie nach Armninus Tod in Stammesfehden verwickelt waren, vermutlich um das Erbe des Arminius. In 47 wird der Italicus zum Schlichten abgesandt, zuletzt hören wir bei den Feldzügen des Domitian um 82 von den Cheruskern: Domitian gibt nach einem Feldzug gegen die Chatten das Innere Germanien auf, beginnt den Limesbau und gibt den Chatten freie Hand gegen die Cherusker, deren letzte Rest damit aufgerieben werden. Die nächsten Nachrichten aus Cheruskerland kommen erst wieder Anfangs des dritten Jahrhunderts, Carcalla und Thrax führen in 213 und 235 Feldzüge ins Innere Germanien, die erst kürzlich durch die Ausgrabungen im Leinetal überraschend belegt sind. Das ist südliches Cheruskerland! Die Feldzüge richteten sich gegen die neu formierte Gefahr, die als Franken und Alemannen bezeichnet wurden, und sich im dunklen 2. Jhd. genau auf dem Raum der Cherusker gebildet hatten.
Denn es ist ja klar, die Cherusker hinterliessen ein gewaltiges Vakuum, sie besiedelten ehemals etwa das Gebiet Teutoburger Wald bis Elbeknie. Ein Land, das vor allem wegen der fruchtbaren Lössrücken fruchtbar und damit reich war. In dieses Land sickerten nach den 80er Jahren also die Nachbarstämme ein, Chatten, Ampsivarier, Angrivarier, Chauken, Brukterer, Marser, und wer sich sonst noch meinte bedienen zu müssen, und vermischte sich mit den übrig gebliebenen Resten der Cherusker. In der Zeit bis 213 gelang es dort offensichtlich einen neuen Stammesbund zu knüpfen, der für Rom zunehmend, und erstmals wieder seit Arminius, gefährlich wurde. Die Angst war nicht unberechtigt, schon in 256 überrannten diese Gruppen die römischen Stellungen am Rhein, wobei sich sicherlich dann auch die rheinnahen Gruppen, wie etwa die Sugambrer, anschlossen.
Die Franken waren somit die Kulturfolger der Cherusker. Ihr Vorbild kann, ja muss, Arminius/Segifrit gewesen sein. Sie hatten es erstmals danach wieder geschafft, Gemeinsamkeit macht stark, einen halbwegs stabilen germanischen Bund zu knüpfen. Natürlich wurden die Geschichten um Segifrit an jedem Lagerfeuer weiter erzählt, und wie Tacitus um 110 schrieb, besungen. Nach dem sich die Franken im 5. Jhd. endgültig auf dem ehemals römischen Gallien festgesetzt hatten, begann das eigentliche fränkische Reich mit Childerich, der erstmals 463 als König bezeichnet wird. Kein Wunder wenn von jetzt an die fränkischen Könige sich hin- und wieder als Sigiberts (also Sig- und das –bert bedeutet so etwa der starke im Heer) und anderen Vorbildern dieser Überlieferung bezeichneten.
Die Burgunder wiederum waren ein Stamm aus dem Gebiet zwischen Elbe und Oder, der dann sukzessive nach Südwesten wanderte. Sie fielen bereits im Verbund mit den Franken 268 in Gallien ein. Im Zuge der Reorganisation Galliens durch Constantin um 406/7 entstand dann das erste Burgundische Königsreich bei Mainz/Worms/Speyer. In der Überlieferung wurden dann aus den südöstlichen Markomannen die nordöstlichen Waffenbrüder der Burgunder.
Die Nibelungen wiederum, das waren die Menschen aus dem Nebelland. Aus der Sicht der Germanen waren dass die Römer, denn deren Operationsbasis war die Tiefebene von Bonn bis zum Isselmeer, der Drususkanal eröffnete hier das Einfalltor über die Nordsee. Der König Nibelung hatte zwei, in manchen Zitaten, drei Söhne. So Augustus mit seinen Söhnen Drusus und Tiberius, und später Germanicus, der vielleicht noch im sagenhaften Namen (G)Ermanerik anklingt. Der Name Nibelungen geht dann über auf die Römerfreunde unter den Cheruskern, zunächst auf den Römerritter Arminius/Segifrit und mit seiner Heirat auf die Sippe seiner Frau. Schließlich reiben sich die Nibelungen und die vermeintlichen Burgunder restlos auf, nämlich im Krieg 17-20(?).
Die Sagen wurden übrigens unter Karl dem Großen um 800 aufgeschrieben: Aus dieser Sammlung, die schon durch seinen Sohn Ludwig dem Frommen im religiösen Wahn vernichtet wurde, stammt das älteste noch erhaltene Fragment, das Hildebrandlied. Mit ein paar weiteren Anreicherungen fügte das Nibelungenlied um 1200 dann zusammen, was zusammen gehört.
Beste Grüsse, Trajan.