Preußische Ständegesellschaft um 1800

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taobao

Gast
Ich suche Zahlen zur preußischen Ständegesellschaft um 1800,
außerdem vielleicht noch Angaben, aus denen sich der Wert eines preußischen Talers zu der Zeit ableiten lässt (Löhne, Preise...).

Wer kennt einen Link, der mir weiterhilft? Oder hat die Zahlen?
Danke!
 
Hallo :winke:

Ich habe einige Informationen über den Wert des Talers recherchiert.

Gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnte man im deutschen Reich für einen Taler entweder 12 kg Brot; 6 kg Fleisch, 2 Flaschen Champagner, 1 kg Tabak oder 250 g Tee, ein Hemd, ein Paar Schuhe oder drei Paar Wollsocken kaufen.

Mietkosten und Nahrungsmittelkosten für zwei Zimmer beliefen sich auf jährlich etwa 100 bis 120 Taler. Wobei es auch weniger gekostet hat, wenn die Zimmer nich möbiliert waren.
Dagegen verdiente eine mittlerer preußsicher Beamte rund 100 Taler im Jahr. Im Vergleich dazu verdient ein Handwekrsmeister zwischen 200 und 600 Taler im Jahr. Die Sodlaten bekammen damals keine 30 Taler im Jahr.
Was auch sehr interessant war, ist das Goethe an die 3000 Taler verdiente. Dagegen Friedrich Schiller as Geschichtsprofessor "nur" 200 Taler. Wobei man bei Goethe beachten sollte, das er ein guter Freund von Carl August war.

Habe auch einge Preisangaben gefunden was das Bauen von Fabrikanlager gekostet hatte:

1781: Uhrenfabrik zu Berlin und Friedrichsthal für 141.235 Taler
Papierfabrik in Spechtshausen für 56.000 Taler
Berliner Lackierfabrik für 56.000 Taler

Ich glaube jetzt kann man sich vorstellen, welchen Wert der Taler hatte.

Grüße
 
Interessante Hinweise
1.
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts konnte man im deutschen Reich für einen Taler entweder 12 kg Brot; 6 kg Fleisch, 2 Flaschen Champagner, 1 kg Tabak oder 250 g Tee, ein Hemd, ein Paar Schuhe oder drei Paar Wollsocken kaufen.

2.
Habe auch einge Preisangaben gefunden was das Bauen von Fabrikanlager gekostet hatte:

1781: Uhrenfabrik zu Berlin und Friedrichsthal für 141.235 Taler
Papierfabrik in Spechtshausen für 56.000 Taler
Berliner Lackierfabrik für 56.000 Taler

Ich glaube jetzt kann man sich vorstellen, welchen Wert der Taler hatte.
1. Da ich an der Zeit auch sehr interessiert bin: Hast Du dafür eine genaue Jahreszahl oder handelt es sich um Durchschnittswerte einer Dekade und wenn ja welcher? Bei immer wieder auftretenden Zeiten des Hungers und des Krieges veränderten sich ja gerade die Lebensmittelpreise immer wieder dramatisch.

2. Da müsste man wissen wie groß diese Fabriken waren, um das richtig einzustufen. Wieviele Gebäude und von welcher Größe mussten errichtet werden? Wieviele Arbeiter waren nötig und wie sah das Material aus.

Kurz zu den Einkommen von Goethe und Schiller: Bei den 3000 Talern meinst Du doch das Gesamteinkommen Goethes aus sämtlichen Einkünften? Oftmals gab es ja mehrere Funktionen bei Hofe und man hatte auch nicht selten Appanagen, Pensionen etc. von verschiedenen Seiten, auch wenn man an einem anderen Hof angestellt war.
Zur Einstufung von Schillers Gehalt fragt sich, ob sich die 200 Taler nur auf seine Tätigkeit als Geschichtsprofessor beziehen oder ob er Geschichtsprofessor war und insgesamt nur so geringe Einkünfte hatte, was z.B. seine Beteiligung an der Herausgabe von seinen Werken ebenso wie das Salaire aus konkreter Tätigkeit für ein Theater bspw. mit einbeziehen würde.

Bei den Soldaten muss man schauen, ob sie das Geld auch wirklich bekamen oder durch den Staat verordnet damit Anschaffungen verbunden waren, was bedeuten würde, dass sie nichts hätten, ohne Veruntreuung, beiseite legen können, wie es z.B. scheinbar bei der Franz. Armee dieser Zeit war.

Zur preußischen Gesellschaft im späten 18.Jh. haben wir auch schon einiges geschrieben: http://www.geschichtsforum.de/f288/preussen-buch-oder-linktipps-15899/
Zu Geldwerten lässt sich einiges Allgemeines auch aus diesem Thread leicht auf die Zeit um 1800 übertragen: http://www.geschichtsforum.de/f288/hochrechnung-gulden-euro-15964/
 
Sehr interessante Angaben.
Aber wohl noch erklärungsbedürftig:

Mietkosten und Nahrungsmittelkosten für zwei Zimmer beliefen sich auf jährlich etwa 100 bis 120 Taler. ...
Dagegen verdiente eine mittlerer preußsicher Beamte rund 100 Taler im Jahr.
Da muß m. E. ein Fehler drin sein.
Ein mittlerer Beamter muß sich doch mehr leisten können als nur die nackte Lebenshaltung in zwei Zimmern - selbst wenn man berücksichtigt, daß Beamte damals schlechter gestellt waren als heute.
Ansonsten hätten aber die noch tiefer gestellten Beamten überhaupt nicht mehr von ihrem Gehalt leben können.

Ich könnte mir vorstellen, daß zu den 100 Talern Gehalt noch weitere Leistungen kommen, z. b. die Stellung einer Dienstwohnung - das würde die Lebensverhältnisse deutlich verändern.

Die Sodlaten bekammen damals keine 30 Taler im Jahr.
Auch hier sind wohl die Nebenbedingungen entscheidend.
Bekamen sie dieses Geld überhaupt (siehe Brissotin)?
Bekamen sie daneben Kost und Logis?
Durften/mußten sie nebenbei noch anderen Tätigkeiten nachgehen, mit denen sie Einkünfte erzielten?
 
Also ich bin kein Spezialist für diese Zeit und die Information waren aus dem Internet.

Taler - Wikipedia
Von dort habe ich auch meine Informationen bezogen, bezüglich des Talers.
Die Fakten sind vom Ende des 18. Jhrd. - genau, weiß ich nicht.
Das Soldaten so wenig bekammen, kann ich mir so erklären, dass sie eventuell in Kasernen untergebracht waren und täglich ihr Essen bekammen - wie es auch heute teilweise so ist.
Bei den Beamten kann das mit den Zulagen gut möglich sein - vielleicht haben diese auch die Wohnung bezahlt bekommen.
Das viele Geld von Goethe lässt sich darauf schließen, das er als Schriftsteller arbeitete und im Geheimrat (in welchem?) saß und ein guter Freund von Carl August war. Bei Schiller sind mit den 200 Talern wohl nur die Einkünfte als Professor gemeint.

Preußen - Wikipedia
Hier geht es um die erwähnten Gebäude.

Hoffe die Links konnten mehr Auskunft geben.
Ich werde natürlich weiter recherchiren, um bessere Vergleiche erstellen zu können.

Grüße
 
1. Die Fakten sind vom Ende des 18. Jhrd. - genau, weiß ich nicht.
Das Soldaten so wenig bekammen, kann ich mir so erklären, dass sie eventuell in Kasernen untergebracht waren und täglich ihr Essen bekammen - wie es auch heute teilweise so ist.
2. Bei den Beamten kann das mit den Zulagen gut möglich sein - vielleicht haben diese auch die Wohnung bezahlt bekommen.
1.
Bei den Soldaten gab es oftmals beides, eine Unterbringung in Garnison, was heißen konnte, dass sie in einer Festung als Besatzung lagen, gerade die Residenzstädte wie Mannheim waren mit großen Festungsanlagen versehen. Nur die wichtigsten Festungen hatten allerdings eine für den Kriegsfall ausreichende Besatzung auch in Friedenszeiten. So befand sich ein Großteil der pfälzischen Armee im 18.Jh. in Mannheim selbst.

Kleinere Garnisonsstädte arbeiteten auch mit bürgerlichen Quartieren. Wobei man überhaupt in die Betrachtung einbeziehen muss, dass immer ein Teil der Truppen zur Rekrutierung od. ähnlichem auszog und mancherorten auch als Strafe für die Fahnenflucht eines Angehörigen bspw. eines Bauern in dessen Gehöft "gelegt" wurden. Ob die Verpflegung gestellt wurde oder von den Soldaten selbst zu erwerben war, ist auch unterschiedlich, zumindest eine Ergänzung der Ernährung aus eigener Tasche kam mir schon mehrfach vor. Bei den allermeisten Armeen war es üblich, dass ein ganzer Teil der Soldaten in Friedenszeiten ihr Einkommen mit der Tätigkeit in ihrem Handwerk aufbesserten, bei den Preußen ist ja die Kompaniewirtschaft mit dem Einstreichen von so manchem Sold durch den Hauptmann recht berühmt.

Das klingt in der Richtung des Lebens der Soldaten in den Garnisonsstädten und die Befruchtung auch des örtlichen Handwerks durch diese ganz interessant: http://www.geschichtsforum.de/276132-post7.html
Grundsätzlich muss man sich vor Augen halten, dass das Leben in der Armee während des Absolutismus für den Gemeinen sehr hart war und sicherlich kaum einer, einen Groschen beiseite legen konnte. Wenn man anschaut, dass man aber immerhin überhaupt versorgt wurde und ein regelmäßiges, wenn auch bescheidenes Auskommen hatte, wundert es nicht, dass viele auch freiwillig den Weg in die Heere einschlugen, oftmals um noch schlimmerer Not zu entgehen.

2.
Meines Wissens, Literatur habe ich dazu momentan keine zur Hand, war der Gehalt der Beamten bis hoch zum Domänenrat sehr bescheiden. Wenn man sich anschaut, dass diese oftmals Adelige in Preußen waren, die oberen Stellen nur von Adeligen besetzt waren, muss man wohl von einem bedeutenden "Nebenverdienst" durch Einnahmen über Liegenschaften und anderen Geschäften ausgehen, um ein standesgemäßes Leben zu bezahlen.
z. B. Domänenkammer Mark:
Märkische Kriegs- und Domänenkammer - Wikipedia
 
Ich bin bei dem weiterem Rumstöpern auf eine weitere interessante Seite gestoßen.
Dieser Text handelt von den Lebenserhaltungskosten zwischen 1700 und 1850.
Ist sehr schwer vorstellbar, wie schlecht es den Leuten ging bzw. mit wie wenig man auskam. Auch die angehangen PDF-Dateien auf der Seite liefern noch eine Menge Informationen über die Preise und Löhn
e.

Historisches Zentrum Wuppertal

Die soziale Struktur in Deutschlands im 18. Jahrhundert kann man in einer Pyramide darstellen. An der Spitze stehen der Adel und der Klerus, es folgen der niedere Adel, das Militär und bürgerliche Beamte. Der dritte Stand - das Bürgertum - bestand aus Kaufleuten, Lehrern, Händlern, Handwerkern und Bauern.
Im Verlauf des 18. Jahrhunderts lässt eine Veränderung zwischen dem Bürgertum und Adel erkennen. Viele heirateten sich in Adelsfamilien ein. Desweiterm wuchs der Bedarf anqualifizierten Beamten und Offizieren.
Nun stellt sich die Frage wieso Soldaten und Beamte so niedrige Löhne erhalten haben.

Was mich weiterhin wundert ist, dass am Ende des 18./Anfang 19. Jahrhundert die Soldaten so schlecht bezahlt wurden. Napoleon wurde 1804 Kaiser und began 1806 mit seinem Feldzug gegen Preußen und Russland. Wäre es da nich angebracht gewesen, das Heer für die Bevölkerung interressant zu gestalten oder ging von Napoleon damals keine Gefahr für Preußen aus?

Grüße
 
1. Die soziale Struktur in Deutschlands im 18. Jahrhundert kann man in einer Pyramide darstellen. An der Spitze stehen der Adel und der Klerus, es folgen der niedere Adel, das Militär und bürgerliche Beamte. Der dritte Stand - das Bürgertum - bestand aus Kaufleuten, Lehrern, Händlern, Handwerkern und Bauern.


2. Was mich weiterhin wundert ist, dass am Ende des 18./Anfang 19. Jahrhundert die Soldaten so schlecht bezahlt wurden. Napoleon wurde 1804 Kaiser und began 1806 mit seinem Feldzug gegen Preußen und Russland. Wäre es da nich angebracht gewesen, das Heer für die Bevölkerung interressant zu gestalten oder ging von Napoleon damals keine Gefahr für Preußen aus?
1. Eine kleine Anmerkung, wenn Du mit Militär das Offizierskorps meinst, das war hauptsächlich adelig in Preußen, auch wenn manche Offiziersfamilien, ein Beispiel der Familie Clausewitz hatten wir hier im Forum schon erläutert, eher erst durch die Offizierslaufbahn in den adeligen Stand kamen. Besonders bei der Kavallerie und Infanterie war eine adelige Abkunft wichtig, soweit mir bekannt, während Artillerie und nochmehr das Ingenieurkorps vom Rest der Offiziere einen schlechteren Ruf genossen und sich gerade bei ihnen wohl auch manche Bürgerliche untermischen konnten.
Bei bürgerlichen Beamten bin ich schon auf den Werdegang eingegangen. Interessant wäre in dem Zusammenhang, inwieweit es in Preußen selbst eine deutliche und öffentliche Kritik an dem System gab, welches die Aristokratie bevorzugte, bzw. die Erlangung eines Adelstitels bspw. als Vorraussetzung für etwaige Laufbahnen im höheren Verwaltungsapperat und im Militär vorraussetzte.

2. Man muss sich eine Armee von 200.000 Mann vorstellen und welche Belastung dies für die Staatskasse eines teilw. dünnbevölkerten Staat wie Preußen darstellte. Eine Solderhöhung halte ich rein finanziell für Preußen für schwierig und da der Militärapperat bis 1806 gut lief, wird sich auch keine Notwendigkeit einer deutlichen Veränderung aufgedrängt haben.
 
Zuletzt bearbeitet:
2. Man muss sich eine Armee von 200.000 Mann vorstellen und welche Belastung dies für die Staatskasse eines teilw. dünnbevölkerten Staat wie Preußen darstellte. Eine Solderhöhung halte ich rein finanziell für Preußen für schwierig und da der Militärapperat bis 1806 gut lief, wird sich auch keine Notwendigkeit einer deutlichen Veränderung aufgedrängt haben.

Ist die angegebene Stärke der preußischen Armee geschäzt oder hast du eine genaue Jahreszahl dafür?
Weiß auch jemand die Stärke des napoleonischen Heeres?

Grüße
 
Die Aussage steht bei Armee1a zum Stand von 1786, also im Todesjahr des Königs. Genauer: 194.000 Mann. Die Angabe deckt sich allerdings mit aller mir bekannter Literatur. (Siehe "Die Armee nach dem Krieg"!)

Auch zur sozialen Struktur des Heeres findet sich auf der verlinkten Homepage viel und auch sehr gute Abbildungen.

Zur französischen Armee muss ich mal schauen, ob ich Gesamtzahlen, Du meinst wohl um 1800(?), bei der Hand habe.
Levée en masse - Wikipedia Hier wird von einer Million im Zusammenhang mit der Levée en Masse gesprochen und ich glaube auch in der Literatur des Militärverlags der DDR mal diese enorme Zahl gelesen zu haben, wenn man an eine Bevölkerungszahl von 25-26 Mio. denkt, ein gewltiger Anteil an der Gesamtbev.. Wenngleich die Armee wohl während des Direktoriums etwas vernachlässigt wurde, kann man wohl annehmen, dass es 1799/1800 mit der Machtübernahme durch den Putsch von N. Bonaparte wieder zu einer deutlichen Vermehrung der Truppen kam. Wirklich vergleichen kann man, selbst wenn die Zahl an die Milliongrenze heranreichte natürlich bis auf die finanzielle Belastung Preußens und Frankreichs durch so gewaltig große Streitkräfte dennoch schwerlich, da diese Zahl ja lange nicht bedeutete, dass sie auch gegen einen Gegner gewendet werden konnte, da Frankreich fast die ganzen 23 Jahre der Kriege (1792-1815) zumeist an mehreren Fronten zeitgleich kämpfte und gewisse Truppen für Festungsbesatzungen abzuziehen sind, welche bei der Länge der östlichen Landgrenze allein schon immer ein Schwergewicht darstellten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Zahlen für die preußische Armee sollten doch recht zuverlässig sein.

Die "napoleonische Armee" dagegen dürfte nur sehr schwer und in groben Schätzungen faßbar sein.
Da Napoleon eigentlich beständig Krieg führte und sich die Grenzen seines Rekrutierungsgebiets dauernd änderten, änderte sich die Heeresgröße ständig.

Auf jeden Fall kämpften schon in der offiziellen französischen Armee sehr viele "Ausländer" (die Bezugnahme auf die Bevölkerungszahl ist also schwierig), dazu kommen die vielen ausländischen Hilfskontingente.
 
1. Die Zahlen für die preußische Armee sollten doch recht zuverlässig sein.

2. Die "napoleonische Armee" dagegen dürfte nur sehr schwer und in groben Schätzungen faßbar sein.
Da Napoleon eigentlich beständig Krieg führte und sich die Grenzen seines Rekrutierungsgebiets dauernd änderten, änderte sich die Heeresgröße ständig.

3. Auf jeden Fall kämpften schon in der offiziellen französischen Armee sehr viele "Ausländer" (die Bezugnahme auf die Bevölkerungszahl ist also schwierig), dazu kommen die vielen ausländischen Hilfskontingente.
1. Sehe ich auch so. Die preußische Verwaltung war ziemlich effektiv, gerade was dies betraf.

2. Es kommt immer auf den Zeitpunkt an. Ich würde sagen, dass besonders schwierig Schätzungen aus der Phase der Revolution (1792-99) gewesen sein dürften. Besonders die Vielzahl an außerordentlichen Freiwilligenkorps zur Zeit des Kriegsbeginns, aber auch die finanziellen Schwierigkeiten des Kriegsressorts während des Direktoriums dürften eine genaue Angabe erschweren. Hingegen sind die Listen mit dem Antritt Napoléon I. recht gut recherchiert, v.a. da dieser die Heeresadministration deutlich verbesserte und die einigermaßen konstanten Verhältnisse in Frankreich und die endgültige Zerschlagung des royalistischen Flächenbrandes im Nordwesten und Süden Frankreichs mit dem Beginn zu einer klaren Verbesserung der öffentlichen Ordnung führte.

3. Da muss man genau auf den Zeitpunkt achten. In der Linienarmee kämpften kaum Ausländer, da diese durch die einheitliche Rekutierung in den Departements fast ausschließlich aus Landeskindern bestand. Man muss also zwischen den Linientruppen und speziellen Verbänden wie bspw. Legionen, die später als Fremdregimenter geführt wurden und wofür das "Régiment Irlandais" einmal ein Beispiel ist unterscheiden! Außer aber man will die neuen Departements, welche 1798 hinzu kamen und viele Deutschsprachige zu Bürgern der französischen Republik machten als Ausländer ansehen. Das würde ich aber nicht tun, weil dies auch irreführend wäre, da dies beinahe soweit ginge, dass man auch das Elsass und Lothringen, welche sukzessive noch im Ancien Régime an Frankreich gelangten, als ausländisch und die Einwohner als Ausländer begreifen könnte.
 
In der Linienarmee kämpften kaum Ausländer,
Das kommt halt wirklich auf die Definition an.
Die Bewohner der holländischen oder deutschen Departements, die nur wenige Jahre zu Frankreich kamen, würde ich hier schon als "Ausländer" bezeichen. Wobei es mir weniger auf Nationalitätsdefinitionen ankommt als darauf, daß man in diesen Jahren die Zahl der Soldaten nicht mehr mit der Einwohnerzahl des "normalen" Frankreich (Deine 25-26 Millionen) in Bezug setzen kann.

Und dann gab es halt außerhalb dieser "Linienarmee" (ich weiß nicht genau, wie die abgegrenzt wird) noch eine ganze Reihe Einheiten, die sich aus Ausländern rekrutierten, die aber nicht Armeeeinheiten z. B. von Rheinbundstaaten waren.

Ob es über alle diese Einheiten und ihre Mannschaftsstärken verläßliche Zahlen gibt, weiß ich nicht (ich bezweifele es eher).
Insofern scheint es mir schwer möglich zu sein, die "Gesamtstärke der napoleonischen Armee" zuverlässig anzugeben.
 
Vor allem die Hungerkatastrophe der Jahre 1770/71 machte gnadenlos deutlich, daß viele Leute keine Rücklagen bilden konnten. Ein Simmer Korn, das waren etwa 270 kg Getreide galt etwa als Jahresbedarf eines Erwachsenen an Brotgetreide. Der Preis dafür variierte zwischen 7- 12 fl. Dieser Preis stieg bis 1771 bis auf 70 fl an, ehe die gute ernte des Jahres 1772 und die noch bessere es folgenden Jahres wieder eine Normalisierung von 7 fl brachten.

In den Garnisonsstädten standen sich Soldaten am besten, die ein Handwerk erlernt hatten und zwar illegal, aber von den Offizieren geduldet, sich ein Zubrot verdienen konnten. Einige Soldaten in der Residenzstadt Kassel waren nur noch nominell Soldaten und schienen sich ganz gut eingerichtet zu haben. Für die war es dann ein harter Schicksalsschlag, wenn ihre Regimenter nach Amerika abkommandiert wurden.

In vielen Festungs- und Garnisonsstädten waren die Unterbringungsmöglichkeiten in Kasernen begrenzt, so daß die Soldaten in Privatquartieren unterkommen mussten. Zur Beköstigung musste der Quartierwirt Holz, Salz, Licht, "Süß und Sauer" bereithalten. Also ausser Brennholz und Lichtern noch Essig, Zucker, Salz und eventuell auch Bier.

Viele Bewohner verdienten sich ein Zubrot, indem sie ihre Quartiere an Militärs vermieteten. Mit der Einquartierung von Militär gab es natürlich Probleme, vor allem, wenn im Krieg oder wegen Subsidienverträgen das Militär aufgestockt wurde.
 
1. Das kommt halt wirklich auf die Definition an.
Die Bewohner der holländischen oder deutschen Departements, die nur wenige Jahre zu Frankreich kamen, würde ich hier schon als "Ausländer" bezeichen. Wobei es mir weniger auf Nationalitätsdefinitionen ankommt als darauf, daß man in diesen Jahren die Zahl der Soldaten nicht mehr mit der Einwohnerzahl des "normalen" Frankreich (Deine 25-26 Millionen) in Bezug setzen kann.

2. Und dann gab es halt außerhalb dieser "Linienarmee" (ich weiß nicht genau, wie die abgegrenzt wird) noch eine ganze Reihe Einheiten, die sich aus Ausländern rekrutierten, die aber nicht Armeeeinheiten z. B. von Rheinbundstaaten waren.

3. Ob es über alle diese Einheiten und ihre Mannschaftsstärken verläßliche Zahlen gibt, weiß ich nicht (ich bezweifele es eher).
Insofern scheint es mir schwer möglich zu sein, die "Gesamtstärke der napoleonischen Armee" zuverlässig anzugeben.
Hinweis: Ich beziehe mich im Sinne des Threads auf die Zeit um 1800
1. Diese Bewohner hatten in aller Regel die Bürgerrechte wie die Franzosen, auszunehmen sind vielleicht die Repressalien im Zuge bestimmter Erhebungen. So wirkten die Zwangsmaßnahmen der franz. Administration im linksrheinischen Gebiet der Klöppelkriege noch 1800 nach. Die ehem. Generalstaaten waren als Batavische Republik ein Alliierter Frankreichs, wenngleich der Erhalt der Batavischen Regierung freilich von der Schutzmacht Frankreichs abhing, weshalb ähnlich wie im Falle der italienischen und schweizer "Tochterrepubliken" zwar von einem "Sattelitenstaat gesprochen wird, aber eben die teilweise eigene politische Ausrichtung der jeweiligen Regierungen bis zum Kaisertum Napoleons eine gewisse politische Unabhängigkeit in der Richtung erkennen lassen.

2. Grundsätzlich wird zwischen Linientruppen (Bsp. 22e demi-brigade d'infanterie de ligne) und Gardetruppen (1800: Garde des Consuls) unterschieden. 1791 wurden einige ehemalige Fremdregimenter wie das Royal-Deuxponts in die Linienarmee integriert und bekamen auch die Nummerierung entsprechend der durchlaufenden Zählweise sämtlicher Linienregimenter, neben welchen bis zum 1. Amalgam 93/94 die Freiwilligenverbände. Der Anteil an Fremdsoldaten schwand natürlich mit der Revolution anfänglich, da viele der Fremdregimenter von ausländischen Potentaten gegen Subsidien im Sinne der franz. Könige aufgestellt wurden (in dem Falle Zweibrückens also der Herzog von Pfalz-Zweibrücken-Birkenfeld).
Zu den Rheinbundkontingenten sage ich, wegen der zeitlichen Eingrenzung des Threats nichts.

3. Heute dürften sich die Listen der Aushebungen der französischen Militärbehörden in Paris im "Musée d'Armée" finden lassen. Dort gibt es eigentlich wenigstens von einigen Jahrgängen Inspektionsberichte jedes Regimentes mit Gutachten zur Führung und auch Stärke der Regimenter bzw. 1800 noch Halbbrigaden. Meines Wissens ist diesbezüglich die Faktenlage zur franz. Armee relativ gut durch Quellen untermauerbar.

Aber kommen wir zurück zur eigentlichen Frage, wenn denn taobao noch einige Fragen hat(?).
 
In den Garnisonsstädten standen sich Soldaten am besten, die ein Handwerk erlernt hatten und zwar illegal, aber von den Offizieren geduldet, sich ein Zubrot verdienen konnten.
War das Nachgehen eines Handwerks auch noch in anderen Staaten außer Kurhessen im Urlaub verboten oder beziehst du Dich auf Soldaten, die sich auch außerhalb einer Beurlaubung eine Auszeit im Handwerk sozusagen nahmen?
 
Meines Wissens war es auch in anderen Deutschen Ländern verboten, jedenfalls wehrten sich die Zünfte gegen Konkurrenz von Soldaten. In einer Studie über die beiden Garnisons- und Festungsstädte Marburg und Ziegenhain "Die gezähmte Bellona" habe ich gelesen, dass für die ständigen Ausbesserungsarbeiten an den Festungsanlagen häufig für die qualifizierteren Arbeiten ortsfremde Unternehmen engagiert wurden.
Viele Soldaten arbeiteten dagegen für Zulieferbetriebe, in der Landwirtschaft oder auch im dörflichen Handwerk.

Viele dieser Leute wurden in den Regimentslisten geführt, waren aber de facto beurlaubt, und sie waren es wohl zufrieden, wenn sie daheimbleiben konnten, ebenso wie die Kommandeure, die für diese Leute bezahlt wurden.
 
Hinweis: Ich beziehe mich im Sinne des Threads auf die Zeit um 1800
OK, da ging es ja noch recht sortiert zu.
Ich bezog mich teilweise auf spätere Zeitabschnitte, z. B. ab der Einbeziehung Norddeutschlands 1810.
Solche Gebiete, die auch nur relativ kurz zu Frankreich gehörten, rechne ich trotz formaler Gesten wie der Gewährung von "Bürgerrechten" eher zu Ausland.

1791 wurden einige ehemalige Fremdregimenter wie das Royal-Deuxponts in die Linienarmee integriert
Interessant.
Es sind ja auch später noch von Fremden (vor allem Italienern und Deutschen) dominierte Regimenter für die französische Armee aufgestellt worden, das werden dann wohl auch Linienregimenter gewesen sein.

Heute dürften sich die Listen der Aushebungen der französischen Militärbehörden in Paris im "Musée d'Armée" finden lassen.
Mal abgesehen davon, daß ich vor meiner Pensionierung ohnehin nicht dazu kommen würde, da mal reinzuschauen: Sind die öffentlich zugänglich?

Insgesamt vielen Dank für diese Infos.
 
1.
Solche Gebiete, die auch nur relativ kurz zu Frankreich gehörten, rechne ich trotz formaler Gesten wie der Gewährung von "Bürgerrechten" eher zu Ausland.

2.
Interessant.
Es sind ja auch später noch von Fremden (vor allem Italienern und Deutschen) dominierte Regimenter für die französische Armee aufgestellt worden, das werden dann wohl auch Linienregimenter gewesen sein.

3.
Mal abgesehen davon, daß ich vor meiner Pensionierung ohnehin nicht dazu kommen würde, da mal reinzuschauen: Sind die öffentlich zugänglich?
1.
Kommt eben drauf an, was Du als kurz definieren würdest. Interessant dazu ist im Sinne von Preußen, dass dieses ja traditionell viel in Polen rekrutierte und die Polen in vielen Regimentern der preußischen Infanterie den größten Teil der Ausländer darstellten. Die Ursache liegt natürlich in der Schwäche des polnischen Königtums und militärischer Macht begründet. Mit den polnischen Teilungen nahm folglich die Zahl der Ausländer in der Armee ab, da die Osterweiterung Preußens ja somit die Rekrutierungsgebiete besetzte. Ab der 3. Teilung Polens dürfte eine Anwerbung von Polen in den mächtigen Nachbarstaaten Österreich und Russland ungemein schwierig geworden sein, im Vergleich zur Praxis vor dem

2.
Nein, jetzt wird es etwas komplizierter. Grundsätzlich hatten die Fremdregimenter des franz. Königs während und durch die Revolution einen schlechten Ruf bei den Revolutionären, da sich der König am ehesten auf diese verlassen konnte. Um diese Verbindung des Königs zu besonders loyalen Truppen zu brechen und aus anderen Gründen, die jetzt an der Stelle zu weitgehend wären, bekamen die Fremdregimenter, nicht aber die berühmten Garderegimenter aus dem Ausland (wie die Schweizergarde), ebenfalls statt der spezifischen Uniformierung des Ancien Régime (bei deutschstämmigen Regimentern ein bestimmter hellblauer Farbton, bei den Iren z.B. ein charakteristisches Grün) ebenfalls die weißen Uniformen der Linienregimenter. Mit der Zeit und besonders unter Napoleon gab es dann wiederum Fremdregimenter, welche neben der Linienarmee existierten, wie Napoleon überhaupt spezielle Truppen, vor allem im Rahmen der Garde des Consuls und spätere Kaisergarde, als Elitetruppen einführte.

3.
Soweit mir bekannt sind die Archive zu Forschungszwecken zugänglich. Wenn man sich anschaut, wieviel schon zu den Verlusten der jeweiligen Einheiten an Offizieren
Verluste der französischen Armee 1805-1815 (Martinien Online)
und Mannschaften (z.B.: French Infantry Officer Casualties Part III )geforscht worden ist sollten auch genaue Listen der Rekrutierungen vorliegen. Leider kenne ich mich aber mit der fremdsprachigen Fachliteratur zu dem Thema nicht sehr aus. Da sind die kompetenteren Kenner der Materie sicherlich aber auf Napoleon Online - Informationsportal zur Epoche 1792-1815 im Forum vertreten, die sich seit Jahrzehnten forschend, auch in wissenschaftlichen Fachkongressen damit beschäftigt haben.
 
Meines Wissens war es auch in anderen Deutschen Ländern verboten, jedenfalls wehrten sich die Zünfte gegen Konkurrenz von Soldaten. In einer Studie über die beiden Garnisons- und Festungsstädte Marburg und Ziegenhain "Die gezähmte Bellona" habe ich gelesen, dass für die ständigen Ausbesserungsarbeiten an den Festungsanlagen häufig für die qualifizierteren Arbeiten ortsfremde Unternehmen engagiert wurden.
Dass aus diesen Arbeitskräften aus der Armee den Zünften ernste Konkurrenz erwuchs, leuchtete mir schon früher ein. Besonders die Gesellen dürften mit den vielleicht sogar ähnlich qualifizierten neuen Mitbewerbern um die Arbeiten sehr unzufrieden gewesen sein, zumal die Soldaten, war die Garnison nicht weit den Wettbewerbsvorteil hatten, dass sie durch die staatlich gestellte Unterkunft billiger arbeiten konnten.

Kamen die Verbote von den Landesherren und der Militäradministration oder/und von den zivilen Behörden vor Ort bzw. dem Magistrat der jeweiligen betroffenen Städte, den Vögten etc. auf dem Lande? Auch die territorialen Adeligen, Prälaten etc. konnten kein Interesse daran haben, dass von Fremden ihren Untergebenen eine gefährliche Konkurrenz entstand, welche zur Verarmung der Untertanen zwangsläufig führen konnte.
 
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