Mode im 18. Jahrhundert

Ich sehe, siehe meine oberen Beiträge (!), wir sind grundsätzlich auf einer Wellenlänge. Nun zu den Punkten, wobei ich anmerken möchte, dass ich mangels Realien aus der früheren Zeit nur über das Hoch (1740-65)- und Spätrokoko(1765-ca.80) schreiben kann, Begrifflichkeiten wie Zopfstil vermeide ich wie du die Wörter Rokoko und Barock (was ich ausgezeichnet finde):
Herren
Ich weiß auch von Quellen, dass die Perücken überwiegend wohl Naturhaarfarben gewesen sein sollen. Bei einem kurzen Überblick in meinem Gedächnis fallen mir 3 Herrenperücken ein die allerdings weiß waren (Manchester Costume Gallery, Luwigsburg Kostümmuseum (dort rötlich gepudert :devil: ), BNM in München) und nur eine, die immerhin grau war (Karlsruhe Ausstellung zu Carl Theodor von der Pfalz). Bis auf Karikaturen (siehe Hogart) kenne ich gerade für "meine" Zeit keine geschminkten Herren, geschweige denn mit Schönheitspflästerchen. Für die Zeit um 1700 ist mir zumindest ein Stich, vielleicht auch eine Karikatur, bekannt, wo der Herr etwas geschminkt wirkt.
Damen
Zu den Damenfrisuren weiß ich wenig. Garsaults "L'art du peruquier" legt nahe, dass es eher kaum Perücken für Damen im Hochrokoko gab, sondern mehr mit Haarteilen gearbeitet wurde. Das Pudern der Haare war aber schon recht üblich. Den Link kennst du sicherlich: http://www.marquise.de/de/1700/howto/frisuren/frisuren.shtml Die Damens haben sich schon ganz ordentlich geschminkt, aus dem Zetler und aus dem Frauenzimmerlexikon sind mir Andeutungen in der Richtung bekannt. Es gibt ja einige Bilder (u.a. eines von Boucher mit Mme de Pompadour), welche Frauen beim Einpudern und Rouge auftragen zeigen. http://www.marquise.de/en/1700/pics/1756_3.shtml Schau dir mal im Hintergrund die Puderquaste an! Für die Haare sahen die Teile laut Encyclopédie und Garsault ganz anders aus. Meine Frau experimentiert auch mit historischer Schminke und so schaut das im Resultat aus: http://de.pg.photos.yahoo.com/ph/tsetsylya/detail?.dir=/609fre2&.dnm=9515re2.jpg&.src=ph
(die Frisur ins ungefähr nach dem Vorbild im Werk von Garsault gemacht)

Leider kenne ich mich mit dem Barock um 1700 nicht so gut aus. Ich würde mich sehr über einen Austausch auch über PNs freuen.
Demoiselle Du kannst auch ruhig mal einen Thread über Sprache im 18.Jh. aufmachen, gerade die deutsche Sprache finde ich sehr interessant.
Hochachtungsvoll
Brissotin
 
Mein allerziehrlichst Complement, vor die hochwehrte Frau Gemahlin! siehet ja außdermaßen arthlich auß.
Ich sehe, Ihr macht nicht diesen kitschig-koketten Standartkram (Zuckerwatteperücke ect), das finde ich wahrhaft lobwürdig und freut mich recht von Herzen. - Ich habe Null Ahnung vom Rokoko,aber ich sehe mit einem Blick, daß sie sich eingehend damit beschäftigt. Und siehe da: mit einem Schlage kommt mir das Rokoko gar nicht mehr verdächtig vor. Ich wußte immer, daß es Menschen wie bei uns im Anno i7o6 sein müssen.;)
Ich habe viel von Bleyweiß gehört, probiert das Deine Frau? Daß es wirklich weiß sei, habe ich immer stark bezweifelt. Die Frühneuzeit nennt ja auch das Reißbley, bzw. den Bleystifft häufig "Bleyweiß" und der macht ja auch keine weißen Striche. Allerdings habe ich sagen hören, daß diese alten Makeups eine Kathastrophe für die Haut sein sollen (was nicht unbedingt zutreffen muß).
Werde meinem Moderator Franz von der SOCIETAS CVRIOSA mal darauf hinweisen. Er tendiert zu Mozart, folgt mir aber brav in die Lully-Ära. Vielleicht sollte ich das 1706 auch aus dem Kopf nehmen, damit galante Personen aller Decaden sich wohl fühlen ... - Was den guten Frantzen und mich hauptsächlich verbindet, ist historische Correspondenz (er braut Tinte!). Und ich habe gute Erfahrungen mit Briefaustauschen zwischen verschiedenen Epochen gemacht (bislang hatte ich die napoleonischen Befreiungskrieger, um 1900, und das 21.Jahrhundert).
Aber zu den Links (scheint doch erlaubt zu sein?): Beim zweiten, das kleine Mädel kommt mir wie Regence vor. Ihre offensichtliche Frau Mama (?) ist nicht zur gänze erkennbar, aber es scheint mir so, als sei sie altmodischer gekleidet und hält eventuell noch an meiner Epoche fest.
Zu den Alonge-Perücken: Ich habe ein Händel-Bild in meinem Salon. Auf meiner alten Farbkopie sehen die Haare gelblich-weiß aus - wahrscheinlich etwas verfälscht. Aber es kann schon sein, daß die Perücke evtl. um 1720 heller wird. Englische Richter tragen ja noch heute weiße Perücken. Der Sonnenkönig trug eine recht dunkle, aber der starb ja bereits 1715. Letztes Jahr trauerte ich um meinen Käyser Leopoldus und der trug auch immer dunkelbraun. Auf Gemälden um 1700 oder 1710 sehe ich auch immer wieder Naturhaarfarben. Am meisten bewunderte ich den Komponisten Marin Marais, wie er auf einer meiner CDs aufgemacht ist. Die Kleider, incl. Strümpfe, sind braun (goldene Veste). Seine Perücke sieht aus wie mittelblond - eventuell etwas grau meliert. Vielleicht fing man um 1700 mit dem melierten an, bis man irgendwann bei weiß ankam ...
Ich persönlich habe mich für die strenge englische Damenmode um 1700 entschieden. Perücken lehne ich eh total ab. Meine Haare sind nicht sonderlich lang - ich arrangiere sie bei Auftritten nach hinten und mache vorn Locken hinein. Bin eine glühende galante Moralistin - der galante Codex begeistert mich, weil ich glaube, daß er die Welt wirklich besser gemacht hat (und noch besser machen könnte). Die Galanterie lehnt ja vor allem das Übermaß ab. Demensprechend macht mich alles mißtrauisch, was affektiert und übertrieben wirkt. Wahrscheinlich liegt es daran, daß ich ein gebrandtes Kind bin: Drei Jahre Barocktanztraining mit koketten Tanzmäusen haben mich ganz fertig gemacht.:cry: Was mich absolut zur Weißglut treiben kann, ist eine luschige, womöglich auch noch respektlos-ironische Referenz. Da wißt ihr ungefähr, wie ich aus der Art des 21.Jahrhunderts geschlagen bin.
Mit freündlicher Begüssung, benebenst absonderlicher Bitt, bey Jhro vielwehrte Frau Gemahlin ein allerzierlichst Complement abzulegen,
Demoiselle Amelise
 
Zuletzt bearbeitet:
@ Demoiselle
Ich glaube meine Frau nimmt kein Bleiweiß, eben wegen der Schädlichkeit. Meines Wissens gab es beides, unschädliche und schädliche Schminke. Bei Mme. de Pompadour gehe ich mal von Letzterem aus, das sie wohl ganz zur Unkenntlichkeit geschminkt gewesen sein soll.

Strümpfe sind für uns immer sehr interessant. Über 20 Paar haben wir mittlerweile aus dem 18.Jh. in unseren Büchern gesichtet. Statistisch haben wir ausgewertet, wieviele Zwickel hatten und wieviele keine (wie im "Costume Close Up") und kamen zu einem Schnitt von 50/50, wobei gesagt werden muss, dass die Franzosen entsprechend den Gemälden eher Strümpfe mit Zwickeln hatten. Sehr viele erhaltene Originale sind farbig, woraus man allerdings kaum Rückschlüsse ziehen kann, da sie auch von Damen getragen worden sein können. Die Gemälde legen eine Entwicklung von anfangs vielen Farbigen, zu eher weißen bis dann am Ende des Jahrhunderts wieder mehr farbige Strümpfe auftauchen, nahe. Zu den schwarzen Anzügen (Habit complet) wurden zumeist schwarze Strümpfe getragen, während farbige offizielle Anzüge eher weiße Strümpfe dazu hatten. Bei einer Analyse hierrüber muss man sich die Gemälde anschauen, eben wegen der schlechten geschlechtsspezifischen Möglichkeit der Zuordnung.

Selbstverständlich wird bei uns auch getanzt, hauptsächlich die einfachen englischen Tänze (Contre Dances), die eigentlich durch das ganze 18.Jh. hindurch für gerade die Mittelschicht verbürgt sind. Daneben auch den Bourré, eher keine höfischen Tänze, weil dafür in den anmietbaren Räumlichkeiten (Prinzessinnenbau in Bayreuth usw.) weder Platz noch der passende Ort ist.

Zu den Perücken bzw. Frisuren und deren Farbe und Formen halte ich mich hauptsächlich an die Informationen aus Gemälden und den genannten Originalquellen.

Zu Musik usw. können wir uns auch per PNs austauschen oder in einem anderen Unterforum. Du schätzt sicherlich auch Charpentier oder sollte ich mich mit einer Anhängerin Lullys darüber zoffen? (Auch wenn es authentisch wäre.) ;)

Die Refferenz gehört sicherlich untrennbar zu der Zeit dazu. Wir praktizieren sie natürlich auch aufgrund von O-Quellen und sind damit leider ein wenig allein auf weiter Flur in der Szene, die allermeisten denken sich dann irgendwas aus. Da würde nur üben helfen. Irgendwie habe ich den Eindruck, dass die Umgangsformen zur Mode ziemlich unlösbar dazu gehören.

Der Thread heißt ja, "Mode im 18. Jahrhundert", da passt 1706 also ganz gut hinein.
Grüße
Brissotin
 
@ Brissotin
Ich habe noch keine historischen Strümpfe in der Hand gehabt. Aber ich sehe wieder Dein Detailwissen. Da viele Leute die galante Epoche mit dem Rokoko zusammen werfen, meinen sie, weiße Strümpfe wären da überall Standart. Damals in der Barocktanzschule war sogar eine gelernte Kostümschneiderin, die steif und fest darauf bestand {biß daß ihr Conterfreyen unter die Naß hielte}.
Ich sehe an vielen Stellen braunes Ton-in-Ton: Justeaucorps, Hose, Strümpfe - alles braun. Der Sonnenkönig trug oft braun und unser Friedrich I. hier in Berlin machte es nach. Andere folgten natürlich gern dem Beispiel. Ich habe hier einen dicken Museumskathalog von der 1701-Ausstellung (2001 jährte sich die Erhebung Preußens zum Königreich zum 300.Male). Da sieht man viele Cavaliers beim gemeinsamen Preiferauchen und die tragen allemöglichen Strumpffarben: gelb, grün, blau ect.
Du sprichst vom Zwickel. Vielleicht meinst Du das, was Louis Bonin "Gewickel" nennt. (Der Tanzmeister kritisiert Zeitgenossen, die da schlampig sind und erklärt, wie man es richtig bindet.) Kaum jemand will wahrhaben, daß der Herr um 1700 eigentlich die Strümpfe über der Hose zubindet. Es ist also gar nicht so einfach mit dem Historischanziehen. Ich persönlich trage, wenn ich mal als Cavalierin gehe, eine blickdichte Strumpfhose. Auch noch Strümpfe zu schneidern, wäre mir zu viel de Guten.

Musik: Ich war langezeit eine amazonische Prinzessin aus dem herzogengeschlecht von Pomerellen (also ein Greifin). Da paßte Lullies Representationsmusik voll ins Konzept. Trotz meines Greifenblutes (von solchen Einschlägen munkelten gewisse Vrofahren) neige ich heute sehr zu Telemann, Händel - noch mehr aber zu Georg Muffat. Mich interessiert aber auch sehr die Hamburger Opernscene um den Komponisten Keyser (wo Händel und Telemann ja auch mitmischten). - Lullies Musik ist prä-galant, ich finde es läßt sich nicht gut danach galant tanzen.
Mein letzter Lehrer hat mit uns professionelle Tänze aus der Zeit um 1700 durchgenommen. Teilweise war es echt gesundheitsschädlich, jedenfalls klagten viele über Beschwerden (sogar der Lehrer selbst). Ich habe mich davon völlig distanziert und choreographiere selber, um bei Gelegenheit solo aufzutreten, wobei ich auch singe und flöte. Der galante Codex lehnt ja das schädliche Übermaß ab. Habe das immer so vertreten, aber meine Erfahrungen in dieser Hochleistungsgruppe haben mich zu einer radikal-galanten Moralapostelin gemacht.

Man kann hier Musik, Tanz und Mode eigentlich schwer trennen. Die alten Maitres haben unheimlich viel darüber geschrieben. Es gehörte auch zu ihren Aufgaben, den jungen Leuten das richtige Maß an Kleidung zu vermitteln, sowie vor dem Übermaß zu warnen. Taubert ist recht unterhaltsam, wenn er darüber spottet, wie manche Leute so herumlaufen.

Mit freündlicher Begrüssung,
Demoiselle Amelise
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich hatte etwas übersehen:
Der Fotolink bei Yahoo enthält ja noch mehr Fotos, die mich total begeistert haben. Ich nehme an, der Herr Cavalier in rot ist Brissotin. Ich muß sagen, Donnerwetter, wirkt sehr elegant und realistisch. Überhaupt die ganze Gruppe - wie frisch aus dem Gletscher aufgetaut. - Diejenigen, die meinen, man hätte damals kein kräftiges rot getragen, sollten sich das mal ansehen. Vielleicht sollte man dazu nicht Kostüme sagen - dazu kommt mir das alles viel zu real vor. Die Degen hauten mich fast um - ich vermute mal, richtig gefährlich die Dinger.
Gruß von Demoiselle
 
Zu Strümpfen u.a.

Zu den Zwickeln aus dem „Frauenzimmerlexikon“:

Zwickel im Strumpff,

Heisset dem Frauenzimmer im
Stricken diejenige Zierrath, so in
den Strumpff auff beyden Seiten
der Ferse hinauf künstlich einge-
schlungen, und auf allerhand Art
angestricket wird.

Was Du meinst, Demoiselle, sind Strumpfbänder.


Unsere Kleider sind entweder wie bei mir nach Schnittmustern, die von Originalen nachgemacht sind (Schnittmustersammlungen der Art gibt’s aus GB von Janet Arnold und Norah Waugh, aus den USA von Linda Baumgarten) oder nach Originalanleitungen für Schneider der Zeit, wie das Werk von Garsault gemacht.
Die Kleidungsstücke von mir, sind von mir handgenäht mit entsprechendem Faden, aber mit modernen Tuchen (handgewobene auf O-Webstühlen sind mir dann doch zu teuer und sind heute schwer zu bekommen). Meine Frau als gelernte Damenschneiderin hilft mir durch Zuschneiden und Vorbereiten.
Changierende Stoffe waren im 18.Jh. sei es bei Seide oder Tuch sehr beliebt (mein roter Habit complet sieht im Schatten übrigens braun aus).
 
Schminken

Über das Schminken, da scheinbar auch im frühen 18.Jh. sehr beliebt bei den Damen, habe ich auch noch was gefunden.

„Frauenzimmerlexikon“ (1715):

Schmincken,

Seynd allerhand köstliche Was-
ser, Tincturen, Pomaden, Sälb-
lein, Pulver, Olitäten und andere
Sachen, aus herrlichen und der
Haut zu statten kommenden Spe-
cereyen und Ingredientienpraepa-
rirt, distillirt, und zusammen gese-
zet, wodurch sich das Frauenzim-
mer ein schönes und annehmliches
Gesichte zu machen suchet, deren
sind vielerley Gattungen: als Ve-
netianisch Wasser, Imperial Was-
ser, Schminck-Wasser, der Groß-
Herzogin von Florenz, Holländi-
sches Schminck-Wasser, Spani-
scher Anstrich, Jungfern-Milch,
Nürnbergisches Schminckwasser,
weiß Melonen-Wasser, Poma-
de zum Angesichte, Spanische
Schminck-Läpplein, u.d.g. deren
iegliches in seiner Initial-Litter
nachzuschlagen. Dergleichen
Schmickwesen war schon denen
Weibsbildern altes Testaments
Bekannt, denn mit solcher Schmin-
Cke zierte sich dorten die gottlose Je-
sabel aus 2. Reg.IX v. 30.


Daneben werden noch die „Mouchen“ („Schminckpflästerlein“), „Schmincköl“ und auch Bleiweiß, Haarpuder usw. erwähnt. Die grundlegenden Leidenschaften für das Schminken sahen schon genauso aus wie dann im Rokoko (ab Régence).
Zum Puder könnte ich noch die Encyclopédie von Diderot und d’Alembert anführen. Wenn gewünscht, zitiere ich daraus. Die mir vorliegende Ausgabe (nur in Kopie) ist aus den 1770ern.
 
Nein, nein - das Gewickel ist etwas anderes:
Wenn man sich die Strümpfe der Cavaliers um 1700 ansieht, so ragen diese stulpenartig über die Kniehosen. Davor und danach trug man die Strümpfe wieder unter der Kniehose, aber in der galanten Epoche rollte man sie darüber. Das Gewickel wurde oben gebunden und so hielten diese Strümpfe. Strumpfbänder waren recht umstritten. Bonin war sehr dagegen. Vielleicht gaben sie dem Strumpf zusätzlichen Halt, wurden aber offenbar mehr zu Zierde getragen.
Das Frauenzimmer-Lexicon steht auch bei mir zuhause. Ist sehr interessant, auch wenn mir bei manchen Kochrezepten der Appetit vergeht.:motz:
Demoiselle
 
Ah, ich habe solch ein "Gewickel" noch nicht gesehen. Auf den Gemälden von Nicolas Lancret "Gesellschaft beim Mittagessen im Park" 1735 schaut es so aus, als würden die Strümpfe einfach so runterrollen bei Watteaus "Das Ladenschild des Kunsthändlers Gersaint" 1721 dito. Originale von diesem "Gewickel" wird es wahrscheinlich nicht geben, gell?
Dann sag doch früher, dass du das Frauenzimmerlexikon hast. ;) Aber immerhin, war das mal wieder Grund, darin nachzuschlagen. Also eine gute Übung.:)
 
Ich habe Bilder, wo man das "Gewickel" deutlich sehen kann. Morgen will ich davon etwas scanen. Ich weiß leider nicht, was davon gemeinfrei ist. Deshalb setzte ich die Photoalben mit diesen Bildern in PMs.

Das Problem: Man weiß nie, wer im Besitz der Originale ist. Museen verbieten häufig das Photographieren. Ich fragte mal, ob ich ein Bild von einem Gemälde verwenden dürfte: Da sagte man mir bei der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten "leider nein". Es hängt wohl damit zusammen, daß Museen sich teils über die Verbreitungung von Kathalogen finanzieren.

Morgen scane ich die Bilder, die gaube ich in Stichen bestehen. Die sind sehr scharf gestochen, von hoher Qualität.
 
Dort wo fotographieren erlaubt ist, darf man die Fotos meines Wissens auch veröffentlichen. Bei Bildern aus Büchern ist das so eine Sache. Bei DDR-Publikationen bin ich ziemlich schmerzfrei, da die zumeist volkseigenen Betriebe nicht mehr existieren. Es könnte über die Treuhand auch eine Nachfolgerschaft geben, da kenne ich mich aber nicht genug aus. Bei moderneren Büchern scanne ich prinzipiel garnicht ein, Kopien für private Zwecke sind zwar in Ordnung, aber man sollte die Sachen nicht veröffentlichen oder/und ins Netz stellen. Das ist mein Grund, weshalb ich nur verlinke, denn die Betreiber der Homepages sind für die Inhalte selbst verantwortlich.

Kostümsammlungen sind bisweilen recht umgänglich. Natürlich sollte man sich für Kontakte nicht an die Kassiererin wenden, sondern an die Museumsleitung. In Ludwigsburg und einigen großen Sammlungen sind die Mühen zwar groß, aber die Chancen nicht so gering, am Ende im Detail sich Originalstücke anschauen zu dürfen und auch zu dokumentieren. Studenten in Richtung Textildesign usw. dürfen das ja auch zu Studienzwecken. Vor einem Jahr, als ich in Ludwigsburg war, hatten sie zum Bsp. noch keinen Katalog zur Sammlung und dann ist es schon doof, dassman nicht fotographieren darf.

Die "Stiftung preußischer Schlösser und Gärten" ist da vermutlich so regide, da ja gerade die Gemälde auch tatsächlich in großen Ausstellungskatalogen und auf Ansichtskarten und dergleichen vermarktet werden. Sind die Stücke auch wirklich erwerbbar in Katalogen und diese qualitativ ansprechend, was nicht die Regel ist (häufig sind die Gemälde zu kleinabgedruckt, dann ist es für Leute wie uns schon recht schwierig noch Infos heraus zu nehmen) gestaltet, dann bezahle ich gern 30 Euros.
 
Ein recht eindrucksvolles Kapitel über den Wandel der höfischen Mode findest du hier:
Wandel
Also was da zur Herrenkleidung steht ist schon ziemlicher Schamores. Außerdem kann sich der Autor nicht wirklich entscheiden, ob es nun primär um Hofmode gehen soll oder um allgemeine Mode.
Ein besonderes Schmankerl: "Aus dem Justaucorps entwickelte sich später der Mantel, der bereits um die Mitte des 18.Jahrhunderts in Form der Redingote in Frankreich verbreitet war." Mal wieder sieht man, dass Basiswissen wirklich nicht ausreicht und wenn das auch noch auf einer eigentlich wissenschaftlich aufgemachten Seite erscheint, um so peinlicher.
Der Redingote war vom Schnitt her völlig anders als ein Justaucorps. Am ehesten sehe ich noch die Verwandschaft des Volant zum Justaucorps. Aus dem Justaucorps entwickelte sich garnichts, denn der Justaucorps wurde in der 2. Hälfte des 18.Jh. vom Frock aus England schlichtweg abgelöst. Der Übergang zum Habit à la Francais in den 1770ern wird gerade unter den Tisch fallen gelassen.

In der, immerhin umfangreichen Bibliographie sieht man dann, wo der Hase im Pfeffer liegt. 3 der Bücher kamen von der, zugegebener Maßen verdienstvollen, Ingrid Loschek, die zwar einiges veröffentlicht hat, und Kostümgeschichte studierte, aber eben scheinbar nicht dem aktuellen Forschungsstand (Primärquellen) entspricht. Stutzig macht von Anfang an, dass Namen wie Arnold ( http://en.wikipedia.org/wiki/Janet_Arnold ), Waugh und Baumgarten garnicht auftauchen.:grübel:

Interessant ist allerdings, was zur Kleiderordnung geschrieben wird, wobei allerdings auch manches schwammig bleibt. Eine Begrenzung auf Frankreich wäre wohl insgesamt sinnvoller gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hier noch ein paar Stilblüten aus dem besagten Beitrag aus histricum.net, die besonders herausstechen:
Erst nach 1750 trugen die Damen aufwendige Hochfrisuren, die allein mit Perücken realisiert werden konnten.
Ah ja, es gab also die hohen Frisuren schon ab 1750:ironie: , komischerweise sieht man auf den Gemälden von Boucher, welche Mme. de Pompadour darstellen und sogar von den Autoren dazu gesetzt wurden nur die ganz kleinen Frisuren, die eben so tyisch für die Jahrhundertmitte sind.
Hier aber mein absoluter Favorit:
Die Damen trugen bei dieser Gelegenheit zum ersten Mal das dreiteilige http://www.pompadour.historicum-arc...schaft_hof/mode/bilder_popups/tanzstunde.htmlgrand habit, das aus einem schweren Mieder mit Walgräten, einem weiten Reifrock in ovaler Form sowie einer Schleppe bestand, deren Länge vom Rang der Trägerin abhing.
Da scheint wohl jemand Fische und Wale, die zu den Säugetieren gehören, völlig zusammengeworfen zu haben. Die Corps oder Schnürleiber waren mit Fischbein versteift, welches aus den Barten der Bartenwale gewonnen wird, weshalb diese Tiere ja u.a. gejagt wurden.
 
Perücken als Zeugnisse der Mode

Ich gehe nochmals kurz auf diesen Thread ein, da hier viel zu Perücken gesagt und gefragt wurde.

Als absoluten Literaturtipp zu dem Thema empfehle ich: J. Luckhardt und R.Marth "Lockenpracht und Herrschermacht" Koehler & Amelang - 2006. Wer sich ernsthaft mit der Mode der Zeit beschäftigen möchte sollte natürlich vor allem die (wenigen) Originale der Perücken neben der zeitgenössischen Standartliteratur (Garsault) kennen. Vergleichend mit dem bedeutenden Werk Garsaults werden die erhaltenen Originalperücken in die damaligen Bezeichnungen und Gruppen von Perücken eingeordnet. Der Vorteil liegt auf der Hand, man bekommt in diesem wichtigen Buch eine Übersicht über die Perücken, welche man sonst nur einzeln verstreut in Museen in ganz Europa betrachten kann.

Die wenigen Originale von Perücken der Zeit kenne ich derzeit aus:
Stockholm: Livrustkammaren
München: Bayerisches Nationalmuseum
Nürnberg: Germanisches Nationalmuseum
Manchester: Gallery of Costumes
Ludwigsburg: Kostümkundemuseum im Schloss Ludwigsburg
 
Als ich den Thread überflog, fiel mir noch etwas zu den Fischbeikorsetts ein. Zar Peter I. besuchte bei seiner "Großen Gesandtschaft" auch den Brandenburger Hof von Friedrich III. Beim Tanz soll einer der Russen sich über die Korsettstangen gewundert haben: "Die deutschen Frauen haben harte Rippen".
 
Beim Tanz soll einer der Russen sich über die Korsettstangen gewundert haben: "Die deutschen Frauen haben harte Rippen".
Sind sie also den preußischen Hofdamen so nahe gekommen, dass sie die Schnürleiber durch die Kleider fühlen konnten?:nono: :cool:

V.a. ist die kleine Geschichte natürlich ein amüsanter Beleg dafür, dass in Russland scheinbar noch nicht die westeuropäische Mode angekommen war.
 
Sind sie also den preußischen Hofdamen so nahe gekommen, dass sie die Schnürleiber durch die Kleider fühlen konnten?:nono: :cool:

V.a. ist die kleine Geschichte natürlich ein amüsanter Beleg dafür, dass in Russland scheinbar noch nicht die westeuropäische Mode angekommen war.

Die westeuropäische Mode hat Peter dann ja auch erst nach seiner Europareise mit Zwang und Gewalt eingeführt. An den Stadttoren wurden Muster deutscher oder polnischer Kleidung aufgehängt bekannt ist aus diesem Zusammenhang ja auch die Bartsteuer. Interessanterweise waren es dann vor allem die Damen der Moskauer Gesellschaft, die sich bereitwilliger der europäischen Mode öffneten. Sie bestellten sich Kleider aus London, Paris und Amsterdam, und dieses Beispiel machte schließlich Schule. So gewalttätig Peter war, die rechtliche Lage der Frauen hat er doch stark verbessert.
 
An den Stadttoren wurden Muster deutscher oder polnischer Kleidung aufgehängt bekannt ist aus diesem Zusammenhang ja auch die Bartsteuer.
Wozu? Zum Vergleich? Ich meine in Polen war die Kleidung doch im ganzen 18.Jh. noch sehr traditionell und wenig von der westeuropäischen Mode beeinflusst. Wenn man sich die Gemälde von Belotto von Warschau anschaut, erkennt man selbst bei der Herrenkleidung der Oberschicht noch traditionelle polnische Kleidung.
 
Hallo, kann mir jemand vielleicht etwas zu der Mode gegen Ende des 18. Jahrhunderts in Europa insbesondere der Schweiz und Deutschland erzählen? Am meisten interessiert mich Alltagskleidung der Männer, junge Männer von 17 - 25. Welche Kleidung an Universitäten und schulen, im alltag allgemein üblich waren. Wann wurden Perrücken getragen, wurden sie von einfachen Männern (d.h. zwar wohlhabend, aber keine Mitglieder eines Königshaus oder beim Militär tätig) getragen?

Links insbesondere Bilder wären hilfreich.
Ich hab mich dumm gesucht, es tut mir leid >___<
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
@ murty

Deine Mailadresse wird aus bestimmten Gründen bald von den Moderatoren gelöscht.

So speziell kenne ich mich mit der Schweiz nicht aus. Auf Anhieb fallen mir Abbildungen von der Karlsschule ( Karlsschule 1773-80 ) ein. Aber wir hatten das Thema Studentische Kleidung schonmal, wobei man anmerken kann, dass diese bisweilen auch uniformelle Züge hatte.
Schau mal dort: http://www.geschichtsforum.de/f16/studentische-kleidung-um-1800-a-15143/

Ich kenne Schweizer Mode nur von Gemälden, die im "Haus zum Kirschgarten" in Basel hängen. Grundsätzlich kann man zu ziviler Herrenmode des letzten Jahrhundertviertels von folgenden Kleidungsstücken ausgehen:
- Hut: Chapeau à Jockey (hoher Hut, Vorform des Zylinders) oder Androsmane (Zweieinhalbspitz), wenn es sehr altmodisch zugeht auch noch Dreispitz (kenne ich von einer Schweizer Tracht des 18.Jh.)
- Halsbinde, Halstuch (zumeist Tuch aus Seide quadratisch) oder Cravate (rechteckiges Tuch aus Seide oder Leinen)
- Weste (mit Schößen) oder Gilet (ohne Schöße)
- Hemd (als Unterwäsche !) vermutlich noch mit Verzierung an Jabot (Brustsschlitz) und Hemdpreischen (Manschetten)
- Kniebundhose mit Klappenverschluss
- Strümpfe (etwa so lang dass sie zur Hälfte des Oberschenkels reichen)
- Schuhe oder Stiefel

Accessoires wie Uhr, Tabaksdose, Schnupftuch etc. versteht sich, gehörten noch dazu und waren Teil der Mode. Es kommt auf die genaue Dekade des Jahrhunderts an, ob noch Degen getragen wurden. Außerdem ist das Material der Kleidung vom Vermögen, der Region und weiteren Faktoren abhängig.

Grob zur Orientierung kann ich Dir Bilder wie hier 18th Century Rococo Fashion, 1780-1799 empfehlen. Klick Dich ein bisschen durch die Seite, Du wirst auch eine Führung durch die Herrenmode dort finden. Wobei allein schon der Wandel, den man auf den dazugehörigen Bildern erkennen kann, recht augenscheinlich sein dürfte.
 
Zurück
Oben