Trotzdem: Für einen Soldaten/Krieger gibt es eine natürliche Altersgrenze, die zu unter- oder zu überschreiten nicht mehr sinnvoll ist.
sicherlich - - aber ändert das was am Prestige des "Kriegerstands" in den cheruskischen, markomanischen, semnonischen usw. Gesellschaften der fraglichen Zeit?
Gewiß ist das nur eine Annahme, da wir keine demographischen Quellen und keine repräsentativen Umfragen haben - aber ich erinnere mich, dass bei Herwig Wolfram "das Reich und die Germanen" in den ersten Kapiteln einiges über das Prestige des Kriegers, des Helden, des Warlords zu lesen ist.
 
Die Begeisterung für das Kriegshandwerk beeinflusst die Altersgrenzen nicht. Ein zu junger oder zu alter Krieger kann die Leistung einfach nicht bringen, die von einem 30- oder 40-jährigen Krieger verlangt werden kann – nicht umsonst war das Alter für einen Legionär nach unten und oben beschränkt.
 
Die Begeisterung für das Kriegshandwerk beeinflusst die Altersgrenzen nicht.
Natürlich nicht - aber dergleichen hatte ich nicht einmal angedeutet, insofern leuchtet mir nicht ein, was das mit meiner Überlegung zu tun hat.
Möglicherweise hatte ich mich missverständlich oder verkürzt ausgedrückt? Dann nochmal anders: In den erwähnten germanischen Gesellschaften hatte der Kriegerstand ein sehr hohes Prestige, insofern ist es nicht verwunderlich, wenn man von einem für heute sehr hohen Anteil von ca ein Fünftel der Bevölkerung ausgeht. Das deckt sich auch mit den Relationen der "vandalischen Volkszählung".
 
In den erwähnten germanischen Gesellschaften hatte der Kriegerstand ein sehr hohes Prestige, insofern ist es nicht verwunderlich, wenn man von einem für heute sehr hohen Anteil von ca ein Fünftel der Bevölkerung ausgeht.
Auch in Deutschland hatte das Militär bis zum II. Weltkrieg ein hohes Prestige, trotzdem hat man es nur auf 10 % der Gesamtbevölkerung gebracht, inkl. Zwangsrekrutierungen. Und auch das nur, weil man Zwangsarbeiter einsetze – Zitat aus Wikipedia:
Die deutsche Kriegswirtschaft, Industrie und Landwirtschaft wären ohne das Millionenheer deportierter Fremdarbeiter und Kriegsgefangener zusammengebrochen; deren Zahl stieg von 1,2 Millionen im Jahr 1941 auf 7,8 Millionen im Jahr 1944
Mit anderen Worten: Fast 10 % der ursprünglichen Bevölkerung - eben die Soldaten - musste man mit Zwangsarbeitern ersetzen, um das Leben in Deutschland aufrecht erhalten zu können. Und als die nach dem Krieg weg waren, gab es in Deutschland eine Hungersnot, der nach Schätzungen mehrere hunderttausend Menschen zum Opfer fielen.
 
Auch in Deutschland hatte das Militär bis zum II. Weltkrieg ein hohes Prestige, trotzdem hat man es nur auf 10 % der Gesamtbevölkerung gebracht, inkl. Zwangsrekrutierungen. Und auch das nur, weil man Zwangsarbeiter einsetze – Zitat aus Wikipedia:
Damals war Krieg noch keine Materialschlacht in der Millionen Granaten hergestellt und sofort verschossen werden und so weiter. Andererseits war die Nahrungsproduktion arbeitsimntensiver.
 
Auch in Deutschland hatte das Militär bis zum II. Weltkrieg ein hohes Prestige, trotzdem hat man es nur auf 10 % der Gesamtbevölkerung gebracht, inkl. Zwangsrekrutierungen. Und auch das nur, weil man Zwangsarbeiter einsetze – Zitat aus Wikipedia: Mit anderen Worten: Fast 10 % der ursprünglichen Bevölkerung - eben die Soldaten - musste man mit Zwangsarbeitern ersetzen, um das Leben in Deutschland aufrecht erhalten zu können. Und als die nach dem Krieg weg waren, gab es in Deutschland eine Hungersnot, der nach Schätzungen mehrere hunderttausend Menschen zum Opfer fielen.
Das, lieber Dion, sind Äpfel-und Birnenvergleiche. Du vergleichst eine Zeit ohne soziale und v.a. ökonomische Differenzierung (im Grunde war jeder Bauer), in der praktisch jeder wehrfähig sein musste, mit einer Zeit mit einer großen sozialen, v.a. aber auch ökonomischen Differenzierung, mit zeitlich begrenzter Wehrpflicht auf der einen Seite und einer Berufsarmee auf der anderen Seite, die vom Staat unterhalten werden musste (dahingegen musste der germanische Bauer seine Waffen selber unterhalten).
 
Klar, später und eigentlich bis heute gilt der Begriff „Barbar“ für all jene, die auf einer „niedrigen“ kulturellen Stufe leb(t)en als Römer, Europäer, etc.
Was heißt "später"? Wir sprechen doch von einer Zeit, in der die Römer klassisches Latein sprachen und mit dem Germanenbegriff hantierten. Und im klassischen Latein hat barbarus schon die Bedeutung 'roh, wild, ungebildet, unkultiviert'.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das, lieber Dion, sind Äpfel-und Birnenvergleiche. Du vergleichst eine Zeit ohne soziale und v.a. ökonomische Differenzierung (im Grunde war jeder Bauer), in der praktisch jeder wehrfähig sein musste, mit einer Zeit mit einer großen sozialen, v.a. aber auch ökonomischen Differenzierung, mit zeitlich begrenzter Wehrpflicht auf der einen Seite und einer Berufsarmee auf der anderen Seite, die vom Staat unterhalten werden musste (dahingegen musste der germanische Bauer seine Waffen selber unterhalten).
Auch ein Legionär musste sich seine Bewaffnung (passive wie aktive) selbst besorgen und unterhalten.

Und natürlich war in "Germanien" damals praktisch jeder ein Bauer, der weiter Nahrung für seine Familie und die Krieger produzieren musste. Daher konnten Krieger praktisch nur überschüssige Söhne werden – Zitat aus Wikipedia: Bei den antiken Kelten war es üblich, dass sich überschüssige Söhne neues Land suchten und sich als Söldner verdingten.

Da in "Germanien" laut Heiko Steuer eine Überbevölkerung herrschte, passt hier die Theorie über „Youth Bulge“ von Gunnar Heinsohn haargenau – siehe dazu auch das Interview in der NZZ: Wo es zu viele junge Männer gibt, wird getötet.
 
Auch wenn du alle 20 Beiträge mit Gunnar Heinsohns Youth Bulge-These kommst: Diese ist als Erklärungsmodell umstritten. Im Übrigen konnten sich vor allem diejenigen gute Waffen leisten, die auch entsprechend Überschüsse erwirtschafteten. Das war auch eine Frage von Prestige.
 
Und natürlich war in "Germanien" damals praktisch jeder ein Bauer, der weiter Nahrung für seine Familie und die Krieger produzieren musste. Daher konnten Krieger praktisch nur überschüssige Söhne werden – Zitat aus Wikipedia: Bei den antiken Kelten war es üblich, dass sich überschüssige Söhne neues Land suchten und sich als Söldner verdingten.
Falsche Schlussfolgerung. Also egal, ob der Wikipedia-Artikel das so korrekt wiedergibt, ist das ein Artikel über Söldner, nicht über Krieger. Jeder Söldner ist ein Krieger, aber nicht jeder Krieger ist auch ein Söldner.
 
Und natürlich war in "Germanien" damals praktisch jeder ein Bauer, der weiter Nahrung für seine Familie und die Krieger produzieren musste. Daher konnten Krieger praktisch nur überschüssige Söhne werden
Auch bei den Römern mussten Bauern Nahrung produzieren - trotzdem wurden sie in der meisten Zeit der Republik im Bedarfsfall als Krieger eingezogen. Das führte zwar zu veritablen wirtschaftlichen und sozialen Problemen, änderte aber trotzdem nichts daran. Ich sehe also keinen Grund anzunehmen, wieso bei den Germanen produzierende Bauern geschont worden sein sollten.
 
Nicht erst da. Wenn man der freilich unzuverlässigen Überlieferung Glauben schenken will, waren bereits in der frühen Republik Überschuldung von dienstpflichtigen Bauern und daraus resultierende Schuldknechtschaft ein Problem.
 
Auch wenn du alle 20 Beiträge mit Gunnar Heinsohns Youth Bulge-These kommst: Diese ist als Erklärungsmodell umstritten.
Das sagt nichts, denn eine These ist umstritten, sobald ihr jemand widerspricht.

Hast du eine ändere Erklärung, warum „Germanen“ so viele Krieger hatten, dass sie sie nach Rom exportieren konnten?

Aus Wikipedia:

"Mit diesen Reformen [des Marius bzw. im Laufe des letzten vorchristlichen Jahrhunderts] setzte sich auch die Wandlung der Legion von einer Bürgerarmee zur Berufsarmee durch.
(…)
Kaiser Augustus schuf ein stehendes Heer, dessen Legionen in den Provinzen an den Grenzen des Reiches stationiert waren. In der Kaiserzeit lag die Gesamtzahl für lange Zeit bei etwa 30 Legionen."


Und die Varusschlacht fand in der Zeit des Kaisers Augustus statt, daher waren die 3 Varus Legionen mit Berufssoldaten bestückt und mit Hilfstruppen ergänzt, deren Soldaten überwiegend noch kein römisches Bürgerrecht hatten.

..soll eindrucksvoll wirken, sagt aber demographisch so ziemlich gar nichts.
Das war nur eine Antwort auf eine Bemerkung El Quijotes, was du unschwer erkennen kannst.

Also egal, ob der Wikipedia-Artikel das so korrekt wiedergibt, ist das ein Artikel über Söldner, nicht über Krieger.
Ich habe das über die Kelten zitiert, weil auch Germanen Söldner im Dienste Roms waren.

Auch bei den Römern mussten Bauern Nahrung produzieren - trotzdem wurden sie in der meisten Zeit der Republik im Bedarfsfall als Krieger eingezogen.
Diesen Bedarfsfall gab es bei Augustus und in den ersten zwei nachchristlichen Jahrhunderten nicht. Auch später warb und bezahlte man lieber (fremde) Söldner, als Besitzer von Latifundien zum Kriegsdienst einzuziehen. Und in der römischen Landwirtschaft arbeiteten vor allem Sklaven, die per se damals nicht Soldaten werden konnten.

Ich sehe also keinen Grund anzunehmen, wieso bei den Germanen produzierende Bauern geschont worden sein sollten.
Es gibt dafür einen simplen Grund: Es gab anscheinend in Germanien genug dritt und viert (etc.) geborene Söhne, die nur darauf warteten, in den Krieg (Prestige!) zu ziehen, Beute zu machen, ev. eine Familie zu gründen und selbst ein Stück Land zu bewirtschaften.

... waren bereits in der frühen Republik ...
Wir reden hier aber nicht von der frühen Republik, sondern über die Zeit des Augustus.
 
Es gibt dafür einen simplen Grund: Es gab anscheinend in Germanien genug dritt und viert (etc.) geborene Söhne, die nur darauf warteten, in den Krieg (Prestige!) zu ziehen, Beute zu machen, ev. eine Familie zu gründen und selbst ein Stück Land zu bewirtschaften.
Damit willst du erneut Youth Bulge zur Ursache deklarieren.
Allerdings ist es nicht leicht, mit dir zu diskutieren, denn du springst hin und her, nimmst nicht zur Kenntnis, was an Argumenten beigesteuert wird (um sich dem Gegenstand zu nähern), sondern postulierst in ex cathedra Ton deine Vorlieben.
Nochmal:
1. Wir haben als Vergleich die überlieferte "vandalische Volkszählung" mit ca ein Fünftel-Viertel Kriegern.
2. Wir haben die demografischen Schätzungen von Steuer, welche auf besiedlungsarchäologischen Befunden beruhen und die ebenfalls auf ca ein Fünftel-Viertel Kriegern kommen
3. Wir wissen aus den Quellen, dass die Cherusker in pro Rom und kontra Rom Lager gespalten waren (ein Indiz für eben keine dünne Besiedlung, weil nur die kontra Rom Fraktion die Kontingente gegen Varus aufbrachte)
4. Wir haben aus indirekten Quellen Indizien für das immense Prestige des Kriegerstands in den gentilen germanischen Gesellschaften (Wolfram fasst das sehr schön zusammen)
5. Die Cherusker hatten keine großstädtische arbeitsteilige Kultur, die Karrieremöglichkeiten waren weitaus weniger zahlreich

Da brauchen wir kein Youth Bulge, um den hohen Anteil an Kriegern zu erklären.
 
Hast du eine ändere Erklärung, warum „Germanen“ so viele Krieger hatten, dass sie sie nach Rom exportieren konnten?
Das ist eine suggestive Frage, die auf die falsche Fährte führt. Viel wichtiger ist das Entwicklungsgefälle. Und zunächst einmal war es Rom, das über die Alpen und über den Rhein hinaus ausgriff. Was dann die Germanen interessierte, welche Begehrlichkeiten Rom weckte, das wäre die korrekte Frage.

Ich habe das über die Kelten zitiert, weil auch Germanen Söldner im Dienste Roms waren.
Du hast behauptet, dass nur überschüssige Söhne Krieger werden könnten. Tatsächlich stand aber in dem zitierten Text (Wikipedia-Artikel Söldner) nur, dass angeblich besonders viele von Hannibals Söldner-Truppen Kelten waren, weil das Söldner-Handwerk besonders attraktiv für „überschüssige“ Söhne sei. Daraus hast du den Fehlschluss gezogen, dass die erbberechtigten Söhne keine Krieger wurden (sie hatten tatsächlich nur keinen bzw. weniger Anlass, sich als Söldner zu verdingen, da sie ja der Theorie zufolge als Erbberechtigte bereits über Gut verfügten) und diesen Fehlschluss dann noch von den Kelten auf die Germanen übertragen.
 
1. Wir haben als Vergleich die überlieferte "vandalische Volkszählung" mit ca ein Fünftel-Viertel Kriegern.
2. Wir haben die demografischen Schätzungen von Steuer, welche auf besiedlungsarchäologischen Befunden beruhen und die ebenfalls auf ca ein Fünftel-Viertel Kriegern kommen
3. Wir wissen aus den Quellen, dass die Cherusker in pro Rom und kontra Rom Lager gespalten waren (ein Indiz für eben keine dünne Besiedlung, weil nur die kontra Rom Fraktion die Kontingente gegen Varus aufbrachte)
4. Wir haben aus indirekten Quellen Indizien für das immense Prestige des Kriegerstands in den gentilen germanischen Gesellschaften (Wolfram fasst das sehr schön zusammen)
5. Die Cherusker hatten keine großstädtische arbeitsteilige Kultur, die Karrieremöglichkeiten waren weitaus weniger zahlreich

Da brauchen wir kein Youth Bulge, um den hohen Anteil an Kriegern zu erklären.
Zu 1 – ja.
Zu 2 – jaein, denn Steuer spricht von einem Fünftel, du von einem Viertel; woher hast du das?
Zu 3 – ja. Das ist ein Indiz für dichte Besiedlung, aber auch, dass nicht die ganze Bevölkerung für den Krieg war. Daraus folgt: Die Zahl der Krieger, die Steuer angibt, kann nicht stimmen, denn das berechnete Fünftel bezog sich auf die Gesamtbevölkerung.
Zu 4 – ja.
Zu 5 – ja. Je weniger Karrieremöglichkeiten den überschüssigen Söhnen geboten werden, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu Waffen greifen. Das ist das typische Argument für das Youth Bulge.

Was dann die Germanen interessierte, welche Begehrlichkeiten Rom weckte, das wäre die korrekte Frage.
Die Begehrlichkeiten nützen einem nichts, wenn du nicht die Mittel hast, sie zu erreichen. Die Germanen hatten offenbar diese Mittel – in Form überschüssiger Söhne. Die machten, wenn sie sich nicht mit anderen Stämmen bekriegten, Raubzüge ins römische Gebiet oder verdingten sich Rom als Söldner – und ließen sich nach der Entlassung aus dem Dienst auf dem ihnen geschenkten Land nieder, gründeten Familien. Oder sie kehrten zurück zu ihrem Stamm und lehrten vielleicht ihre Landsleute auf römische Art zu leben und zu kämpfen.

Du hast behauptet, dass nur überschüssige Söhne Krieger werden könnten. Tatsächlich stand aber in dem zitierten Text (Wikipedia-Artikel Söldner) nur, dass angeblich besonders viele von Hannibals Söldner-Truppen Kelten waren, weil das Söldner-Handwerk besonders attraktiv für „überschüssige“ Söhne sei. Daraus hast du den Fehlschluss gezogen, dass die erbberechtigten Söhne keine Krieger wurden (sie hatten tatsächlich nur keinen bzw. weniger Anlass, sich als Söldner zu verdingen, da sie ja der Theorie zufolge als Erbberechtigte bereits über Gut verfügten) und diesen Fehlschluss dann noch von den Kelten auf die Germanen übertragen.
Ich sehe nicht, dass das ein Fehlschluss war, denn die Begründung – von mir fett herausgestellt – für dessen Richtigkeit hast du selbst geliefert.
 
Ich sehe nicht, dass das ein Fehlschluss war, denn die Begründung – von mir fett herausgestellt – für dessen Richtigkeit hast du selbst geliefert.
????

Noch mal: Der Wikipedia-Artikel behandelte Söldner. Söldner sind Menschen, die ihre Arbeits- bzw. in diesem Falle Kampfkraft verkaufen (müssen), weil sie sonst kein Auskommen haben.
Dagegen die erbberechtigten Söhne, von denen du behauptet hast, sie wären keine Krieger: Dieser können sich zwar auch als Söldner verdingen, haben aber die ökonomische Notwendigkeit nicht, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, da sie ein Auskommen haben. Wir reden hier von bäuerlichen Gesellschaften, welche noch keine ökonomische Differenzierung kannten, bzw. wo es das höchste der Gefühle an ökonomischer Differenzierung war, wenn ein Wanderhandwerker luxuriöse Keramik feilbot oder drei Dörfer sich einen Schmied teilten. Da musste auch jeder Bauer in der Lage sein, sich zu verteidigen.
 
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