Jetzt wird der Hund in der Pfanne verrückt.
Nun, dann rege ich an ihn in ein angemesseneres Habitat zu verlegen, ich würde da wahrscheinlich auch verrückt.
Hast du eigentlich meine ganzen Beiträge gelesen?
Ich denke schon.
Der Reihe nach. Am 25.Juli begann in Russland die (Teil) Mobilmachung. Muss erwähnt werden, gegen wem sich diese richtete?
Nein, aber du müsstest mir erklären, wo du da irgendeine Relevanz im Hinblick auf den Zweibundvertrag siehst, denn dessen Beistandsverpflichtungen bezogen sich nur auf den Fall eines Angriffs auf einen der Partner, nicht auf die bloße (Teil)Mobilisation dritter Mächte.
Und natürlich hatte St. Petersburg Kenntnis vom auf den 25. Juli befristeten Ultimatum und der damit verbundenen Kriegsdrohung Wiens gegen Serbien.
Der Chef der russischen Mobilmachungsabteilung, ich wiederhole es schon wieder, hat hierzu unmissverständlich Auskunft gegeben, nämlich der der Krieg beschlossene Sache gewesen sei.
Beeindruckend.
Nur hatte der Chef der Mobilmachungsabtilung nicht über den Krieg zu beschließen, dass war Prärogative des Zaren.
Welches Dokument belegt, dass Zar Nikolaus II. unabhängig jeder anderen internationalen Entwicklung, fest entschlossen gewesen wäre Österreich-Ungarn anzugreifen?
Zur gleichen Zeit sprach der Zar noch mit dem deutschen Kaiser, dem er dann gegenüber einräumt, das eben seit dem 25.07. die sogenannte Teilmobilmachung gegen Österreich lief; was technisch gar nicht möglich war, da hierzu der Militäristrikt Warschau benötigt wurde.
Was für die Beistandsklausel des Zweibundvertrags genau welche Relevanz hatte?
In Serbien begann, interessanter ebenfalls am 25.07.1914, die Mobilmachung. Gab es zu jenem Zeitpunkt eine Kriegserklärung von Österreich.? Nein!
Nein, aber es gab das Österreichische Ultimatum vom 23.07.1914, dass Serbien bei Nichtannahme Krieg androhte und es gab die Verlegung von Verbänden der Österreichisch-Ungarischen Streitkräfte in Richtung serbische Grenze.
Es lässt sich also kaum behaupten, Serbien hätte keinen Grund zur Mobilisation gehabt.
Was du aber natürlich nicht erwähnt hast, ist der Umstand, dass ein größerer Teil der serbischen Streitkräfte begann nach Süden von der Österreichisch-Ungarischen Grenze weg in Richtung Nis zu verlegen, was klar auf die Absicht deutete nicht selbst offensiv zu werden, sondern sich auf eine tiefe Verteidigung im Landesinneren zu verlegen.
Russland mischte sich letzten Endes in einen Konflikt zwischen Serbien und Österreich-Ungarn ein.
Russland unternahm keine Kriegshandlungen gegen Österreich-Ungarn, bevor Wien gegen Serbien losgeschlagen hatte.
Was das Völkerrecht im Hinblick auf das Unterstützen eines angergriffenen Landes sagt und auch damals schon sagte, ist eigengentlich im aktuellen Kontext des Ukrainekrieges so hinreichend erörtert worden, dass man eigentlich der Meinung sein sollte, diese Frage wäre hinlänglich geklärt:
Jeder dritte Staat hat in einem militärischen konflikt das Recht der angegriffenen Partei militärisch zur Hilfe zu kommen. Und zwar ohne dass er deswegen als Agessor gelten würde.
Im Übrigen, als im Kontext der Balkankriege Österreich mobilisierte und drauf und drann war gegen Serbien wegen der Albanischen Territorien zu intervenieren, da hatte Wien so überhaupt nichts dagegen sich in einen Konflikt zwischen Serbien und dem Osmanischen Reich einzumischen.
Und ich muss sagen, dafür, dass du dich so über das russische Verhalten aufregst, habe ich von dir bisher relativ wenig Kritik an der damaligen Österreichischen Einmischung gelesen.
Wie habe ich das also zu verstehen?
Wenn sich Österreich in einen Konflikt zweier anderer Staaten einmischt, ist das legitim, wenn Russland dies tut aber nicht?
War Russland mit Serbien verbündet? Nein! Warum meinte Russland am 30.06. Serbien umfänglich Waffen- und Munitionslieferung zuzusagen müssen?
Was tut beide Dinge im Hinblick auf die Modalitäten des Zweibundes zur Sache?
Der französische Botschafter Paléologue in Petersburg erteilt Auskunft, er erfuhr durch den britischen Botschafter Buchanan, der gerade aus Sasonow Büro gekommen war, davon, "Russland ist zum Krieg entschlossen. Wir müssen nun Deutschland die ganze Verantwortlichkeit und die initiative des Angriffs zuschieben, nur so wird die öffentliche Meinung in England für den Krieg zu gewinnen sein."
Der russische Außenminister Prokowski gibt hier auch eine unmissverständliche Auskunft: "Das der Krieg von 1914 für das kaiserlich und bürgerlich Russland ein Krieg um Konstantinopel, ein Krieg um das türkische Erbe war, musste auch nur für einigermaßen hellsehende Leute klar sein."
Der Angriff Österreichs auf Serbien erfolgte erst später.
Die österreichische Absicht Serbien anzugreifen, wenn dieses das Ultimatum nicht abnickte, war aber bereits angekündigt.
Und wenn in Kenntnis dieser Ankündigung die Außenpolitiker Russlands sich auf Krieg einstellten, weil sie auf dem Standpunkt standen einen Österreichischen Angriff auf Serbien nicht unbeantwortet zu lassen und Serbien beizustehen, ist dies kein Nachweis für eine Agression, die unmissverständlich den Zweibundvertrag aktiviert hätte.
Auch die Meinung Prokowskis, dass es sich letztlich auch um einen Krieg um die Meeregengen handelte, tut dem keinen Abbruch. Wenn die beiden Balkan-Großmächte gegneinander zu Felde zogen, musste das Ergebnis unweigerlich als Nebenprodukt Auswirkungen auf das Osmanische Reich und die Machtverhältnisse an den Meerengen haben.
Konstantinopel und die Meerengen zu erobern war aber nicht der Grund dafür in den Krieg zu ziehen, da hätte man ja gegen das Osmanische Reich Krieg führen müssen, wäre dies das unmittelbare Ziel gewesen.
Dem wurde allerdings nicht der Krieg erklärt, sondern der Donaumonarchie wegen ihres Vorgehens gegen Serbien.