Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Ich sprach ja auch von "etwas" einseitig.
Nach diesem Link kann ich das überhaupt nicht nachvollziehen:
Festungen in Belgien

Wenn man unbedingt will, ist kann man einzig den Festungsgürtel um Lüttich als "gegen Preussen/Deutschland gerichtet" ansehen, alle anderen Festungen (ich meine aber eigentlich auch Lüttich) sind entweder zur Sicherung der belgisch-französischen Grenze, oder -unabhängig vom Eindringling- ganz generell zur Sicherung von strategisch wichtigen Plätzen gedacht.
Ich sehe da kein speziell anti-deutsches Verhalten, sondern allgemeine militärische Notwendigkeit aufgrund der Tatsache, dass Belgien kein ausreichend großes Feldheer hatte, um wem auch immer zu widerstehen.

Gruss, muheijo
 
Lüttich, Namur und Antwerpen waren die Festungen. Namur war Ende des 19.Jahrhunderst massiv ausgebaut worden. Es wurde ein ganzer Festungsring um Namur gezogen. Die Festung Lüttich wurde Ende des 19.Jahrhunderts erbaut. Es ist auch der Zeitpunkt, wo nicht mehr Frankreich als Bedrohung und Gefahr für die belgische Neutralität erkannt wurde, sondern eben das Deutsche Reich. Bekanntermaßen haben Frankreich und Russland 1892/94 ihre Militärkonvention abgeschlossen und in einem Krieg war es aus belgischer Sicht nicht unwahrscheinlich, das Deutschland durch belgisches Territorium marschieren würde. Unterschätzt wurde die französische Gefahr.
Schlieffen wollte mit seinem Schwenk jedenfalls die genannten drei Festungen samt ihren ganzen zahlreichen Forts einnehmen, um rasch nach Frankreich vorzustoßen und im Rücken möglichst keine Landung von feindlichen Truppen zuzulassen.

Die Wellington Barriere war total veraltet und war nach den napoleonaischen Kriegen, also nach 1815, erbaut worden.

Deshalb meine Ausführung etwas einseitig.
 
Dritte? Habe ich eine übersehen? Kannst du den Wiki Artikel bitte mal verlinken?
Zwei negative Rezensionen verlinkt von Sepiola in #53 und eine wurde von mir verlinkt. Das macht zusammen drei.

Der wiki Link war unübersehbar in #46 - aber bitte dann eben noch mal:
Felddienstordnung – Wikipedia

Das deutsche Weißbuch war natürlich tendenziös. Es war eine Antwort auf alliierte Kriegspropaganda und in diesem Propagandazusammenhang muss man es auch sehen. Dies würdigen u.a. die Historiker Wieland, Schöller, Horne und Kramer. Der Fotohistoriker Keller von der Universität Santa Barbara nimmt das Weißbuch wörtlich und unterlässt Quellenkritik. Dadurch erhält er natürlich negative Rezessionen in der Fachpresse.

Es ist mir auch absolut unverständlich, wie man Massaker an der Zivilbevölkerung wie z.B. in Dinant oder Löwen mit angeblichen Franctireursaktivitäten rechtfertigen will. Selbst wenn es Franctireurs gegeben hätte, was nicht nachweisbar ist, hätte man sie, wenn man sie ergreift, gemäss der Haager Landkriegsordnung als Kriegsgefangene behandeln müssen und nicht einfach erschiessen. Kollektive Exekutionen von 10% der Einwohner einer Ortschaft wie in Dinant - Männer, Frauen, Kinder (14 Kinder unter fünf Jahren, das älteste Opfer war 88 Jahre alt) - lassen sich nicht durch "Frantireursaktivitäten", die auch dort nicht nachweisbar sind, entschuldigen. Das hat die Bundesregierung im Jahr 2001 eingesehen und sich offiziell dafür entschuldigt.

Daher ist es gerechtfertigt, wenn man Keller einen Geschichtsrevisionisten nennt, wie das auch in seinem wiki-Artikel der Fall ist. Er bedient Positionen deutscher Geschichtschreibung der Kaiserzeit, der Weimarer Republik, der NS-Zeit und der ganz frühen Bundesrepublik, die bereits von Schöller in den 50er Jahren widerlegt wurden. Nur weil Kellers Werk neuer ist, bringt es nichts Neues, sondern wiederholt bereits widerlegte Positionen aus einer nationalistischen Epoche.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwei negative Rezensionen verlinkt von Sepiola in #53 und eine wurde von mir verlinkt. Das macht zusammen drei.

Richtig; nur das ich die Beiträge von @Sepiola bei mir nicht sehe. Sorry für die Nachfrage Und ich finde nicht, das es zu viel verlangt ist den Link dazu zu posten, wenn du Wikipedia als Quelle bemühst, dort ist auch nicht immer der Weisheit letzter Schluss zu lesen, dann gehört m.E. nach auch eine Verlinkung zum betreffenden Beitrag schon dazu.

Wieland sein Interesse an einen Verriss von Keller ist nun sehr offenkundig. Gert Krumreich ist auch nicht irgendwer, sondern, ich wiederhole mich, ein ausgewiesener Expert. H/S:Kult ist ebenfalls seriös. Wie kommt Wieland dazu einfach pauschal Tausende von beeideten Aussagen als unglaubwürdig einzustufen?

Deinen Ausführungen entnehme ich, das du die Bücher nicht gelesen hast, denn ansonsten würdest du nicht dein Unverständnis hinsichtlich der Franktireurstätigkeit in Bezug auf Löwen und Dinnat zum Ausdruck bringen.

Ich würde meinen, das es schon von einiger Bedeutung ist, sich eben alle Quellen, nicht nur die belgischen, die dann natürlich alle glaubwürdig sind, gerade bei solch schwerwiegenden Vorgängen, anzusehen. Keller und Spaul haben dies geleistet.

Und ich bin nicht der Meinung, das Keller und Spraul Geschichtsrevisionisten sind. Herr Krumreich übrigens ganz sicher auch nicht. Und auch H/S/Kult ebenfalls nicht. Das, so scheint mir, ein wenig vorschnell und nicht gerechtfertigt zu sein. Auch Clark ist vor einem Jahrzehnt heftig kritisiert worden. Das gleiche gilt für einen Andreas Rose und Stefan und Rainer Schmidt. Die genannten Historiker weichen mit ihren Arbeitsergebnissen von Mainstream ab und dann landen sie ruckzuck in der Schublade des Revisionisten.

Aber deine Worte sind klar und nicht misszuverstehen, deshalb spare ich mir weitere Worte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie kommt Wieland dazu einfach pauschal Tausende von beeideten Aussagen pauschal als unglaubwürdig einzustufen?
Er kommt dazu, weil die "beeideten Aussagen" im Weißbuch erschienen sind. Dort hat man mit Suggestivfragen gearbeitet, um den gewünschten Propagandaeffekt zu erzielen - ein Effekt der u.a. bei Keller heute noch funktioniert.

Gert Krumreich ist auch nicht irgendwer, sondern, ich wiederhole mich, ein ausgewiesener Expert. H/S:Kult ist ebenfalls seriös.
Was schreibt denn H/S Kult zu Keller? Ich konnte da nichts finden.

Sorry für die Nachfrage Und ich finde nicht, das es zu viel verlangt ist, wenn du Wikipedia als Quelle bemühst, dort ist auch nicht immer der Weisheit letzter Schluss zu lesen, dann gehört m.E. nach auch eine Verlinkung zum betreffenden Beitrag schon dazu.

Was in #46 geschehen ist. Hier noch mal wortwörtlich:

Interessant übrigens wie die deutsche Heeresleitung bereits vor dem 1.Weltkrieg versuchte die Haager Landkriegsordnung aus der "Felddienstordnung" der deutschen Armee herauszuhalten:
"1911 erfolgte eine Anpassung der Felddienstordnung 1908: Um die für Deutschland am 26. Januar 1910 in Kraft getretene Haager Landkriegsordnung umzusetzen, wurde vom Kriegsministerium am 12. Dezember 1911 verfügt, dass der Wortlaut der Haager Landkriegsordnung der Felddienstordnung einfach angehängt wird.

Eine Kodifizierung dieses neuen humanitären Völkerrechts in einfache Regeln für die Soldaten und Offiziere erfolgte nicht. Das reine Nebeneinanderstellen der Felddienstordnung von 1908 und der Haager Landkriegsordnung wird als Mit-Ursache für Kriegsverbrechen durch deutsche Soldaten im Ersten Weltkrieg angesehen."
Felddienstordnung – Wikipedia
 
Dass die Quellen beider Seiten gefärbt sind, enthebt nicht von der Verpflichtung beide Gruppen zu berücksichtigen.

Dann geht es um die Partisanen-, nicht die Massaker-Frage.

Was ich mich - in Kenntnis der Zustände bei einigen anderen, früheren Kriegen - immer gefragt habe: Waren in Kürze der Zeit denn überhaupt alle Belgischen Einheiten ordentlich uniformiert oder gab es da Verwechslungsmöglichkeiten mit Partisanen?
 
Hm, der Status der Garde Civique scheint tatsächlich problematisch. Einsatz im Inneren und dem Innenministerium unterstellt. Hilfspolizei oder Landwehr ist da die Frage. Aber das müssen andere entscheiden, die mehr über diese Truppe wissen.

Problematisch auch, wenn Gardisten, 33 oder älter keine Uniformteile besaßen. Das war ja in jedem Fall vorgeschrieben. Im Zweifel galt letzteres ja sogar als Beweis. Hatten die Belgier dafür vielleicht Armbinden?

Kämpfer in Zivil wären jedenfalls für den durchschnittlichen Soldaten als Partisanen erschienen. Das habe sogar ich noch so gelernt. Das sind dann auch materiell keine Kriegsgefangenen, sie werden nur zur Sicherheit erst mal formal als solche behandelt. Unschuldsvermutung und so.

Werden Partisanen nicht strafrechtlich verfolgt, galt das übrigens auch als Völkerrechtsbruch, da sich die Staaten dazu verpflichtet hatten. Das darf bei den Irritationen um die Garde Civique nicht vergessen werden.

Für andere Einberufene und Reservisten hatte Belgien Uniformen eingelagert? (1914, noch mit Naturstoffen? Selbst für Preußen war das nicht so einfach, wie sich das anhört. Bei kleineren Armeen habe ich da meine Zweifel.)
 
Da steht ausdrücklich, dass das nur für den 1ière ban galt.
Vielleicht liege ich ja falsch, aber ich lese das lediglich so - sowohl in der engl. als auch in der dän. Seite - , dass der 1.ban sich die Uniformen selbst besorgen muss. Das sagt nichts darüber aus, ob und wie andere ausgerüstet sind. Wenn im 2. ban (kamen die überhaupt zum Einsatz?) z.B. frühere Aktive des 1. ban sind, dürften sie ja Uniformen von früher haben.
Auf der ndl. Seite verstehe ich es so, dass ca. 45.000 Gardisten 1914 einberufen wurden - das entspricht ja etwa dem 1. ban.

Gruss, muheijo
 
Das gilt nur für den ersten ban. Punkt. Was ist mit dem Rest.

45.000 - 35.000=10.000 Oder zählen da Quellen unterschiedlich?
 
Also ich verstehe es so, dass Mitglieder der garde civique selbst für ihre Uniformen aufkommen mussten. Das ganze scheint auch als eine Art "Ersatzdienst" gedient zu haben. Die englische wiki besagt: "Membership in infantry units located in urban areas was in principle obligatory for adult men who could afford their own uniforms and had not served in the regular army." Also: Die Mitgliedschaft in Infantrie Einheiten (der Garde Civique) in städtischen Gebieten war im Prinzip verpflichtend für jeden Mann, der sich eine Uniform leisten konnte und nicht in der regulären Armee gedient hat.
Dem entnehme ich, dass Uniformen der Regelfall war, wie man auch auf den Fotos bei wiki sehen kann.

Die Deutschen erwarteten sehr viel schneller in Belgien vorrücken zu können, wie es auch im Schlieffenplan vorgesehen war. Die französische Wiki führt weiter aus:

"In Löwen leistet die Bürgergarde mehrere Stunden lang Widerstand gegen die deutschen Truppen. Dieser unerwartete Widerstand einer para-militärischen Truppe erzürnte das deutsche Oberkommando, das damit drohte, die Bürgerwehren erschießen zu lassen, da sie seiner Meinung nach Freischärler waren, die nicht der Genfer Konvention über die Gesetze des Krieges unterlagen. Diese Anschuldigung war bereits gegen verschiedene Teile der Zivilbevölkerung erhoben worden und hatte zu Vergeltungsmaßnahmen der deutschen Armee geführt. Zu dieser Bedrohung kamen Ausschreitungen und Zerstörungen hinzu, die die Bevölkerung und zivile Güter betrafen, wie der Brand der Universitätsbibliothek in Löwen und unter anderem die Massaker in Arlon, Ethe-Latour, Tamines, Aarschot, Beerse, Roeselare (Roeselare), Spontin, Anloy, Neufchâteau, Dinant, Handzame"

Übersetzt mit www.DeepL.com/Translator (kostenlose Version)

Zur deutschen "Vorwärts-Panik" scheint sich auch eine "Franctireurs-Panik" gesellt zu haben.
 
Die meisten Quellen (Horne/Kramer, Keller, engl. Wikipedia) sprechen von landesweit ca. 100000 Mann in der garde civique non-active (=2. ban). Sie wurden in den ersten Kriegstagen per königlichem Dekret aktiviert.

Auf diesem Bild ist angeblich eine Einheit dieser inaktiven Garde Civique eines unbekannten Ortes in Belgien. Die Abgebildeten scheinen sich einigermaßen an die Vorgaben gehalten zu haben:
garde_civique_b.jpg

Beim Dritten und Vierten von rechts meine ich eine Armbinde zu sehen und bei vier Personen mit Hut kann ich eine Kokarde am Hut erkennen. Ob diese, wie vorgeschrieben, in den Nationalfarben waren, ist schwierig auszumachen, sie können aber auch nachträglich ins Foto retuschiert worden sein. Alle außer vielleicht der sitzenden Person tragen eine Art Rock oder Bluse, die blau gewesen sein müsste. Außerdem tragen einige so etwas wie einen Ausweis auf Brusthöhe.
Man nannte sie im Volksmund "les bleus".
Aus: Articles | Récit de Joseph Berlier, pharmacien à Mettet, sur les premiers jours de guerre en août 1914

Partisanen oder Hilfspolizei? So ein einzelnes Foto beweist nicht viel, zeigt aber vielleicht, wie es gedacht war.

Problematischer sind für mich allerdings ihre bewaffneten Kollegen der "aktiven" Garde Civique, die eine militärische Uniform trugen. Sie sind es mMn, die dem Ganzen eben erst einen Landwehr-ähnlichen Charakter gaben.
Um 1880 wollte man deren Uniform ein etwas zivileres Aussehen geben bzw. ihr militärisches Aussehen auf ein Minimum reduzieren und ordnete für einige Einheiten Melonen als Kopfbedeckung an. Ich stimme Frans van Kalken im Artikel L'Armée de l' intérieur zu:
Ce compromis ne fut pas heureux - Dieser Kompromiss war nicht glücklich.
L'Armée de l' intérieur - Persée

In Frankreich gab es zur selben Zeit die Garde Civile, die klarer als Hilfspolizei aufgestellt und nur mit Armbinden ausgerüstet war und mE trotz teilweiser Bewaffnung mit Handfeuerwaffen nicht unter Verdacht geriet. Kann aber auch daran liegen, dass sie kurz nach der Auflösung der belgischen Garde Civique im Oktober 1914 ebenfalls aufgelöst wurde.
 
Und bei dem Anblick brauchen wir nicht fragen, ob die deutschen Zeugnisse erdichtet sind. Das war nicht der Eindruck regulärer Truppen, wenn auch durch Kokarden, Armbinden und Ausweise wohl zulässig, da erkennbar. Der durchschnittliche deutsche Soldat wird keinen Blick dafür gehabt haben, womit die Aussagen gleichzeitig ehrlich sind, während sie einen falschen Eindruck wiedergeben.

Ob Hilfspolizei oder Landwehr war ja sowieso auf anderer Ebene zu klären.
 
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