Poincaré besucht Russland im Juli 1914

Ich sehe, du legst noch einmal nach und beziehst Partei. Hättest auch eine PN schreiben können. Ich denke, du hast die Posts im Faden Moderatorenentscheidungen gelesen. In diesen Faden hast du auch die Posts von dem betreffenden User gelesen. Weshalb geht von dir eigentlich in dieses Richtung keine entsprechende Botschaft?
Ich habe zu Posts in anderen Fäden keine Partei bezogen und auch nicht beabsichtigt es zu tun.
ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass ich @andreassolar s Argumentation in der Sache der Militärzeitschrift für bedenkenswert halte.
 
Wikipedia interessiert mich nicht.
Ich hoffe, mir ist es erlaubt, mich für die Frage, ob Wikipedia oder Shinigami es korrekt darstellen, zu interessieren... ;)
Meinst du die Frage ernst?
...zumindest ernst genug, um an einer Antwort interessiert zu sein. Eine solche kam zwischenzeitlich:
Ich habe mich dabei klar verständlich auf die Thematik der Bündniskonditionen in der Wikipediadarstellung bezogen.

"Im Zuge dieser vorbereitenden Gespräche stellte Raymond Poincaré Russland einen Blankoscheck für den Krieg aus. Poincaré sagt im Voraus zu, der Bündnisfall sei für Frankreich gegeben, wenn es zwischen Russland und Österreich-Ungarn zu einem Krieg käme und damit dann für Deutschland der Bündnisfall eintrete."

Diese Passage ist unzutreffend.

So wie diese Passage es darstellt, hätte Frankreich Russland einen Blankoschek ausgestellt jederzeit Österreich-Ungarn anzugreifen und seine Unterstützung zugsichert, wenn dann auf der anderen Seite für Deutschland der Bündnisfall gegriffen hätte.

Das hat so nicht stattgefunden.
...hm... ich weiß noch immer nicht, ob Wikipedia oder Shinigami es historisch korrekt darstellen. Zudem hat mir @Shinigami noch nicht erläutert, ob und in welcher subalteren Funktion (er meint ja, die Russen hätten oder haben Poincare nicht ernst nehmen müssen...) Herr Poincare Russland besuchte.

Spaßeshalber blättere ich in einer ...heiklen... Quelle umher: Digitalisierte Sammlungen der Staatsbibliothek zu Berlin

...ansonsten betrachte ich mit gemischten Gefühlen die allseitigen militärischen Vorbereitungen von 1908-14 und denke mir meinen Teil über diesen irrelevanten Aspekt ;)
 
@Shinigami in welcher Funktion bereiste Poincare Russland? Als privater Tourist auf Bildungsreise? Oder doch in irgendwie offizieller Funktion?
Der Präsident Poincare reist mit dem Ministerpräsidenten Viviani auf gleichem Schiff, hin und zurück. Mit dem Zaren trifft man sich auf dessen Jacht.
Denn in St. Petersburg brennt mal wieder Luft.
Die fortlaufend zeitliche Verdichtung internationaler Krisen und die aberwitzige Rüstungssteigerungen deuten mehr und mehr auf Krieg.
Und dann ist ja noch die Juli-Krise.
Also, das muss im Zentrum des Austausches gestanden habe.
Über diesen sind, so weit ich es verstehe, keine Aufzeichnungen vorhanden. Dies ist ungewöhnlich.
Der Inhalt des Austausches bleibt ein Rätsel.

Falls ich etwas falsch dargestellt habe bitte ich um Korrektur.
 
Spannend ist es auch, das praktisch alle Dokumente über den Besuch in Petersburg nicht mehr existent sind. Das ist schon reichlich merkwürdig; ebenso wie die kosmetischen Korrekturen in den Aufzeichnungen von Poincaré und Paléologue und möglicherweise Sasonow. Es gab wohl etwas zu verbergen.
 
Es gab wohl etwas zu verbergen.
Hm. Ist das schlüssig?
Denn die Anarchie die mit dem Kollaps des Zarenreiches einsetze war ja insgesamt auf eine Vernichtung der alten Ordnung gerichtet.
Da würde geplündert, gemordet und es brannte auch schon mal.
In diesem Chaos kann den Aufzeichnungen alles Erdenklich zugestoßen sein.
Wollte man also sagen das Verschwinden der Aufzeichnungen in Russland sei absichtlich gewesen, müsste man das ausschließen können.
Nun müsste es aber auch französische Aufzeichnungen geben. Wie steht es um diese?
 
Hm. Ist das schlüssig?
Denn die Anarchie die mit dem Kollaps des Zarenreiches einsetze war ja insgesamt auf eine Vernichtung der alten Ordnung gerichtet.
Da würde geplündert, gemordet und es brannte auch schon mal.
In diesem Chaos kann den Aufzeichnungen alles Erdenklich zugestoßen sein.
Wollte man also sagen das Verschwinden der Aufzeichnungen in Russland sei absichtlich gewesen, müsste man das ausschließen können.
Nun müsste es aber auch französische Aufzeichnungen geben. Wie steht es um diese?

Ist natürlich nicht auszuschließen. Aber in Paris fehlen auch sämtliche Dokumente und das macht mich doch dann ein wenig misstrauisch.
 
Volker Berghahn notiert in Der Erste Weltkrieg (2020) S. 26 f. zutreffend u.a.

Nach der Überraschung mit dem Ernteurlaub und den Schwierigkeiten mit Tisza gab es noch eine weitere Entdeckung, die bei sorgfältigerer Planung ebenfalls hätte einkalkuliert werden können: Man hatte nicht bedacht, dass der französische (S. 27) Präsident Raymond Poincaré vom 20.–22. Juli zu einem lange angekündigten Staatsbesuch in St. Petersburg sein würde. Wurde das Ultimatum vor seiner Rückkehr publik, war damit zu rechnen, dass die beiden Bündnispartner ihre Reaktion auf höchster Ebene gleich persönlich würden absprechen können. Um dies zu verhindern, wartete man in Wien mit der Übergabe, bis Poincaré nach Ende seines Staatsbesuchs am 22. Juli wieder in See gestochen war.
Hätte man das russisch-französische Treffen rechtzeitig in das Kalkül einbezogen, wäre noch ein weiteres Problem sofort deutlich geworden: Wien und Berlin waren so auf St. Petersburg als den Protektor der Serben fixiert, dass man die französische Reaktion auf ein Eingreifen Russlands noch weniger durchdachte. Man nahm nur an, dass Paris ebenfalls nicht kriegsbereit sei und auf eine Begrenzung der Krise auf dem Balkan
hinarbeiten würde. Mochte man das Risiko eines russischen Eingreifens auch erkennen, in Berlin übersah man, dass Russland und Frankreich als Bündnispartner auch durch die moltkeschen Operationspläne untrennbar miteinander verbunden worden waren: Schon Jahre zuvor hatte der Generalstabschef einen bis dahin bestehenden deutschen Aufmarschplan gegen Russland allein zu den Akten gelegt.

Nun verhielt sich Poincarè in St. Petersburg anders, wie naiverweise und nur ganz am Rande mit bedacht. Ebenso waren die revidierten dt. Angriffspläne im Fall des großen Krieges größtenteils bei den politischen und militärischen Planern & Entscheidern Frankreichs inzwischen ausreichend bekannt geworden.

Weitere differenzierende Ergänzungen, die insgesamt erst mal einen beachtlichen quantitativen und qualitativen Unterschied zum entsprechenden dt.-sprachigen Abschnitt im WP-Lemma Raymond Poincaré zeigen können (mehrheitlich von einigen wenigen, mehrheitlich revisionistischen Titel dominiert), finden sich auf der englischsprachigen WP-Seite French entry into World War I.
 
So, ich hätte eine passende Passage gefunden.

Der von dir zitierte Artikel behauptet:

"Gleich nach der Übernahme seines Amtes, machte Poincaré öffentlich deutlich, das er die besten Beziehungen zu Russland pflegen will. Im August 1912 stand ein Besuch in Petersburg auf der Tagesordnung von Poincaré, den er mit dem russischen Botschafter in Paris, Iswolski, vorbereitet hatte, an. Im Zuge dieser vorbereitenden Gespräche stellte Raymond Poincaré Russland einen Blankoscheck für den Krieg aus. Poincaré sagt im Voraus zu, der Bündnisfall sei für Frankreich gegeben, wenn es zwischen Russland und Österreich-Ungarn zu einem Krieg käme und damit dann für Deutschland der Bündnisfall eintrete. Deutschland hatte Österreich-Ungarn gemäß dem Vertrag von 1879 nur für einen Fall militärische Unterstützung zugesichert, nämlich dann, wenn Russland Österreich angreift."

Clark schreibt in seine Schlafwandlern hingegen:

"Was immer der Grund für den Kurswechsel gewesen sein mochte, im Herbst 1912 sprach sich Poincaré jedenfalls vehement für eine bewaffnete Intervention Russlands auf dem Balkan aus. In einem Gespräch mit Iswolski in der zweiten Septemberwoche, als sich der Erste Balkankrieg bereits andeutete, aber noch nicht begonnen hatte, sagte der französische Regierungchef dem russischen Botschafter, dass die Zerschlagung Bulgariens durch die Türkei oder ein Angriff Österreich-Ungarns auf Serbien Russland zwingen könne, "seine passive Rolle aufzugeben". Sollte Russland eine militärische Intervention gegen Österreich-Ungarn einleiten müssen und sollte dies wiederrum eine Intervention durch Deutschland nach sich ziehen (was nach den Bestimmungen des Zweibundvertrags unvermeidlich war), so erkenne die französische Regierung dies im Voraus als casus foederis an und würde nicht einen Augenblick zögern, die Verpflichtung, die sie Russland gegenüber auf sich genommen hat zu erfüllen."

Clark, Schlafwandler, 8. Auflage, München, 2013 S. 387

Ich denke der Unterschied ist augenfällig.

Poincaré hatte nicht Russland für eine x-beliebige Situation einen Blankoschek zum Krieg gegen die Zentralmächte ausgestellt, sondern er hatte seinerzeit als Ministerpräsident Frankreichs die Zusage gegeben, dass seine Regierung im Konkreten Zusammenhang dass ein Österreichisch-Serbischer Zusammenstoß eine Deutsche Intervention auslöste (das aber hätte einen serbischen Angriff auf Österreich-Ungarn vorausgesetzt, da der Dreibund ein Defensivbündnis war), dies als Bündnisfall anerkennen würde.
Er berief sich dabei nicht darauf, dass der französisch-russische Allianzvertrag dies so gefordert hätte, sondern er erklärte, dass er als Ministerpräsident und Chef der Regierung Frankreichs bereit wäre eine solche Interpretation des Abkommens vorauszusetzen um Russland beizustehen.


Das Problem ist nur:

Im Juli 1914 war Poincaré nicht mehr Ministerpräsident und damit Chef der Regierung, der die Interpretation der vertraglichen Verpflichtungen oblag. Poincaré war inzwischen Staatspräsident, womit die Zusagen Poincarés, die dieser als Regierungschef Frankreichs der russischen Seite gemacht hatte, nichts mehr wert waren, weil inzwischen Réné Viviani, nicht mehr Poincaré Regierungschef war und dieser sich an Interpretationen Poincarés, hinsichtlich Bündnispflichten, die sich so nicht eindeutig aus dem Vertagstext ableiten ließen, nicht mehr gebunden fühlen musste.



Insofern muss ich mich korrigieren.

Was der Wikipediartikel schreibt ist nicht im Wortlaut falsch, impliziert aber durchaus die falsche Vorstellungen im Hinblick auf klar abzuleitende französische Bündnispflichten, Frankreich wäre zu einem offensiven Mitgehen mit Russland anno 1914 verpflichtet gewesen.
Nein, war es nicht. Poincaré hatte nur 1912 als Regierungschef angeboten den Vertrag so auszulegen, dass Frankreich mitgehen würde und das auch nur, wenn Deutschland verwickelt würde (also nicht unbedingt im Fall einer Österreichischen Agression, für die für Deutschland der casus foederis nicht griff).
Ob Viviani als neuer Regierungschef aber bereit war dieser Auslgeung zu folgen, dass steht auf einem anderen Blatt.


Ein Grund mehr eher die Einschätzung Vivianis, als die Poincarés für maßgeblich zu halten, würde ich meinen.
 
Poincare war die dominierende Gestalt, und Viviani gerade erst Ministerpräsident geworden.
Allerdings oblag es der Regierung, der Viviani vorstand und der Poincaré nicht mehr angehörte die vertraglichen Bestimmungen zu interpretieren und den casus foederis anzuerkennen oder nicht.

Und das der Sozialist Viviani die Interessen und die Gangart des Lothringers und Rechtsliberalen Poincaré selbstverständlich übernehmen würde, ließ sich schon wegen der vollkommen verschiedenen Hintergründe dieser beiden Personen nicht ohne weitere Klärung voraussetzen.
 
(er meint ja, die Russen hätten oder haben Poincare nicht ernst nehmen müssen...)
Im Übrigen, das habe ich nirgendwo gesschrieben.

Ich hatte geschrieben, dass durchaus Zweifel angebracht gewesen sein dürften, ob Poincaré das was er da vollmundig versprach auch garantieren konnte.
Der Regierung gehörte er nicht mehr an und bei den Sozialisten, die für eine solche Außenpolitik der Stolperstein sein konnten, hatte er keinen Einfluss und das ist durchaus relevant.


Ich weiß auch nicht, was das mit irgendwelchen subalternen Funktionen zu tun haben soll.
Der Umstand, dass jemand Staatsoberhaupt ist, ist keine Gewahr dafür, dass er die Lage in seinem Land auch unbedingt richtig einschätzt oder Einfluss darauf hat.

Man denke da z.B. an einen gewissen Herrn Wilson, der mal auf die vollkommen schräge Idee gekommen war, die USA könnten Garantieverpflichtungen für Frankreichs Westgrenze übernehmen und als Signatarstaat dem Versailler Friedensvertrag beitreten und dem sein Congress zu Hause dann etwas anderes erzählte und ihm seinen Vertag vor die Füße warf, weil man dort irgendwie nicht der Auffassung war, man sollte sich in irgendwelche ausufernden Garantien einlassen.
 
Würde ich nicht meinen. (aus dem Kontext heraus;))
Poincare war die dominierende Gestalt, und Viviani gerade erst Ministerpräsident geworden.

Sehe ich ganz genauso. Auch wenn Viviani Sozialist war, hat er letzten Endes genau das getan, was Poincaré von ihm erwartet hat. Und wie gesagt, auf der Überfahrt nach Petersburg hat Poincaré Viviani auf seinem Kurs "eingeschworen".
Viviani hätte als Sozialist dann doch in Petersburg ganz anders agieren müssen. Stichwort der Blankoscheck. Aber Viviani hat nichts unternommen.
Formal war Viviani sicher der Regierungschef, die entscheidende und dominierende Persönlichkeit, gerade in der Außenpolitik, war Raymond Poincaré.
 
Poincaré hatte nicht Russland für eine x-beliebige Situation einen Blankoschek zum Krieg gegen die Zentralmächte ausgestellt, sondern er hatte seinerzeit als Ministerpräsident Frankreichs die Zusage gegeben, dass seine Regierung im Konkreten Zusammenhang dass ein Österreichisch-Serbischer Zusammenstoß eine Deutsche Intervention auslöste (das aber hätte einen serbischen Angriff auf Österreich-Ungarn vorausgesetzt, da der Dreibund ein Defensivbündnis war), dies als Bündnisfall anerkennen würde.
Er berief sich dabei nicht darauf, dass der französisch-russische Allianzvertrag dies so gefordert hätte, sondern er erklärte, dass er als Ministerpräsident und Chef der Regierung Frankreichs bereit wäre eine solche Interpretation des Abkommens vorauszusetzen um Russland beizustehen.

Poincaré hatte den Bündnisfall auch auf den Balkan ausgedehnt; etwas, wo sich seine Amtsvorgänger gegen gewehrt hatten.

Im September 1912, also kurz vor dem ersten Balkankrieg, stellte Poincaré gegenüber den russischen Botschafter Iswolski in Paris:

„Wenn Österreich gegen Serbien vorgehe, so könne dies „selbstverständlich Rußland nicht gleichgültig lassen und werde zu einem allgemeinen Kriege führen“. „Wenn aber der Konflikt mit Österreich ein bewaffnetes Eingreifen Deutschlands nach sich ziehen würde, so erkenne die französische Regierung dies im Voraus als casus foederis an und würde nicht einen Augenblick zögern, die Verpflichtungen, die sie Rußland gegenüber auf sich genommen hat, zu erfüllen.“
 
Was der Wikipediartikel schreibt ist nicht im Wortlaut falsch, impliziert aber durchaus die falsche Vorstellungen im Hinblick auf klar abzuleitende französische Bündnispflichten, Frankreich wäre zu einem offensiven Mitgehen mit Russland anno 1914 verpflichtet gewesen.
Nein, war es nicht. Poincaré hatte nur 1912 als Regierungschef angeboten den Vertrag so auszulegen, dass Frankreich mitgehen würde und das auch nur, wenn Deutschland verwickelt würde (also nicht unbedingt im Fall einer Österreichischen Agression, für die für Deutschland der casus foederis nicht griff).
Ob Viviani als neuer Regierungschef aber bereit war dieser Auslgeung zu folgen, dass steht auf einem anderen Blatt.

Poincares´Ausführungen, in Juli 1914 in Petersburg wiederholt, beinhalten das Folgende:

  1. Russland entschließt sich militärisch gegen Österreich-Ungarn wegen Streitigkeiten auf dem Balkan vorzugehen.
  2. In diesem konkreten Fall wäre Deutschland gemäß den Vertrag von 1879 zur militärischen Unterstützung verpflichtet.
  3. Und nun kommt Poincaré Blankoscheck, denn in diesem Falle würde Frankreich den Russen militärisch beistehen, da Deutschland involviert ist.
  4. Der Unterschied ist augenfällig. Frankreich unterstützt ein offensives Vorgehen Russlands. Deutschland unterstützt Wien bei der Abwehr eines russischen Angriffs.
Und das Viviani mitgegangen war, hat die Geschichte ja gezeigt.
 
„Wenn Österreich gegen Serbien vorgehe, so könne dies „selbstverständlich Rußland nicht gleichgültig lassen und werde zu einem allgemeinen Kriege führen“. „Wenn aber der Konflikt mit Österreich ein bewaffnetes Eingreifen Deutschlands nach sich ziehen würde, so erkenne die französische Regierung dies im Voraus als casus foederis an und würde nicht einen Augenblick zögern, die Verpflichtungen, die sie Rußland gegenüber auf sich genommen hat, zu erfüllen.“

[...] Wenn dieser Konflikt ein bewaffnetes Eingreifen Deutschlands nach sich ziehen würde [...]

Allerdings hatte sich Deutschland im Juli '14 ja noch gar nicht militärisch bewegt.

Und ob ein militärisches Eingreifen Deutschlands in Reaktion auf eine Russische Mobilmachung unbedingt als direkte Folge eines Konflikts mit Österreich anzusehen wäre, wäre dann auch noch mal eine Frage für sich, bei der ich einigen Interpretationsspielraum sehe.
Russlands Friedensheer war ja durchaus groß genug, dass ein militärischer Konflikt mit Österreich allein für Russland durchaus keine Vollmobilmachung voraugsetzt haben würde.

[...] so erkennt die französische Regierung dies im Voraus als casus foederis an [...]

Ja, seine, Poincarés Regierung. Ob das nachfolgende Regierungen auch so anerkennen würden, war eine andere Frage.
 
  1. Russland entschließt sich militärisch gegen Österreich-Ungarn wegen Streitigkeiten auf dem Balkan vorzugehen.
  2. In diesem konkreten Fall wäre Deutschland gemäß den Vertrag von 1879 zur militärischen Unterstützung verpflichtet.
  3. Und nun kommt Poincaré Blankoscheck, denn in diesem Falle würde Frankreich den Russen militärisch beistehen, da Deutschland involviert ist.
  4. Der Unterschied ist augenfällig. Frankreich unterstützt ein offensives Vorgehen Russlands. Deutschland unterstützt Wien bei der Abwehr eines russischen Angriffs.
Dir ist aber aufgefallen, dass diese Situation 1914 nicht unbedingt gegeben ist, weil dadurch, dass hier Österreich, nicht Russland oder Serbien offensiv wurde kein automatischer casus foederis für Deutschland und keine damit verbundene automatische deutsche Mobilmachung griff?
 
Allerdings hatte sich Deutschland im Juli '14 ja noch gar nicht militärisch bewegt.

Es war allen beteiligten Mächten klar, das Deutschland Österreich-Ungarn nicht im Stich lassen würde, wenn dieses von Russland angegriffen würde. Diese Gefahr, Bedrohung wurde seit dem 25.Juli jeden Tag größer. Der russische Chef der Mobilmachungsabteilung hat, siehe weiter oben, dazu unmissverständlich Stellung bezogen.
Die Russen begannen am gleichen Tag mit ihrer sogenannten Teilmobilmachung, als Serbien mit seiner Mobilmachung begonnen hatte. Auch Frankreich blieb nicht untätig. Das blieb Berlin natürlich alles nicht verborgen. Natürlich wurden auch hier erst Maßnahmen eingeleitet. Und die Implikationen des Schlieffenplans setze ich als bekannt voraus.
 
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