@Lenin
Ohne dich jetzt beleidigen zu wollen, glaubst du das wirklich?
Ich persönlich würde mir vielleicht sogar zutrauen einem Pfeil relativ sicher auszuweichen. Bei sagen wir mal 5 Pfeilen wäre das schon ganz anders. Außerdem kann man bestenfalls ungefähr einschätzen wo ein Pfeil zu Boden fällt.
Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass eine ganze Gruppe von Soldaten weit verstreut auf einen Feind zumarschiert, dabei aber ständig die Augen zum Himmel richtet, Pfeilen ausweicht und sich dabei weder gegenseitig behindert, noch ihre Geschwindigkeit auf die eines Betrunkenen senkt.
Ganz davon abgesehen würde diese Vorgehensweise den Angreifer einerseits sehr viel Platz kosten und sie außerdem wären sie sehr verwundbar gegenüber Kavallerie. (habe ich glaube ich schon erwähnt)
Erstens ging man auf diese Weise auch gegen das direkte Feuer aus Musketen und Kanonen recht erfolgreich vor und reduzierte den gegnerischen Schusserfolg.
Zweitens schaust Du sehr wohl nach oben, wenn Pfeile anschwirren. Und wenn sie nicht als geschlossene Salve eintreffen, bleibt Raum zum manövrieren, z.B. indem man das Marschtempo kurz anzieht. Hierdurch kann man erreichen, dass die Trefferquote der Langbögen deutlich sinkt. Vermutlich wesentlich unter 5%. Deine sehr naive Schilderung wird den realistischen Gegebenheiten natürlich nicht gerecht. Wie das auch an anderen Stellen bei Dir leider immer wieder der Fall ist.
Warum ist man davon wieder abgerückt?
Ich stimme dir zu, eine Art Spieß als Zweitwaffe ist umständlich, aber doch machbar. Eine Art leichter Speer kann in den Boden gesteckt werden, bis er gebraucht wird. Dass die Muskete mit Bajonett trotzdem einfacher zu handhaben ist, dürfte klar sein.
Aber wie ich schon ein paar mal erwähnt habe, wäre die hypothetische Langbogeneinheit ja durch andere Einheiten geschützt, da sie auch hinter diesen stehen könnte.
Ohne Speere ist sie von dieser abhängig, mit Speeren ist die Bognereinheit weniger effektiv. Dieselbe Entwicklung findet man auch bei den Schusswaffen:
Schweinsfeder ? Wikipedia
Hierzu muss man sich immer wieder vergegenwärtigen, dass ein Gefecht nicht in einem idealisierten Sandkasten stattfand, sondern in einem größeren Zusammenhang und dass eine Einheit auf wechselnde Positionen und Anforderungen möglichst flexibel reagieren können musste. Dieses Bedürfnis ist ein wichtiger Grund, warum sich die Muskete mitsamt Tüllenbajonett letztlich durchsetzte.
Jap, sie brauchen Schutz oder eine gute Position. Auch Musketiere brauchen Schutz vor Kavallerie.
Musketiere schleppen diesen Schutz in einer Kombination aus Feuerwaffe und Pike mit sich rum. Die Waffe erlaubt auch eine engere Formation, als dies m.E. bei Bögen möglich wäre.
Bei Marathon kamen die Griechen meines Wissens in breiter Front aber ohne Tiefe an. Klar dass man so einen Feind unterlaufen kann. Aber spätestens bei der zweiten Salve können sich die Schützen darauf einstellen und den Griechen dürfte auch ihr großer Schild geholfen haben.
Ausgedünnt wurde lediglich die Mitte, um massive Blöcke an beiden Flanken zu bilden, die schließlich die persischen Flanken so weit eindrückten, dass ein Kessel gebildet werden konnte. Im Prinzip ein Vorläufer für Cannae.
Auch wenn der Schild natürlich wichtig war, so ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Griechen den persischen Pfeilhagel erfolgreich unterliefen. Unterlaufen bedeutet nach wie vor nicht, dass niemand getroffen wird, aber die Verluste wären bei schrittweisem Vormarsch letztlich doch größer gewesen.
Es wurde schon erwähnt, dass die Langbogenschützen auch den "Gebietsbeschuss" trainiert haben. Der ist dann wohl indirekt, also in hohem Bogen durchgeführt worden.
Und bei diesem Gebietsschuss habe ich erhebliche Zweifel an einer Trefferquote von 5%, insbesondere wenn der Gebietsschuss nicht durch eine Salve durchgeführt wird.
Wenn man 200 Meter rennt um den Pfeilhagel zu unterlaufen, dann ist man zumindest außer Atem.
Wenn man sich dabei verteilt um auch den vorgehaltenen Salven ausweichen zu können, dann braucht ein Mann mindestens 10 mal so viel Platz um einigermaßen vernünftig ausweichen zu können, oder die Treffer allgemein zu verringern. Das bedeutet, dass die Angreifer auf eine 10 mal so große Fläche verteilt sind, eher in die Breite, wenn sie die Pfeile wirklich unterlaufen wollen. Wenn sie beim Gegner ankommen müssen sie also erst wieder zusammenkommen und das dauert eine Weile.
Gut wenn ihnen dabei keine anderen Truppen, ob nun eignen oder gegnerische, aber diese Situation wäre wohl nur im Sandkasten gegeben.
Und dann wären die Angreifer ja auch noch verwundbar gegen Kavallerie. Ja genau so ist es, egal wie oft du keine Argumente dagegen aufbringst.
Bereits die Annahme, dass die 200 Meter durchgerannt werden müssten ist, wie gezeigt, verfehlt.
Wo Du die behauptete Potenz hernimmst, bleibt völlig schleierhaft. Ich würde diese Angabe auch entschieden bestreiten wollen.
Dass eine in lockerer Formation dahermarschierende Einheit anfälliger für Reiterei ist, versteht sich von selbst. Aber wenn man seine Langbogenschützen schon durch Reiterei retten will, dann sollte man ehrlich sein und in seinem Beispiel auch von der Anwesenheit feindlicher Reiterei ausgehen und ein kombiniertes Vorgehen unterstellen, wie es für die napoleonische Ära üblich war.
Dann löst sich der Einwand in Wohlgefallen auf. Wie gesagt: wenn man ehrlich ist!
Ich weiß nicht warum du immer wieder damit kommst, du konstruierst doch ständig Situationen in denen ALLES gleichzeitig gegen die Bogenschützen eingesetzt wird, gleichzeitig tust du so als wären die Bogenschützen zwangsläufig alleine.
Dann lies meine Beiträge noch ein paar mal nach.
Ich gehe immer davon aus, dass wir hier von gemischten Armeen reden und die einzelnen Einheiten somit den verschiedenen Herausforderungen ausgesetzt sind, die sich zwangsläufig aus dem kombinierten Einsatz aller Waffen ergeben.
Was kann einen Kavallerieangriff im Nahkampf besser abwehren, Musketiere mit Bajonett, oder Pikeniere?
Ich gehe mal davon aus, dass auch du erkennst, dass es Pikeniere sind.
Ich denke wir sind uns auch noch nicht über die Effizienz des Bajonetts einig. Eine Muskete mit Bajonett ist schätzungsweise 1,2 vielleicht 1,5 Meter lang, korrigiert mich wenn ich mich allzusehr vertue.
-Kann man damit die Wucht eines Kavallerieangriffes abfangen?
-Kann man einen Reiter damit effektiv bekämpfen?
-Ist eine Muskete mit Bajonett im Infantrie-Nahkampf einer eventuellen Zweitwaffe wie z. B. einem Schwert oder einer Axt überlegen?
Das ist so nicht richtig. Hierbei kommt es doch ganz auf die Art der Reiterei an!
Caracolla ? Wikipedia
Die Muskete ist insofern hier im Vorteil, weil sie dank des Tüllenbajonetts gegen jede Form feindlicher Reiterei effektiv eingesetzt werden kann.
Der Vorteil der Geschwindigkeit gleicht aber nicht aus, dass ein napoleonischer Reiter leicht durch eine Pfeil getötet werden kann. Die Ritter ließen sich nicht völlig fernhalten, weil sie mit der Zeit immer schwerer gepanzert waren.
Also erstens handelt es sich bei einem napoleonischen Reiter um ein sehr schnelles Ziel.
Dieses ist weniger leicht zu treffen, als sein mittelalterliches Gegenstück.
Diese Feststellung trifft sowohl für die leichte als auch die schwere Reiterei zu.
Was die Panzerung anbelangt, so dürfte der mittelalterliche Reisläufer kaum besser gepanzert gewesen sein, als dies der Kürassier war.
Kürassiere ? Wikipedia
vgl. mit der Schweizer Garde:
Bild:Armeria001.JPG ? Wikipedia
Die Pferde sind durchaus vergleichbar gepanzert.
Ok, mit diesem Argument hast du natürlich alle ausgestochen. "Wenn es so gut wäre, dann hätte man es getan."
Als ob in der Geschichte noch nie Fehler gemacht oder Möglichkeiten nicht genutzt worden wären.
Stimmt. Aber wenn etwas durchaus versucht wurde (Langbogenschützen mit Speeren) und dann verworfen, so ergibt sich daraus zumindest die widerlegliche Vermutung, dass dies zurecht geschah. Diese Vermutung wurde hier bis jetzt nach wie vor nicht widerlegt.
Und die Beweislast liegt m.E. eindeutig bei denjenigen, die eine These aufwerfen.
ich bin nicht ganz davon überzeugt, dass eine Wiedereinführung unmöglich oder nicht sinnvoll gewesen wäre.
Ich sehe keine Anhaltspunkte, warum die Wiedereinführung unmöglich gewesen sein sollte. Entsprechender Wille der sog. Mächtigen vorausgesetzt und der Langbogen wäre wieder eingeführt worden. Wenn er also nicht wieder eingeführt wurde, stellt sich die Frage, aus welchen Gründen diese Maßnahme als nicht sinnvoll abgelehnt wurde. Und hier greift für mich die monokausale Begründung mit der nicht ausreichenden Zahl an Freizeitschützen nicht aus, wie mir monokausale Begründungen für historische Phänomene eigentlich nie ausreichen.
@RA
Ich kann mir nicht vorstellen, daß die Männer in der Kolonne denen ausweichen können, ohne die ganze Wirkung des Kolonnenangriffs zunichte zu machen.
Ich sprach ja auch von lockerer Formation. Formationen kann man ändern und sie wurden auch geändert. Je besser eine Einheit war, desto schneller vermochte sie dies.
Jedenfalls ist m.E. ein Ausweichen des einzelnen Soldaten im Bereich des Möglichen, wenn die Pfeile ungeordnet als willkürliche Einzelgeschosse heranfliegen. Anders sieht dies natürlich bei der Salve aus. Der Grund für die Salve beim Langbogen ist doch derselbe wie für die Salve bei der Muskete!
Aber eben in der Langbogenära mit anderer Reiterei. Sind diese Versuche auf später übertragbar?
Wobei ich durchaus zustimme, daß die beiden Zweihandwaffen lästig sind und die volle Effizienz der Bogenschützen etwas behindert - aber die Speere müßten trotzdem das Bajonett vollwertig ersetzen.
Ich denke ja. Die Pferde waren im Mittelalter zunächst noch nicht dick gepanzert. Und das Hauptziel der Bogner war das Pferd. Hierzu gibt es dann zwei Möglichkeiten zu reagieren. Entweder ich verbessere die Panzerung des Pferdes, oder ich erhöhe die Geschwindigkeit durch schnellere Pferde und leichtere Rüstung.
Hierbei muss man jedoch anmerken, dass die Ritter auf ihren ungepanzerten Pferd trotzdem an die Langbogen herankamen. Zudem war die Panzerung z.B. der Kürassiere gar nicht mal so schlecht.
Die hohe Geschwindigkeit der Reiterei erlaubte den effektiven Einsatz. Hinzu kommt, dass die moderne Reiterei nicht mehr mit dem Ritter als potentiellen Einzelkämpfer sondern im professionellen und durchaus zahlreichen Verband agierte. Musketiere wie Bogenschützen wären m.E. bei dieser Form der Kriegsführung zu Pferde in Karree gezwungen gewesen. Es erscheint mir durchaus vorteilhaft, wenn in dieser Situation nur eine Waffe für den Nah- und Fernkampf bedient werden muss. Zudem meine ich, dass ein Soldat mit Muskete weniger Platz benötigt. Dadurch kann die Formation kompakter gestaltet werden.
Wenn es möglich gewesen wäre, frisch eingezogene Rekruten in derselben Zeit zu Bogenschützen auszubilden, wie sie zu halbwegs brauchbaren Musketieren zu machen, hätte es auch Einsatzmöglichkeiten gegeben.
Hiergegen spricht meiner Meinung nach, dass der Langbogen in England äußerst populär war und ist und es jedenfalls lange Zeit ausgesprochen viele Schützenorganisationen gab.
Ja.
Aber das ist streng genommen trivial - irgendwie effektiv im Sinne von "kriegen ab und zu einen Gegner tot" wären auch Leute mit Klappspaten gewesen.
Die eigentliche Frage ist: Wären sie besser gewesen als eine gleichgroße Einheit Musketiere.
Das würde ich bejahen.
Sofern wir von Berittenen sprechen, stimme ich bedingt zu.
Berittene Bogenschützen hatten im Verhältnis zum Karabinier oder Dragoner erheblich weniger Schwierigkeiten, ihre Waffe nachzuladen.
@all
ich klinke mich an dieser Stelle aus, weil mir einfach die Zeit fehlt, diesen Diskurs in der nächsten Zeit mit gebührender Aufmerksamkeit zu verfolgen. Viel Spaß beim gehobenen Streitgespräch