Stradivari
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Wie wäre es mit: "das Schicksal der deutschen Katholiken"?
Ich würde auch eher in diese Richtung tendieren. Als in den einzelnen Fraktionen über das Ermächtigungsgesetz diskutiert wurde, spielte das Schicksal der Parteimitglieder und der dezidierten Anhänger stets eine gewisse Rolle. Man merkte recht deutlich, dass Deutschland auf dem Weg in eine Diktatur war (sei sie nun von Hitler, Papen oder einer Gruppe dominiert) und überlegte unter anderem auch, wie es wohl den "eigenen Leuten" künftig ergehen werde. Reinhold Maier erklärte beispielsweise später, man habe nicht zuletzt zugestimmt, um Beamte und Freiberufler mit DDP/DStP-Parteibuch vor Repressalien zu schützen. Bei Kaas, Brüning und Wirth dürfte ein ähnlicher Gedankengang die Entscheidung zumindest in eine gewisse Richtung gelenkt haben. Übrigens gab es bis zum 1. Mai selbst in den Gewerkschaften Versuche, sich irgendwie mit dem neuen Regime zu arrangieren, um die eigenen Mitglieder zu schützen. Man mag das moralisch verurteilen, wird aber damit wohl kaum der Situation gerecht, mit der diese Verantwortlichen Anfang 1933 subjektiv und wohl auch objektiv konfrontiert waren.
Wie Shinigami neige ich übrigens auch eher der Vermutung zu, dass es für Pacelli und Orsenigo gar nicht von Vorteil war, wenn eine Partei wie die NSDAP die absolute Macht errang und dass sie sich dessen auch bewusst waren. Immerhin hatte der Kardinalsstaatssekretär als Nuntius selbst zwei wichtige Konkordate ausgehandelt und auch am badischen Abkommen noch regen Anteil genommen. Dabei war ihm die Eigenständigkeit der deutschen Länder und die starke politische Position der katholischen Parteien durchaus zugute gekommen. Wieso hätte man nun das alles bewusst und ohne Not opfern sollen?