Gerade bei der angeblich altirischen Literatur haben wir eh das Problem, dass diese sich nicht selten als gar nicht so alt erweist sondern nicht selten über angelsächsische Vermittlung biblische und antike/spätantike Motive vermischt.
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Der Bericht über die Neronische Christenverfolgung in Tacitus Annalen kann eigentlich kein christlicher Einschub sein, jedenfalls ergäbe das einfach keinen Sinn aus verschiedenen Gründen:
Er äußert sich vernichtend über das Christentum, er glaubt zwar nicht, dass die Christen für den Brand verantwortlich sind, hält deren Hinrichtung und Verfolgung aber für richtig und kritisiert sogar, dass bei Teilen der Bewohner Roms Mitleid für die Christen aufkam, denn "man glaubte, dass sie nicht dem öffentlichen Interesse, sondern der Grausamkeit eines Einzelnen würden sie geopfert." Tac, Annales ( XV, 44)
Gelehrte wie R. T. France, G. A. Wells und aktuell Richard Carrier (2014) halten die Tacitus-Stelle für eine Interpolation.
Alles andere bleibt bei Carrier stehen. Tacitus schreibt also, Nero habe die "Chrestianer" verfolgt, eine berüchtigte jüdische Sekte, die sich von Judäa aus bis nach Rom verbreitet hätte.I find that an interpolation of a single key line in this passage is reasonably likely, and therefore that line should be considered suspect. Though we can’t be certain, the evidence suggests it probably is an interpolation, and Tacitus did not refer to Christ. That suspect line is auctor nominis eius Christus Tiberio imperitante per procuratorem Pontium Pilatum supplicio adfectus erat, “The author of this name, Christ, was executed by the procurator Pontius Pilate in the reign of Tiberius.”
Das ist die Stelle in der Claudius-Biografie. Claudius habe die von "Chrestus" aufgestachelten Juden aus Rom vertrieben:Eine Stelle bei Sueton (Kaiserbiografien 25,4), die gerne als Beleg für die Korrektheit von 15,44 genannt wird, bezieht sich auf römische Juden, die von einer Person ´angestiftet´ wurden, die der Verfasser ´Chrestos´ nennt.
Gelehrte wie R. T. France, G. A. Wells und aktuell Richard Carrier (2014) halten die Tacitus-Stelle für eine Interpolation.
Eine Stelle bei Sueton (Kaiserbiografien 25,4), die gerne als Beleg für die Korrektheit von 15,44 genannt wird, bezieht sich auf römische Juden, die von einer Person ´angestiftet´ wurden, die der Verfasser ´Chrestos´ nennt. Bekanntlich ist ´Chrestos´ in der Antike ein äußerst viel verwendeter Begriff, es gibt also keinen zwingenden Grund, ihn auf Jesus zu beziehen. Die Formulierung ´impulsore (= Anstifter) chresto´ legt nahe, dass die Anstiftung von einer in Rom unmittelbar anwesenden Person ausging und nicht von einer räumlich und zeitlich fernen Person, die Jesus (falls historisch) zu fraglichen Zeitpunkt (etwa 49 CE) gewesen sein müsste. Die Formulierung alleine macht also die Annahme, dass sich die Sueton-Stelle auf Christen bezieht, schon fragwürdig.
Dieses Argument hat zwar Gewicht, reicht es aber aus, um die Gegenargumente zu überwiegen? Kaum.
Zudem ist eine hypothetische Rekonstruktion der Tacitus-Originalstelle denkbar, die nicht von Christen, sondern von Juden als Sündenböcken berichtete und von Christen später umgeschrieben wurde, wobei einige Stellen, die nicht christlich interpoliert wirken, darunter die von dir erwähnte, unangetastet blieben. Man kann dagegen natürlich einwenden, dass sich ein Interpolator die Mühe gemacht hätte, auch diese Stellen umzuformulieren. Ja, das hätte er vielleicht; vielleicht war´s er aber auch so zufrieden, entweder aus Unzulänglichkeit oder, im Gegenteil, aus Cleverness, d.h. er sah voraus, dass man späteren Skeptikern genau dieses Argument (wie von dir vorgetragen) entgegenhalten könnte.
Wie auch immer...
Dass Pilatus bei Tacitus nur ein Mal Erwähnung findet (in jener Passage), und zwar nur im Rückblick an einem chronologischen Punkt 25 Jahre nach seinem politischen Abgang, ist sehr seltsam. Dass es sich um die einzige Erwähnung handelt, zeigt seine (bekanntlich falsche angegebene) Titulatur, die, wenn sie in einer der verschollenen Passagen der Annalen vorher schon erwähnt worden wäre, in dieser Stelle nicht wiederholt würde. Warum also wird Pilatus nur im Kontext des Rombrandes erwähnt und nicht früher an einer Stelle, die unmittelbar mit seiner Amtszeit in Judäa zusammenhängt? Das kommt zu den anderen Ungereimtheiten betr.Annalen 15,44 hinzu.
Diese sind u.a.:
Die Taciteische Christenverfolgungspassage wird von keinem einzigen Kirchenvater erwähnt, auch nicht von Tertullian, der mit Tacitus´ Werk gut vertraut war.
Clemens von Alexandria hat alle Erwähnungen von Christus und Christentum aufgelistet, die von paganen Autoren bis zum Beginn des 3. Jh. verfasst wurden. Tacitus war nicht darunter.
Origenes hätte auf diese Stelle in seinem Disput mit Celsus vermutlich angespielt, wenn er sie gekannt hätte.
Kein christlicher Autor vor dem 15. Jh. hat die Tacitus-Stelle jemals zitiert.
Das steht so in Flavius Josephus, Antiquitates XVIII.Aus anderen Quellen, (Josephus Flavius??) wissen wir, dass er von L. Vitellius, dem Statthalter von Syrien abgesetzt und nach Rom geschickt wurde...
Das erzählt Eusebius, ca. 300 Jahre später, da würde ich eher eine Legende vermuten:... wo er vermutlich 39 durch Suizid starb.
Gelehrte wie R. T. France, G. A. Wells und aktuell Richard Carrier (2014) halten die Tacitus-Stelle für eine Interpolation.
The Gospels As Historical Sources For Jesus,(a) The brief notice in Tacitus Annals xv.44 mentions only his title, Christus, and his execution in Judea by order of Pontius Pilatus. Nor is there any reason to believe that Tacitus bases this on independent information-it is what Christians would be saying in Rome in the early second century. Suetonius and Pliny, together with Tacitus, testify to the significant presence of Christians in Rome and other parts of the empire from the mid-sixties onwards, but add nothing to our knowledge of their founder. No other clear pagan references to Jesus can be dated before AD 150/1/, by which time the source of any information is more likely to be Christian propaganda than an independent record.
A Reply to J.P. Holding...Tacitus goes further than Pliny and Suetonius by stating that "Christians derive their name and origin from Christ who, in the reign of Tiberius, had suffered death by sentence of the procurator Pontius Pilate". I have given three reasons for holding that this merely repeats what Tacitus had learnt from Christians or from hearsay. First, he gives Pilate an incorrect title: procurator was the title of governors of equestrian rank in Tacitus' own day. Under Augustus and Tiberius the title was 'prefect' and this is what Pilate is called in an inscription naming him which was found at Caesarea in 1961. Tacitus cannot, then, have been quoting from any official document which reported 'Christ's' execution.[3] Second, he does not name the executed man. He could hardly have found, in a state document, a statement that the Messiah (Christ) was executed on such and such a date. Third, he was glad to accept from Christians their own admission that Christianity, pernicious superstition that it was, originated only recently, since the Roman authorities were prepared to tolerate only ancient cults. Holding is visibly disconcerted by R. T. France's acceptance of my case here as "entirely convincing". (When I once described France's scholarship as "conservative", he protested, on the -- perfectly true -- ground that it is less so than that of numerous others.)
Da Du so gerne Rückschlüsse aus dem Schweigen anderer Quellen ziehst, verweise ich einfach einmal darauf, dass Flavius Iosephus in seinen "Jüdischen Altertümern" nichts davon schreibt, dass unter Nero in Rom die Juden als Brandstifter verfolgt worden seien.Zudem ist eine hypothetische Rekonstruktion der Tacitus-Originalstelle denkbar, die nicht von Christen, sondern von Juden als Sündenböcken berichtete und von Christen später umgeschrieben wurde, wobei einige Stellen, die nicht christlich interpoliert wirken, darunter die von dir erwähnte, unangetastet blieben. Man kann dagegen natürlich einwenden, dass sich ein Interpolator die Mühe gemacht hätte, auch diese Stellen umzuformulieren. Ja, das hätte er vielleicht; vielleicht war´s er aber auch so zufrieden, entweder aus Unzulänglichkeit oder, im Gegenteil, aus Cleverness, d.h. er sah voraus, dass man späteren Skeptikern genau dieses Argument (wie von dir vorgetragen) entgegenhalten könnte.
Wieso sollte sie nicht wiederholt werden?Dass Pilatus bei Tacitus nur ein Mal Erwähnung findet (in jener Passage), und zwar nur im Rückblick an einem chronologischen Punkt 25 Jahre nach seinem politischen Abgang, ist sehr seltsam. Dass es sich um die einzige Erwähnung handelt, zeigt seine (bekanntlich falsche angegebene) Titulatur, die, wenn sie in einer der verschollenen Passagen der Annalen vorher schon erwähnt worden wäre, in dieser Stelle nicht wiederholt würde.
Diese Passage ist die erste Erwähnung einer Christenverfolgung durch Nero bis ins 4. Jh. - da darf man doch fragen, warum über drei Jahrhunderte lang kein christlicher Autor auf dieses, wie man meinen sollte, für die christliche Historie so bedeutsame Ereignis (erste Verfolgung) Bezug genommen hat.
Die Neronische Christenverfolgung selbst hat er aber sehr wohl erwähnt: BKV Wieso sollte er ausdrücklich Tacitus (oder Sueton) nennen?Die Taciteische Christenverfolgungspassage wird von keinem einzigen Kirchenvater erwähnt, auch nicht von Tertullian, der mit Tacitus´ Werk gut vertraut war.
Angesprochen wird also eine Handvoll von Hausgemeinschaften. Ob die römische Gemeinde darüber hinaus Mitglieder hatte, kann nur vermutet werden. Dennis Haugh schreibt in seiner Dissertation "Adressing Roman Jews: Paul´s View of the Law in the Letter to the Romans", S. 162 Fußnote:Römer 16:
3 Grüßt die Priscilla und den Aquila, meine Gehilfen in Christo Jesu, 4 welche haben für mein Leben ihren Hals dargegeben, welchen nicht allein ich danke, sondern alle Gemeinden unter den Heiden. 5 Auch grüßet die Gemeinde in ihrem Hause. Grüßet Epänetus, meinen Lieben, welcher ist der Erstling unter denen aus Achaja in Christo. 6 Grüßet Maria, welche viel Mühe und Arbeit mit uns gehabt hat. 7 Grüßet den Andronikus und den Junias, meine Gefreundeten und meine Mitgefangenen, welche sind berühmte Apostel und vor mir gewesen in Christo. 8 Grüßet Amplias, meinen Lieben in dem HERRN. 9 Grüßet Urban, unsern Gehilfen in Christo, und Stachys, meinen Lieben. 10 Grüßet Apelles, den Bewährten in Christo. Grüßet, die da sind von des Aristobulus Gesinde. 11 Grüßet Herodian, meinen Gefreundeten. Grüßet, die da sind von des Narzissus Gesinde in dem HERRN. 12 Grüßet die Tryphäna und die Tryphosa, welche in dem HERRN gearbeitet haben. Grüßet die Persis, meine Liebe, welch in dem HERRN viel gearbeitet hat. 13 Grüßet Rufus, den Auserwählten in dem HERRN, und seine und meine Mutter. 14 Grüßet Asynkritus, Phlegon, Hermas, Patrobas, Hermes und die Brüder bei ihnen. 15 Grüßet Philologus und die Julia, Nereus und seine Schwester und Olympas und alle Heiligen bei ihnen.
Wer diese Kalkulationen nachlesen möchte, kann dies in der PDF der Dissertation tun.While we have no data on the number of Jesus’ followers either worldwide or in Rome when Paul wrote, I have concluded that the size of the Roman community may not have exceeded 100 persons. I reached this conclusion from two calculations.
Selbst wenn man Haughs Zahl verdoppelt, ist sie noch deutlich zu niedrig, um die Formulierung bei Tacitus auch nur im Ansatz zu rechtfertigen, zumal es dort nur um einen Teil der gesamten Gruppe geht.
Egal also, was in den gewiss geistreichen Einwendungen gegen meinen Post an apologetischen Argumenten vorgetragen wird: Die Tacitus-Stelle ist mit viel zu vielen Ungereimtheiten belastet, um mich (und viele andere) wirklich zu überzeugen.
Es könnte auch einfach eine Übertreibung des Tacitus sein? Um Nero's Grausamkeit besonders herauszustellen.
Ungereihmtheiten ist nichts wirklich ungewöhnliches in antiken Quellen. Und bei Tacitus vielleicht aufgrund seines Stils mit vielen Andeutungen noch weniger ungewöhnlich.
"Könnte", klar. Es könnte aber auch ein mittelalterlicher christlicher Einschub sein.
Von den ´Annalen´ existieren keine römische Originale, nur christliche Kopien. Das stellenweise Umschreiben von Originalen gehörte für mittelalterliche Kopisten zum Tagesgeschäft.
Ich meine auch Ungereimtheiten in der Rezeptionsgeschichte, wie z.B. die schon erwähnte Tatsache, dass kein Kirchenvater jemals die Stelle zitiert hat.
Hätten die das machen müssen? Warum hätten sie es machen sollen?
Mir fehlen leider Zeit und Konzentration, um auf die interessanten Antworten auf meinen letzten Beitrag einzugehen. Ich möchte an dieser Stelle nur ein Argument nachreichen: die Fragwürdigkeit der "gewaltigen Menge" (multitudo ingens) an ergriffenen Christen. Übersetzungsoptionen für "ingens" sind ´gewaltig, riesig, ungeheuer, außerordentlich´. Notabene: Es geht nicht um die Gesamtheit der römischen Christen, nein, es geht nur um die ergriffenen.
Wie passt das mit dem Römerbrief zusammen? Dort stellt sich die römische Gemeinde so dar:
Römer 16 schrieb:3 Grüßt die Priscilla und den Aquila, meine Gehilfen in Christo Jesu, 4 welche haben für mein Leben ihren Hals dargegeben, welchen nicht allein ich danke, sondern alle Gemeinden unter den Heiden. 5 Auch grüßet die Gemeinde in ihrem Hause. Grüßet Epänetus, meinen Lieben, welcher ist der Erstling unter denen aus Achaja in Christo. 6 Grüßet Maria, welche viel Mühe und Arbeit mit uns gehabt hat. 7 Grüßet den Andronikus und den Junias, meine Gefreundeten und meine Mitgefangenen, welche sind berühmte Apostel und vor mir gewesen in Christo. 8 Grüßet Amplias, meinen Lieben in dem HERRN. 9 Grüßet Urban, unsern Gehilfen in Christo, und Stachys, meinen Lieben. 10 Grüßet Apelles, den Bewährten in Christo. Grüßet, die da sind von des Aristobulus Gesinde. 11 Grüßet Herodian, meinen Gefreundeten. Grüßet, die da sind von des Narzissus Gesinde in dem HERRN. 12 Grüßet die Tryphäna und die Tryphosa, welche in dem HERRN gearbeitet haben. Grüßet die Persis, meine Liebe, welch in dem HERRN viel gearbeitet hat. 13 Grüßet Rufus, den Auserwählten in dem HERRN, und seine und meine Mutter. 14 Grüßet Asynkritus, Phlegon, Hermas, Patrobas, Hermes und die Brüder bei ihnen. 15 Grüßet Philologus und die Julia, Nereus und seine Schwester und Olympas und alle Heiligen bei ihnen.
Angesprochen wird also eine Handvoll von Hausgemeinschaften. Ob die römische Gemeinde darüber hinaus Mitglieder hatte, kann nur vermutet werden.
Hier wird von geschätzten Zahlen ausgegangen, die sich auf das 3. und 4. Jahrhundert beziehen. Und daraus wird dann auf Zahlen des 1. Jahrhunderts geschlossen. Solide Zahlen lassen sich daraus nicht gewinnen. Und schon gar nicht für eine einzelne Gemeinde.Wer diese Kalkulationen nachlesen möchte, kann dies in der PDF der Dissertation tun.
Schon interessant, dass jetzt sogar der Römerbrief als Beweis herhalten muss, dass die Tacitus-Stelle zur Christenverfolgung gefälscht ist, obwohl Du den Römerbrief (wie alle frühchristlichen Schriften) normalerweise als Fälschung aus dem späten 2. Jhdt. verwirfst. Eine Fälschung soll also eine Fälschung widerlegen?Wie passt das mit dem Römerbrief zusammen?
Tacitus schreibt, dass die "Chrestianer" beim Volk verhasst gewesen wären. Hätte es tatsächlich in der ganzen Millionenmetropole Rom nur hundert Christen gegeben, wären sie - in einer Stadt, in der sich eine Vielzahl von Kulten tummelte - wohl kaum wahrgenommen worden.Angesprochen wird also eine Handvoll von Hausgemeinschaften. Ob die römische Gemeinde darüber hinaus Mitglieder hatte, kann nur vermutet werden.
Entstehung des Christentums als jüdische Sekte, genauer gesagt als hellenistisch-jüdische Sekte, wie Sepiola bereits angemerkt hatte.
Aber wie auch immer: die Christen haben sich von Anfang an durch ihren Messianismus von ihren jüdischen Glaubensbrüdern unterschieden. (Wie auch übrigens von den Mysterienreligionen.)
Hier schlage ich einen Kompromiß vor : sie sind sowohl das eine, als auch das andere. Die Vorstellungen und Symbole an sich sind angeboren ; es existieren gewisse geistige Archetypen, die jeder Mensch in sich trägt. Die Deutung dieser Symbole ist allerdings Aufgabe des sozialen Umfelds und der Tradition, da hast du natürlich recht.
Fazit: Die genetische Übertragung der Archetypen ist nicht verifizierbar und die Frage nach ihrer historischen Genese sogar für Jung selbst "unbeantwortbar". Eine solches psychologisches System erinnert doch stark an religiöse Dogmen, die man glauben kann oder auch nicht.The psyche is part of the inmost mystery of life, and it has its own peculiar structure and form like every other organism. Whether this psychic structure and its elements, the archetypes, ever “originated” at all is a metaphysical question and therefore unanswerable.
Ob das christliche Erlösungsmotiv 1 zu 1 (oder auch nur zu 50%) von früheren Mysterienkulten übernommen wurde, halte ich für überaus fraglich (...)
Das ist antiker Mysterienglaube par excellence, nicht anders als die das Eucharistieritual begründende Abendmahlszene, die als Teil eines ursprünglich szenisch aufgeführten Erlöserdramas eines Mysterienkultes interpretiert werden kann, das sich um die Passion eines Erlösergottes dreht. Die Motive der Eucharistie, der Gottessohnschaft, des Erlösers und der Taufe waren traditionelle Elemente antiker Kulte schon vor dem Christentum. Die Art, wie Jesus in der Abendmahlszene seine Jünger in das eucharistische Ritual einweiht, hat Parallelen in traditionellen Mysterienkulten, wo die Explikation des rituellen Aktes durch die jeweilige Gottheit geschieht.16 Der gesegnete Kelch, welchen wir segnen, ist der nicht die Gemeinschaft des Blutes Christi? Das Brot, das wir brechen, ist das nicht die Gemeinschaft des Leibes Christi? 17 Denn ein Brot ist's, so sind wir viele ein Leib, dieweil wir alle eines Brotes teilhaftig sind.
auch sumerische Einflüsse im Judentum annulieren nicht die Singularität des Judentums.
Der Tag der Sommersonnenwende hatte einen festen Platz in der germanischen, keltischen und slawischen Religion, vermutlich noch bei vielen anderen Völkern und Kulturen.
Ich glaube, hier werden verschiedene Sachverhalte miteinander vermischt:
Meines Erachtens sind folgende Sachverhalte zu unterscheiden:
- Die Übernahme heidnischer Festtage oder Formen und ihre christliche Interpretation durch die Amtskirche, wie z. B. der Isis- oder Artemiskult und die Marienverehrung (allerdings ist dies umstritten) oder die Annahme des Titels des Pontifex Maximus durch die Päpste im Mittelalter.
- Die Wahrnehmung neuer christlicher Feiertage durch die breite Masse der Bevölkerung, die die neuen Feiertage/Feste als Ersatz für alte, heidnische Feste ansah.
- Feierlichkeiten, die keine historische Verbindung zu alten heidnischen Kulten haben, aber eine gewisse Ähnlichkeit haben. Wahrscheinlich wird man in anderen außerchristlichtlichen Kulturen auch Parallelen zu christlichen Feierlichkeiten finden. In diesem Bereich hat m. W. Claude-Lévi Strauss geforscht.
Das Narrenfest scheint keine historische Verbindung zu den römischen Saturnalien zu haben. Ich vermute, dass die Saturnalien als heidnischer Kult am Ende des 4. Jhdts. mit der Einführung des Christentums als Staatsreligion im Römischen Reich verboten worden sind. Das Narrenfest wird erstmals im 12. Jhdt. in Nordfrankreich erwähnt (https://fr.wikipedia.org/wiki/F%C3%AAte_des_Fous). Bei einer historischen Tradition des Saturnalienfestes müßte man unterstellen, dass die Saturnalien im Untergrund 8 Jahrhunderte überdauert hätten.
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