Gast schrieb:
wie kann sie denn glücklich gestorben sein? sie wurde trotz mängelnder beweise zum tode verurteilt und von ihrer familie gerissen. hierauf bin ich in meinen recherchen für die facharbeit gekommen.
Hallo!
Zugegeben, das war eine gewagte Formulierung von mir,- wer stirbt schon "glücklich" angesichts unzähliger vorangegangener u. fehlgeschlagener Versuche einer Umwendung des Schicksals unter der Guillotine, einer sensationslüsternen Menge ausgesetzt.
Ich meinte jene Sätze so: sie ging aufs Schafott als eine -für eine Prinzessin ihrer Herkunft- sehr abgeklärte und veränderte Persönlichkeit. Dies zeigte sich in ihrem Gesicht, das in den letzten Wochen vor ihrer Hinrichtung stark gealtert war; der Maler David hat dies in einem (makabren!) Portrait festgehalten (sofern man die Zeichnung eines abgeschlagenen Kopfes als Portrait bezeichnen darf).
"Sie liebte" = Sie hatte sich nichts vorzuwerfen.: Sie hatte sich als liebende Mutter erwiesen, die sich nie vom Dauphin trennen ließ (sie selbst hatte eigentlich keine solche absolut beschützende Mutterliebe erfahren). Ihren kleinen Sohn und auch ihren Geliebten Axel von Fersen in Sicherheit zu wissen, war ihr bis zuletzt wichtiger als ihr eigenes Schicksal. Es war eine bösartige Häme der damaligen Zeit und ist eine bis heute, dass sie als "österr. Hure" verunglimpft wurde. Fersen war ihre einzige, späte Affäre und sie ließ sich darauf erst zu einer Zeit ein, als Ludwig sich völlig abkapselte. Sie WAR eine treue Frau!: Als Kron-Prinzessin wartete sie zB. jahrelang (?ich erinnere mich an sieben, 7 Jahre!!), dass sich ihr Ehemann ihr endlich auch körperlich zuwandte, Louis, welcher neben Desinteresse im übrigen -zu seiner Verteidigung- unter einer schmerzhaften Fimose litt...
"Sie hatte >ihre Welt< nicht verraten." = Im Gegensatz zu lavierenden Vertretern der Hocharistokratie verließ sie ihre Position als Vertreterin des "Königtums" nicht. Diese Position war ihr zugewiesen worden, ärger, Marie Antoinette wurde von den Revolutionären geradezu als "Feindbild" in dieser Ecke aufgebaut.
Dabei war sie in "politischer Arbeit" gänzlich unvorbereitet, nahezu ahnungslos, sie war nie eine auf ihren Vorteil bedachte Regentin, keine "Einflüsterin" gewesen, sie war schon in ihrer Jugend, als noch der alte Louis Nr. 15 oder besser seine Kurtisane das höfische Getriebe lenkte, aus allen Entscheidungen hinausgedrängt worden, was sie zuletzt dazu verleitete, sich gar zu weit zurückzuziehen. Und da begann die Zeit ihrer Fehler: in der Zeit des persönlichen Selbstschutzes vor den Hofintrigen (in den nicht wenig die späteren Persönlichkeiten des 3. Standes mitmischten), Selbstschutz, der ihr, nicht zu Unrecht, wie ich meine, als Ignoranz ausgelegt wurde. Getoppt hat sie dies beispielsweise, als sie zu einer Zeit, als die Bauern hungerten, sich ein ideales Dorf im Rousseauschen Naturgeist erbauen ließ, darin alles schöngefärbte Statisterei war ... gewürzt mit Schäferspielen etc.. Nein, klug war sie nicht.->
->Und das wusste auch "ihre" Familie. Ich glaube, du meintest (oben), dass ihre habsburgischen Verwandten sie im Stich ließen? Das stimmt und stimmt so nicht.
Man muss zuvor bedenken, dass diese Ehe - M.A. + Kronanwärter Ludwig XVI.- eine sehr lange und mühsam vorbereitete Verbindung war. Maria Theresia wollte so den jahrhundertelangen Machtkampf zw. Frankreich-Bourbon und dem Hause Habsburg entschärfen, eine Annäherung und ein beständiges Bündnis erreichen. Marie- Antoinette wurde brieflich von ihrer Mutter und später vom Bruder und Regenten, dann Kaiser Joseph II. ständig die "Leviten gelesen", man war auf Mäßigung, Zurückhaltung und weiterer Festigung der künftigen Machtverbindung bedacht. Joseph und sein nachfolgender Bruder Leopold waren gewiss auch fortschrittlicher, volksnaher als ihre Schwester in Frankreich. Sie hatten die Ideen der Aufklärung bereits ins Regierungsprogramm aufgenommen, während sich in Frankreich die Fronten -und auf der "reaktionären Seite" die von Marie Antoinette- verhärteten. Die österr. Brüder waren sehr oft missgestimmt über ihre leichtfertige Schwester... {In diesem Zusammenhang Danke an Louis le Grand für den Einblick in L. des XVI. Geisteshaltung - erschien er seiner Ehefrau viell. als allzu weich?)
Nun, in der maßgeblichen Zeit ab Erstürmung der Bastille war der Bruder Leopold (er hatte übrigens die erste kontinentaleurop. Verfassung -für die zuvor von ihm regierte Toskana- erlassen) für verwandtschaftl. Schutz zuständig. Wie auch sein Bruder Joseph und seine Mutter zuvor wollte u. konnte er sich nicht in Frankreichs innere Politik einmischen. Ich glaube, er war es , der so etwas ähnliches sagte, wie " Ich habe eine Schwester in Frankreich, die Königin, aber das hl. röm. Reich und Österreich hat keine Schwester in Frankreich.." Aber Leopold reagierte, als er sich um die Sicherheit seiner Schwester schließlich doch zu sorgen begann, sehr wohl, leitete diplomat. Diesbezügliches in die Wege. Unglücklicherweise verstarb er kurze Zeit darauf. Dann kam Franz. Und der war schlimmerweise immer-wieder-geborene habsburgische Zauderhaftigkeit, Rückzüglertum und Gefühllosigkeit in personam. Aber auch für einen anderen Charakter wäre die Zeit zu kurz geworden, um Marie-Antoinette noch zu retten.
Zuletzt: "ihre Seele Gott befohlen".: Das ziemlich sichere Todesurteil, welches das Revolutionregime wollte und den bourbonischen Anverwandten gar nicht so unrecht war (siehe Thronfolge), dies "ihrem Schicksal überlassen, = verlassen sein" und die atheistischen Tendenzen im revolutionären Frankreich hatten die, schon von ihrer Mutter in sie gelegte, Religiosität Marie-Antoinettes gestärkt. Über all die Monate des Arrests las sie die Bibel und neuere ethisch-religiöse Schriften.
Sie starb insofern "glücklich", da sie ihre Seele frei von bösen Taten und Absichten ihrem Gott überantwortet hatte..
Ihr letzter Satz -sie war über den Fuß des Scharfrichters (?) gestolpert- soll gewesen sein:
"Entschuldigen Sie, Monsieur, das war nicht meine Absicht."